a Petra Tabarelli – 120minuten https://120minuten.github.io Lange Texte. Über den Fußball. Fri, 27 Dec 2019 13:38:03 +0000 de-DE hourly 1 https://wordpress.org/?v=5.4.2 73012590 Die 60 wichtigsten Episoden der deutschen Fußballgeschichte, Teil 6 https://120minuten.github.io/die-60-wichtigsten-episoden-der-deutschen-fussballgeschichte-teil-6/ https://120minuten.github.io/die-60-wichtigsten-episoden-der-deutschen-fussballgeschichte-teil-6/#respond Fri, 27 Dec 2019 08:00:43 +0000 https://120minuten.github.io/?p=6791 Weiterlesen]]> Fußball wird seit etwa 150 Jahren in Deutschland gespielt, das heißt, in den Grenzen des damaligen Kaiserreiches. Zunächst waren es vor allem englische Händler, Studierende und Touristen, die das ihnen vertraute Spiel aus der Heimat auch hier gemeinsam spielten. Dort war die reglementierte Fassung des Spiels seit einem halben Jahrhundert bekannt. Diese Serie beschreibt die 60 wichtigsten Momente des Fußballspiels in Deutschland. Im vierten Teil geht es um die Jahre 2006 bis 2018. (Die Teile 1, 2, 3, 4 und 5 sind hier, hier, hier, hier und hier zu finden.)

von Petra Tabarelli (nachspielzeiten.de) unter Mitarbeit der 120minuten-Redaktion | Dezember 2019

2006
Das deutsche Sommermärchen

1992 fassen DFB-Präsident Braun und DFB-Pressesprecher Niersbach einen Entschluss: Deutschland soll wieder eine WM ausrichten. 1998 wirft man den Hut in den Ring, zwei Jahre später ist klar: 2006 wird es soweit sein. Deutschland setzte sich bei der endgültigen Abstimmung am 6. Juli 2000 gegen Brasilien, Marokko, England und – knapp – gegen Südafrika durch.

Die Weltmeisterschaft wird in vielerlei Hinsicht ein Erfolg für Deutschland, insbesondere wirtschaftlich. Nicht nur dank der zahllosen Fanartikel in schwarz-rot-gold, sondern auch touristisch. Der Slogan „Die Welt zu Gast bei Freunden“ wird verwirklicht: Bei einer Umfrage des Europäischen Touristik Institutes erklären 96% der Befragten, dass sie Deutschland als gutes Gastgeberland erlebt haben. Die Euphorie und Begeisterung für den Fußball und das gemeinsame Feiern mit Public Viewing und Fanfesten kommen auch bei den ausländischen Gästen gut an. Gerade in England wandelte sich das Bild von Deutschland.

Regisseur Sönke Wortmann begleitet das deutsche Nationalteam der Männer vom Confed Cup 2005 bis zum Finale mit der Kamera. Sein Vorbild ist Dokumentarregisseur Stephane Meunier, der 1998 das französische Nationalteam der Männer vor und während der WM 1998 im eigenen Land gefilmt hat („Les Yeux dans les Bleus“). Wortmanns Film „Deutschland. Ein Sommermärchen“ wird im Dezember 2006 erstausgestrahlt.

2007
Das Nationalteam der Frauen verteidigt den WM-Titel

Vom 10. bis 30. September 2007 fand die Fußballweltmeisterschaft der Frauen in China statt. Das deutsche Nationalteam ging als Titelverteidigerin in den Wettbewerb und kam ohne Gegentore bis ins Endspiel. Das Finale am 30. September 2007 gegen die Brasilianerinnen gewann Deutschland im ausverkauften Stadion in Shanghai (31.000 Zuschauer*innen) mit 2:0. Torhüterin Nadine Angerer hielt unter anderem einen Foulelfmeter der brasilianischen Spielerin Marta, die nach der Partie zur Spielerin des Turniers gekürt wurde. Das deutsche Nationalteam beendete das Turnier mit einem Torverhältnis von 21:0 und war zudem die erste Frauennationalelf, die ihren Weltmeistertitel verteidigen konnte.

2009
Werder gegen den HSV – 4x in 19 Tagen und eine Papierkugel

„Das Nordderby ist ein einfaches Spiel: Vier Mal in zweieinhalb Wochen und am Ende entscheidet eine Papierkugel.“ So könnte man jenes Derby im Frühjahr 2009 beschreiben.
Das erste Pflichtspiel zwischen dem Hamburger Sportverein und Werder Bremen war ein Spiel um die norddeutsche Meisterschaft am 13. März 1927 vor 7.000 Zuschauern in Bremen. Es endete mit 4:1 für den HSV.

Das erste Aufeinandertreffen der beiden Teams in der Bundesliga war ein 4:2-Heimsieg für Werder am 12. Oktober 1963 vor 40.000 Zuschauern.

Das Spiel am 22. April 2009 war das erste, das nicht nach 90 Minuten entschieden oder beendet war – und der Auftakt zu vier Aufeinandertreffen innerhalb von 19 Tagen:

22. April 2009, DFB-Pokal-Halbfinale – Bremen siegte in Hamburg mit 3:1 nach Elfmeterschießen. Tim Wiese hielt drei Elfmeter.

30. April 2009, UEFA-Cup-Halbfinal-Hinspiel – Hamburg siegte in Bremen mit 1:0.

7. Mai 2009, UEFA-Cup-Halbfinal-Rückspiel – Bremen siegte in Hamburg dank einer Papierkugel mit 2:3. Die Kugel war das zusammengeknüllte Papier der Choreografie, die anschließend nach vorne geworfen worden war und auf dem Rasen landete. Bei einem Rückpass von Michael Gravgaard auf Frank Rost touchierte der Ball das Papier und versprang ins Aus. Aus der folgenden Ecke erzielte Bremen das 3:1.

10. Mai 2009, 31. Spieltag der 1. Bundesliga – Werder siegte zu Hause mit 2:0; der HSV stand völlig neben sich und konnte Werder Bremen kaum etwas entgegensetzen.

2012
Das Finale dahoam – Bayerns Pleite

Das Champions-League-Finale 2012 fand in der Münchner Allianz Arena statt. Ein Heimspiel also für den FC Bayern München, der im Finale am 19. Mai auf den Chelsea FC traf. Doch die Euphorie über das „Finale dahoam“ wandelte sich kurz vor Ende der 90 Minuten in ein Drama und schließlich eine Tragödie.

Bayern, das in jener Saison 2011/12 weder Meister noch DFB-Pokal-Sieger geworden war, wollte die Gunst des Heimspiels nutzen, um doch noch einen Titel zu gewinnen. Das Team spielte energisch und offensiv. Chelsea spielte mit seinen zahlreichen erfahrenen, älteren Spielern sehr defensiv und reagierte eher. Die Münchner dominierten die Partie. Bereits nach 24 Minuten verzeichnete der FCB sieben Eckstöße, Chelsea keinen. Zum Ende der 90 Minuten waren es 17:1 Eckstöße und 27:7 Torschüsse. Das Spiel ging dennoch mit 1:1 in die Verlängerung, nachdem Didier Drogba in der 88. Minute den Ausgleichstreffer erzielen konnte.

In dieser Verlängerung blieb alles wie gehabt: Bayern dominierte, konnte aber keine Chance nutzen und verschoss auch noch einen Foulelfmeter. Chelsea stand sehr defensiv. So kam es zum Elfmeterschießen, bei dem der Torhüter des Chelsea FC, Petr Čech, sowohl gegen Ivica Olić als auch Bastian Schweinsteiger parieren konnte. Chelsea gewann das Elfmeterschießen mit 4:3 und konnte seinen ersten internationalen Titel feiern.

2013
Das deutsche Finale in Wembley

Deutschland und Wembley … diese Beziehung ist seit 1966 sehr kompliziert. Dass sich ausgerechnet in diesem Stadion, in dem das Männernationalteam der Bundesrepublik Deutschland 1966 wegen eines umstrittenen Nicht-Tores den WM-Titel verpasste, zwei deutsche Teams im Champions-League-Finale gegenüberstehen, führte zu allerlei Wortspielakrobatik in der Presse.

Das deutsche Clasicò in Wembley. FC Bayern München gegen Borussia Dortmund. Ein Jahr zuvor hatte Bayern im eigenen Stadion den Henkelpott nicht gewinnen können, nun stand man dem Ligakonkurrenten gegenüber. Jürgen Klopp gegen Jupp Heynckes.

Das Spiel war durchaus ein Leckerbissen. Dortmund begann furios mit hoher Laufintensität, Bayern kam erst nach dem ersten Drittel dank einer taktischen Änderung ins Spiel. Dann begann die richtig spannende Phase, in der auch die Tore fielen. Eins für Dortmund, zwei für die Bayern. Das letzte fiel erst kurz vor Ende der 90 Minuten.

Und damit war nicht nur die Partie zu Ende. Es war auch das vorerst letzte Spiel von Jupp Heynckes als Trainer des FC Bayern und des Dortmunder Spielers Mario Götze, der ab der folgenden Saison für den FC Bayern spielten.

2014
Das Nationalteam der Herren wird Weltmeister

Die meisten von uns wissen, was sie am 13. Juli 2014 gemacht haben. Und die meisten werden wohl das Finalspiel der Männer-WM gesehen haben, in dem Deutschland in der Verlängerung mit 1:0 gegen Argentinien gewinnen konnte.

Die Weltmeisterschaft fand in Brasilien statt – erst zum zweiten Mal seit dem Sommer 1950. Was bleiben für Erinnerungen an dieses so erfolgreiche Turnier? Unabhängig vom Finalspiel und dem jubelnden Mario Götze? Ist es der Kantersieg der Deutschen gegen Brasilien? Luis Suarez’ Biss? Das Freistoßspray oder die Torlinientechnik? Die häufigen Trinkpausen angesichts des schwülen Klimas? Die beleuchtete Jesus-Statue in Rio de Janeiro? James Rodriguez’ Volleyschuss im Achtelfinale oder Angela Merkels Jubelfäuste und Selfies mit Lukas Podolski? Was auf jeden Fall bleibt, ist der Titel dieses Teams unter Jogi Löw.

2015
Der Sommermärchen-Skandal wird publik

Gut ein Jahr, nachdem Deutschland zum vierten Mal Weltmeister geworden war, veröffentlicht der Spiegel einen Artikel, wonach der ehemalige Chef von Adidas, der mittlerweile verstorbene Robert Louis-Dreyfus, dem DFB im Vorfeld der WM 2006 einen Kredit von 10,3 Millionen Schweizer Franken geliehen hatte. Eine schwarze Kasse für den Verband. Aus dieser waren laut Spiegel vier Mitglieder des Abstimmungskommitees geschmiert worden. Als Dreyfus sein Geld zurückforderte, paktierte der DFB demnach mit der FIFA und zahlte dem Weltfußverband 6,7 Millionen Euro für ein Kulturprogramm, das nie realisiert wurde. Das Geld erhielt dann Dreyfus von der FIFA. Bereits vor der WM 2006 war immer wieder gemunkelt worden, dass ein paar Stimmen für die Vergabe nach Deutschland gekauft gewesen seien.

Der DFB erläuterte in einer öffentlichen Erklärung, dass man intern bereits die Vergabe überprüft habe, aber es „keinerlei Hinweise auf Unregelmäßigkeiten“ gebe. Lediglich die im April 2005 getätigte Zahlung von 6,7 Millionen Euro an die FIFA sei möglicherweise nicht dem angegebenen Zweck entsprechend verwendet worden.

Die Gerüchteküche begann zu brodeln, das Finanzamt Frankfurt stellte Untersuchungen an. Im Juli 2017 stand eine Steuerrückzahlung von etwa 26 Millionen Euro seitens des DFB im Raum, die im Oktober auf 19,2 Millionen festgesetzt wurde. Auch wurde dem DFB für das Jahr 2006 rückwirkend die Gemeinnützigkeit abgesprochen, nicht aber ab 2006 für die folgenden Jahre.

Seit 2018 prüft die Staatsanwaltschaft, ob die drei Akteure, die beim DFB hauptverantwortlich für die WM 2006 waren – der damalige DFB-Präsident Theo Zwanziger, der damalige DFB-Pressesprecher Wolfgang Niersbach und Horst R. Schmidt – Steuern in Höhe von circa 13,7 Millionen Euro hinterzogen haben. Die drei hatten zunächst Erfolg mit ihrem Antrag beim Landgericht Frankfurt, das Hauptverfahren nicht zu eröffnen (9/2018). Im März 2019 wurde offenkundig, dass das Hauptverfahren nun doch im April 2019 eröffnet werde. Doch die Eröffnung wurde im Frühjahr 2019 vom Landgericht Frankfurt abgelehnt. Dieser Entscheid wurde zwar im Herbst des gleichen Jahres revidiert, aber die Eröffnung des Verfahrens nun auf 2020 verschoben.

2016
Olympiasieg der DFB-Frauen und Silber für die Männer

Zwei Jahre nach der Männer-WM fand in Brasilien das olympische Fußballturnier statt, an dem zwei deutsche Nationalteams teilnahmen: das Frauennationalteam und das Männer-U21-Team. Und für beide war das Turnier äußerst erfolgreich. Die Männer wurden Zweiter, die Frauen gewannen ihren Wettbewerb. Es war das erste Mal bei einem olympischen Sommerturnier, dass zwei Teams eines Landes im Finale standen. Außerdem wurden Nils Petersen und Melanie Behringer Torschützenkönig*in. Melanie Behringer ist damit die erste Torschützenkönigin, die auch Olympiasiegerin wurde. Das Turnier war für Nationaltrainerin Silvia Neid ebenso wie für U21-Nationaltrainer Horst Hrubesch das Ende ihrer Amtszeit.

Die Karriere von Silvia Neid im Überblick
Silvia Neid, 1964 in Walldürn im Odenwald geboren, war aktive und erfolgreiche Spielerin und anschließend ebenso erfolgreiche Trainerin. Sie konnte eine Vielzahl an Erfolgen und Rekorden erreichen. Als Spielerin wurde sie 7x Deutsche Meisterin, 6x DFB-Pokal-Siegerin und erzielte das „Tor des Monat“ im Mai 1988. Außerdem war sie von 1982 bis 1996 Nationalspielerin, meistens Kapitänin, gewann 3x die Europameisterschaft (sie erhielt auch das herzallerliebste Kaffeeset vom DFB) und wurde 1x Vizeweltmeisterin. Insgesamt spielte sie 111 Partien für das deutsche Team und erzielte dabei 48 Tore – welch großartige Quote! Schon ab 1996, während ihrer Karriere als Spielerin, arbeitete sie auch als Trainerin. Zunächst im Jugendbereich, dann als Co-Trainerin mit Tina Theune. 2005 beerbte Silvia Neid Theune schließlich und blieb bis 2016 Nationaltrainerin. Sie wurde unter anderem 2x Weltmeisterin (davon 1x als Co-Trainerin) mit dem Nationalteam und 5x mit Jugendteams, wurde 5x Europameisterin (davon 3x als Co-Trainerin), erhielt 3x die olympische Bronzemedaille (davon 2x als Co-Trainerin) und 2016 die Goldmedaille. Sie wurde mit den Verdienstorden der Länder Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg ausgezeichnet und bekam das Bundesverdienstkreuz am Bande, wurde zur DOSB-Trainerin des Jahres gewählt und 3x zur FIFA-Trainerin des Jahres. Letzteres ist ein Erfolg, den kein*e Trainer*in ihr bislang streitig machen konnte. Nach ihrem Rücktritt wurde sie 2016 Leiterin der neuen Scoutingabteilung Frauen- und Mädchenfußball im DFB und ist seit 2019 Teil der „Hall of Fame des deutschen Fußballs“.
Die Karriere von Horst Hrubesch im Überblick
Horst Hrubeschs Karriere lässt sich knapper zusammenfassen, aber sie ist nicht weniger bemerkenswert. Er wurde 1951 in Hamm in Nordrhein-Westfalen geboren und spielte während seiner aktiven Karriere für Rot-Weiss Essen, den HSV und Borussia Dortmund sowie in Belgien für Standard Lüttich. Drei Deutsche Meisterschaften, ein Europapokal der Landesmeister, Europameister und Vize-Weltmeister stehen beim passionierte Angler zu Buche. Anders als Neid wurde er nach der aktiven Karriere nicht direkt Nationaltrainer im Jugendbereich. Zunächst übernahm Hrubesch erfolgreich die Proficlubs Rot-Weiss Essen und Dynamo Dresden. Während der EM 1990 war er Co-Trainer von Erich Ribbeck, anschließend begann Hrubesch Karriere als Jugendtrainer. Er coachte die U19, die U20, die U21, die U18 und ab 2013 erneut die U21, die er zum Schluss seines Engagements 2016 eben zum zweiten Platz bei Olympia führte. Seitdem übernahm er noch interimsweise zunächst das Amt des DFB-Sportdirektors (2017) und dann das des Frauen-Nationalteams (2018).

2017
Einführung des VAR

Über Schiedsrichter*innen-Entscheidungen wird seit bald hundert Jahren diskutiert. Das führte unter anderem dazu, dass in den 1950er Jahren Fernsehanstalten gebeten wurden, keine Zeitlupen zu zeigen. Denn durch diese konnte jede Fehl- oder strittige Entscheidung der Schiedsrichter*innen überprüft und verbreitet werden und man sorgte sich um die Autorität.

In den 1980er und insbesondere den 1990ern wurde immer wieder thematisiert, ob man den Spieloffiziellen ein technisches Instrument an die Hand geben könne, um Entscheidungen zu überprüfen. FIFA-Präsident Joseph Blatter und auch UEFA-Präsident Michel Platini waren strikte Gegner technischer Hilfsmittel und bremsten die Entwicklung der Torlinientechnik. Auch der Test in den Niederlanden mit TV-Bildern war ihnen ein Dorn im Auge: Per Funk waren Schiedsrichter*innen und Assistent*innen mit weiteren Assistent*innen verbunden, die auf die Fernsehbilder zugreifen durften – und so die Entscheidungen auf dem Platz überprüfen konnten.

Der Test dauerte von 2011 bis 2015. Dann wurden die sehr positiven Testergebnisse dem International Football Association Board (IFAB) auf dessen jährlicher Generalversammlung vorgestellt. Die vier britischen Verbände waren zuvor sehr skeptisch, nach der Vorstellung aber zur Einführung bereit. Nur Joseph Blatter blieb strikt dagegen. Man einigte sich, „video replay“ als dreijähriges Experiment durchzuführen. Unter anderem der DFB war den Möglichkeiten, die eine Videoüberprüfung bot, sehr aufgeschlossen und einer der Verbände, die an dem Experiment teilnahmen. So startete in der Saison 2016/17 zunächst die Offline-Testphase in der 1. Bundesliga, bei der die Eingriffe geübt und die technischen Mittel eingerichtet werden konnten. In den Spielzeiten 2017/18 und 2018/19 wurde dann das Experiment durchgeführt.

Die Ergebnisse während der Testphase wurden erneut als so positiv bewertet, dass auch bei der WM 2018 die Videoüberprüfung eingesetzt wurde. Nach Beendigung des Experiments wurde die Videoüberprüfung freigegeben. Jede Liga kann nun entscheidet, ob sie die Technik einführen möchte oder nicht.

2018
WM-Aus in der Vorrunde für das Nationalteam der Herren

Für manche war es eine herbe Enttäuschung oder bittere Überraschung, andere hatten schon vermutet oder gar gehofft, dass Deutschland sich bei der WM 2018 nicht für das Achtelfinale qualifizieren würde. Als es dann tatsächlich geschah, las man häufig von dem Fluch, den schon so manch Weltmeister erlitten hatte. Und tatsächlich hat sich bei den Herren nur einmal seit 2002 der amtierende Weltmeister über die Vorrunde hinaus qualifiziert.

Allenthalben wurden Gründe gesucht: Zu wenig Veränderung? Zu viel Selbstgefälligkeit? Woran lag es? Spieler? Trainer? DFB? Wie hatte das passieren können?

Bereits das erste Spiel verlor Deutschland überraschend mit 0:1 gegen Mexiko. Zwar konnte das Team sein zweites Spiel gegen Schweden mit 2:1 gewinnen, aber das nur mit Dusel.
Viele hofften nach dem Sieg gegen Schweden darauf, dass das Glück zurückgehrt war, aber dies war bekanntermaßen nicht der Fall: Südkorea schlug Deutschland im letzten Gruppenspiel mit 2:0. Trotz behäbigem Spielaufbau und ungenauen Flanken und Pässen konnte das deutsche Team zwar ein paar Torchancen kreieren, nutze jedoch keine davon. Südkorea wiederum konnte diese Schwerfälligkeit über 90 Minuten nicht für sich nutzen, schoss aber in der Nachspielzeit zwei Tore. Deutschland schied als Gruppenletzter aus.

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Beitragsbild: Danilo Borges/copa2014.gov.br Licença Creative Commons Atribuição 3.0 Brasil [CC BY 3.0 (https://creativecommons.org/licenses/by/3.0)]

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von Petra Tabarelli (nachspielzeiten.de)

unter Mitarbeit der 120minuten-Redaktion | Dezember 2019

1990
Die Nationalmannschaft der Herren wird Weltmeister

Die WM 1990 fand in der Hochzeit des Defensiv-Fußballs statt. So wundert es nicht, dass auch das Finale am 8. Juli 1990 zwischen Argentinien und der Bundesrepublik Deutschland in Rom durch einen Elfmeter gewonnen wurde. Andy Brehme konnte ihn in der 85. Minute verwandeln. Es war das erste WM-Finale, das durch einen Elfmeter in der regulären Spielzeit entschieden worden ist. Franz Beckenbauer wurde der zweite Nationaltrainer nach Mario Zagallo aus Brasilien, der sowohl als Spieler als auch als Trainer Weltmeister wurde – wobei Zagallo den Titel als Spieler sogar zweimal holte (1958 und 1962).

1990
Eingliederung des DDR-Fußballs in die BRD

Die Organisation der Wiedervereinigung beider deutscher Staaten ging schneller voran, als man im DFV gedacht hatte. Das letzte Spiel der DDR-Nationalmannschaft der Männer fand am 12. September 1990 in Brüssel statt, Kapitän Matthias Sammer schoss beide Tore. Eigentlich sollte es Spiel ein Qualifikationsspiel für die EM 1992 sein, doch der DFV hatte das DDR-Team bereits abgemeldet. Um Schadenersatzforderungen zu umgehen, spielte man das Match als Freundschaftsspiel aus. Ohne Wiedervereinigung hätte die DDR-Mannschaft nach Belgien gegen die Nationalmannschaft der BRD gespielt (für den 21. November 1990 terminiert). So löste sich einen Tag vorher, am 20. November 1990, der DFV auf. Die DDR-Nationalelf der Männer kam auf 293 Länderspiele mit 501 Toren und 345 Gegentoren (ohne die bei Elfmeterschießen erzielten Tore) – 138 Siege, 69 Unentschieden und 86 Niederlagen. Das abgesagte EM-Qualifikationsspiel zwischen der nun ehemaligen DDR und der BRD wurde zunächst nicht als Freundschaftsspiel wiederholt, aus Sorge vor Ausschreitungen. Erst zwanzig Jahre später kam es zu einem Freundschaftsspiel zwischen DDR-Nationalspielern der 1990er Jahre und der BRD-Nationalelf, die an der WM 1990 teilgenommen hatte. Wie bereits 1902 spielte die gesamtdeutsche Mannschaft ihr erstes Spiel, ein Freundschaftsspiel gegen die Schweiz.

1990
Gründung der Frauenbundesliga

Seit Mitte der 1980er Jahre wurde über die Einführung einer überregionalen Spielklasse im Frauenfußball diskutiert, um die Leistungsunterschiede zwischen regionalen Spitzenmannschaften und den Niedrigerplatzierten auszugleichen. In West- und Norddeutschland wurden bereits 1985 beziehungsweise 1986 verbandsübergreifende Spielklassen gegründet und auf dem DFB-Bundestag 1986 wurde die Organisation einer deutschen Spielklasse fast einstimmig beschlossen. Es dauerte aber noch über die Frauen-EM 1989 in Deutschland hinaus, bis der DFB seine Idee in die Tat umsetzte. Für die Saison 1990/91 wurde die Frauen-Bundesliga eingeführt. Zunächst gab es zwei Ligen (Nord/Süd) mit je zehn Mannschaften – die der Landesverbände nach Abschluss der Saison 1989/90. Das waren in der Nordliga Fortuna Sachsenross Hannover, SC Poppenbüttel, Schmalfelder SV, SV Wilhelmshaven, VfR Eintracht Wolfsburg (alle zuvor Oberliga Nord), SSG Bergisch Gladbach, KBC Duisburg, VfB Rheine, TSV Siegen (Regionalliga West) und der 1. FC Neukölln (Oberliga Berlin). In der Südliga waren die SG Praunheim (später 1. FFC Frankfurt, künftig Eintracht Frankfurt) und der FSV Frankfurt (Oberliga Hessen), SC 07 Bad Neuenahr (Verbandsliga Rheinland), VfR 09 Saarbrücken (Verbandsliga Saarland), TuS Niederkirchen (Verbandsliga Südwest), SC Klinge Seckach (Verbandsliga Baden), TuS Binzen (Verbandsliga Südbaden), VfL Sindelfingen und VfL Ulm/Neu-Ulm (Verbandsliga Württemberg) und Bayern München (Bayernliga) die Gründungsmitglieder.

Seit 1997 gibt es eine Liga mit zwölf Teams für Gesamtdeutschland. Gründungsmitglieder waren zum Teil dieselben wie 1990: FSV Frankfurt, SG Praunheim, FCR Duisburg, Grün-Weiß Braunweiler, Sportfreunde Siegen, SSV Turbine Potsdam, FC Eintracht Rheine, 1. FC Saarbrücken, TuS Niederkirchen, SC 07 Bad Neuenahr, SC Klinge Seckach und der Hamburger SV. Das waren die vier besten der beiden vorherigen Ligen und die Siegerteams aus einem Wettbewerb, an dem alle anderen 16 Teams teilnahmen. Zur Saison 2004/05 wurde dann eine zweite Liga eingeführt, die bis zur Saison 2017/18 zweigleisig (Nord/Süd) geführt wurde. Mittlerweile gibt es eine zweite Liga für das gesamte Deutschland.

1995
Marc Bosman revolutioniert den Transfermarkt

Sportlich gesehen ist die Profi-Karriere des Belgiers Marc Bosman unbedeutend. Seine Verdienste um den Fußball hat Bosman durch eine arbeitsrechtliche Auseinandersetzung erworben. Anfang der 1990er wollte er den Verein wechseln, doch sein Arbeitgeber wollte ihn nicht ziehen lassen, ohne eine überhöhte Ablöse zu erhalten. Vor dem so genannten Bosman-Urteil war es Gang und Gäbe, dass der aktuelle Klub einem Vereinswechsel zustimmen musste und eine Ablöse verlangen konnte, selbst wenn der Vertrag des Spielers ausgelaufen war. Auch gab es in den Ligen weitreichende Bestimmungen, die die Anzahl ausländischer Profis in den Kadern limitierten. Bosman fand, dass ihn das in der Wahl seines Arbeitsplatzes einschränkte, klagte dagegen und bekam schlussendlich vor dem Europäischen Gerichtshof Recht. Das Urteil schuf einen Präzedenzfall. Es brachte den Profis mehr Selbstbestimmung, internationalisierte den Transfermarkt und befeuerte die Transferaktivitäten der Klubs, die sich nun einfacher mit Neuverpflichtungen einig werden konnten. Insofern ist dieses Urteil einer der Faktoren, die die Entwicklung hin zu den heutigen globalen Transfermärkten und -summen möglich machten. Der Spieler selbst hat von der Regelung nicht mehr profitiert – bei der Urteilsverkündung war Bosmans Karriere so gut wie beendet.

1996
Europameister dank Golden Goal

„Andersrum!“ Das soll Marco Bode in der 95. Minute des EM-Finals 1996 Oliver Bierhoff zugerufen haben. Bierhoff legte sich den Ball nicht auf Rechts sondern auf Links, zog ab – und Torhüter Kouba rutschte die Kugel über die Hände. Das erste Golden Goal der Fußballgeschichte machte Deutschland zum Europameister. Beim 2:1 Sieg erzielte der eingewechselte Bierhoff beide Tore. Der Legionär, der sein Geld in Italien verdiente, debütierte erst im Februar 1996 in der Nationalmannschaft und wird durch seine Tore wohl immer mit diesem Titelgewinn verbunden werden.
Es waren aber andere Spieler im deutschen Kader, die dem Turnier ihren Stempel aufdrückten – auch wenn Bundestrainer Berti Vogts im Turnierverlauf nicht müde wurde zu betonen, der Star sei die Mannschaft. Im Tor war Andreas Köpke sicherer Rückhalt, obwohl er gerade mit Eintracht Frankfurt aus der Bundesliga abgestiegen war. In der Abwehr organisierte Matthias Sammer das Spiel und im defensiven Mittelfeld lernten die Deutschen, Dieter Eilts zu lieben. Alle drei wurden in die Elf des Turniers, Sammer gar zum Spieler des Turniers gewählt. Der Kader bestand aus erfahrenen Spielern und wurde von Berti Vogts aufgrund des beinahe unheimlichen Verletzungspechs voll ausgeschöpft. Wer das Turnier verfolgt hat, erinnert sich sicher an die Nachnomminierung von Jens Todt, die der DFB-Auswahl zugestanden wurde. In die Vorrunde startete die Auswahl mit zwei Siegen, bevor ihr im letzten Gruppenspiel gegen Italien die Grenzen aufgezeigt wurden: Der 0:0-Endstand war mehr als schmeichelhaft. Im Viertelfinale konnte Kroatien überwunden werden, im Halbfinale gelang gegen England eine Revanche für das WM-Finale 1966. In Wembley zog die DFB-Auswahl gegen Gastgeber England nach Elfmeterschießen ins Finale ein, nachdem vor allem die englische Yellow Press in den Tagen zuvor nicht mit offensiven bis geschmacklosen Schlagzeilen gegeizt hatte.
Die EM 1996 markierte den zweiten großen Titel innerhalb von sechs Jahren. Es war das Turnier des Matthias Sammer und die mannschaftliche Geschlossenheit täuschte darüber hinweg, dass im deutschen Fußball bereits einiges im Argen lag. Im Kader fand sich nur eine Handvoll Spieler unter 25 Jahren und die folgenden Turniere sollten zeigen, dass es dem DFB an talentiertem Nachwuchs und guten Ideen mangelte.

1997
Schalke und Dortmund gewinnen die UEFA-Klubwettbewerbe

Für einen kurzen Augenblick im Mai 1997 war das Ruhrgebiet der Nabel des europäischen Fußballs. Schalke 04 errang mit Trainer Huub Stevens den UEFA-Pokal, Borussia Dortmund besiegte wenige Tage später in München Juventus Turin im Finale der Champions League. In der Saison 96/97 trat Schalke zum ersten Mal seit den 1970ern in einem kontinentalen Wettbewerb an. Im Laufe der Saison übernahm Huub Stevens den Trainerposten, der zuvor mit Roda Kerkrade in der ersten Runde gegen die Schalker ausgeschieden war. Mit kampfbetontem Fußball kam die Mannschaft Runde um Runde weiter. Gegen den FC Brügge wurde erst in letzter Minute das Weiterkommen ins Viertelfinale gesichert. Die Schalker Außenseiter, die kaum über internationale Erfahrung verfügten, traten im Finale gegen das mit Stars gespickte Inter Mailand an. Das Hinspiel in Gelsenkirchen gewann man knapp, das Rückspiel im Guiseppe Meazza ging ins Elfmeterschießen – Marc Wilmots versenkte den entscheidenden Elfmeter.
Borussia Dortmund verfügte über einen erfahreneren Kader und fokussierte sich im Frühjahr 1997 auf die Champions League, nachdem der BVB in der Bundesliga den Anschluss an die Tabellenspitze verloren hatte. Unvergessen bleibt das vorentscheidende 3:1 im Finale durch Lars Ricken nur wenige Sekunden nach seiner Einwechslung. Der Titelgewinn unter dem scheidenden Meistertrainer Ottmar Hitzfeld konnte aber nur kurzzeitig übertünchen, dass es erhebliche Spannungen im Mannschaftsgefüge gab. Das Team, das Hitzfeld aufgebaut hatte, war bereits über seinen Zenit hinaus.

1999
Bayern München, Manchester United und die Nachspielzeit

Die Dramaturgie des Finales der Champions League 1999 zwischen Bayern München und Manchester United war eine ganz besondere. Schon nach wenigen Minuten ging der FC Bayern durch einen Freistoß von Mario Basler in Führung. Fortan sah es fast 90 Minuten lang so aus, als würden die Münchner als Sieger vom Platz gehen. Sie erspielten sich einige
Chancen und verwalteten den knappen Vorsprung. Der Spielverlauf sprach eine deutliche Sprache – das Endergebnis war ein anderes. In der 81. Minute wurde der inzwischen 38-jährige Lothar Matthäus ausgewechselt, bei Manchester United brachte Manager Alex Ferguson zeitgleich Stürmer Ole Gunnar Solskjær. Zuvor hatte er schon Teddy Sheringham eingewechselt. Die Joker stachen. In der ersten Minute der Nachspielzeit glich Sheringham nach einem Eckball aus. Die Münchner wirkten paralysiert und kassierten in der 3. Minute der regulären Nachspielzeit das 1:2 – wieder nach einem Eckball, diesmal traf Solskjær. Der Sieg sicherte Manchester United zum zweiten Mal nach 1968 (damals unter dem legendären Trainer Matt Busby) den wichtigsten kontinentalen Titel und hinterließ Spieler, Fans und Verantwortliche des FC Bayern fassungslos.

2002
Die Kirch-Pleite

Für eine Weile war der Medienunternehmer Leo Kirch der heimliche Herrscher der Bundesliga. Über eine Milliarde Euro ließ er sich die Übertragungsrechte der höchsten deutschen Spielklasse für vier Jahre kosten. Das war um die Jahrtausendwende gleichzusetzen mit einem Geldregen für die Klubs: Borussia Dortmund investierte innerhalb von drei Spielzeiten etwa 100 Millionen Euro in Neuzugänge und die Spielergehälter stiegen ligaweit deutlich. Kirch und sein Pay-TV-Sender Premiere diktierten die Anstoßzeiten und die Regeln für die Berichterstattung im Free-TV. Doch seine Rechnung ging nicht auf: die Anzahl der Abonnenten stieg nicht wie gewünscht und so verbrannte der Sender jeden Monat Millionen. Hinzu kamen weitere kostspielige Investitionen für Sportrechte, die sich ebenso wenig rentierten. Im April 2002 hatte KirchMedia mehrere Milliarden Euro Verbindlichkeiten angehäuft und ging in Insolvenz. Die Vereine, von denen einige Investitionen in neue Stadien getätigt hatten, saßen auf dem Trockenen. Ein Fond der DFL für Krisenzeiten sollte Abhilfe schaffen, doch schlussendlich entgingen der Liga durch die Pleite etwa 200 Millionen Euro, die fest eingeplant gewesen waren. Vor der Saison 2003/04 verkleinerte fast die halbe Bundesliga ihre Etats und die Transferausgaben sanken um zwei Drittel. Die Kirch-Pleite verpasste der Liga einen spürbaren finanziellen Dämpfer.

2003
Die Nationalmannschaft der Frauen wird Weltmeister

Die Fußballweltmeisterschaft 2003 sollte ursprünglich in China stattfinden, wurde aber wegen der Pandemie der Infektionskrankheit SARS kurzfristig in die USA verlegt. Die deutsche Frauen-Nationalelf dominierte das Turnier, das vom 20. September bis 12. Oktober 2003 ausgetragen wurde. Der auf den ersten Blick eher ungewöhnliche Zeitraum des Turniers begründet sich in der Tatsache, dass die chinesischen Fußballligen im Herbst enden. Sowohl die im Nachhinein als beste Spielerin als auch die als beste Torhüterin des Turniers ausgezeichneten Spielerinnen gehörten zum deutschen Team: Birgit Prinz (1. FFC Frankfurt) und Silke Rottenberg (FCR 2001 Duisburg). Ebenso waren unter den vier besten Torschützinnen vier Deutsche, nämlich neben der alleinigen Torschützenkönigin noch die Stürmerinnen Maren Meinert (Boston Breakers) und Kerstin Garefrekes (FFC Heike Rheine). Der Erfolg des deutschen Teams beruhte aber nicht nur auf den Torschützinnen und der Torfrau, sondern war auch eine herausragende Teamleistung. Durch sie konnte das deutsche Team im Halbfinale das amtierende Weltmeisterteam und Favorit USA mit 3:0 eindrucksvoll besiegen.
Eine überzeugende Leistung zeigte das deutsche Team auch im Finale gegen Schweden, hatte zudem aber Glück, denn auf beiden Seiten gab es einige Chancen. So ging das Spiel mit 1:1 in die Verlängerung. Keine zehn Minuten später standen die deutschen Frauen als neue Weltmeisterinnen fest, denn die Innenverteidigerin Nia Künzer (1. FFC Frankfurt) erzielte das 2:1 – das letzte Golden Goal vor der Abschaffung im Sommer 2003. Nia Künzers Tor wurde zum Tor des Jahres in Deutschland gewählt. Es war der erste WM-Titel der deutschen Frauennationalmannschaft. Trainerin Tina Theune (damals Theune-Mayer), die aktiv für Grün-Weiß Brauweiler spielte, erwarb nach ihrer aktiven Laufbahn als erste Frau in Deutschland eine Fußballlehrerlizenz und übernahm im gleichen Jahr den Trainerinnenjob des deutschen Teams. 2003 gehörte auch die ehemalige Bundesligaspielerin Silvia Neid zu ihren Assistentinnen. Neid übernahm 2005 das Amt der Bundestrainerin von Theune und wurde 2007 erneut Weltmeisterin.

WM-Finale 2003, Quelle: Curt Gibbs, CC BY 2.0 via flickr.

2005
Schiedsrichter-Wettskandal

Hoyzer. Vor 15 Jahren ein junger, ambitionierter und hochgelobter DFB-Schiedsrichter mit Vornamen Robert, heute ein Schimpfwort. Den meisten ist das Männer-DFB-Pokalspiel des Hamburger Sportvereins gegen den SC Paderborn ein Begriff. Es war die erste Runde des DFB-Pokals der neuen Saison, der HSV verlor mit 4:2 nach eigener 2:0-Führung. Hoyzer hatte auf zwei haltlose Strafstöße für Paderborn entschieden, ein weiteres Tor des SCP hätte er wegen eines vorangegangenen Foulspiels nicht geben dürfen. Es verging ein halbes Jahr, bis die Schiedsrichter Lutz Michael Fröhlich, Manuel Gräfe, Olaf Blumenstein und Felix Zwayer den DFB am 19. Januar 2005 über die Spielmanipulationen informierten. Robert Hoyzer bestritt für ein paar Tage die Vorwürfe, um dann aber ein umfangreiches Geständnis abzulegen. Er nannte dabei auch Dominik Marks, der ebenfalls 2005 Spiele der 2. Männer-Bundesliga und des Männer-DFB-Pokal schiedste. Auch er hatte Spiele durch seine Entscheidungen manipuliert. Der DFB sperrte Hoyzer und Marks lebenslang und der Bundesgerichtshof verurteilte Hoyzer zu zwei Jahren und fünf Monaten Haft (ohne Bewährung) und Marks zu einem Jahr und sechs Monaten (auf Bewährung). Ein Revisionsgesuch wurde abgelehnt. Obwohl die Haftdauer ohne Bewährung festgesetzt worden war, wurde Hoyzer bereits nach 14 Monaten, am 18. Juli 2008, wegen guter Führung aus der Haft entlassen.Vor dem Haftantritt hatte der DFB gegen Robert Hoyzer Schadenersatzansprüche von 1,8 Millionen Euro gestellt, nach der Haftstrafe einigten sich beide Parteien auf einen Vergleich: 450.000 Euro in 15 Jahren, wobei ihm der DFB später gut zwei Drittel der Summe erstattete. Dafür muss Hoyzer Auflagen erfüllen, darf zum Beispiel keinen Profit aus dem Fall ziehen, indem er ein Buch darüber schreibt oder sein Leben um den Skandal verfilmen lässt. Der Schiedsrichterskandal rund um Robert Hoyzer hat heute vor allem zwei Konsequenzen: „Hoyzer“ oder „hoyzern“ ist ein Schimpfwort gegenüber Schiedsrichter*innen und führt zum Platzverweis, wenn Spieler*innen oder Verantwortliche es nutzen. „Hoyzern“ wurde zudem das Kunstwort des Jahres 2005. Zum anderen rotieren die meist festen Schiedsrichter*innen-Gespanne in zufälliger Reihenfolge. Das bedeutet, dass am Spieltag die vorher festgelegte Zusammensetzung aus Schiedsrichter*in und Assistent*innen getauscht wird. So sollen Absprachen unterbunden und weiteres „Verschiedsen“ möglichst unmöglich gemacht werden.

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Anmerkung:

Die Texte zum Bosman-Urteil, dem EM-Titel 1996, dem Gewinn der Klub-Wettbewerbe 1997, des Champions-League-Finales 1999 sowie der Kirchpleite (2002) stammen aus der Feder von 120minuten-Redaktionsmitglied Endreas Müller.

Beitragsbild: gemeinfrei

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Die 60 wichtigsten Episoden der deutschen Fußballgeschichte, Teil 4 https://120minuten.github.io/die-60-wichtigsten-episoden-der-deutschen-fussballgeschichte-teil-4/ https://120minuten.github.io/die-60-wichtigsten-episoden-der-deutschen-fussballgeschichte-teil-4/#comments Thu, 28 Nov 2019 08:00:27 +0000 https://120minuten.github.io/?p=6681 Weiterlesen]]> Fußball wird seit etwa 150 Jahren in Deutschland gespielt, das heißt, in den Grenzen des damaligen Kaiserreiches. Zunächst waren es vor allem englische Händler, Studierende und Touristen, die das ihnen vertraute Spiel aus der Heimat auch hier gemeinsam spielten. Dort war die reglementierte Fassung des Spiels seit einem halben Jahrhundert bekannt. Diese Serie beschreibt die 60 wichtigsten Momente des Fußballspiels in Deutschland. Im vierten Teil geht es um die Jahre 1970 bis 1982. (Die Teile 1, 2 und 3 sind hier, hier und hier zu finden.)

von Petra Tabarelli (nachspielzeiten.de) unter Mitarbeit der 120minuten-Redaktion | November 2019

1970
Der DFB erlaubt Frauenfußball in seinen Reihen

Ende der 1960er Jahre wuchs der Druck in Sachen Frauenfußball auf den DFB immer mehr an. Da sich in diesem Bereich eigene Verbände und Strukturen entwickelt hatten, war der DFB in Zugzwang, wenn er das Thema nicht endgültig abschenken wollte. Um der Gründung eines bundesdeutschen Frauenfußballverbandes zuvorzukommen und die Zügel in die Hand zu nehmen, so lange es noch ging, beschloss der DFB auf seinem Bundestag in Travemünde am 31. Oktober 1970 „aufgrund der eingetretenen Entwicklung“, das Verbot für Frauenfußball innerhalb des Verbandes aufzuheben. Allerdings zunächst mit Restriktionen: Die Frauen durften fortan nur mit einem Ball für Jugendfußball spielen, der leichter als der Ball bei den Männern war, ein Spiel dauerte lediglich zwei Mal 30 Minuten und die Schuhe der Damen durften keine Stollen haben. Auch über andere Kleidungsvorschriften, unter anderem einen „Brustpanzer“, wurde diskutiert, umgesetzt wurde das aber letztlich nicht. Die Skepsis gegenüber Frauenfußball blieb insgesamt enorm, wie ein Ausschnitt aus dem Aktuellen Sportstudio von 1970 illustriert. Vermutlich nahm der DFB diesen überhaupt nur in seinen Reihen auf, um einen Machtverlust zu verhindern.

1970
Jahrhundertspiel Deutschland – Italien

Am 17. Juni 1970 ist es nachmittags in Mexiko-City auf 2.200m NN 50°C heiß und schwül. Ein Gewitter kündigt sich an, Regentropfen fallen auf die in den Schreibmaschinen eingesetzten Papiere der Fußballreporter. Es ist der Beginn des so genannten Jahrhundertspiels, des WM-Halbfinales zwischen Italien und der Bundesrepublik Deutschland, das Italien in der Nachspielzeit für sich entscheiden kann. Die über 100.000 Zuschauer*innen im Aztekenstadion sehen, wie Italien früh in Führung geht und die BRD erst in der Nachspielzeit ausgleicht. Verlängerung. Das Bild von Beckerbauer mit Armschleife geht anschließend um die Welt. Er hat sich an der Schulter verletzt, doch das Wechselkontingent der BRD ist erschöpft. So steht er zwar weiter auf dem Platz, läuft aber nur noch mit.

In der Verlängerung geht zunächst die BRD in Führung, Italien dreht das Spiel zum 3:2, die BRD gleicht erneut aus und zuletzt geht Italien abermals in Führung. Endstand 4:3, wobei unzählige Torchancen im Spiel nicht genutzt wurden. Die Partie geht mit dem Titel „Jahrhundertspiel“ als eines, wenn nicht das bis dahin dramatischste Fußballspiel aller Zeiten in die Annalen ein.

1971
Bundesliga-Wettskandal

Am 6. Juni 1971 beging Horst-Gregorio Canellas seinen 50. Geburtstag. Zur Feier des Tages ließ er einen weitreichenden Wettskandal in der Bundesliga auffliegen. Denn der Präsident des abstiegsgefährdeten Bundesligaclubs Kickers Offenbach hatte Telefonate auf Tonband mitgeschnitten, in denen er von Spielern kommender Gegner Bestechungsangebote bekam. Dieses Tonband wurde auch dem DFB vorgespielt. Jurist Hans Kindermann führte die Ermittlungen. In deren Folge gab es 1973 zahlreiche lebenslange Sperren, die dann aber in den meisten Fällen nach wenigen Monaten wieder aufgehoben wurden. Insgesamt wurden 52 Spieler (vor allem von Hertha BSC, Eintracht Braunschweig und dem FC Schalke 04), zwei Trainer und sechs Vereinsfunktionäre verurteilt – auch Canellas, der zum Schein auf die Angebote eingegangen war. Insgesamt flossen 1,1 Millionen DM Schmiergelder. Arminia Bielefeld und Kickers Offenbach wurde die Lizenz für die Bundesliga entzogen.

8. Mai 1974
Der 1. FC Magdeburg gewinnt den Pokal der Pokalsieger

Was haben Paris Saint Germain, Manchester City und der 1. FC Magdeburg gemeinsam? Alle haben den Europapokal der Pokalsieger gewonnen und auch, wenn der Vergleich angesichts der finanziellen Mittel schräg erscheinen mag, ist es unter anderem auch diese Tatsache, die Clubfans stolz macht auf die Geschichte ihres Vereins. Hinzu kommt, dass dem FCM mit dem Finalsieg 1974 gegen den AC Mailand etwas Einmaliges gelang: Er war und blieb der einzige Verein des DFV (dem ostdeutschen Pendant zum DFB), der je den Europapokal gewinnen konnte. Auch dieser Umstand mag mit verantwortlich sein für den bekannten Magdeburger Größenwahn: Es kann einfach nicht jede Mannschaft Europas Beste sein.

Erzählt man die Geschichte dieser erfolgreichsten Spielzeit in der Historie des Clubs, muss man hinzufügen, dass dieser Sieg kein Ausrutscher, sondern verdient war. Die Mannschaft und Trainer Heinz Krügel waren auf ihrem Zenit; der Umstand, dass Mailand in der Krise war und den vermeintlichen Außenseiter unterschätzte, spielte Magdeburg zusätzlich in die Karten. Alles begann im September 1973 im Kuip von Rotterdam, dem späteren Endspielort, gegen den holländischen Pokalsieger NAC Breda, ging über die Stationen Ostrava, Zagora, Lissabon zurück nach Rotterdam, wo der Titelverteidiger AC Milan wartete. Unter dem Interimstrainer, einem gewissen Giovanni Trapattoni, waren die Mailänder unberechenbar, doch Magdeburgs Meistertrainer hatte die Mannschaft hervorragend eingestellt.

Je länger das Spiel lief, desto sicherer wurden die Magdeburger und desto fahriger die Mailänder. Die Folge war kurz vor der Pause das 1:0, bezeichnenderweise ein Eigentor durch Enrico Lanzi. In der zweiten Hälfte folgte die Krönung eines außergewöhnlichen Spiels und der erfolgreichsten Saison für den 1. FCM. Axel Tyll spielt den Ball aus dem Halbfeld in den Strafraum, wo Wolfgang „Paule“ Seguin ihn mitnimmt und aus spitzem Winkel zum 2:0 trifft – die Entscheidung. Es war die 74. Minute, die heute noch bei Heimspielen zelebriert wird.

Zur Siegerehrung erschien die Mannschaft von Kapitän Manfred Zapf in weißen Bademänteln – warum, weiß heute keiner mehr so genau – was diesem Finale eine weitere besondere Note verlieh. Es mag das am schlechtesten besuchte Endspiel in der Geschichte des Europapokals sein, das mindert aber keinesfalls die Leistung des 1. FC Magdeburg. Der Triumph wurde für längere Zeit aber eher Mühlstein denn Freude; zu lange hing der Club vergangenen Erfolgen nach und übersah nach dem Fall der Mauer die Zeichen der Zeit.

1974
BRD-DDR – eine einmalige Begegnung bei der WM

Die DDR und die WM/EM: eine traurige Geschichte. Während der Qualifikation für WM oder EM sah es für die Nationalmannschaft des DFV immer gut aus, bis zur letzten Hürde. Oft fehlte ein Punkt, manchmal ein Tor. Nur einmal schaffte es die DDR, sich für die WM zu qualifizieren: 1974. Und dort gab es gleich ein bemerkenswertes Spiel. Es war das erste und einzige Mal, dass sich zwei deutsche Nationalmannschaften in einer Partie gegenüberstanden.

Hamburg, 22. Juni 1974. An eben jenem Tag sah die Gruppenauslosung vor, dass die DFB-Elf gegen die des DFV antreten sollte. Die Mannschaft von Helmut Schön (West) war als Gastgeber natürlich unter Druck; nichts anderes als der Titel wurde erwartet, nachdem bereits 1972 der erste EM-Titel gewonnen worden war. Für die DDR ging es darum, diesen kleinen Staat mittels des Fußballs noch bekannter zu machen. Das Team von Georg Buschner (Ost) kam als Außenseiter, aber mit den FCM-Spielern Hoffmann und Sparwasser. So entspann sich ein Spiel, welches von Nervosität geprägt war.

Schöns Team kam besser in die Partie, verlor aber zusehends den Faden, als kein Tor fiel. Die Mannschaft von Buschner wuchs in dieses Spiel hinein und nach einer Stunde konnte sie es dominieren. In der entscheidenden 77. Minute fing der Zwickauer Torhüter Jürgen Croy einen Angriff der DFB-Elf ab und initiierte mit einem langen Angriff auf Erich Hamann einen Konter. Hamann hatte so viel Platz, dass er ungestört bis zur Mittellinie und darüber hinaus marschieren konnte, ohne einen Gegenspieler zu sehen. Sein Pass fand Jürgen Sparwasser, just in dem Moment, als er in das große D des Strafraums lief und dort den Ball mit der Nase an Berti Vogts vorbeilegte, Sepp Maier verlud und gekonnt zum 1:0 traf. Alle Versuche von Beckenbauer & Co., den Ausgleich zu erzielen, schlugen fehl.

Später wurde das Spiel oft reduziert auf eben jenen Moment, als Sparwasser traf. Dies schmälert jedoch die Leistung der anderen Spieler im DDR-Trikot ebenso wie die des Trainerstabs. In den Annalen des Fußballs wird die DFV-Auswahl auf ewig eine reine Weste gegen den DFB bewahren; keine andere Mannschaft kann das von sich behaupten.

1974
Herren-Titel bei der Heim-WM

Am 7. Juli 1974 um 17:47 Uhr war es soweit: Die Bundesrepublik Deutschland war Weltmeister bei den interkontinentalen Wettkämpfen im eigenen Land geworden. Die WM begann am 13. Juni 1974 und war die einzige, an der das geteilte Deutschland mit sowohl der BRD als auch der DDR teilnahm. Beide wurden bekanntermaßen gemeinsam mit Chile und Australien in die gleiche Gruppe (I) gelost – so kam es zum einzigen Duell zwischen den Ländern. Auch dank des Sieges der DDR blieb diese in ihrer Gruppe ungeschlagen. Die BRD wurde Zweiter, was aber vielleicht ihr Glück war, denn in der darauffolgenden Zwischengruppenphase spielte die DDR gegen namhafte Länderauswahlen wie die Niederlande und Brasilien, die BRD gegen Polen, Schweden und Jugoslawien. Die DDR schied nach dieser Gruppenphase aus, die BRD kam ins Finale und besiegte am 7. Juli in München mit 2:1 die Niederlande. Dabei waren die zunächst bereits in der ersten Minute in Führung gegangen, doch Paul Breitner und Gerd Müller entschieden das Spiel mit ihren Toren für die westdeutsche Mannschaft. Der BRD-Kader liest sich wie eine Auswahl aus früheren und aktuellen Vorstandsgremien von Bundesligavereinen, es spielten unter anderem Sepp Maier, Franz Beckenbauer, Berti Vogts, Paul Breitner, Rainer Bonhof, Uli Hoeneß, Wolfgang Overath, Jürgen Grabowski, Gerd Müller, Bernd Hölzenbein, Heinz Flohe, Günter Netzer und Jupp Heynckes.

Der Kader der DDR ist heute dagegen weitestgehend unbekannt, im Team waren Wolfgang Blochwitz, Jürgen Croy, Werner Friese, Bernd Bransch, Joachim Fritsche, Gerd Kische, Lothar Kurbjuweit, Rüdiger Schnuphase, Wolfgang Seguin, Siegmar Wätzlich, Konrad Weise, Erich Hamann, Harald Irmscher, Hans-Jürgen Kreische, Reinhard Lauck, Jürgen Pommerenke, Jürgen Sparwasser, Peter Ducke, Martin Hoffmann, Wolfram Löwe, Joachim Streich, Eberhard Vogel.

1974
TuS Wörrstadt gewinnt die erste Meisterschaft der Frauen

Vier Jahre, nachdem Frauen wieder innerhalb des DFB Fußball spielen durften, führte der Verband eine Meisterschaft im Frauenfußball ein. Ähnlich wie bei den Männern vor Einführung der Bundesliga, spielten die Frauen zunächst innerhalb ihrer regionalen Ligen, von denen es damals allerdings nur vier gab. Die jeweiligen Siegermannschaften spielten ein Halbfinale und ein Finale aus. Es wurde die erste und einzige deutsche Meisterschaft für die Frauen des TuS Wörrstadt. Diese mussten sowohl für das Halbfinale als auch das Finale nur wenige Kilometer reisen, nämlich zunächst nach Bingen am Rhein und schließlich am 8. September 1974 für das Finale gegen DJK Eintracht Erle an den Mainzer Bruchweg. Dort spielten sie vor 3.800 Zuschauer*innen, ungefähr genauso vielen, wie bei den Finalspielen der folgenden Jahre zugegen waren. Lediglich Heimspiele des SSG 09 Bergisch Gladbach lockten Ende der 1970er Jahre die zwei- bis dreifache Zahl an Zuschauer*innen ins Stadion. Unparteiische der Partie war der damalige Bundesligaschiedsrichter Walter Eschweiler.

Die TuS Wörrstadt wurde 1847 gegründet, die Frauenfußballabteilung 1969. Sie besteht bis heute und spielt in der Regionalliga Südwest, der dritten Liga im Frauenfußball. Die siegreichen Spielerinnen waren damals Torhüterin Ulrike Manewal, die Abwehrspielerinnen Bärbel Jung, Birgit Mayer (durch Isolde Nickel ersetzt) und Heidi Ellmer, im Mittelfeld Karin Pätzold, Edith Solbach, die dreifache Torschützin Regine Israel, Bärbel Wohlleben, deren 3:0-Treffer zum Tor des Monats gewählt wurde, Uschi Demler (durch Ursel Petzold ersetzt) Gerhild Binder und Anne Haarbach, später Trabant-Haarbach, die nicht nur erfolgreiche Spielerin, Spielerinnentrainerin sowie Trainerin war, sondern auch bei der Gründung der ersten DFB-Frauennationalmannschaft involviert war. Die beiden Torschützinnen dieser Partie wurden ebenfalls Nationalspielerinnen.

1976
Die DDR wird Fußball Olympiasieger in Montreal

DDR und internationaler Fußball, das war mehr als die Teilnahme an der WM 1974 in der BRD. Zwei Jahre später nahm die Männernationalmannschaft der DDR am Turnier bei den Olympischen Spielen in Kanada teil, bei dem nur Amateurfußballer zugelassen wurden (Handgelder und Prämien waren durchaus üblich, fielen aber unter den Mantel des Schweigens). Das Finale konnte die DDR am 31. Juli 1976 gegen den amtierenden WM-Dritten Polen gewinnen, auch, weil die Mannschaft binnen einer Viertelstunde durch Tore von Schade und Hoffmann in Führung ging. Polen kam in diesem ersten Viertel überhaupt nicht ins Spiel. Zudem lag der DDR-Mannschaft der rutschige Boden mehr als den polnischen Spielern. Zur Pause hätte die DDR, die sich durch ihren Teamgeist auszeichnete, noch höher führen können. Stattdessen wurde Polen nach der Halbzeit durch den Anschlusstreffer zuversichtlicher und spielte offensiver. Doch kurz vor Schluss konnte Reinhard Häfner, der Mittelfeldspieler von Dynamo Dresden, Polens Spieler austanzen und das 3:1 erzielen. Der Endstand.

1981
SSG 09 Bergisch Gladbach ist der erste deutsche Pokalsieger im Frauenfußball

Sieben Jahre nach der ersten Meisterschaft der Frauen wurde im Frauenfußball auch ein eigener DFB-Pokal ausgespielt. In der Saison 1980/81 wurden die Spielerinnen des SSG 09 Bergisch Gladbach, die in den 1980er Jahren den TuS Wörrstadt ablöste und den Fußball dominierte, die ersten Pokalsiegerinnen in Deutschland. Im Finale am 2. Mai 1981 konnte die SSG 09 mit Spielertrainerin Anne Trabant-Haarbach besagte TuS Wörrstadt mit 5:0 schlagen. Das Spiel fand vor 35.000 Zuschauer*innen statt, da es direkt vor dem Finalspiel der Männer angesetzt war.

1982
Erstes offizielles Länderspiel der Nationalmannschaft der Frauen der BRD

1981 wurde Anne Trabant-Haarbach, die Spielertrainerin des erfolgreichen SSG 09 Bergisch Gladbach, von DFB-Präsident Egidius Braun zu einem Treffen mit ihm, Horst Schmidt (Abteilungsleiter und Direktor in der DFB-Zentrale) und Gero Bisanz (Fußball-Lehrer-Ausbildungsstätte an der Deutschen Sporthochschule in Köln) eingeladen. Es ging um die mögliche Gründung einer Frauennationalmannschaft, obwohl sich der DFB stark dagegen sträubte. Der Grund, sich dennoch damit zu beschäftigen, war eine Einladung zur inoffiziellen WM 1981 in Taiwan, die der DFB bekommen hatte.

Wie ernst der DFB das Turnier und die Chancen eines deutschen Teams einschätzte, sieht man auch daran, dass er keine Auswahlmannschaft gründete, sondern eben die SSG 09 Bergisch Gladbach mit Trainerin Trabant-Haarbach anstelle einer Nationalmannschaft teilnehmen ließ. Zum großen Erstaunen des Verbandes gewann die SSG 09 das Turnier. Spätestens jetzt wurde dem DFB bewusst, dass er sich darum bemühen sollte, eine offizielle Nationalmannschaft ins Leben zu rufen.

Gero Bisanz beobachtete im August und September 1982 mehrere Frauenmannschaften und nominierte dann einen Kader mit 16 Spielerinnen – die meisten von der SSG 09. Die bei der WM so erfolgreiche Anne Trabant-Haarbach wurde nur seine Co-Trainerin. Ob bewusst oder ungeplant: Das erste Länderspiel der deutschen Frauennationalmannschaft fand am 10. November 1982 gegen die Schweiz statt, genau wie 1902 das erste Länderspiel der Männer.

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Anmerkungen:

Der Text „BRD-DDR – eine einmalige Begegnung bei der WM“ stammt aus der Feder von 120-minuten-Redaktionsmitglied Christoph Wagner, der Text „Der 1. FC Magdeburg gewinnt den Pokal der Pokalsieger“ wurde verfasst von den Redaktionsmitgliedern Christoph Wagner und Alex Schnarr.

Beitragsbild: Bert Verhoeff / Anefo, Lizenz: CC0.

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Die 60 wichtigsten Episoden der deutschen Fußballgeschichte, Teil 3 https://120minuten.github.io/die-60-wichtigsten-episoden-der-deutschen-fussballgeschichte-teil-3/ https://120minuten.github.io/die-60-wichtigsten-episoden-der-deutschen-fussballgeschichte-teil-3/#respond Wed, 30 Oct 2019 08:00:22 +0000 https://120minuten.github.io/?p=6590 Weiterlesen]]> Fußball wird seit etwa 150 Jahren in Deutschland gespielt, das heißt, in den Grenzen des damaligen Kaiserreiches. Zunächst waren es vor allem englische Händler, Studierende und Touristen, die das ihnen vertraute Spiel aus der Heimat auch hier gemeinsam spielten. Dort war die reglementierte Fassung des Spiels seit einem halben Jahrhundert bekannt. Diese Serie beschreibt die 60 wichtigsten Momente des Fußballspiels in Deutschland. Im dritten Teil geht es um die Jahre 1938 bis 1968.

von Petra Tabarelli (nachspielzeiten.de) unter Mitarbeit der 120minuten-Redaktion | Oktober 2019

1938
Annexion von Österreich und die Weltmeisterschaft

Im Vorfeld der Abstimmung zur Annexion Österreichs an Deutschland fand am 15. März 1938 in Wien ein Freundschaftsspiel zwischen beiden Ländern statt. Es sollte einen einenden Charakter vermitteln und deswegen mit einem Remis enden. Doch der österreichische Kapitän Matthias Sindelar widerstand dem politischen Druck, ließ sein Team in den österreichischen Farben auflaufen und führte es zum 2:0-Sieg. Sindelar selbst erzielte den ersten Treffer und jubelte demonstrativ vor der Ehrentribüne.

Wenige Monate später spielten österreichische Spieler für Deutschland bei der WM in Frankreich. Das Team scheiterte bereits in der ersten Runde an der Schweiz. In der Nachbetrachtung sah Nationaltrainer Sepp Herberger den Grund für das frühe Ausscheiden in der „Wiener Melange“ des Teams, das aus seiner Sicht lediglich einen „preußischen Einschlag“ gehabt hatte.

1949/1950
Wiedergründung des DFB und Aufnahme in die FIFA

Während des 2. Weltkrieges konnte man bis 1944 den Spielbetrieb in den Ligen aufrechterhalten, wenn auch mit starker Wettbewerbsverzerrung. Denn um zu verdeutlichen, dass niemand bevorzugt behandelt wird, wurden 1939 bewusst Nationalspieler eingezogen. Die Lücken wurden durch Jugendspieler und ehemalige Spieler geschlossen, das Leistungsgefälle war teils eklatant. Nach 1945 wurde Vereinsfußball von den Besatzungsbehörden bereits ab dem Jahresende nach und nach wieder genehmigt. Die Sportbeziehungen zwischen FIFA und Deutschland wurde aber zunächst im November 1945 abgebrochen. Der DFB war bereits seit 1940 aufgelöst. Im Juli 1949 fiel der Entschluss, den DFB wieder zu gründen. Die offizielle Wiedergründung fand am 21. Januar 1950 statt. Bereits wenige Monate später hatte der DFB weit über eine Million Mitglieder.

Nicht zum DFB gehörten das noch bis 1955 französisch besetzte Saarland, das mit dem Saarländischen Fußballverband einen eigenen Verband gründete, sowie der sowjetisch besetzte Teil (die spätere DDR), für den sich im Juli 1950 der Deutsche Fußball-Verband gründete. Acht Monate nach der offiziellen DFB-Wiedergründung wurde der Verband erneut Teil der FIFA und bestritt am 22. November 1950 sein erstes Länderspiel nach Ende des 2. Weltkriegs gegen die Schweiz. Deren Verband hatte zuvor die Wiederaufnahme des DFB in der FIFA beantragt.

1954
Die Nationalmannschaft der Herren wird erstmals Weltmeister

Über Jahrzehnte hinweg wurde der Sieg der deutschen Elf im Finale von Bern überhöht als das „Wunder von Bern“ bezeichnet. Das ist natürlich Quatsch. Deutschland hat einen Treffer mehr erzielt als der Favorit Ungarn – und das, obwohl es gar nicht so aussah, denn nach acht Minuten führte Ungarn bereits 2:0; nach 20 stand es 2:2.

Trotzdem wohnt dieser WM von 1954 ein gewisser Zauber inne: Es war die erste Teilnahme Deutschlands bei einer WM nach 1938, dazwischen lagen der Krieg, Leid und vor allem der Holocaust. Deutschland war besiegt und moralisch diskreditiert.

Dass die Mannschaft ins Finale kam, war schon außergewöhnlich. In der Vorrunde gab es eine 8:3-Klatsche gegen eben jene Ungarn, die nun im Finale standen. Was folgte war ein Spiel zweier Mannschaften auf dem Höhepunkt ihres Könnens. Ungarn überzeugte durch technische Finesse, Deutschland durch Willen. Als es nach 80 Minuten immer noch 2:2 stand, vermuteten die meisten Zuschauer bereits, dass es ein Wiederholungsspiel geben würde. Dazu kam es nicht, denn in der 85. Minute schoss Helmut Rahn das 3:2. Der Rest ist, wie man so schön sagt, Geschichte.

„Sechs Minuten noch im Wankdorf-Stadion in Bern, keiner wankt, der Regen prasselt unaufhörlich hernieder [. . . ] Schäfer nach innen geflankt . . . Kopfball . . . abgewehrt . . . aus dem Hintergrund müsste Rahn schießen . . . Rahn schießt . . . Tooooor! Tooooor! Tooooor! Tooooor! Tor für Deutschland!“ [. . . ] „Aus! Aus! Aus! Aus! Das Spiel ist aus! Deutschland ist Weltmeister, schlägt Ungarn mit 3:2 Toren im Finale in Bern.“

Der Sieg wie auch der Radiokommentar von Herbert Zimmermann: einzigartig.

1955
Frauenfußball wird innerhalb des DFB verboten

Am 30. Juni 1955 beschloss der DFB auf seinem Verbandstag, Frauenfußball in den eigenen Reihen zu verbieten. Fanden dennoch Spiele bei im DFB organisierten Vereinen statt, wurden Spielfeld und Zuschauerränge zwangsweise geräumt. Konkret wurde den Vereinen verboten, Frauenfußballabteilungen zu führen oder zu gründen sowie eigene Plätze für Frauenfußball zur Verfügung zu stellen oder Frauenteams auf vorhandenen Plätzen trainieren und spielen zu lassen. Zudem war es Schiedsrichtern und ihren Assistenten verboten, Fußballspiele von Frauen zu leiten.

Begründet wurde das Verbot vorrangig mit vermeintlichen gesundheitlichen Folgen für die Frau sowie das Ansehen der Damen, das durch diese Bewegungen leide, auch, weil eine Frau nicht kämpfen könne. So bezeichnete der DFB das Fußballspiel von Frauen als „Zurschaustellen des Körpers“ und verbreitete beispielsweise, dass es sich negativ auf die Gebärfähigkeit der Frauen, auf die Seele und die „weibliche Anmut“ auswirken würde.

1955
Ein Länderspiel macht Bonn nervös

Am 21. August 1955 bestritt der DFB eines der brisantesten Länderspiele seiner Geschichte: Die Weltmeister-Elf spielte in Moskau: Im (eis)Kalten Krieg und noch vor Adenauers legendärer Reise in die sowjetische Hauptstadt, die 18 Tage später begann und die die Heimkehr der letzten Kriegsgefangenen ergab. Die UdSSR hatte zunächst den DFB eingeladen und als dieser sich von der unerwarteten Offerte überrumpeln ließ, lud sie den Bundeskanzler ein.

Adenauer war von der Länderspielreise nicht begeistert. Schon der innerdeutsche Sportverkehr fand unter systempolitischen Vorzeichen statt, wie sollte es dann erst in Moskau sein? Bonn und der Deutsche Sportbund befürchteten eine große Propagandaveranstaltung, die Adenauers Reise beeinflussen würde. Zudem machte es Bonn nervös, dass Bundesbürger aus der DDR Einladungen zum Länderspiel erreichten, dass diese gemeinsam mit Ostdeutschen in einem Zug nach Moskau fahren sollten, und dass westdeutsche Medien in Moskau der sowjetischen Agitation auf den Leim gehen würden. Folglich durfte sich der DFB-Präsident vom Außenminister anhören, wie der DFB-Tross in Moskau auftreten solle. Teile der (Sport)Presse wurden instruiert, die Verhältnisse in der Sowjetunion kritisch zu hinterfragen.

Letztlich waren die Sorgen unbegründet. Natürlich präsentierte sich Moskau gegenüber Spielern, Fans und Journalisten herausragend. Der DFB-Auswahl unterlief auf und abseits des Platzes kein Fauxpas. Auch die packende 2:3-Niederlage war aller Ehren wert. West- und ostdeutsche Fans interessierten sich primär für den Fußball und weniger für politische Sonntagsreden. Für Moskau war der Auftritt des Weltmeisters letztlich in zweierlei Hinsicht wichtig: Erstens, um sportlich zu zeigen, dass die Sbornaja Weltklasse verkörperte. Zweitens, um die eigene Bevölkerung über den Fußball auf die bevorstehende politische Annäherung an den ehemaligen Kriegsfeind vorzubereiten.

1956 bis 1958
Gründung von Frauenfußballverbänden und erste inoffizielle Länderspiele

Zwar hielten sich die Vereine im DFB ans Verbot ihres Verbandes in Sachen Frauenfußball, nicht verhindern konnte man aber die Gründung eigener regionaler Vereine. Zudem gründeten sich zwei Frauenfußballverbände, nämlich 1956 der Westdeutsche Damen-Fußballverband durch Willi Ruppert und 1957 die Deutsche Damen-Fußball-Vereinigung durch Josef Floritz. Beide stellten eine eigene Frauenfußballauswahl als Nationalmannschaft und spielten zusammen zwischen 1956 und 1965 circa 220 Länderspiele. Diese fanden vor allem gegen England, die Niederlande und Österreich statt, deren Frauennationalmannschaft auf dem gleichen guten Niveau wie die deutsche spielten.

Das erste dieser Länderspiele organisierte der Westdeutsche Damen Fußballverband für den 23. September 1956. Es fand im privaten Stadion der Mathias-Stinnes-Zeche in Essen statt – nach FIFA-Regeln, aber mit gekürzter Spielzeit. Vor 17.000 Zuschauer*innen gewannen die Spielerinnen, die alle aus dem Ruhrgebiet und dessen direkter Umgebung kamen und sich zum Teil kurz vor dem Spiel zum ersten Mal sahen, gegen die Niederländerinnen mit 2:1.

1957 wurde in Nürnberg auch das Gegenstück zur FIFA gegründet: die International Ladies Football Association (ILFA). Sie fasste Frauenfußballverbände aus England, Österreich, den Niederlanden und Deutschland zusammen und hatte ihren Sitz in Luxemburg.

Kaufmann Willi Ruppert wurde im August 1957 wegen Unregelmäßigkeiten in der Kasse des Westdeutschen Damen-Fußballverbandes als Vorsitzender entlassen. Er gründete kurz darauf einen neuen Frauenverband, den Deutschen Deutschen-Fußball-Bund, und organisierte mit Gert Bernarts eine Frauen-EM, an der die Mitglieder der ILFA teilnahmen. Doch nur ein Fünftel der vorab geschätzten Zuschauer*innen besuchte die Spiele am 2. und 3. November 1957 in Berlin, Hotelrechnungen der Spielerinnen konnten nicht bezahlt werden. Gegen die beiden Verantwortlichen wurde wegen dringendem Betrugsverdacht Haftbefehle erlassen.

Die EM-Spiele der deutschen Frauen waren weder spielerisch gut noch erfolgreich. Dennoch wurde überwiegend positiv über die Leistung der Spielerinnen berichtet und gefordert, der DFB solle sein Verbot aufheben und Frauenfußballteams als Mitglieder aufnehmen. Doch der dachte nicht daran und drohte der Stadt Berlin, dass kein wichtiges Männerfußballspiel mehr dort stattfinden würde, sollte man Frauenfußball weiterhin dulden. Dabei war es für den DFB nicht relevant, ob die Spiele auf Plätzen von Mitgliedern stattfanden oder nicht, er wollte Druck ausüben. Bereits ein Jahr zuvor hatte er die Stadt Frankfurt am Main auf die gleiche Weise versucht, einzuschüchtern. Doch Frankfurt wie Berlin boten dem DFB die Stirn und ließen weiterhin Frauen Fußball spielen. Tatsächliche Konsequenzen gab es wohl keine.

1963
Die Gründung der Bundesliga der Herren als Profiliga

Nach dem WM-Sieg 1954 gab es in Deutschland nur für kurze Zeit einen Fußballboom, bevor der Sport wieder stark an Bedeutung verlor. Denn die guten Fußballspieler blieben nicht, sondern wechselten in ausländische Profiligen, wo sie mit Fußball ihren Lebensunterhalt verdienen konnten. Nicht zuletzt deshalb wurde auf dem DFB-Bundestag 1962 beschlossen, auch in Deutschland mit der Bundesliga eine Liga für professionellen Fußball zu etablieren und Lizenzspieler einzuführen, die ein wesentlich höheres Gehalt als Amateurspieler und Vertragsspieler erhalten durften.

In der ersten Bundesligasaison 1963/64 gab es allerdings nur 34 Lizenzspieler, da der DFB mehr aus Not denn Überzeugung handelte und mit Restriktionen den Professionalismus und die Kommerzialisierung einzudämmen versuchte. So brauchten die Spieler einen guten Leumund, um ihren guten Lebenswandel zu bezeugen, durften nicht für ein Produkt werben und ihre monatlichen Gesamtbezüge durften 1.200 DM nicht überschreiten (das entspricht heute vergleichsweise einer Summe von rund 2600 Euro). Damit konnte man auch weiterhin nur mäßig vom Fußball leben. Für den DFB hingegen rechnete sich die Einführung der Bundesliga durchaus dank Gebühren für die TV-Übertragungen, Werbeeinnahmen und Sponsorengeldern.

1966
Das Wunder von Glasgow

Die Bundesliga wurde 1962 wie beschrieben auch ins Leben gerufen, um die internationale Wettbewerbsfähigkeit des deutschen Fußballs zu verbessern. Dass dies bereits innerhalb weniger Jahre Früchte tragen würde, konnte niemand ahnen. Das Jahr 1966 steht stellvertretend für den Erfolg, nach dem der DFB sich so sehr sehnte.

Auf dem Papier war die Paarung Liverpool – Dortmund im Endspiel um den Europa-Cup der Pokalsieger eine klare Sache: die Briten waren der Favorit; nach 90 umkämpften Minuten stand es 1:1. Verlängerung. Hier kam der Moment des Reinhard „Stan“ Libuda: Mitspieler Siggi Held ist frei vor dem Tor, Liverpools Torhüter geht dazwischen und räumt Held ab. Der Ball springt zu Libuda, der Held gefolgt ist. Er nimmt die Kugel direkt. Diese wird lang und länger und landet schließlich am Pfosten, von wo er an den Körper eines Verteidigers fliegt und von dort wiederum abprallt und im Tor landet. 2:1 für Dortmund.

Libuda über diesen Moment:

„Siggi lief durch und ich mit. Ich sah, wie der Ball abprallte. Ich sah ihn kommen. Ich sah mit dem linken Auge das leere Tor, da habe ich abgezogen. Ich dachte mir, jetzt oder nie. Und wie der Ball in der Luft war, spürte ich: der geht rein.“

Dass die Mannen von Trainer Multhaup Geschichte geschrieben haben, wird den Spielern erst in der Heimat klar, als sie von Zehntausenden begeistert empfangen werden.

1966
Das Wembley-Tor

Die Weltmeisterschaft von 1966 wurde nach England vergeben, um das 100-jährige Jubiläum der FA gebührend zu begehen. Selbstverständlich sollte diese Party mit einem Sieg Englands, dem Mutterland des modernen Fußballs, enden. Bevor die Party losgehen konnte, musste allerdings Deutschland bezwungen werden. Dazu bedurfte es der Hilfe eines Schweizer Schiedsrichters und Linienrichters aus Baku.

Das Finale einer WM ist der Höhepunkt eines Turniers und 1966 wurde diesen Ansprüchen gerecht. Es sollte eines der Spiele werden, über die auch Jahrzehnte später noch gesprochen werden würde. Zunächst sah es so aus, als wollte Deutschland die Party vermasseln, denn in der 12. Minute erzielte Haller das 1:0. Nur sechs Minuten später glich Geoff Hurst aus. England dominierte die zweite Hälfte, konnte aber erst in der 78. Minute das 2:1 durch Martin Peters bejubeln. Alles vorbei für Deutschland? Nein, in der 90. glich Wolfgang Weber erneut aus, erzwang so die Verlängerung und ebnete ungewollt den Weg für eine Debatte, die sich bis in die 1990er-Jahre zog.

In der 109. Minute traf Geoff Hurst nach einem Drehschuss die Latte, der Ball flog auf den Boden. Hatte er die Linie überquert? Roger Hunt, der dem „Tatort“ am nächsten stehende Engländer, riss sofort die Arme zum Jubel hoch. Weber köpfte den Ball über das Tor zur Ecke. Der Schiedsrichter, Gottfried Dienst, musste sich mit seinem Assistenten Tofik Bairamov kurz beraten und entschied auf Tor. Niemand weiß, was beide Männer einander in diesen Sekunden mitteilten. Am Ende stand das Tor und England führte 3:2. Der TV-Kommentator Rudi Michels urteilte sachlich nüchtern: „Das wird wieder Diskussionen geben.“ Wie Recht er damit hatte!

Hurst setzte noch einen drauf und erzielte in der 120. Minute, als bereits euphorische Fans auf das Spielfeld liefen, das 4:2. Es folgte pure Freude für England:

„Some people are on the pitch … they think it is all over. It is now! It’s four!“

Kenneth Wolstenholme, BBC TV Kommentator

1968
Gründung der ersten Frauenfußballmannschaft in der DDR

In der DDR spielten Frauen seit dem Ende der 1950er Jahre Fußball, jedoch nicht in Vereinen. Wie in der Bundesrepublik Deutschland waren auch hier die Funktionäre skeptisch oder ablehnend, wenn es um die Frage ging, ob Frauen Fußball spielen konnten und sollten.

1968 wurde im Verein BSG Empor Dresden-Mitte eine Frauenmannschaft gegründet, die nach anfänglichem Argwohn die Spielberechtigung erhielt. Es folgten weitere Gründungen von Frauenmannschaften noch im gleichen Jahr. So viele, dass der Fußballverband der DDR ebenfalls 1968 Wettbewerbe für Frauenfußballmannschaften lancierte – zunächst aber nur regionale Wettbewerbe auf Bezirksebene. Ein Verbot wie in der BRD gab es in der DDR also nicht.

 

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Anmerkung: Die Texte „Die Nationalmannschaft der Herren wird erstmals Weltmeister“, „Das Wunder von Glasgow“ und „Das Wembley-Tor“ stammen aus der Feder von 120-minuten-Redaktionsmitglied Christoph Wagner, der Text „Ein Länderspiel macht Bonn nervös“ wurde verfasst von Matthias Kneifl (Kickschuh.Blog).

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Die 60 wichtigsten Episoden der deutschen Fußballgeschichte, Teil 2 https://120minuten.github.io/die-60-wichtigsten-episoden-der-deutschen-fussballgeschichte-teil-2/ https://120minuten.github.io/die-60-wichtigsten-episoden-der-deutschen-fussballgeschichte-teil-2/#respond Fri, 20 Sep 2019 06:00:25 +0000 https://120minuten.github.io/?p=6499 Weiterlesen]]> Fußball wird seit etwa 150 Jahren in Deutschland gespielt, das heißt, in den Grenzen des damaligen Kaiserreiches. Zunächst waren es vor allem englische Händler, Studierende und Touristen, die das ihnen vertraute Spiel aus der Heimat auch hier gemeinsam spielten. Dort war die reglementierte Fassung des Spiels seit einem halben Jahrhundert bekannt. Diese Serie beschreibt die 60 wichtigsten Momente des Fußballspiels in Deutschland. Im zweiten Teil geht es um die Jahre 1904 bis 1934.

von Petra Tabarelli (nachspielzeiten.de) unter Mitarbeit der 120minuten-Redaktion | September 2019

1904
Deutschland wird in die FIFA aufgenommen

Am 21. Mai 1904 wurde in Paris die FIFA (Fédération Internationale de Football Association) gegründet. Zu den Gründungsverbänden gehören die Fußballverbände der Schweiz, Dänemarks, Frankreichs, der Niederlande, Belgiens und Schwedens sowie der spanische Fußballclub Madrid Football Club. Der DFB ist zwar kein Gründungsmitglied der FIFA, aber er trat ihr noch am gleichen Tag telegrafisch bei. Grund dafür war, dass der Bundestag des DFB, der am gleichen Tag stattfand, den Beitritt beschließen musste. Die Mitglieder des DFB-Bundestages stimmten bei Beitritt zu, sodass dieser nachträglich nach Paris gemeldet wurde.

Der erste internationale Wettbewerb, den die FIFA ausrichtete, war das Fußballturnier während der Olympischen Sommerspiele 1908 in London. Es war zugleich das erste Fußballturnier bei den Olympischen Spielen. Deutschland war nicht vertreten, da erst 1908 eine deutsche Nationalmannschaft der Herren gegründet worden war.

1905
Der DFB gibt seine ersten offiziellen Fußballregeln heraus

Der DFB organisierte sich nach seiner Gründung 1900 zügig. Noch im Gründungsjahr wurden mehrere Ausschüsse gebildet, unter anderem der Spielausschuss. Zu dessen Aufgaben gehörten Entscheidungen bei Spielprotesten, die Erstellung und Aktualisierung der Spielregeln sowie nach deren Einführung die Leitung der internationalen und nationalen Spiele (Meisterschaft, Kronprinzenpokal, Länderspiele).

Nicht, dass man die ersten Jahre ohne Regeln oder eigenen Regeln gespielt hätte, aber es waren nicht die ganz aktuellen Laws of the Game des IFAB, die verwendet worden waren. Das war damals so noch möglich, da das IFAB, das International Fooball Association Board, zwar bereits seit 1886 die Spielregeln lenkte und verwaltete, ihm aber nur die vier britischen Verbände angehörte. Die FIFA, und damit auch der DFB, wurde erst 1913 im IFAB stimmberechtigt. Dennoch orientierte man sich aber auf dem europäischen Kontinent an den Laws of the Game, insbesondere bei Länderspielen, um leicht eine gemeinsame Basis zu haben.

Die für die Saison 1905/06 vom DFB herausgegebenen Regeln basierten auf den aktuellen IFAB-Regeln, die ins Deutsche übersetzt wurden. Zunächst aber ohne weitere Erklärung des DFB im Büchlein mit den Spielregeln, was zu einer sehr unterschiedlichen Regelauslegung durch die agierenden Schiedsrichter führte.

Auszug aus den IFAB-Regeln, wie sie der DFB für die Saison 1905/06 herausgab
Das Spielfeld sollte in der Länge 101-110 m, in der Breite 64-73 m messen
Gleiche Markierungslinien wie heute
Gleiche Tormaße wie heute
Der Ball musste nicht mit Leder überzogen sein, war es aber üblicherweise, Umfang und Gewicht waren die gleichen wie heute, aber der Druck war nicht vorgeschrieben
Acht bis elf Spieler*innen, keine Auswechslungen erlaubt
Kleidung: Langärmliges Trikot, Hose bis zu Knien, Schienbeinschoner und Schuhe ohne abstehendes Metall, ohne Nummerierung
Spieldauer: 90 Minuten, Verlängerung von 2x 15 Minuten, aber Halbzeitpause 5 Minuten. Seitenwechsel nur zur Halbzeit(en)
Vor Spielbeginn Münzwurf, Sieger*in wählt zwischen Seitenwahl oder Anstoß
Spielbeginn: Vom Mittelpunkt, alle anderen Spieler*innen außerhalb des Mittelkreises in ihrer Hälfte. Anstoß Richtung gegnerisches Tor. Nach Halbzeit hat gleiche Mannschaft wie zu Beginn den Anstoß.
Torerzielung: Zwischen den Torpfosten, unterhalb der Torstange ins Toraus
Schiedsrichter*in:
Nahm auf Spielfeld teil und reagierte direkt
Tatsachenentscheidungen waren bindend
Aufgaben:
Zeitmessung – es war nicht festgeschrieben, dass verloren gegangene und vergeudete Zeit nachgespielt werden muss, war aber üblich
Verwarnung und Feldverweis
Vorzeitige Beendigung des Spiels
Spielberichte
Schiedsrichterassistent*innen:
Waren selten neutral, sondern Mannschaftsoffizielle, und konnten bei Fehlverhalten durch di*en Schiedsrichter*in des Feldes verwiesen werden, di*er dann eine*n neuen bestimmte
Signale durch Fahne oder Stange, Zeichen mussten vorher definiert werden
Aufgaben:
Spieler*innenkleidung kontrollieren
Schiedsrichter*in auf Fehlverhalten aufmerksam machen
Anzeigen, wenn Ball aus Feld
Keine weiteren Assistenten für Schiedsrichter*in
Abseits war man, wenn man im Moment des Passes zwischen Ball und gegnerischem Tor stand und sich zudem weniger als drei Gegenspieler*innen vor einem befanden
Einwurf wie heute, Eckstoß und Abstoß fast wie heute (keine direkte Torerzielung erlaubt; Ball musste Strafraum nicht verlassen, um im Spiel zu sein)
Freistöße wurden seit 1904 zwischen direkte und indirekt unterschieden (direkte Freistöße bei Fouls und Handspiel, indirekte Freistöße bei sonstigen Regelverletzungen)
Schiedsrichter*innenball als Spielfortsetzung, wenn das Spiel nicht wegen einer Regelverletzung unterbrochen wurde
Torhüter*innen
konnten gleiche Trikots wie Feldspieler*innen tragen
beim Elfmeter bis auf 5,5 m an Ball herankommen
durften Ball nur im eigenen Torraum mit den Händen halten, nicht tragen
Unerlaubte Fouls und Handspiel wie heute. Karten aber erst ab 1970 (gelb & rot) bzw. 1991 (gelb-rot)

1908
Einführung des Kronprinzen-Pokals (heute: DFB-Pokal)

Der 1882 geborene Wilhelm von Preußen unterstützte verschiedene englische Sportarten. Er war der älteste Sohn des deutschen Kaisers Wilhelm II. und damit Kronprinz, aber auch Enkel von Kaiserin Victoria („Kaiserin Friedrich“) und damit Urenkel von Queen Victoria von Großbritannien.

Um sich für die Sportarten zu engagieren, stiftete er für einige von ihnen Wanderpokale – so auch für den Fußball. Der ab der Saison 1908/09 ausgespielte so genannte Kronprinzenpokal war der Vorläufer des heutigen DFB-Pokals. An dem Wettbewerb nahmen ausgewählte Vereine teil, die Mitglied im DFB waren.

In der ersten Saison nahmen nur Auswahlmannschaften der Regionalverbände teil. Den ersten Pokal gewann am 18. April 1909 die Auswahl des 1900 gegründeten Verbandes Mitteldeutscher Ballspiel-Vereine (alles Spieler Leipziger Vereine) gegen den Verband Berliner Ballspielvereine (seit 1897 der Verband der Berliner Vereine) auf dem Viktoria-Platz in Berlin-Mariendorf vor 3000 Zuschauer*innen.

1908
Erstes offizielles Länderspiel der Nationalmannschaft der Herren

Das erste Länderspiel einer deutschen Herrennationalmannschaft fand am 5. April 1908 in Basel gegen die Schweiz statt, wo bereits seit 1860 Fußball gespielt wurde. Vor 3.500 Zuschauern spielten elf vom DFB bestimmte Spieler, die sich erst im Hotel kennengelernt hatten und ohne gemeinsames Training die 90 Minuten auf einem schlammigen Feld absolvierten. Einen Bundestrainer gab es nicht.

Deutschland verlor das Spiel 3:5. Die Presse fand in Linksverteidiger Jordan den Schuldigen für die Misere – er hatte per Eigentor das 2:1 für die Schweiz geschossen und damit vermeintlich die Niederlage eingeleitet.
Mehr dazu auch im Kalenderblatt von 120minuten: 05.04. – Deutschland, international! von Lennart Birth.

1912
Die Nationalmannschaft der Herren spielt erstmals bei den Olympischen Spielen

Nach 1908 fand auch während der Olympischen Sommerspiele 1912 in Stockholm ein internationales Fußballturnier statt. Es war das erste, an dem die vier Jahre zuvor gegründete deutsche Herrennationalmannschaft teilnahm. Das Finale gewann Großbritannien gegen Dänemark, Ungarn das Spiel um Platz 3 gegen Österreich (obwohl beide Mannschaften damals Teil des gleichen Reiches waren). Elf Fußballnationalmannschaften nahmen an dem Turnier teil: Dänemark, Deutschland, Finnland, Großbritannien, Italien, Niederlande, Norwegen, Österreich, Russland, Schweden und Ungarn.

Insgesamt wurden 17 Spiele ausgetragen, in denen 94 Tore fielen (5,53 Tore pro Spiel) und die 83.700 Zuschauer*innen (4.924 Zuschauer*innen pro Spiel) sahen. Als Modus wurde von der FIFA als Veranstalterin das K.o.-System gewählt. Bei einem Unentschieden nach 90 Minuten gab es eine Verlängerung von 30 Minuten. Wenn es im Spiel nach der Verlängerung immer noch unentschieden stand, sollte ein Wiederholungsspiel angesetzt werden, doch dazu kam es bei keiner der Partien.

Damit nicht viele Mannschaften nach nur einem Spiel wieder nach Hause fahren mussten, wurde für diese eine so genannte Trostrunde ausgespielt. Dort landete auch das deutsche Team, das 1:5 gegen Österreich verlor, obwohl es zur Halbzeit mit 1:0 geführt hatte. Diese Trostrunde ist der Grund, weshalb es quasi zwei Torschützenkönige gab, nämlich einerseits Harold Walden (Großbritannien), der während des eigentlichen Wettbewerbs die meisten Tore erzielte, und andererseits Gottfried Fuchs (Deutschland), der zehn Treffer im Trostrundenspiel gegen Russland (16:0) schoss – einen Treffer mehr als Walden im ganzen Turnier. Nach jenem Sieg gegen Russland scheiterte Deutschland im Trostrunden-Halbfinale gegen Ungarn 3:1.

1920
Gründung des Sportmagazins Kicker durch Walther Bensemann

1919 arbeitete Walther Bensemann kurz für Eugen Seybolds renommierte Zeitschrift „Fußball“, stieg dann aber aufgrund von Differenzen aus. Sein Ziel war es, eine eigene Fußballzeitschrift zu etablieren, die wöchentlich erscheint.

Bensemann hatte allerdings kein Vermögen, mit dem er seine Idee in die Tat umsetzten konnte. Aber er konnte seine zahlreichen Kontakte in Deutschland, England und der Schweiz nutzen, die er in den vorherigen Jahrzehnten durch seine Tätigkeit als Spieler, Vereinsgründer und Mitglied in verschiedenen Vereinsvorständen und Verbänden kennengelernt hatte. Ihm wurde Eduard Reuss vermittelt, der eine Druckerei in Konstanz besaß und der sich bereit erklärte, Bensemanns Zeitung zu drucken, ohne dafür im Vorhinein finanzielle Sicherheiten zu erhalten. Dafür zog Bensemann von München nach Konstanz. Als Journalist hatte Bensemann allerdings ebenfalls kaum Erfahrung.

Dennoch, die erste Ausgabe des Kicker erschien am 14. Juli 1920. Charakteristika des Heftes waren Berichte über Fußballspiele im Südwesten Deutschlands, aber auch über Fußball im Ausland, die Walther Bensemann durch dortige Kontakte erhielt. Außerdem schrieb Bensemann regelmäßig Glossen zu aktuellen Themen des Fußballs.

Ende 1921 zog Bensemann nach Stuttgart – und mit ihm der Kicker. Dieser Umzug bedeutete aber nicht, dass sich etwas an seiner finanziellen Lage geändert hätte. 1922 und 1923, in Zeiten der Hyperinflation, brauchte Walther Bensemann einen Kapitalgeber, um seine Zeitschrift weiterhin zu drucken. 1924 besserte sich sie Lage. Bensemanns Publikation wurde das offizielle Organ des süddeutschen Fußballverbandes und zog im darauffolgenden Jahr nach Nürnberg, wo noch heute der Verlagsort des Kickers ist.

1920er Jahre
Erstmals Frauenfußballclubs in Deutschland

Der 1. Weltkrieg führte zu einer Emanzipierung der Frau, nicht nur in Deutschland. Aber im Gegensatz zu Ländern wie England und Frankreich, drängten die Fußball spielenden Frauen in Deutschland kaum in den Vordergrund. Für die Zeit vor 1920 gibt es keine Belege für Frauen, die Fußball in Deutschland spielten. Abgesehen von jener Spielart, bei der Frauen im Kreis stehend sich gegenseitig den Ball zuspielen – und selbst diese galt als moralisch verwerflich.

In Deutschland entwickelte sich in den frühen Zwanzigern der Typ des Sportgirls, junge Frauen unter 21 Jahren, die diverse Sportarten für sich ausprobierten. Fußball wurde hier vor allem von Studentinnen gespielt: Die ersten organisierten Spiele fanden im Rahmen der Deutschen Hochschulmeisterschaften 1922 statt und das erste dokumentierte Fußballspiel von Frauen war ein Spiel zwischen zwei Hochschulmannschaften 1927.

Der erste Frauenfußballverein in Deutschland war der 1930 von Lotte Specht in Frankfurt gegründete Damen-Fußball-Club, der mangels anderer Möglichkeiten gegen Männerclubs spielte und nur ein Jahr existierte. Zwar hatten darin 25 bis 30 Frauen im Alter zwischen 18 und 20 Jahren zusammengefunden, aber die Konfrontationen und Beschimpfungen durch Zuschauende und im Alltag der Frauen führten schlussendlich zur Auflösung des Clubs.

1925
Erste Liveübertragung eines Fußballspiels im deutschen Hörfunk

Das neue Medium Radio, dessen Verkaufszahlen zwischen 1923 und 1926 rapide anstiegen, war ganz elementar für Sportinteressierte. Es war für den Sport und die Radiohersteller eine Win-Win-Situation: Das Radio beflügelte das Interesse, Sport zu verfolgen – und die an Sport Interessierten kauften sich Radios. Wann das erste Spiel in Deutschland übertragen wurde, ist umstritten: War es das Spiel Preußen Münster gegen Arminia Bielefeld am 1. November 1925 oder das vom Rundfunkpionier Bernhard Ernst kommentierte DFB-Endspiel zwischen der SpVgg Fürth und Hertha BSC Ende 1925? Wie dem auch sei, der DFB unterstützte zunächst die Rundfunkübertragungen von Fußballspielen, nur um dann 1928 stark zurückzurudern: Um die Zuschauerzahlen und damit Einnahmen der Vereine nicht zu gefährden, wurden die Übertragungsrechte nur für das DFB-Pokal-Endspiel sowie drei Länderspiele an den Deutschlandsender vergeben. Diese deutlichen Einschränkungen führten zu heftigem Protest der Zuschauer, und tatsächlich wurden ab 1932 wieder mehr Fußballspiele via Radio übertragen; vor allem bei Spielen gegen erfolgreiche Mannschaften oder Mannschaften aus der Umgebung, die schon damals viele Zuschauer ins Stadion lockten. Bei diesen Spielen war eine Reduzierung der Zuschauerzahl nicht zu befürchten.

1932
Die Gründung der ersten Profiliga der Herren in Deutschland

Durch die finanziellen Verluste der Weltwirtschaftskrise, beginnend mit dem Börsencrash am 29. Oktober 1929, die insbesondere die untere Mittelschicht (Angestellte, Facharbeiter) traf, gab es ab 1929 erneut deutliche Bemühungen, den Berufsfußball einzuführen. Bezahlungen der Fußballer unter der Hand waren mittlerweile die Regel, aber der DFB blieb wegen aus seiner Sicht moralischen Gründen bei seinen Prinzipien, nur den Amateurfußball zu erlauben. Mehr noch, im August 1930 sperrte er 14 Schalker Spieler und zudem mehrere Schalker Funktionäre und verhängte eine empfindlich hohe Geldstrafe von 1000 Reichsmark gegen den Verein. Der Grund: Schalker Spitzenspieler waren zugleich Arbeiter in der Schachtanlage Consolidation, wurden aber nur mit leichteren Aufgaben betraut und mussten nicht unter Tage arbeiten, erhielten aber deutlich mehr Lohn als ihre Kollegen. Doch die Bestrafung als abschreckendes Exempel für alle anderen Vereine ging für den DFB komplett nach hinten los: Viele weitere erfolgreiche Vereine bedrängten den Verband, die Strafen zurückzuziehen und drohten andernfalls mit dem Austritt. Der Westdeutsche Fußballverband forderte die Trennung in Amateurfußball und Berufsfußball. Noch lehnte der DFB ab, aber als es 1930 zur Gründung des Deutschen Professionalverbands innerhalb des Westdeutschen Fußballverbandes und zu einer Reichsliga (gegründet von Sportjournalisten) kam, lenkte er ein: Schalke wurden die drakonischen Strafen erlassen.

Aber der Profifußball war damit noch nicht legalisiert. Das Drängen der Vereine hielt an und zwei Jahre später fürchteten die Verantwortlichen beim DFB die Spaltung des Fußballs wohl so sehr, dass man – wie Alcock in England circa 50 Jahre zuvor – den Fußballsport legalisiert, um ihn so besser kontrollieren zu können. Doch zu der für 1933 geplanten Reichsliga kam es nicht mehr. Daran hatten allerdings nicht direkt die Nationalsozialisten Schuld; ihnen wären professionelle Sportler vielleicht sogar entgegengekommen, da Deutschland bei Wettkämpfen noch besser gegen anderen Nationalmannschaften abgeschnitten hätte. Nein, Felix Linnemann, seit 1925 Vorsitzender des DFB, wurde 1933 mit der Leitung des Fachamtes Fußball im Deutschen Reichsbund für Leibesübungen betraut und machte die in seinen Augen erzwungene Legalisierung des Profifußballs direkt wieder rückgängig.

1934
Deutschland nimmt erstmals an einer Weltmeisterschaft teil

22 Jahre nach Deutschlands erste Teilnahme mit einer Herrennationalmannschaft bei den Olympischen Sommerspielen nahm diese 1934 an ihrer ersten Weltmeisterschaft teil. Diese fand vom 27. Mai bis 10. Juni 1934 in Italien statt. Deutschland erreichte überraschend Platz 3 im Spiel gegen Österreich (7. Juni 1934). Das Spiel ging in die Geschichtsbücher ein, weil Deutschland und Österreich beide schwarz-weiße Trikots hatten. Ausweichtrikots waren nicht üblich, aber hier erforderlich. Per Los wurde entschieden, wer in seinen Farben spielen durfte. Deutschland gewann die Auslosung und die österreichischen Spieler mussten in den eilig aufgetrieben Trikots des SSC Neapel spielen.

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von Petra Tabarelli (nachspielzeiten.de) unter Mitarbeit der 120minuten-Redaktion | August 2019

1870er und 1880er
Engländer bringen das Fußballspiel nach Deutschland

Im letzten Viertel des 19. Jahrhunderts kamen in England beliebten Sportarten wie Cricket, Baseball und zwei Fußballvarianten – Rugby und (Assoziations-)Fußball (also Fußball mit und ohne Aufnehmen des Balles) nach Deutschland. Die in Deutschland lebenden Engländer und englische Langzeittouristen wollten nämlich nicht auf ihre liebgewonnenen Sportarten verzichten, die außerdem die Kontaktaufnahme zu anderen Engländern der Umgebung sehr erleichterten. In diesen Jahrzehnten entwickelte sich das reglementierte Fußballspiel vom Schüler- und Studentensport zu einem in der englischen Gesellschaft verankerten Freizeit- und Bewegungsvergnügen.

Deutsche, die in Kontakt zu Engländern standen – beispielsweise Ärzte, Sprachlehrer, Uniprofessoren oder Journalisten – beobachteten den Sport der Engländer, fanden mitunter Gefallen am Fußball und imitierten ihn. Das passiert speziell in den „Engländerkolonien“. Diese befanden sich vor allem in Residenzstädten wie Hannover, Braunschweig oder Dresden. Aber auch in Universitätsstädten wie Heidelberg oder Göttingen und in im 19. Jahrhundert beliebten Kurorten – Wiesbaden, Baden-Baden oder Cannstatt – sowie in Handelsstädten wie Frankfurt, Berlin, Hamburg oder Leipzig waren häufig Engländer anzutreffen.

1874
Konrad Koch führt das Fußballspiel am Martino-Katharineum in Braunschweig ein

Konrad Koch erfuhr während seines Studiums von Thomas Arnold, der etwa ein halbes Jahrhundert zuvor das in England bekannte Fußballspiel der unteren Schichten mittels wesentlich mehr Regeln zu einem Spiel für seine adeligen Schüler strukturiert hatte. So lernten diese spielerisch die Ideale der Gentlemen sowie christliche Moral und gesunde Lebensführung. Koch war von Arnolds Idee begeistert und führte ein paar Jahre später, nunmehr als Lehrer am Braunschweiger Martino-Katharineum, Arnolds Fußballspiel ein.

Wie in England wurde Fußball als Winterspiel in den kalten Monaten des Jahres gespielt, während im Sommer Leichtathletik im Vordergrund stand. Übrigens hat Konrad Koch nicht Assoziationsfußball spielen lassen, sondern Rugby – wie auch Thomas Arnold als Schulleiter der Privatschule – in Rugby. Da jedoch Assoziationsfußball in Deutschland wesentlich mehr und schneller Verbreitung fand als Rugby, unterstützte er diesen ab den 1890er Jahren.
Koch versuchte, in Deutschland eine Fußballbegeisterung zu entfachen, wie sie in England damals gerade um sich griff. Aber der Funke sprang in Deutschland nicht über.

1875
Erster Fußballverein in Deutschland (Lüneburg)

Der erste Fußballverein in Deutschland, der Fußball und nicht Rugby spielte, war der „Lüneburger College Football Club“, in dem vor allem englische, aber auch deutsche Schüler spielten. Die englische Wochenzeitung „The Field“ (vgl. Hock, Hans-Peter: Der Dresden Football Club und die Anfänge des Fußballs in Europa. Hildesheim 2016. S. 18-19.) berichtete, dass man bereits zuvor, nämlich ab 1875, in Lüneburg Fußball gespielt hätte, da aber noch ohne Regeln. Jetzt, durch die Übernahme des Regelwerks des englischen Fußballverbandes, die so genannten FA Rules, etablierte sich auch ein Fußballspiel am Lüneburg College, einer Schule für Söhne englischer Familien in Lüneburg, und das Interesse wurde gesteigert. Es folgt ein ausführlicher Spielbericht über das erste Spiel am 28. August 1875, das zwischen der klassischen und der modernen Schule des Colleges ausgetragen wurde, da es an beiden Schulen offenbar nur je ein Team gab.

„Lüneburg College Football Club. – Football has now become quite a popular game here, and the adoption of the Association rules has effected a decided improvement in the last year’s somewhat irregular play here. […] Altogether the play showed great promise, though the “off side” rule is not very strictly attended to.” (zitiert aus: The Field, Nummer 46 (1875) S. 272).

1888
Gründung des heute ältesten Fußballvereins, BFC Germania 1888 Berlin

Der heute älteste, noch bestehende Fußballverein ist der „Berliner Fußball Club Germania 1888 Berlin“, der am 15. April 1888 von den vier Brüdern Jestram sowie einigen ihrer Schulfreunde gegründet wurde. Einer der vier, Walter Jestram, wurde einer der besten deutschen Fußballspieler seiner Zeit. Wie der Name des Vereins schon sagt, wurde er in Berlin gegründet, wo laut Zeitungsberichten Engländer erstmals im Winter 1881/82 Fußball spielten. Dass die Wahl auf den Zusatz Germania fiel, zeigt, dass sich dieser Verein als deutscher, nicht-englischer Verein verstand. Seinen anti-englischen Kurs verdeutlichte der amtierende Vorstand in den ersten Jahren wiederholt, auch in der Gründung des Bundes deutscher Fußballer (BdF), dem die Spieler kurz nach dessen Gründung beitraten.

Der BFC Germania 88 gewann außerdem die erste und einzige Meisterschaft (1890), die der BdF mit fünf Berliner Mannschaften mit nur deutschen Spielern austragen ließ.

1890-1893
Bund deutscher Fußballspieler, Deutscher Fußball und Cricket-Bund

In den 1890er Jahren entstanden neue Vereine und regionale Fußballverbände. Der schon erwähnte Bund deutscher Fußballspieler wurde am 4. November 1890 von acht Berliner Fußballvereinen gegründet, darunter auch der BFC Germania 88. Man wählte den Begriff „deutscher“ im Namen, weil der Verband alle Fußballvereine des deutschen Reiches vereinen sollte. Das ließ sich aber nicht umsetzen und so waren nur Berliner Vereine seine Mitglieder und es gab bereits bei der Gründungsveranstaltung Diskussionen über die Ausrichtung des Verbandes. Die national orientierten Vereine plädierten dafür, dass keine ausländischen Spieler und Funktionäre zugelassen werden sollten und zudem der Fußball der deutschen Mentalität angepasst werden solle. Da der Vorsitzende des national eingestellten BFC Germania 88 der Vorsitzende des BdF wurde, kam es auch zu genau diesem Kurs.

Die Anhänger einer kosmopolitischen Orientierung gründeten daraufhin ein halbes Jahr später den Deutschen Fußball- und Cricket-Bund (DFuCB, 17./18. Mai 1891). Da immer mehr Vereine aus dem BdF aus- und in den DFuCB eintraten, löste sich der BdF bereits am 14. Februar 1892 wieder auf. Alle BdF-Mitglieder wurden direkt im DFuCB aufgenommen, mit Ausnahme des BFC Germania 88. Dieser wurde wegen seiner weiterhin nationalen Linie zunächst mehrfach abgelehnt, schließlich aber doch aufgenommen.

Damit traten nun allerdings im DFuCB die gleichen Diskrepanzen auf wie während der Gründungsveranstaltung des BdF. 1894 traten drei Vereine wegen zunehmender anti-englischer Spannungen aus, darunter der „English FC 1890“, weitere folgten in den anschließenden Jahren aus dem gleichen Grund. Gleichzeitig gründeten sich neue Verbände. 1894-1895 gab es mit dem Thor- und Fußballbund Berlin einen Konkurrenzverband zum DFuCB und neben der durch den DFuCB ausgerichteten Meisterschaft in Berlin weitere Meisterschaften, ausgeführt durch den Allgemeinen Deutschen Sport Bund (ab Saison 1896/97), den Verband Deutscher Ballspielvereine (ab Saison 1987/98) sowie die Freie Berliner Fußballvereinigung (ab Saison 1901/02). Immer mehr Vereine traten aus dem DFuCB aus, der sich dann am 25. Februar 1902 auflöste.

Die meisten Vereine des DFuCB und zuvor des BdF spielten auf dem Tempelhofer Feld (heute: Flughafen Tempelhof) und auf dem Exerzierplatz zur einsamen Pappel in der Bernauer Straße (heute: Friedrich-Ludwig-Jahn-Sportpark). Es gab also für fast keine Mannschaft einen Heimvorteil.

1893-1895
Gründung der süddeutschen Fußballunion

Kurz nach der Gründung des BdF und des DFuCB in Berlin gründete Walther Bensemann am 4. Juni 1893 in Karlsruhe die süddeutsche Fußballunion (SDFU), die ein paar Vereine im südwestdeutschen Raum zwischen Straßburg und Frankfurt am Main umfasste. Der Schwerpunkt lag auf Karlsruhe. Der 20-jährige Bensemann hatte zu diesem Zeitpunkt bereits eine Vielzahl an Vereinen gegründet und war Kapitän des Straßburger FK 1890. In der SDFU wurde zunächst keine Meisterschaft ausgespielt, sondern es wurden Spiele von Auswahlmannschaften und um den von SDFU-Präsident Reverend White gestifteten Pokal gespielt. 1894 trat Bensemann aus der SDFU aus, nachdem es zu Anfeindungen gegen ihn und seinen Vorschlag einer „Meisterschaft des Continents“ gekommen war. Die SDFU weigerte sich, die Meisterschaft ausspielen und damit für etwaige Verluste aufzukommen (die Vereinskasse wies bereits ein Defizit von 150 Mark auf). Die Meisterschaft des Continents war aber nicht die einzige Uneinigkeit im SDFU zwischen Bensemann und anderen Mitgliedern. Es gab auch einen Konflikt um das Alkohol- und Kneipenverbot an Spieltagen für Mitglieder der SDFU, die Spielern aus dem nationalkonservativen, burschenschaftlichen Bereich mit Kneipenkultur bitter aufstieß. Sie waren außerdem nicht mit der kosmopolitischen Ausrichtung Bensemanns einverstanden.
1895 löste sich die SDFU auf, am 17. Oktober 1897 gründete sich für etwa den gleichen räumlichen Umkreis der Verband süddeutscher Fußballvereine, der bis 1933 existierte.

1895
Gründung von Sport im Bild

Andrew Pitcairn-Knowles (1871-1956) war einer der ersten Sportjournalisten im Deutschland des späten 19. Jahrhunderts und bezeichnenderweise Engländer. Er wuchs als Sohn eines Wollhändlers in der Wiesbadener Engländerkolonie auf und studierte später an verschiedenen Orten Chemie, Schwerpunkt: Fotochemie. Außerdem interessierte er sich für die modernen Sportarten und konsultierte mindestens die Wochenzeitung „Spiel und Sport“. Schon in seiner Jugend hatte er das Ziel, eine eigene Sportzeitung herauszugeben. In Berlin lernte er das neu entwickelte Vervielfältigungsverfahren nach Meisenbach und Riffarth kennen, das die Übertragung der Abbildungen auf Holzschnitte überflüssig machte. Dieses Verfahren nutzte er und gründete 1895 die Zeitschrift „Sport im Bild“, eine der ersten Zeitschriften, die fast vollständig mit Fotos gestaltet wurde. Auch deshalb kostete die vierteljährlich erscheinende Publikation aus Kunstdruckpapier 6 Mark. Für diesen Preis konnte man damals in Berlin 50 Pfund Brot kaufen. Für einen Arbeitnehmer in Industrie, Handel und Verkehr war der Preis ein Zehntel seines Monatsgehalts.

Um ein vielfältiges Publikum anzulocken und für den modernen Sport zu interessieren, berichtete Pitcairn-Knowles nicht nur über Sport, sondern auch über Theater, Reisen sowie Klatsch über den europäischen Adel. Letzteres insbesondere dann, wenn die kaiserliche Familie als Zuschauer bei Sportveranstaltung zugegen war. Doch trotz dieser prominenten Werbung für den modernen Sport stiegen die Verkaufszahlen kaum. Pitcairn-Knowles verkaufte 1904 verärgert seine Zeitschrift und eröffnete eine internationale Presseagentur für Sportfotos in Paris.

Der Berliner Verleger August Scherl, der seit 1899 die Illustrierte „Die Woche“ herausgab und ebenfalls mit dem neuen Fotodruckverfahren arbeitete, erwarb die „Sport im Bild“. Er änderte den Titel in „Illustrierte Zeitschrift für Sport, Gesellschaft, Theater“ und übernahm Pitcairn-Knowles’ ausgebildete Mitarbeiter. Den erfolgreichen Leichtathleten Kurt Doerry machte er zum Chefredakteur. Heute gilt Doerry als Begründer des deutschen (Massen-)Sportjournalismus der 1920er Jahre.

1898
„Plancks Fußlümmelei“ erscheint

1898 verbreitete sich die agitative Schrift des Stuttgarter Turnlehrers Karl Planck namens „Fußlümmelei. Über Stauchballspiel und englische Krankheit“ als Flugblatt schnell innerhalb des deutschen Reiches. Sie richtete sich gegen beide Fußballspielarten, also Fußball und Rugby, und spiegelte die Vorbehalte von deutschen Turnern gegen diesen Sport wider. Diese Vorbehalte galten insbesondere der gebeugten Haltung der Fußballspieler, die der aufrechten Haltung der Turner widersprach. Kostprobe gefällig? Auf Seite 6 und 7 beschreibt Planck das Fußballspiel auf folgende Weise: „Zunächst ist jene Bewegung ja schon, auf die bloße Form hin angesehen, häßlich. Das Einsinken des Standbeins ins Knie, die Wölbung des Schnitzbuckels, das tierische Vorstrecken des Kinns erniedrigt den Menschen zu Affen, selbst wenn die Haltung nicht den Grad abstoßender Häßlichkeit erreicht, den uns unser Titelbild versinnlicht. Noch ein Tupf mit dem kleinen Finger in der Linken, und das prächtige Gebilde stürzt rücklings zu Boden oder kollert in kläglichen Sprüngen dahin, um sich auf den Beinen zu erhalten.“

1900
Gründung des Deutschen Fußball-Bundes

In den 1890er Jahren erhielt der Fußball in Deutschland eine mehr und mehr national-militärische Orientierung, die von Preußen und dem dortigen Zentralausschuss zur Förderung der Jugend- und Volksspiele sowie dem Deutschen Sprachverein ausging. Die englischen Spielbegriffe wurden eingedeutscht und das Fußballspiel als Vorbereitung für den Wehrdienst verstanden. Der Zentralausschuss trat für eine Zusammenarbeit von Sportlern und Turnern ein und für eine Verbreitung der Sportarten zum Zweck der „körperlichen Ertüchtigung“, wie es zeitgenössisch hieß. Außerdem arbeitete er von Anfang an eng mit dem deutschen Militär zusammen. Versuche des Zentralausschusses, einen gesamtdeutschen Verband zu gründen, scheiterten in den 1890er Jahren zunächst an Uneinigkeiten zwischen den regionalen Verbänden. Diese konnten beigelegt werden, sodass am 28. Januar 1900 der Deutsche Fußball-Bund gegründet wurde. Gründungsmitglieder waren sowohl einzelne Verbände als auch einzelne Vereine. Auch der DFB entschied sich für die nationale Ausrichtung, da er so seitens des Militärs den Vorzug vor den Turnern erhielt und die Exerzierplätze als Spielfelder nutzen durfte.

1903
VfB Leipzig ist erster Fußballmeister der Herren in Deutschland

Am 31. Mai 1903 stand der erste deutsche Fußballmeister der Herren fest: Der VfB Leipzig gewann gegen den DFC Prag und erhielt den gewidmeten Wanderpokal Victoria. Die Meisterschaft wurde zunächst in den Landesverbänden ausgespielt, deren Meister dann in Playoffs gegeneinander spielten. Fast 150 Vereine waren damals Mitglied im DFB, darunter bis 1904 auch im Ausland ansässige deutsche Vereine wie eben der DSC Prag. Das Finalspiel der ersten Meisterschaft fand ab 16:45 Uhr auf der Exerzierweise in Altona vor 750 bis 2000 Zuschauern statt (Angaben variieren) und endete mit einem 7:2 für den VfB Leipzig.

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Im zweiten Teil der Serie geht es um die Jahre 1904 bis 1934.

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Vom Kaiserreich zur Kommerzialisierung: Deutschland und der moderne Fußball https://120minuten.github.io/vom-kaiserreich-zur-kommerzialisierung-deutschland-und-der-moderne-fussball/ Thu, 23 Aug 2018 06:58:44 +0000 https://120minuten.github.io/?p=5228 Weiterlesen]]> „Moderner Fußball“ ist ein Schlagwort. Ein Schlagwort, das in Zeiten von wankendem 50+1, zunehmender Kommerzialisierung, zerstückelter Spieltage etc. vorwiegend negativ konnotiert ist. Aber war der Fußball vorher alt? Antik? Natürlich mitnichten. Etymologisch betrachtet, bedeutet modern nichts anderes als „modisch/nach heutiger Mode“. So gesehen geht es bei der Frage nach modernem Fußball um die Phase, in der Fußball bei der Masse der Bevölkerung und nicht nur ein paar Nerds beliebt und in der die ursprüngliche Form weiterentwickelt wurde.
Es soll hier nur um den Beginn des modernen Fußballs in England und Deutschland (genauer gesagt: im deutschen Kaiserreich) gehen und um die Frage, was oder wer verursachte, dass er modernisiert wurde. Der Beitrag ist ein in Fließtext gebrachtes Brainstorming, das ausdrücklich zum Kommentieren anregen soll. Hauptsächlich werden die Anfänge des Fußballs – 1820-1900 in England und 1870-1930 in Deutschland – untersucht

Der erste von zwei Teilen befasste sich mit dem Beginn des modernen Fußballs in England. Im nun folgenden zweiten Teil geht es um die Entwicklung des modernen Fußballs in Deutschland.

Von Petra Tabarelli (nachspielzeiten.de)

Fußball wird in Deutschland bekannt

Ein Spiel des Dresdner Fußball Clubs aus den Anfangstagen des Sports in Deutschland.

Im Mittelalter und der Frühen Neuzeit gab es in England football, in Frankreich soule, in Italien calcio. In Deutschland, genauer gesagt dem damaligen deutschen Kaiserreich, gab es vor dem 19. Jahrhundert kein Fußballspiel. Es konnte also nicht auf schon bekannte Formen zurückgreifen, die in der Folgezeit reguliert wurden. Fußball war unbekannt. Und daher musste er erstmal Fuß fassen, um modernisiert werden zu können. Denn das Wort modern setzt ja voraus, dass es schon eine Vorform, eine antike Form zuvor gab.

Im letzten Viertel des 19. Jahrhunderts kamen die in England beliebten Sportarten wie Cricket, Baseball und beide Fußballvarianten, Rugby und (Assoziations-)Fußball, nach Deutschland. Denn die in Deutschland lebenden Engländer und englische Langzeittouristen wollten nicht auf die liebgewonnenen Sportarten verzichten, die auch die Kontaktaufnahme zu anderen Engländern der Umgebung sehr erleichterte. In diesen Jahrzehnten entwickelte sich das reglementierte Fußballspiel vom Schüler- und Studentensport zu einem in der englischen Gesellschaft verankerten Freizeit- und Bewegungsvergnügen.

Deutsche, die in Kontakt zu Engländern standen – beispielsweise Ärzte, Sprachlehrer, Uniprofessoren oder Journalisten – beobachteten den Sport der Engländer, fanden mitunter Gefallen an Fußball und imitierten ihn. Das passiert vor allem in den so genannten Engländerkolonien in Deutschland. Diese befanden sich vor allem in Residenzstädten wie Hannover, Braunschweig, oder Dresden, oder in Universitätsstädten wie Heidelberg oder Göttingen. Auch in im 19. Jahrhundert beliebten Kurorten – Wiesbaden, Baden-Baden oder Cannstatt sind hier Beispiele – und in Handelsstädten wie Frankfurt, Berlin, Hamburg oder Leipzig waren häufig Engländer anzutreffen.

Soziale Herkunft der Fußball-Liebhaber
In der Forschung wird noch über die soziale Basis der Fußball-Liebhaber diskutiert – waren es Angestellte oder doch Arbeiter, die in Deutschland das Fußballfieber entfachten? Oder waren es Arbeiter, die als verdeckte Bezahlung einen Bürojob erhielten und sind diese dann als Arbeiter oder Angestellte zu zählen? Eggers merkt an, dass die Quellenlage über die Mitgliederstruktur des DFB vor dem ersten Weltkrieg sehr dürftig ist und viele Fußballspieler noch in den 1920er Jahren als Pseudobezahlung eine scheinbare Angestelltenstellung erhielten, aber aus dem Arbeitermilieu stammten. Als Belege nennt er Clubs im Ruhrgebiet und die Mannschaft von Bayern München 1925, deren Spieler vor allem aus dem Arbeitermilieu stammten und die mit Schein-Arbeitsplätzen und der dazu entsprechenden Bezahlung geködert wurden.

Engländer in Deutschland und Konrad Koch

Es waren aber nicht nur die in Deutschland lebenden Engländer, die den Fußball in Deutschland bekannt machten, sondern auch Konrad Koch, der Thomas Arnolds Ideologie und Leben profund während seines Studiums erforscht hatte. Koch muss von Arnold begeistert gewesen sein, denn er kopierte ihn und führte als Lehrer das Fußballspiel 1874 am Martino-Katharineum in Braunschweig ein, um die Jugendlichen fit zu machen und um die Basis für eine athletische Elite zu legen. Wie in England wurde Fußball als Winterspiel in den kalten Monaten des Jahres gespielt, während im Sommer Leichtathletik im Vordergrund stand. Übrigens hat Konrad Koch nicht Assoziationsfußball spielen lassen, sondern Rugby – wie Thomas Arnold als Schulleiter der Privatschule in Rugby. Da jedoch Assoziationsfußball in Deutschland wesentlich mehr und schneller Verbreitung fand als Rugby, unterstützte er diesen ab den 1890er Jahren. Koch versuchte, in Deutschland eine Fußballbegeisterung zu entfachen, wie es in England damals gerade passierte. Aber der Funke sprang in Deutschland nicht über. Als die erste Assoziationsfußballmannschaft in Deutschland gilt der Lüneburg College Football Club, bei dem den Namen der Spieler nach auch aus Deutschland stammende Schüler spielten. 

Vgl. Hock, Hans-Peter: Der Dresden Football Club und die Anfänge des Fußballs in Europa. Hildesheim 2016. S. 18-20. Wer mehr zu Konrad Koch wissen möchte, sei Malte Oberschelps 2015 erschienene Biografie über Koch sehr empfohlen.

Denn in Deutschland war das Turnen die Körperertüchtigung Nummer Eins. Anfang des 19. Jahrhunderts beliebt geworden, war das Turnen eng mit studentischen Verbindungen und dem Einheits- und Nationalgedanken verbunden. Die aus England kommenden Sportarten wie Rugby oder Assoziationsfußball, Tennis oder Cricket wurden argwöhnisch beobachtet, weil sie eben aus England stammten und nicht deutschen Ursprungs, also nicht Teil der deutschen Kultur waren. Dazu kamen die Übersetzungsschwierigkeiten des englischen Begriffs sports, der letztendlich einfach in den deutschen Sprachgebrauch übernommen wurde. Auch Fachbegriffe wie offside, hand, to center oder goal wurden zunächst übernommen.

Die Spielbewegung und der Zentralausschuss zur Förderung von Jugend- und Volksspielen

Im November 1882 erließ der preußische Kultusminister, Gustav von Goßler, den nach ihm benannten Spielerlass. Er ermunterte darin die preußischen Kommunen, Spielplätze zu bauen und Turnen (später auch Bewegungsspiele/Sport) als regelmäßigen Teil des Unterrichts zu integrieren. Gleichzeitig sollten schulfreie Spielenachmittage etabliert werden.

Gustav von Gossler

Neun Jahre später, am 21. Mai 1891, gründeten von Goßler und der preußische Abgeordnete Emil Freiherr von Schenckendorff den Zentralausschuss zur Förderung von Jugend- und Volksspielen (ab 1897 Zentralausschuss zur Förderung von Volks- und Jugendspielen), kurz ZA. Der ZA war dabei kein Zusammenschluss von Fußball-Liebhabern verschiedener sozialer Herkunft, sondern bestand vor allem aus Mitgliedern der Nationalliberalen Partei und dessen Alldeutschen Verbandes (gemeinsame Ziele: Stärkung des deutschen Nationalbewusstsein, Pro-Imperialismus), somit vor allem Politikern, Beamten und Armee-Angehörigen. Ihr vorrangiges Ziel war aber nicht, den Sport politisch zu vereinnahmen, sondern vielmehr eine philanthropische, erzieherische, militärische und sozialdarwinistische Mischung, eine „gesunde“ Elite an sportlichen Deutschen und damit potentiellen Soldaten heranzuziehen. Daher versuchten die engagierten Persönlichkeiten, die Gräben zwischen Turnern und Sportlern aufzufüllen und zwischen ihnen zu vermitteln. Turnen und Sport (zeitgenössisch auch Bewegungsspiele genannt) sollten parallel existieren und sich ergänzen. Um diese Absicht zu erreichen, versuchte der ZA, die einzeln wirkenden Kräfte in Deutschland zu bündeln, um so das gemeinsame Ziel schnell zu erreichen. Dazu gehörte der Zentralverein für Körperpflege in Volk und Schule, der Deutsche Bund für Sport, Spiel und Turnen, das Komitee für die Teilnahme Deutschlands an den Olympischen Spielen zu Athen 1896 und später der 1911 gegründete Jungdeutschlandbund, in dessen Bundesleitung auch viele Mitglieder des ZA vertreten waren und der sich wie der ZA in der vormilitärische Ausbildung engagierte.

Wie versuchte man, die Ziele zu erreichen? Nun, durch einen intensiven Lobbyismus in Militärbehörden und Schul- und Stadtverwaltungen, Englandreisen, regelmäßige und verschiedene Zielgruppen ansprechende Veröffentlichungen und eine enorm große Werbetätigkeit. Die Geldmittel kamen aus dem preußischen Kultusministerium und anderen deutschen Landesregierungen.

Der ZA erreichte letztendlich seine Ziele der Verbreitung der Sportarten und die nationale Ausrichtung dieser.

Der Deutsche Fußballbund

Logo des Deutschen Fußballbundes von 1900

In den 1890er Jahren entstanden eine Reihe von neuen Vereinen und auch erste regionale Fußballverbände, zum Beispiel in Berlin (Bund Deutscher Fußballspieler 1890, Deutscher Fußball- und Cricketbund 1891). Doch während Vereine in England gewachsene Gemeinschaften waren, gab es in Deutschland eine hohe Fluktuation in den Vereinen und daher auch einen geringen Zusammenhalt der Spieler. Die Identifikation mit einem Club war also nicht gewachsen – das kam dem ZA ungelegen. Seine Versuche, einen gesamtdeutschen Verband zu gründen, scheiterten zunächst an Unstimmigkeiten zwischen den Verbänden. Nach einigen Jahren der Vermittlung gab es Ende Januar 1900 in Leipzig einen neuen Versuch, einen deutschen Verband zu gründen. Nun stimmten 60 der 86 Vereine für die Gründung des Deutschen Fußballbundes. Die Gründungsmitglieder waren sowohl regionale Verbände (Verband südwestdeutscher Fußballvereine, beide Berliner Verbände und der Hamburg-Altonaer Fußball-Bund) als auch einzelne Vereine aus Prag, Magdeburg, Dresden, Hannover, Leipzig, Braunschweig, München, Naumburg, Breslau, Chemnitz und Mittweida – also aus dem ganzen damaligen Deutschland. Der Spielausschuss des DFB erstellte in den kommenden Jahren einheitliche Statuten und Spielregeln nach englischem Vorbild (1906 herausgegeben) und es gab einen regelmäßigen Spielbetrieb um die Deutsche Meisterschaft (ab der Saison 1902/1903) und den Kronprinzenpokal (ab der Saison 1908/1909).

Im DFB entschied man sich für die nationale und gegen die kosmopolitische Ausrichtung. Denn so erhielten sie vor den Turnern den Vorzug, um die Exerzierplätze als Spielfeld benutzen zu dürfen. Als Wehrsport wurde der Stereotyp eines Fußballers mit soldatischen Idealen aufgeladen: Kampf und Opfermut bis zur letzten Minute, Pflichttreue und Treue zur eigenen Mannschaft sowie Charakterstärke und Idealismus. An diesem Ideal hat sich bis heute wenig geändert und es ist auch der Grund, weshalb in Deutschland die Legalisierung von entlohntem Fußball noch vehementer abgelehnt und stigmatisiert wurde als in England. Vieles ist in Deutschland wie in England verlaufen, nur etwa 50 Jahre später, aber nicht in diesem Punkt: Während Fußball in England modern wurde, als er legaler Profifußball wurde und viele Menschen direkt oder indirekt durch das Fußballspiel Erwerbsmöglichkeiten fanden, wurde Fußball in Deutschland durch das Militär und das soldatische Ideal, also durch das deutsche Amateurideal, modern. Das änderte sich auch nicht, als der Profifußball etwa 50 Jahre nach der Legalisierung in England auch in Deutschland legalisiert wurde. Das ist vielleicht ein Grund, weshalb in Deutschland das Begriffspaar moderner Fußball mittlerweile stark negativ konnotiert ist und die 50+1-Regelung nicht schon längst über den Haufen geworfen wurde. Es ist aber vielleicht auch der Grund dafür, dass häufig und des Geldes wegen wechselnde Spieler als Söldner(!) beschimpft werden, weil sie nicht bis zu ihrem letzten Atemzug ihrer Mannschaft treu blieben – bewusst sehr pathetisch formuliert.

Währenddessen stieg die Mitgliederzahl des DFB rapide an und versiebzehnfachte sich zwischen 1904 und 1913.

Wie schon gesagt, Goßlers Idee ging also auf, Fußball wurde Wehrsport. Schon vor 1910 spielte die Marine ihre eigene Fußballmeisterschaft aus, ab 1911 auch das Landesheer. Der DFB wurde wie der ZA Mitglied in staatlichen, militärisch geprägten Jugendorganisationen wie dem 1911 gegründeten Jungdeutschland.

Als Wehrsport musste sich Fußball nun aber endgültig von dem Vorwurf des undeutschen Sportes lösen und Sprachbarrieren  beseitigen. Daher gab es ab den 1890er Jahren immer wieder Artikel in Zeitungen, Pamphlete und auch Bücher, die die englischen Begriffe eindeutschten.

Moderner Fußball: Die Fußballbegeisterung wird Teil der deutschen Gesellschaft

Viele deutsche Soldaten lernten das Fußballspiel erst als Wehrsport während des ersten Weltkrieges kennen; liebten und lebten ihn. Die Spiele dienten hier, in dem reinen Stellungskrieg, vor allem zur psychischen Stabilisierung von Truppeneinheiten und zur Hebung deren Stimmung, fand aber auch durch seinen klassennivellierenden Charakter allgemeine Beliebtheit bei den nichtadeligen Milieus. Diese Begeisterung endete nicht mit dem Kriegsende – im Gegenteil. Manche spielten Fußball fortan in Vereinen und viele weitere wurden begeisterte Zuschauer. 1920 hatte der DFB die 500.000er Marke seiner Mitglieder geknackt. Jetzt begann der Fußball, auch in Deutschland ein Massenphänomen zu werden.

In dieser Zeit, in der Weimarer Republik, nahm Fußball eine Mittlerrolle zwischen der deutschen Bevölkerung und der Reichswehr ein. Dabei war die Grenze zwischen zivilem und Militärsport fließend. Das Wort Kampf wurde in den 1920er Jahren zu einem Schlüsselbegriff: Kampfspiele, Kampfbahn, Kampfgemeinschaft, usw. Der Fußball diente als vormilitärisches Feld, um trotz dem Verbot einer Armee, die kommende Generation an die Tugenden der Soldaten heranzuführen. Außerdem tarnten sich viele paramilitärische Vereinigungen als Sportclubs wie die Box- und Sportabteilung der NSDAP. Diese wurde aber schon verhältnismäßig früh, nämlich im November 1921, von Hitler in Sturmabteilung, SA, umbenannt.

Waren Sportarten wie Fußball nach Ende des ersten Weltkrieges ein gutes Ventil, um die psychische Belastung der Kriegsjahre zu kompensieren, bargen sie damit aber in der Zwischenkriegszeit ein deutliches Gewaltpotenzial. Viele, die das Fußballspiel während des Krieges kennengelernt hatten, spielten einen derart unfairen Fußball oder benahmen sich als Zuschauer mit Platzstürmen und Gewaltandrohungen gegen Schiedsrichter und Gegner so rüde, dass Fußball zu Beginn der 1920er Jahre nicht nur breite Beliebtheit erfuhr, sondern gleichzeitig einen sehr schlechten Ruf erlangte. Der sehr angesehene Schiedsrichter Peter Joseph „Peco“ Bauwens legte 1925 wegen des Verhaltens der Spieler und Zuschauer in der Halbzeit des Spieles 1. FC Nürnberg gegen MTK Budapest schlicht sein Amt nieder.

Zu der Problematik von Fußball in der Weimarer Republik und Bauwens vgl. Eisenberg, Christiane: „English Sports“ und deutsche Bürger. Eine Gesellschaftsgeschichte 1800-1939. Paderborn 1999. S. 306-339.

 

Dabei entwickelte sich der Fußball durch die zahlreichen Zuschauer zu einem veritablen Wirtschaftsgut. Diesen verlorenen Respekt versuchte der DFB abermals durch die Verknüpfung mit dem soldatischen Ehrbegriff wiederherzustellen – erfolgreich.

Die ersten Radioübertragungen

Unterstützung erfuhr der Fußball in Deutschland wie in England durch Journalismus, Getränke- und Bauindustrie, Wettbüros, Fotografie und Sportartikelhersteller. Auch Zigarren- und Zigarettenfabriken sowie Schnapsbrennereien profitierten von dem Sport, denn es war auf den Zuschauerrängen üblich, sich zwischendurch mit einem Schluck aus dem Flachmann oder einer Zigarre zu stärken. Neu und in diesem Fall ganz elementar war für Sportinteressierte das moderne Medium Radio, dessen Verkaufszahlen sich zwischen 1923 und 1926 rapide anstiegen. Es war für Sport und Medium eine Win-Win-Situation: Das Radio beflügelte das Interesse, Sport zu verfolgen und die an Sport Interessierten kauften sich Radios. Wann das erste Spiel in Deutschland übertragen wurde, ist umstritten: War es das Spiel Preußen Münster gegen Arminia Bielefeld am 1. November 1925 oder das vom Rundfunkpionier Bernhard Ernst kommentierte DFB-Endspiel zwischen der SpVgg Fürth und Hertha BSC (Ende 1925)? Wie dem auch sei, der DFB unterstützte zunächst die Rundfunkübertragungen von Fußballspielen, um 1928 stark zurückzurudern: Um nicht die Zuschauerzahlen und damit Einnahmen der Vereine zu gefährden, wurden die Übertragungsrechte nur für das DFB-Endspiel sowie drei Länderspiele vergeben. Diese deutlichen Einschränkungen führten zu heftigem Protest der Zuschauer und tatsächlich wurden ab 1932 wieder mehr Fußballspiele via Radio übertragen; vor allem solche Spiele, bei denen eine Reduzierung der Zuschauerzahl nicht zu befürchten war.

Der DFB war kein Einzelfall. U.a. auch England und Schweden ließen die Übertragungen teils verbieten (Schweden) oder diskutierten über ein generelles Verbot (England).

Moderner Fußball: Profifußball wird (zum ersten Mal) legal

Mitte der 1920er Jahre kam es in Deutschland zu den ersten ernsten Anläufen, dass Fußballspieler ein bezahlter Beruf wird. Denn durch den Dawes-Plan (1925) und seine Unterstützungen begannen viele Städte, neue Stadien zu errichten, um mit Hilfe der Fußballbegeisterung die städtischen Kassen zu füllen. Um die Hypotheken schneller zurückzuzahlen und das Stadion auszulasten, musste man attraktive Spiele bieten und daher Fußballergrößen in die Vereine der Stadt locken. Außerdem war ab 1925 die Teilnahme Deutschlands an den Olympischen Spielen wieder möglich. Der Ehrgeiz , eine besonders schlagkräftige Mannschaft nominieren zu können, war deshalb groß. Unter der Hand gezahlte Zuwendungen waren längst die Regel.

Der DFB blieb bei seinem soldatischen Ideal des Fußballers, den der ehrenvolle Verdienst leitete, nicht der finanzielle . Bei Zuwiderhandlung drohte die Disqualifikation aus Meisterschaft und Pokalwettbewerb. Dabei war der Wunsch vieler Vereine, wettbewerbsfähig zu anderen Ländern zu sein. Bereits 1925 hatte der DFB eine Satzungsänderung verabschiedet, die es deutschen Vereinen stark erschwerte, gegen ausländische Profimannschaften zu spielen. (Der Boykott wurde erst 1930 auf Druck der FIFA aufgehoben.)

Durch die finanziellen Verluste der Weltwirtschaftskrise, die insbesondere die untere Mittelschicht (Angestellte, Facharbeiter) traf, gab es ab 1929 erneut deutliche Bemühungen, den Berufsfußball einzuführen. Bezahlungen der Fußballer unter der Hand waren mittlerweile die Regel, aber der DFB blieb weiterhin bei seinen Prinzipien. Mehr noch, im August 1930 sperrte er 14 Schalker Spieler und zudem mehrere Schalker Funktionäre und verhängte eine empfindlich hohe Geldstrafe von 1000 Reichsmark gegen den Verein. Der Grund: Schalker Spitzenspieler waren Arbeiter in der Schachtanlage Consolidation, wurden aber nur mit leichteren Aufgaben betraut und mussten also nicht unter Tage arbeiten, erhielten dafür aber deutlich mehr Lohn als ihre Kollegen. Die Bestrafung als abschreckendes Exempel für alle anderen Vereine ging für den DFB komplett nach hinten los: Viele weitere erfolgreiche Vereine bedrängten den Verband, die Strafen zurückzuziehen und drohten andernfalls mit dem Austritt. Der Westdeutsche Fußballverband forderte die Trennung in Amateurfußball und Berufsfußball. Noch lehnte der DFB ab, aber als es noch 1930 zur Gründung des Deutschen Professionalverbandes innerhalb des Westdeutschen Fußballverbandes und zu einer Reichsliga (gegründet von Sportjournalisten) kam, lenkte er ein. Schalke wurden die drakonischen Strafen erlassen. Aber der Profifußball wurde noch nicht legalisiert. Das Drängen der Vereine blieb und zwei Jahre später fürchtete der DFB die Spaltung des Fußballs wohl so sehr, dass er wie ca. 50 Jahre zuvor Alcock in England den Fußballsport legalisiert, um ihn dann besser kontrollieren zu können. Doch zu der für 1933 geplanten Reichsliga kam es nicht. Daran hatten nicht direkt die Nationalsozialisten Schuld; ihnen wären professionelle Sportler vielleicht sogar entgegengekommen. Nein, Felix Linnemann, seit 1925 Vorsitzender des DFB wurde 1933 mit der Leitung des Fachamts Fußball im Deutschen Reichsbund für Leibesübungen betraut und machte direkt die in seinen Augen erzwungene Legalisierung des Profifußballs rückgängig.

Moderner Fußball: Profifußball wird (wieder) legal

1950, noch vor der Neugründung des DFB, beschloss die Delegiertenversammlung der Landesverbände, ein Vertragsspielerstatut zur Legalisierung des bezahlten Fußballs. Ein Spieler, der noch einem weiteren Beruf nachging, durfte dennoch nicht mehr als 320 DM monatlich erhalten, d.h. nicht mehr als den Lohn eines Facharbeiters. Aus dem Jahresgehalt errechnete sich die Ablösesumme. Zur der gehörte auch immer ein Gastspiel des neuen Vereines.

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Am Ziel der Träume? Fußball und der Nationalsozialismus

Der Fußball in Deutschland hat es in seinen Anfangsjahren nicht leicht. Gesellschaftliche Vorbehalte, Konkurrenz durch die traditionsreiche Turnerschaft, das unsägliche Geschacher um das Amateurgebot. Unter der Regie des machtbewussten DFB hat sich der Fußball dennoch zum Spiel der Massen entwickelt, wie ich in meinem ersten geschichtlichen Überblick für 120minuten aufgezeigt habe. Ideale Voraussetzungen für die Nationalsozialisten, das Spiel für seine Zwecke zu ge- und missbrauchen? Welche Rolle spielte der DFB dabei? Wie hat der deutsche Fußball auf die verordnete „Gleichschaltung“ reagiert? Und wie ging es in Sachen Profitum weiter?

(mehr …)

1954 wurde Deutschland überraschend Weltmeister. In den Folgejahren nahm die Bedeutung der Nationalmannschaft wegen fehlender Erfolge jedoch spürbar ab. Viele Spieler wechselten zu Vereinen ins Ausland, wo der Profifußball längst etabliert war und sie höhere Gehälter erhielten. Beispielsweise nach Italien, wo Helmut Haller (1962-1968 FC Bologna, 1968-1973 Juventus Turin), Karl-Heinz Schnellinger (1963-1964 AC Mantua, 1964-1965 AS Rom, 1965-1976 AC Mailand) oder auch Horst Szymaniak (1961-1963 CC Catania, 1963-1964 Inter Mailand, 1964-1965 FC Varese) spielten. Um dem Trend entgegenzuwirken, beschloss der DFB auf seinem Bundestag 1962 die Einführung einer Berufsspielerliga, der Bundesliga. Neben Amateurspielern und Vertragsspielern gab es nun auch Lizenzspieler, die ein dreimal so hohes Gehalt wie Vertragsspieler erhalten und einen Teil der Transfersumme kassieren konnte. Aber die Bestimmungen waren in den 1960er Jahren noch recht restriktiv, weshalb in der ersten Bundesligasaison nur 34 Spieler Fußball als Vollzeitberuf ausgeübt haben sollen. Sie brauchten einen guten Leumund, durften aber ihren Namen nicht für Werbezwecke zur Verfügung stellen und so weiteren Lohn erhalten und die Gesamtbezüge aus Lohn, Handgeld, Prämien und Ablösesummen durften nicht 1200 DM monatlich übersteigen.

Für den DFB lohnte sich die Einführung der Bundesliga: Die Nationalmannschaft hatte wieder Erfolg und da in den 1960er Jahren schon viele Haushalte über einen Fernseher verfügten, konnte sich der DFB durch Fernsehübertragungsgebühren, Werbeeinnahmen und Sponsorengelder finanzieren.

Für die Vertrags- und auch Lizenzspieler war das Fußballspiel innerhalb der vom DFB gesetzten Grenzen nicht rentabel und so verwundert es nicht, dass es in der Saison 1970/71 zu einem so großen Bestechungsskandal kam und der DFB abermals zum Umdenken gezwungen wurde. 1972 wurde der Markt geöffnet – seitdem steigen die Einkommen der Fußballprofis kontinuierlich. Die Liberalisierung der elektronischen Medien und das Bosmanurteil vom Dezember 1995 haben diesen Effekt noch einmal deutlich verstärkt.

Fazit: Moderner Fußball durch Eventisierung und Taktik

Doch wann hielt der moderne Fußball nun tatsächlich Einzug in Deutschland? Je nach Betrachtungsweise gibt es dafür drei Möglichkeiten:

  1. Macht man den modernen Fußball an der allgemeinen, nationalen Begeisterung fest, so war es der erste Weltkrieg.
  2. Verbindet man den modernen Fußball mit Profifußball und seinen Folgen, so waren es die 1960er und 1970er Jahren, da die erste Legalisierung 1932 nur wenige Monate Bestand hatte.
  3. Nimmt man den Begriff “moderner Fußball” dagegen als Ausgangspunkt, liegt der Beginn in den 1980er Jahren. Bis 1976 existierte dieser Begriff in der deutschsprachigen Literatur noch gar nicht. Seitdem gab es ein kurzes kleineres Maximum von 1987 bis 1988, das ab 2002 wieder erreicht wurde und mindestens bis 2008 übertroffen wurde.

Lag die erste Häufung des Begriffs Ende der 1980er Jahre an dem Wechsel von Trainer Arrigo Sacchi zum AC Milan und seiner dort etablierten Spielidee? Wurde dieses Ereignis in der deutschsprachigen Literatur tatsächlich so gewürdigt? Oder hat es eine andere Ursache? Darauf habe ich leider keine Antwort.

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Vom Gentlemen- zum Arbeitersport: England und der moderne Fußball https://120minuten.github.io/vom-gentlemen-zum-arbeitersport-england-und-der-moderne-fussball/ https://120minuten.github.io/vom-gentlemen-zum-arbeitersport-england-und-der-moderne-fussball/#comments Wed, 16 May 2018 07:00:10 +0000 https://120minuten.github.io/?p=4668 Weiterlesen]]> „Moderner Fußball“ ist ein Schlagwort. Ein Schlagwort, das in Zeiten von wankendem 50+1, zunehmender Kommerzialisierung, zerstückelter Spieltage etc. vorwiegend negativ konnotiert ist. Aber war der Fußball vorher alt? Antik? Natürlich mitnichten. Etymologisch betrachtet, bedeutet modern nichts anderes als „modisch/nach heutiger Mode“. Synonyme sind Adjektive wie aktuell, neu(artig), zeitgemäß und meinen damit auch fortschrittlich und etwas, das gerade eben („modo“) beliebt geworden ist. Ähnlich definiert es auch der Duden. So gesehen geht es bei der Frage nach modernem Fußball um die Phase, in der Fußball bei der Masse der Bevölkerung und nicht nur ein paar Nerds beliebt und in der die ursprüngliche Form weiterentwickelt wurde.
Es soll hier nur um den Beginn des modernen Fußballs in England und Deutschland (genauer gesagt: im deutschen Kaiserreich) gehen und um die Frage, was oder wer verursachte, dass er modernisiert wurde. Der Beitrag ist ein in Fließtext gebrachtes Brainstorming, das ausdrücklich zum Kommentieren anregen soll. Allerdings geht es hier wirklich nur um die Anfänge des Fußballs, d.h. um etwa die Phase 1820-1900 in England und 1870-1930 in Deutschland.

Dieser erste von zwei Teilen befasst sich mit dem Beginn des modernen Fußballs in England.

Von Petra Tabarelli (nachspielzeiten.de)

Eigentlich. An der Uni habe ich gelernt, dass man möglichst nicht das Wort eigentlich benutzt, weil es eine Aussage so stark abmildert, dass diese ihren Sinn verliert. Aber wir sind hier ja nicht an der Uni. Also, eigentlich war Fußball in England ja schon vor 1820 beliebt. Football, das Fortbewegen eines runden Gegenstandes mit den Füßen, wurde zwischen nahegelegenen Siedlungen gespielt. Allerdings erinnern die Beschreibungen an ein sehr kampfbetontes Rugbyspiel, denn das Transportieren der Kugel mit den Händen war ebenso erlaubt wie gewaltfrohes Einsteigen als Tackling. Sei es mit Füßen und Händen oder mit anderen Mitteln wie Stöcken. Spielen durfte jeder; eine Einteilung in Spieler und Zuschauer gab es nicht. Zwar gab es einzelne Regeln, die jedoch nicht so regulierend in das Spiel eingriffen wie in die heutigen Varianten des Fußballspiels. Darüber hinaus gab es schon während der Frühneuzeit Bemühungen, die Fußballspiele zu regulieren und damit zu kontrollieren (Richard Mulcaster, 1561: Man brauche einen „training master“ und eine Person, die „jugde over the parties and hath authroritie to commaunce“ ), aber sie waren erfolglos.

Nimmt man diese Formen des Fußballspiels als alte, archaische Varianten an, so muss man die regulierten Fußballspiele an englischen Privatschulen zwangsläufig als den modernen Fußball bezeichnen, und zwar als Fußballspiele, die bestimmten Regeln unterworfen waren mit dem Ziel, die aus der Oberschicht (hierunter zähle ich „aristocracy“ und „gentry“) und gutverdienenden Mittelschicht stammenden Privatschüler zu Gentlemen zu machen.

aristocracy, gentry und gentlemen
„aristocracy“ und „gentry“ sind die Bezeichnungen für die beiden Adelsgruppen (der upper class) in England. aristocracy ist der Hochadel, gentry der niedere, auch ländliche Adel. Beide sind qua Geburt adlig und die Männer damit auch qua Geburt Gentlemen.

Die gentry verarmte um 1800 und im 19. Jahrhundert immer mehr im Vergleich zur neu entstehenden Mittelschicht (middle class), zu dem das Bürgertum und insbesondere auch das Wirtschaftsbürgertum gehörte, d.h. Fabrikinhaber und Händler im weitesten Sinne (Börse mit eingeschlossen). Bürger verdienten Geld, in dem sie arbeiteten und Menschen für sich arbeiten ließen. Adlige erhielten Geld von ihren Pächtern, die Land von ihnen bewirtschaften durften. Für einen Adligen war es undenkbar, dass er für seinen Unterhalt selbst arbeitete. Adlige konnten es sich leisten, müßig zu sein.

Zunächst waren nur Adlige, also aristocracy und gentry, Gentlemen und wurden auf Privatschulen, die public schools, geschickt, damit sie die Benimmregeln eines Gentleman (lies: eines Adligen) erlernten. „Gentleman“ war nicht nur die Bezeichnung für eine soziale Schicht, sondern auch für die moralische Komponente, die heute noch mit dem Begriff verwendet wird. Die Schulgebühren waren so hoch, dass nur Adlige es sich leisten konnten, ihre Kinder auf diese Schulen zu schicken. Außerdem konnten sich Kinder so schon frühzeitig mit ihresgleichen vernetzen. Auch die Schulen waren durchaus darauf bedacht, eine Exklusivität zu behalten, auf die Adlige bei der Schulwahl achteten. Im 19. Jahrhundert entstanden die Self-made-Gentlemen, die genug Geld und gesellschaftliches Standing hatten, um ihre Kinder auch auf Privatschulen zu schicken. Manche Schulen verschlossen sich diesen Self-made-Gentlemen, um durch die bewahrte Exklusivität konservative Adlige anzusprechen, andere öffneten sich für die „Neureichen“.

Charaktereigenschaften, die mit Gentlemen verbunden wurden (und werden), sind: Ehrlichkeit, Ernsthaftigkeit, Pflichtbewusstsein, Tugendhaftigkeit, Herzlichkeit, die Fähigkeit, standesgemäße Konversation zu pflegen (darüber gab es ganze Bücher) – das zeitgenössische Männlichkeitsideal. Dazu kamen für den christlichen Gentlemen: Keuschheit, Frömmigkeit, christliche Nächstenliebe und Wohltätigkeit für Bedürftige. Edward Thring, ein Geistlicher und Schulleiter einer Privatschule, war auch Befürworter der so genannten „muscular christianity“ und nahm Sport bewusst in den Tagesablauf für seine Schüler auf. Denn Sport macht müde und lässt die Schüler dann schnell einschlafen und sich nicht „selbst missbrauchen“ (self abuse), wie Masturbation abwertend bezeichnet wurde. Die war nämlich um 1850 gerade total in.

Doch sie waren nur die Basis für das Entstehen eines Massenphänomens, das von Gentlemen in Gang gesetzt wurde. Als vermehrt Arbeiter Fußballspieler wurden, wandten sich die bisherigen Fußballliebhaber entweder vom Fußballsport ab oder unterstützten ihn als wirtschaftliche Gönner. Da die Arbeiter den Sport nicht als reine Muße ausübten, sondern ihn gerne als Nebenverdienst nutzten (dazu später mehr), wurde die Bemühung um einen entlohnten Fußballsport immer größer, denn die Bezahlung der Arbeiter, Bergarbeiter wie Fabrikarbeiter war so gering, dass die Familien mindestens am Existenzminimum, wenn nicht darunter leben mussten.
Ein weiterer Aspekt des modernen Fußballs in England entstand durch die Veränderung der Abseitsregel; der Möglichkeit nämlich, zu kombinieren und mit taktischen Finessen den Gegner auszuspielen. Das war vorher im von „long ball“ und „dribbling game“ geprägten Fußballspiel im 1-2-7-System mit sehr restriktiver Abseitsregel nicht möglich.

Fußballregelwerke und Fußballverbände schaffen die Basis

Thomas Arnold ist in aller Munde, wenn es um die Anfänge der Fußballregeln in England geht, aber das erste Fußballspiel an einer englischen Privatschule wurde 1815 in Eton gespielt, in Thomas Arnolds Schule in Rugby ab 1823. Etwa zur gleichen Zeit wie in Rugby wurde das Spiel an der Aldenham School (Elstree) eingeführt (spätestens 1825) und in den 1830er Jahren im Londoner Stadtteil Harrow sowie in Winchester und in Shrewsbury. Die Idee von Thomas Arnold war nicht so einmalig, wie sie mitunter dargestellt wird. Waren die verschiedenen Fußballregeln teils sehr unterschiedlich (Handspiel, Anzahl der Spieler, Kampfbetontheit, Größe des Spielfeldes, Aussehen des Tores, etc.), hatten die frühen (Schüler-)Fußballmannschaften doch Gemeinsamkeiten: Die Schüler sollten auf diese Weise spielerisch Gentleman-Ideale lernen: Ehrlichkeit, Selbstdisziplin, Verantwortungsbewusstsein, Selbstorganisation; kurz gesagt: Fairplay. So hatten die Teams keinen Trainer oder Manager – die Mannschaft organisierte sich selbst, Lehrer reagierten nur auf Anrufung der Schüler.

Leider sind die Regeln aus diesen Jahren sind nicht überliefert. Die älteste, überlieferte Regel ist das Regelwerk der Universität von Cambridge von 1856, die acht Jahre nach dem ursprünglichen Regelwerk erstellt wurde. Denn an der Cambridger Universität trafen sich fußballliebende, ehemalige Privatschüler, die aus den ihnen bekannten Regelwerken ein neues generierten, die Cambridge Rules. In anderen englischen Universitäten wird ähnliches passiert sein, überliefert ist das aber nicht. Was man weiß, ist, dass zeitgleich innerhalb der Städte Sportclubs der Oberschichten entstanden, die neben Reitsport und Jagd auch an den Fußballformen (Assoziations-)Fußball und Rugby sowie Cricket Freude fanden.

Jeder Club hatte wiederum seine eigenen Regeln. Damit sich die Clubs vor Spielen gegen andere Clubs der Stadt nicht immer einigen mussten, welche Regeln befolgt wurden und welche verboten waren, entstanden Verbände (football associations) in den einzelnen Städten, so 1858 zunächst in Sheffield und 1863 in London. Diese Verbände gingen in den folgenden Jahren ineinander auf, sodass 1877 nur noch die Sheffield FA und London FA verblieben und sich in diesem Jahr zu einer nationalen FA vereinten. Dabei wurde das Regelwerk der London FA übernommen. Zwar wurden in anderen Regionen Englands noch weitere Verbände gegründet – 1875 in Birmingham, 1878 in Lancashire, 1882 in Norfolk, Oxfordshire, Essex und Sussex, 1883 in Berkshire, Buckingham, Walsall, Kent, Nottinghamshire, Middlesex, Liverpool, Cheshire, Staffordshire, Derbyshire und Scarborough -, aber diese traten kurz Zeit nach ihrer Gründung der 1877 geeinten FA bei. Bereits 1871 hatte sich die Rugby Union gegründet. Damit war die Trennung in rugger und soccer (a_socc_iation) endgültig.

Aber nicht nur die einzelnen Stadtverbände, später dann die nationale FA, sorgten für die zunehmende Begeisterung für den Fußballsport und den Zusammenhalt der Clubs, sondern auch der FA-Cup, der ab der Saison 1871/72 durch die London FA ausgetragen wurde. In der ersten Saison nahmen 13 Clubs aus diesem Verband teil, nämlich acht Clubs aus London und fünf aus der Umgebung. Außerdem wurde der Glasgower Club Queen’s Park eingeladen. Die Idee für diesen Wettbewerb hatte Charles William Alcock, der Verbandssekretär der London FA und Mittelstürmer der Wanderers FC, früher Schüler an der Privatschule in Harrow. Den Harrower Wettbewerb mit K.o.-System übernahm er für den FA Cup, dessen ersten Wettbewerb er mit seiner Mannschaft (vorwiegend ehemalige Schüler aus Harrow) auch gewann. Alcocks Ziel mit der Einführung dieses Pokalwettbewerbs war, inoffiziell gezahlte Spielergehälter zu unterbinden, indem für den Sieger ein hoch dotierter Pokal in Aussicht gestellt wurde. Alcock dachte – als Gentleman -, dass der Anreiz des Pokalgewinns das Ehrgefühl der Spieler anspricht und diese sich deswegen fair, also unter gleichen, unbezahlten Umständen, messen würden. Doch dieser Versuch scheiterte nicht nur, er wandte sich in das Gegenteil um, da der Reiz des Wettbewerbs die Ideale des Amateurfußballs umging. Die Teilnahme am (London) FA Cup wurde in den kommenden Jahren beliebter, die Rivalität nahm zu, genau wie der Ehrgeiz, die Spannung und der Wetteifer und damit die Anwerbung von sehr guten Fußballspielern, um den Lokalrivalen im kommenden Spiel besiegen zu können. Außerdem lockten die Spiele durchgehend eine drei- bis vierstellige Anzahl an Zuschauern an, so auch viele Arbeiter, die auf diesem Wege leicht mit unbekannten, gleichgesinnten Menschen in Kontakt kamen – und die Kassen der Clubbesitzer füllten.

Der entlohnte Fußball in England

1850 wurde eine Erweiterung der Factory Acts, der Compromise Act, verabschiedet, der unter anderem den Feierabend um 14 Uhr an Samstagen einführte. So hatten auch Fabrikarbeiter/innen Freizeit. Fußball war eine Sportart, die verhältnismäßig wenig Geld kostete und manche Fabrikinhaber unterstützten die sportliche Freizeitgestaltung ihrer Arbeiter (fußballspielende Spielerinnen sind mir aus dieser Zeit nicht bekannt), stellten die Ausrüstung und bezahlten auch manchmal die Reisen zu Auswärtsspielen. Eine Win-Win-Situation, denn so waren die Inhaber sicher, dass ihre Arbeiter ihre Freizeit nicht bei übermäßigem Alkoholgenuss faulenzend verbrachten und die fußballbegeisterten Arbeiter hatten eine Alternative – auch für Bergarbeiter und ihre physisch und psychisch anstrengende Arbeit unter Tage. Es gab auch viele damalige Werksvereine, von denen manche heute noch existieren, beispielsweise die Munitionsfabrik Dial Square (Arsenal FC), die Thames Iron Works (West Ham) oder die Newton Heath LYR Company (Manchester United).

Auch Pubbesitzer trugen zur Kommerzialisierung des Fußballs bei. Sie nutzten das Interesse ihrer Besucher an Wettspielen und den Ergebnissen des lokalen Clubs. Daher boten sie einen Resultatservice für diejenigen an, die die jeweiligen Spiele nicht besuchen konnten. Via Telegrafen wurden die Ergebnisse durchgegeben und per Zettel an die Wand geheftet. Das Veröffentlichen der Ergebnisse weckte auch die Neugier von bisher nicht an Fußball interessierten Pubbesuchern und steigerte so nochmals das Interesse an der Sportart.

Anders als den Menschen aus der Oberschicht diente Fußball den Arbeitern nicht als gesunder Lebensstil und um Fairplay zu lernen, denn aus ihnen konnten keine Gentlemen werden. Er diente ihnen zur Geselligkeit und als Herausforderung. So veränderte sich die soziale Basis des Fußballsports – von den aus Ober- und Mittelschichten stammenden ehemaligen Privatschülern hin zu Arbeitern, von einem reinen Spiel hin zu einer entlohnten Tätigkeit. Abgesehen vom gesunden Lebensstil wollten viele ihren Einsatz während ihrer schon spärlichen Freizeit nämlich entlohnt haben. Und Clubbesitzer, häufig mit Blick auf das Steigern des eigenen Ansehens, entgolten gute Fußballspieler auch. Das steigerte bei vielen Aktiven die Ambitionen. Dieser wurde zusätzlich durch die Aussicht geschürt, dass man im Fall des Sieges zum lokalen Helden avancierte – eine soziale Anerkennung, die den Arbeitern sonst nicht zuteil werden konnte. Die sprichwörtliche englische Härte war Spiegelbild der sozialen Herkunft der Fußballspieler aus der Arbeiterschicht.

Zwar war eine finanzielle Entlohnung der Fußballer offiziell verboten, aber Clubs umgingen diese Regelung und boten entweder eine Bezahlung in Naturalien und Mobilien an oder eine anspruchslose Tätigkeit bei gleichem Lohn in der Fabrik oder zahlten auch Lohn pro Spiel. Bereits seit den 1850er Jahren gibt es in England den Begriff professional, also kurz nach dem Compromise Act. Den Begriff „amateur“ gibt es in England aber erst seit den 1880er Jahren; er wurde von Gentlemen benutzt, um sich von dem bezahlten Fußballsport, dem von ihnen so genannt „shamateurism“, abzuheben. Bei manchen Gentlemen existierte eine regelrechte Endzeitstimmung durch die “americanisation”, die angeblich zu Verdummung und Verrohung der Großstadtmenschen führte. Oder man stigmatisierte den bezahlten Fußball als Krebs, der den Sport von innen zerstöre. Die Gentlemen in den FAs versuchten, die unter der Hand erfolgten Entlohnungen durch Disqualifikationen und Sperren der Spieler und Clubs zu stigmatisieren. Aber alles Moralisieren hielt nicht den Lauf der Dinge auf.

Die Grenze zwischen Pro-Profifußball und Pro-Amateurfußball war keine Grenze zwischen dem Süden (Amateure) und dem Norden (Profis), wie es bei Lowerson und Koller zu lesen ist. Es war auch keine Grenze zwischen den Reicheren (Ober- und Mittelschichten) und der Arbeiterschicht. Die Trennung ging durch die Mittelschicht und damit auch durch Vereinsgremien und Fußballspieler; nämlich zwischen jenen aus der Mittelschicht, die sich den Gentleman-Idealen verpflichteten, und denen, die in die Einnahmequellen des entstehenden Massensportes investierten, zum Beispiel als Buchmacher, Bau- und Transportunternehmer, Getränkehersteller oder Manager der Sportartikelindustrie. Tendenziell stimmt aber die Trennung in Nord und Süd schon, wenn auch nicht so rigide. Denn in dem im Nordosten Englands liegenden Lancashire war das mehr oder minder verdeckte Zahlen von Löhnen weit verbreitet. Dabei waren es nicht nur englische Arbeiter, die für ihr Fußballspiel entlohnt wurden, sondern vor allem schottische Fußballspieler, die bewusst ihre Heimat verließen, um in England bezahlte Fußballer zu werden, wissentlich, dass in England der Profifußball verboten war (in Schottland wurde der Profifußball später als in England erlaubt). Sie fanden aber auch schnell Anstellung, da ihre spielerische Finesse bekannt war. So kam es, dass immer mehr schottische Fußballspieler zufällig (wer’s glaubt…) in England bleiben mussten, weil sie den Zug nach Hause verpasst hatten… Charles Edward Sutcliffe, J. A. Brierley und F. Howarth, die zum 50jährigen Jubiläum der Football League mit “The Story of the Football League 1888-1938” einen Rückblick veröffentlichten, fassten diese Phase in ihrer Einleitung wie folgt zusammen:

„The first real development follows the appearance in Lancashire – often under mysterious circumstances – of Scottish players who had strayed over the Border or been surreptitiously spirited across, and by others who had conveniently ‚missed the train back‘ home after coming down with Scottish clubs to visit English clubs. The precise reasons which gave rise to this invasion do not matter a great deal to-day. What it is important to remember is that these were the days of amateurism, and that the influx of so many Scotsmen under suspicious circumstances led to a crisis which had far-reaching consequences.“

Diese weitreichende Konsequenz hieß Football League. Denn nachdem Preston North End 1884 aus dem FA Cup ausgeschlossen wurde, weil ihre Entlohnung und Anwerbung von Spielern öffentlich wurde, protestierten 40 Clubs wie Lancashire, Aston Villa, Walsall Swifts und Sunderland und kündigten an, aus der mittlerweile nationalen FA auszutreten und eine British Football Association zu gründen, in der das professionelle Fußballspiel erlaubt war.

Zuvor erkannte Verbandssekretär Alcock, dass die Entwicklung zum Profifußball nicht mehr aufzuhalten war und versuchte, ihn durch Legalisierung zu kontrollieren. Im Juli 1885 wurde der professionelle Fußball erlaubt, wenn auch zunächst mit einer Gehaltsobergrenze und weiteren Bedingungen: Die Spieler mussten bei der FA registriert sein, in einem Radius von sechs Meilen von Spielort entweder geboren worden sein oder dort seit mindestens zwei Jahre leben und durften während einer Saison nicht bei mehr als einem Verein spielen – außer durch eine Sondergenehmigung der FA. Ihren Meinungswandel begründete die FA, in dem sie die Fußerballerlöhne als irrelevante Vergütung (“irrelevant consideration”) bezeichnete, d.h. Fußballwettspiele quasi aus der Realität ausklammerten. Wettspiele seien Teil einer durch die Regeln der Unerheblichkeit (“rules of irrelevance”) abgeschirmten Spielsphäre und daher könnte Amateurfußball neben Profifußball existieren. Viele Gentlemen aber wandten sich mit der Legalisierung des Profifußballs von dieser Sportart ab.

1888 folgte dann die Gründung der englischen Profiliga, der Football League (FL), die zunächst aus vorwiegend nordenglischen Clubs bestand. Die FL war von Beginn an eine Erfolgsgeschichte. Die erste Saison mit 22 Spielen besuchten insgesamt rund 602.000 Zuschauer (ca. 2488 Zuschauer pro Spiel), zehn Jahre später waren es schon über fünf Millionen (ca. 8651 Zuschauer pro Spiel). 1892 wurde die Second Division der FL gegründet, in der sich Clubs messen konnten, die nicht so erfolgreich wie die FL-Clubs waren. Das gesteigerte Interesse am Fußball lag auch an der Routine, die mit den Ligaspielen einherging, denn sie steigerte Qualität – und auch die Ausgaben für immer bessere Spieler. Zum Beispiel erwarb Middlesborough Ironopolis 1893 innerhalb von drei Tagen eine völlig neue Mannschaft, um den verhassten Konkurrenten aus Huddersfield und Preston endlich ebenbürtig zu sein. Alcocks Ziel, die Kontrolle des Profifußballs, war gescheitert.

Nicht wenige Proficlubs gingen an die Börse. Die meisten hatten nicht das Ziel, reich zu werden, sondern versuchten, mit dieser Methode den Bankrott ihres Vereines zu verhindern – nicht immer erfolgreich. Im Fall von Newton Heath LYR FC, Mitglied der Second Division der FL, die wegen 2670 Pfund (heute gut 308.000 Euro) ) Schulden Insolvenz anmelden mussten, ging es glimpflich aus. Lokale Unternehmer investierten insgesamt 2000 Pfund in den neuen Club Manchester United FC, der schnell wieder in die First Division der FL aufstieg und zu einem deren führenden Clubs wurde.

1890 setzte die FA ein Gehaltsmaximum von zehn Pfund pro Monat fest (entspricht etwa 500 heutigen Pfund), aber schon drei Jahre später wurden Starspieler in der Regel mit 50 bis 75 Pfund/Monat bezahlt. Diese waren aber in der starken Minderheit, denn das durchschnittliche Gehalt von Profifußballern belief sich in diesem Jahr auf drei Pfund/Monat im Winter (d.h. während der FL-Saison) und zwei Pfund/Monat im Sommer (außerhalb der FL-Saison). Dazu kamen Siegerboni von maximal zwei Pfund je gewonnenem Spiel. Die Gehälter waren in der Regel nicht verhandelbar und orientierten sich am Erfolg des Spielers. Nur Starspieler hatten Mitspracherecht.
Paul Brown gibt an, dass der durchschnittliche Fußballspieler bis 1890 das Vierfache eines allgemeinen Arbeiters (nicht Facharbeiter) verdiente, Ende des 1890er Jahre bereits das Zehnfache. 1900 setzte die FA gegen Protest ein Gehaltsmaximum von vier Pfund/Monat fest, das bis 1961 gültig blieb, aber schon vom ersten Jahr an durch großzügiges Schwarzgeldzahlungen und Geschenke umgangen wurde.

Ab 1893 bedurfte es für den Wechsel zu einer anderen Mannschaft der Einwilligung des aktuellen Clubs. Auf der anderen Seite konnte jeder Verein jedes Jahr seine Spieler auf die im Sommer vom League Management Committee veröffentliche Transferliste setzen, denn es gab in der Regel nur Jahresverträge. Die Spieler hatten beim Wechsel keinerlei Protestmöglichkeit, weshalb schon zeitgenössische Berichte die Praxis mit einem Viehmarkt verglichen. Auch die FA kritisierte das System deutlich als unfair, aber nicht wegen der Bevormundung der Clubs, sondern weil sich eingebürgert hatte, dass kleinere Clubs junge Spieler entdeckten und sie dann an vermögendere Vereine für möglichst viel Geld verkauften. Was heute als wirtschaftlich kluge Transferpolitik bezeichnet wird, war für die FA damals offenbar Wettbewerbsverzerrung.
Das Transfersystem veranlasste einige führende FL-Spieler zur Gründung der Association Footballs‘ Union (AFU), einer Fußballergewerkschaft, die jedoch keinen Einfluss nehmen konnte und sehr schnell nicht mehr existierte. 1907 konstituierte sich dann in Manchester die bis heute existierende Professional Footballer’s Association (PFA), die vor allem aus Spielern von Manchester United bestand und die die Beseitigung von Gehaltsobergrenzen und die freie Wahl des Arbeitsplatzes forderte.

Der teuerste Wechsel im englischen Profifußball vor dem ersten Weltkrieg waren übrigens die Transfers von Alf Common 1905 von Sunderland zu Middlesbrough für 1000 Pfund, die nach Paul Brown etwa 110.000 heutige Pfund entsprechen.

Unterstützende Gründe für den Aufstieg des Fußballs zum Massenphänomen

Was unterstützte die steigende Beliebtheit von Fußball in England sonst noch? Die meisten von ihnen wurden schon genannt. Zum einen die Pubs, aber es war auch das Eisenbahnnetz, der Journalismus und die Fotografie. Letztere ermöglichte, all denen einen Eindruck vom Spiel zu vermitteln, die es nicht besuchen konnten und diente außerdem dazu, Berichte in den allgemeinen und speziellen Sportzeitungen zu illustrieren. Sportzeitungen entstanden als Weiterentwicklung des Resultatservice in Pubs. Die Journalisten unterstützten dabei häufig das Amateurideal, um die Berufsethik aufzuwerten. Die Presse wurde in den oberen Schichten mit Indiskretion und Korruption in Verbindung gebracht. Die (Sport-)Journalisten versuchten so, sich öffentlichkeitswirksam als Gentlemen zu präsentieren, wenngleich sie nie den sozialen Status eines solchen erlangen konnten. Und die Eisenbahn erweiterte den Einzugsbereich für die Zuschauer von Sportveranstaltungen und verhalf so auch zu einer Steigerung des Zuschaueraufkommens. Bereits vor der Legalisierung des Profifußballs waren Sonderzüge zu Spielen außerhalb der eigenen Stadt üblich. Mit der Legalisierung des Profifußballs wurden sie dringend erforderlich. Auch das Straßenbahnnetz innerhalb der Städte wurde verbessert, um die Erreichbarkeit der Stadien für die Zuschauerströme zu erleichtern und zu beschleunigen.

Die Wiege der Taktik – Das Kombinationsspiel

Bis in die 1870er Jahre war die übliche Spielweise ein Mix aus „long ball“ und „dribbling game“, also aus dem ziellosen, weiten Vollspannstoß nach vorne (in Kontinentaleuropa „Kick and Rush“ genannt) und dem individuellen Spiel unter Mitführen des Balles. Das frühe Fußballspiel war also ein schnelles Spiel, bei dem das individuelle spielerische Können ausschlaggebend war – und es zu vielen Kontern kam, wenn der Schuss nach vorne oder das Dribbling von den Gegenspielern unterbunden wurden.
‚Ein schnelles Spiel durch die long-ball-Variante?‘, mag sich mancher von euch fragen. ‚In der Zeit ist doch auch ein schnelles Kurzpassspiel möglich und meistens auch erfolgreicher als der weite Ball nach vorne.‘ Und genau da ist auch der Knackpunkt: Nur wenige Mannschaften spielten ein Kurzpassspiel und wurden dafür bewundert, die „science of the football“ zu beherrschen.

Im Rugbyfußball war „scientific football“ schon seit den 1850er Jahren ein Buzzword; im Assoziationsfußball dauerte es ein gutes Jahrzehnt länger. Dass das „combination game“ im Assoziationsfußball Ende der 1860er Jahre aufkam, war kein Zufall, da 1866 (London FA) bzw. 1858 (Sheffield FA) die Abseitsregelung gelockert wurde. War vorher jeder im Abseits, der zwischen Ball und gegnerischem Tor stand, wurde nun die 3-Mann-Regel (London) bzw. 2-Mann-Regel (Sheffield) eingeführt. Nun brauchte man nicht mehr den Ball nur nach vorne zu treiben, sondern konnte eine Position auf dem Spielfeld einnehmen.

Der Begriff „combination game“ wurde erstmal von dem hier schon häufig genannten Charles William Alcock 1874 benutzt: „Nothing succeeds better that what I may call a ‚combination game‘“, äußerte er beim Anblick eines Spiel der Fußballmannschaft der Royal Engineers. Viele Sportberichte übernahmen aber zunächst nicht diesen Begriff, sondern versuchten, mit eigenen Worten die Spielweise der Royal Engineers, Shropshire Wanderer, Cambridge University AFC, Derby School, von Nottingham Forest, des Trent Colleges, von Queen’s Park und Mannschaften aus der Sheffield FA zu erklären. Dabei glich sich das combination game der verschiedenen Mannschaften nicht ganz. Der Sheffield style wurde als „passing on“ (direkte Weitergabe des Fußballs) bezeichnet, der Spielstil der Royal Engineers als „backing“ (Angriffsspiel mit Absicherung gegen Konter) und der Queen’s Park-Style als „Scottish style“ bzw. „Scotch style“. Aber alle Spielstile hatten das neuartige Passspiel zwischen mehreren Spielern gemein – Kurzpassspiel statt long ball und individuelles Ballmitführen.

In der zeitgenössischen Spielberichterstattung umschrieb man diese Spielweise in Sheffield und die der Royal Engineers als schnelle („quick piece of play“,„scientific movements“, „scientific play“) und kluge („attracted especial[!] attention by their clever play“, “tactical passing”) Spielweise mit akkuratem Zuspiel („remarkeably neat“, “turned the ball”) und Zusammenspiel (“these three play in concert”, „played beautiful together”, “worked well together”), mit Absicherung (“backed up each other”, “has learned the secrets of football success – backing up”) und wenigen Dribblings (“very little dribbling was displayed”).

Die Spielstile dieser Mannschaften waren aber noch wesentlich statischer als das heutige Kombinationsspiel, denn es beinhaltete kein systematisches, einer bestimmten Taktik folgendes Spiel. Auch blieb das Spielsystem beim 1-2-7.

Das Kombinationsspiel entwickelte zunächst Queen’s Park noch in den 1870er Jahren und ein paar Jahre später entwickelte Cambridge University AFC die schottische Spielart zum heute üblichen Kombinationsspiel weiter, in dem jeder Spieler einem Bereich auf dem Spielfeld zugeteilt ist und nach vorgegebenen Schemata mit seinen Mitspielern spielt. So entwickelten sich auch neue Spielsysteme. Queen’s Park spielte in einem 2-2-6- oder 2-2-3-3-System, Cambridge im 2-3-5-System.

Der Scottish style wurde als “most creditable” und immer wieder als “fine style” bezeichnet. Ihn kennzeichnete ein gutes Zusammenspiel (“worked well together”, “worked […] well together through knowing each other’s play”, “played excellently well together”, “working beautifully to each other’s feet”, “adepts in passing the ball”, “development of scientific passing and cohesion between halfbacks and the forwards as a counter to the traditional dribbling and individuality”) und die Fähigkeit, ein Fußballspiel aufzubauen und zu machen (“drove their opponents before them”, “profound influence in fashioning the technique of the game”). Das Cambridger Spielsystem wurde 1891 so beschrieben: “[It] illustrate[s] the full possibilities of a systematic combination giving full scope to the defense as well as the attack”.

Das kombinationsreichere Spiel von Queen’s Park wurde durch die im Vereinsregelwerk („Rules of the field“, 1867) festgeschriebene 2-Mann-Abseitsregel ermöglicht, die zudem nur 15 yards (= 13,716 Meter) vor dem gegnerischen Tor galt. Außerdem trainierte Queen’s Park das Zuspiel in Gruppen auf Kleinfeldern. Das war völlig neu – wenn es überhaupt Training gab, dann war es reines Ausdauertraining. Der Queen’s Park-Style wurde durch Spiele der Mannschaften gegen andere schottische Vereine bekannt und von diesen imitiert. So wurde aus dem Queen’s Park-Style der „Scottish style“. Beim ersten Aufeinandertreffen der englischen Fußballerauswahl auf die der Schotten im Jahr 1872 konnte das englische Team trotz seiner schnellen und dribblingstarken Spieler dem verzahnten Spiel der Schotten nur wenig entgegensetzen. Spielerisch stand dem damals üblichen 1-2-7 der Engländer die schottische Auswahl im 2-2-6-System gegenüber, was das schottische Spiel zusätzlich agiler machte.

England konnte zwischen 1872 und 1885 nur drei der alljährlichen Spiele zwischen England und Schottland gewinnen. Als England 1882 5:1 gegen den nördlichen Nachbarn verlor, änderte sich auch in England endgültig die Spielart von Fußball. Im Norden Englands hatte sich der „Scottish style“ bereits einen Namen gemacht. Wie schon im Abschnitt zur beginnenden Professionalisierung beschrieben, kamen einige schottische Fußballspieler auf „missionary visits“ nach England, blieben dort und wurden später auch von den nordenglischen Vereinen direkt angeworben. „Scottish professors“ wurden sie genannt, weil sie die „science of the game“ kannten und den englischen Vereinen lehren konnten. Nun begannen immer mehr englische Mannschaften, auf das „combination game“ umzustellen und das Passspiel zu trainieren.

Der englische Fußball revolutionierte sich also konzentriert in den 1880er Jahren durch die Legalisierung des Profifußballs nebst all seinen flankierenden Entwicklungen und durch die Übernahme des als „Scottish style“ bekannten Kombinationsfußballs. Für mich sind diese beiden Umbrüche so tiefgreifend, dass sie aus meiner Sicht die Wendepunkte zum modernen Fußball darstellen. Was in der Folgezeit passierte, waren nur die Konsequenzen aus diesen Ereignissen. Seht Ihr es ähnlich?

Nächsten Monat wird der Fußball in Deutschland unter der gleichen Fragestellung beleuchtet.

Auswahl an Literatur
Mason, Tony: Großbritannien. In: Christiane Eisenberg (Hg.): Fußball, soccer, calcio. Ein englischer Sport auf seinem Weg um die Welt. München 1997. S. 22-40.

Eisenberg, Christiane: „English Sports“ und deutsche Bürger. Eine Gesellschaftsgeschichte 1800-1939. Paderborn 1999.

Brändle, Fabian/Koller, Christian: Goal! Kultur- und Sozialgeschichte des modernen Fußballs. Zürich 2002.

Lowerson, John: Sport and the English middle classes, 1870-1914 (= International studies in the history of sport). Manchester/New York 1993.

Birley, Derek: Land of sport and glory: sport and British society, 1887-1910 (= International studies in the history of sport). Manchester/New York 1995.

Renson, Roland: Fair Play. Its origins and meanings in Sport and society. In: Kinesiology 41 (2009). S. 5-15.

Harvey, Adrian: Football. The First Hundred Years. London 2005.

Wall, Frederick: 50 years of Football 1884-1934. London 2006.

Jonathon, Wilson: Inverting the pyramid. A History of Football Tactics. London 2008.

Sanders, Richard: The Strange Birth of British Football. London 2009.

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Beitragsbild: By Thomas M. Hemy (1852-1937) (Scanné de FIFA 1904-2004) [Public domain], via Wikimedia Commons

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