Alle Artikel von Alex Schnarr

Es war uns nicht einerlei

Liebe Leser*innen,

im Dezember haben wir Euch an dieser Stelle darüber informiert, dass wir mit unserem Projekt sprichwörtlich in Klausur gehen. Am Wochenende haben wir uns in Wiesbaden zur Tagung getroffen, um darüber zu sprechen: Wo stehen wir mit 120minuten? Was ist gut, was funktioniert, wo sehen wir Probleme, was muss sich ändern und (wie) können wir weitermachen?

Die Fragen, was gut ist und was funktioniert, waren besonders leicht zu beantworten. Wir haben viele großartige Autor*innen für uns gewinnen können, mit denen wir vertrauensvoll und produktiv zusammenarbeiten. In den vergangenen Jahren sind so Texte entstanden, in denen wir einen anderen, tiefergehenden Blick auf das Thema Fußball werfen. Das macht uns froh und stolz.

Mit unseren tollen Kooperationspartner*innen haben wir mit großer Leidenschaft verschiedene Formate wie zum Beispiel unsere Podcastreihen realisiert. In diesem freundschaftlichen und respektvollen Austausch mit den Kolleg*innen haben wir viel gelernt, spannende Impulse bekommen und sind fabelhaften Menschen begegnet.

Ihr als unsere Leser*innen habt diese Reise mit Interesse und Feedback begleitet. Eure Rückmeldungen und der Dialog mit euch sind uns immer ein wertvoller Antrieb gewesen.

Wir alle stecken viel Zeit, Liebe und Arbeit in die Plattform. Das tun wir aus großer inhaltlicher Überzeugung. Langfristig war es unser Ziel, das Projekt zu monetarisieren. Wir wollten immer in eine Position kommen, in der wir unsere Autor*innen für ihre Arbeit bezahlen können. Auch wir selbst können dieses sehr hohe zeitliche Engagement nicht dauerhaft ohne finanziellen Ausgleich leisten.

Wir haben unseren Aufwand in den letzten Jahren sukzessive erhöht. Der Lohn dafür war eine steigende Anerkennung für unser Projekt, die sich unter anderem in positiver Berichterstattung, einem Grow-Stipendium des Netzwerks Recherche und der Auszeichnung mit dem „Goldenen Blogger 2018“ niedergeschlagen hat.

Diese Faktoren haben wir am Wochenende intensiv und offen miteinander besprochen. Am Ende müssen wir leider feststellen, dass bei allen positiven Aspekten, die dieses Projekt von Anfang an begleitet haben, der finanzielle so schwer wiegt, dass wir uns entschieden haben, 120minuten einzustellen.

Der Schritt ist uns nicht leicht gefallen. Wir haben in den vergangenen Jahren großartige Erfahrungen gemacht, die wir nicht missen wollen. Über Geld zu sprechen, ist bekanntermaßen nicht sexy, aber notwendig. Wir betreiben 120minuten von Anfang an ehrenamtlich neben Arbeit, Familie und Alltag. Dafür ist der Aufwand mittlerweile viel zu hoch; um einen Job daraus zu machen, ist der Ertrag wiederum deutlich zu gering.

Daraus ziehen wir jetzt die Konsequenz: Wir pfeifen ab, das Spiel ist aus. Vielen Dank für Euer Vertrauen, die Liebe und Unterstützung. Es war uns nicht einerlei.

Conny, Christoph, Alex, Mara, Oliver, Jerome

Die 60 wichtigsten Episoden der deutschen Fußballgeschichte, Teil 6

Fußball wird seit etwa 150 Jahren in Deutschland gespielt, das heißt, in den Grenzen des damaligen Kaiserreiches. Zunächst waren es vor allem englische Händler, Studierende und Touristen, die das ihnen vertraute Spiel aus der Heimat auch hier gemeinsam spielten. Dort war die reglementierte Fassung des Spiels seit einem halben Jahrhundert bekannt. Diese Serie beschreibt die 60 wichtigsten Momente des Fußballspiels in Deutschland. Im vierten Teil geht es um die Jahre 2006 bis 2018. (Die Teile 1, 2, 3, 4 und 5 sind hier, hier, hier, hier und hier zu finden.)

von Petra Tabarelli (nachspielzeiten.de) unter Mitarbeit der 120minuten-Redaktion | Dezember 2019 Weiterlesen

Ins Heft geschaut: ballesterer 148

„Martin Hinteregger“ – ballesterer, Ausgabe 148

Wenn sich der ballesterer in seiner letzten Ausgabe 2019 vorrangig einem einzelnen Spieler widmet, könnten viele meinen, damit nicht viel anfangen zu können. Denn wer für Martin Hinteregger nichts übrig hat, winkt schnell ab. Doch er*sie verpasst einiges.

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Alles raushauen

Liebe Leser*innen von 120minuten,

heute lest ihr von uns einen Text, der vielleicht eher an einen Brief erinnert, aber wir möchten euch gerne direkt ansprechen mit dem, was uns gerade bewegt.

Das Jahr 2019 war – mal wieder – ein buntes, vielfältiges und spannendes für das Team von 120minuten. Auf unserer Plattform hat sich das unter anderem in der Reihe rund um den Sportjournalismus niedergeschlagen, wir konnten euch eine starke Kolumne von Ronny Blaschke präsentieren, haben wieder tolle neue Autor*innen mit interessanten Themen dazugewonnen und stecken gerade noch mitten in der Veröffentlichung der 60 wichtigsten Momente der deutschen Fußballgeschichte. Wir haben einen Schwerpunkt auf Frauen im Fußball gelegt und uns intensiv der WM in Frankreich gewidmet. Dazu kamen unsere Podcasts, sowohl zu den bei uns erschienenen Texten als auch zu den Schwerpunktthemen des ballesterer Fußballmagazins.

Wir sind zu Beginn des Jahres gewachsen – seither gehört Mara Pfeiffer zur Redaktion – und später wieder geschrumpft, als Lennart Birth uns verlassen hat. Hinter den Kulissen verstärkt uns seit kurzem Maria Hendrischke bei der Textarbeit. Im neuen Jahr steht eine weitere Veränderung in der Redaktion an. Wir haben alle aus Überzeugung viel Zeit, Liebe und Kraft in das Projekt gesteckt, im wunderbaren Austausch mit euch.

Das ist die eine, tolle Seite, die uns das Gefühl gibt, dass es richtig und wertvoll ist, was wir hier machen. Die andere ist, dass wir uns ehrlich eingestehen müssen: 120minuten ist zuletzt nicht weiter gewachsen – und die Kurve des Wachstums war ohnehin immer überschaubar. Das muss nicht schlecht sein, aber ein bisschen wurmt es uns schon. Unsere Redaktion ist sehr klein für den hohen Aufwand, den wir betreiben, in manchen Phasen des zu Ende gehenden Jahres war das zeitlich alles kaum zu wuppen und wir stehen deswegen vor der Frage, wie es weitergehen kann mit unserem Projekt.

Das soll jetzt aber keinesfalls dramatisch klingen, denn wir haben uns schon eine Strategie überlegt, wie wir das Thema anpacken werden. Part 1: Der Dezember steht unter dem Motto „Alles raushauen“. Das bedeutet, wir beschenken euch bis Silvester jede Woche mit einem neuen Longread, unter anderem Teil 5 und 6 der wichtigen Fußballmomente, aber auch noch zwei Überraschungen von Autoren, die bislang nicht für uns tätig waren. Part 2: Im Januar treffen wir, die Redaktion, uns ein Wochenende lang zur Klausurtagung in Wiesbaden.

Dort wollen wir besprechen, wie wir 120minuten für die Zukunft ausrichten können. Wenn ihr es euch grundsätzlich vorstellen könnt, die Redaktion zu verstärken, im Hintergrund an Texten mitzuarbeiten oder regelmäßiger für uns zu schreiben, seid ihr herzlich eingeladen, im Januar zu uns zu stoßen, um gemeinsam zu brainstormen, wie es weitergeht. Part 3: Im ersten Quartal 2020 wird unsere nach außen sichtbare Arbeit ruhen und wir veröffentlichen keine neuen Texte oder Podcast-Folgen. Wir brauchen unsere Konzentration in dieser Zeit für die Arbeit hinter den Kulissen, damit es ab dem zweiten Quartal hoffentlich mit neuer Kraft für uns – und natürlich für euch, unsere Leser*innen – weitergehen kann.

Wir hoffen, ihr habt Lust, diesen Weg mit uns gemeinsam zu gehen und freuen uns, wenn ihr uns Feedback, Ideen und Anregungen zukommen lasst oder uns im Januar verstärkt. Es grüßt euch von Herzen, mit guten Wünschen für die Weihnachtszeit und den Rutsch ins neue Jahr,

die 120minuten Redaktion

 

Beitragsbild: “news” von David Michalczuk via Flickr | Lizenz: CC BY 2.0

Die 60 wichtigsten Episoden der deutschen Fußballgeschichte, Teil 4

Fußball wird seit etwa 150 Jahren in Deutschland gespielt, das heißt, in den Grenzen des damaligen Kaiserreiches. Zunächst waren es vor allem englische Händler, Studierende und Touristen, die das ihnen vertraute Spiel aus der Heimat auch hier gemeinsam spielten. Dort war die reglementierte Fassung des Spiels seit einem halben Jahrhundert bekannt. Diese Serie beschreibt die 60 wichtigsten Momente des Fußballspiels in Deutschland. Im vierten Teil geht es um die Jahre 1970 bis 1982. (Die Teile 1, 2 und 3 sind hier, hier und hier zu finden.)

von Petra Tabarelli (nachspielzeiten.de) unter Mitarbeit der 120minuten-Redaktion | November 2019 Weiterlesen

Ins Heft geschaut: ballesterer 147

„Fußball for future“ – ballesterer, Ausgabe 147

Der Klimawandel hat nun auch den ballesterer erreicht. Auf 18 Seiten widmet sich die 147. Ausgabe des österreichischen Fußballmagazins der Frage, wie sehr der Profifußball die Umwelt belastet. Eine sehr spannende Titelgeschichte. Daneben sind der große FC Barcelona und die ehemals große SG Wattenscheid 09 Thema, genauso wie das lesenswerte Gespräch mit Kölns Louis Schaub.

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Auf den Spuren der englischen Fußball-Memorialkultur – Impressionen aus London

London 2019. Ich war unterwegs in die englische Hauptstadt, um erste Einblicke in die dortige Memorialkultur im Fußball zu sammeln. Meine Recherche im Vorfeld hatte ergeben, dass man bei Queens Park Rangers Asche von verstorbenen Fans im Stadion begraben kann. Eine besondere Möglichkeit für Anhänger*innen, auch über den Tod hinaus ihrem Herzensverein ganz nahe zu sein. Wie genau eine Begräbniszeremonie im Stadion von QPR aussieht, wollte mir der langjährige Clubpfarrer erzählen. Gespannt machte ich mich auf den Weg nach London, wo mir nicht nur an der Loftus Road interessante Elemente der englischen Erinnerungskultur begegneten.

Das Kiyan Prince Foundation Stadium der Queens Park Rangers ( (c) Carmen Mayer)

von Carmen Mayer (trauerundfussball.de) | Oktober 2019

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Buchbesprechung: Miro

Das Gefühl, im Himmel zu stehen

von Luca Schepers (Pretty Little Movies)

Das Verhältnis eines Fußballfans zu seinem Verein und seinen Lieblingsspielern ist ein sehr diffuses und im Grunde genommen auch kaum zu erklärendes. Das macht das angemessene Schreiben über Fußball auch so schwierig, da man sich als Fan immer in einem Zwiespalt zwischen Analyse und Emotion befindet. Ronald Reng gelingt es in seinem neuen Buch „Miro“, in welchem er die Geschichte der eigentümlichen Karriere des Miroslav Klose erzählt, ein weiteres Mal, eine sprachliche Verbindung dieser beiden Pole des Fan-Daseins zu finden. Dabei begreift er das Phänomen „Miro“ als eine Mischung aus tatsächlicher fußballerischer Qualität und dem Gefühl, einen besonderen Menschen vor sich zu haben. Das wohl offensichtlichste Symbol ist der Salto, den Klose nach besonderen Toren zu vollführen pflegte und der in seiner formvollendeten und beruhigenden Schönheit bei gleichzeitiger technischen Perfektion die Stimmung, welche diese Biographie durchzieht, sehr gut abbildet.

Reng erzählt Kloses Geschichte chronologisch, von der Kindheit über den ewigen Traum, einmal auf dem Betzenberg zu spielen, bis hin zum WM-Finale 2014 und seiner heutigen Tätigkeit als Jugend-Trainer. Seine Erzählung ist klar strukturiert und sehr detailreich. Immer wieder kommen alte Weggefährten und vor allem Klose selbst zu Wort. Die vielen kleinen Geschichten, unter anderem der sehr genau beschriebene Wechsel zu Bayern München im Jahr 2007 oder auch die lang anhaltende Freundschaft mit Luca Toni, mit dem man nach der Lektüre des Buches gerne mal essen gehen würde, sind amüsant, interessant und schön erzählt.
Allerdings wird hier, ebenso wie im ebenfalls sehr tollen „Spieltage: Die andere Geschichte der Bundesliga“ (2013), nicht nur die Geschichte eines Menschen erzählt, sondern es ist vor allem eine Erzählung eines großen Umbruchs in der Fußballgeschichte, an dessen Wendepunkt Klose mit 20 Jahren aus der Bezirksliga in die Bundesliga kam. War dies Anfang der 2000er noch möglich, so ist dies heute vollkommen undenkbar. Dabei wirken sowohl Klose als auch Reng nicht wehmütig, wenngleich sie ihre Begeisterung für Olaf Marschall nicht verleugnen können, sondern eher fasziniert von dem Wandel, den der Fußball in den letzten zwei Jahrzehnten durchlaufen hat.

Das Großartige an diesem Buch ist, dass es gelingt, vom Kleinen auf das Große zu schließen, ohne das Kleine als reinen Funktionsträger zu betrachten. Man merkt Reng die Sympathie für seine Protagonisten an, dem man sich nach der Lektüre des Buches auch nur schwer entziehen kann. Miroslav Klose schaut so reflektiert und ruhig auf seiner Karriere zurück und erscheint als ein sehr höflicher und freundlicher Mensch. Dass es gelingt, seine Geschichte so analytisch klar und gleichzeitig von einer ganz eigenen Form der Poesie geprägt, zu erzählen, ist sowohl sprachlich als auch literarisch bemerkenswert.

„Miro“ ist daher in vielerlei Hinsicht ein sehr bemerkenswertes Buch und sollte nicht unter dem Label eines „guten Fußballbuches“ abgetan werden. Viel mehr findet sich hier, wie auch im restlichen Schaffen von Reng, ein sehr vielseitiges Werk, welches von einem tiefen Verständnis für Geschichte und deren Vermittlung geprägt ist. Und am Ende ist es auch die Geschichte eines Jungen, mit dem man selbst auf der Straße gespielt haben könnte. Die Zeit dieser Geschichten dürfte im Fußball wohl größtenteils vorbei sein. Aber das Gefühl, das einen beim Lesen dieser Biographie überkommt und das nicht nur aus Wehmut besteht, zeigt doch, dass Ronald Reng sich hier dem Kern dieses schönen Spiels angenähert hat.

Infos zum Buch
Ronald Reng: Miro. 448 Seiten, Hardcover mit Schutzumschlag, ISBN: 978-3-492-05953-4, Preis: 22,00 Euro

Das Buch ist bei Piper erschienen und über den Online-Versand zu beziehen.

Uns wurde freundlicherweise ein Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt.

Flavio Becca und die Redbullisierung der Roten Teufel?

Der luxemburgische Bauunternehmer Flavio Becca hat durch sein Engagement beim Traditionsverein 1.FC Kaiserslautern dazu beigetragen, die wirtschaftliche Konkurrenzfähigkeit des FCK kurzfristig zu gewährleisten und damit den bundesweit bedeutenden und regional unersetzlichen Standort zu erhalten. Im Rahmen der Diskussion über das Engagement Beccas als Investor gab es viel Pro und Contra zum Einstieg eines externen Investors generell. Zudem gab es die Frage der Auswahl zwischen einer regionalen Investorengruppe auf der einen und des luxemburgischen Bauunternehmers auf der anderen Seite sowie die Nebengeräusche im Rahmen der Entscheidungsfindung. Kaum diskutiert wurde das Vereinsgeflecht, das Becca im internationalen Fußball unterstützt. Wenigen ist bekannt, wie die von ihm geförderten oder kontrollierten Vereine kooperieren. Dieser Artikel soll das „System Becca“, seine Auswirkungen auf Spielertransfers und mögliche Auswirkungen auf den FCK genauer unter die Lupe nehmen.

Thomas Hilmes / http://www.der-betze-brennt.de [CC BY-SA 3.0 de (https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/de/deed.en)]

von Matthias Busse | August 2019 Weiterlesen