Kategorie: Blog

Frank Willmann – Mein Fußballmedienmenu VII

medienmenü
Es gibt wohl nur wenige Autoren, die über den Fußball so offen und ehrlich schreiben wie Frank Willmann in seiner Kolumne im Tagesspiegel. Er ist Mitglied der Autorennationalmannschaft und Autor mehrerer Bücher zur Fußballkultur, zuletzt Kassiber aus der Gummizelle, erschienen im Werkstatt-Verlag und hier besprochen.

Welche Fußballmagazine/Zeitschriften liest Du regelmäßig?

Zeitspiel – Magazin für Fußballkultur, 11Freunde, Ballesterer, Transparent.

Für welchen Text, den Du in den vergangenen Wochen gelesen hast, kannst Du eine uneingeschränkte Leseempfehlung aussprechen?

Es gibt unheimlich viele gute Texte, auch und gerade im Netz, da möchte ich keinen besonders hervorheben.

Wo und wie stößt Du auf lesenswerte Texte?

Magazine, Netz, Tipps von Freunden und Kollegen.

Wie liest Du – am Tablet/Smartphone, am großen Bildschirm oder bist Du ein Internetausdrucker und Printliebhaber?

Beides.

Welches Fußballbuch kannst Du besonders empfehlen?

Tim Parks. Eine Saison mit Verona
Alles von Ror Wolf.

Welche Fußball-Podcasts verfolgst Du regelmäßig?

Schaust Du noch die Sportschau, um Dich über den Spieltag zu informieren?

Selten.

Welche Website, welchen Podcast, welches Magazin kannst Du abseits des Fußballs empfehlen?

Ich hole meine Infos aus vielen Ecken des Universums.


In der Kategorie “Mein Fußball-Medien-Menü” fragen wir Fußballer und Fußballbegeisterte, Sportjournalisten und -autoren nach ihren persönlichen Lese-, Seh- und Hörgewohnheiten zum Thema Fußball. Die Idee dazu entstand unübersehbar in Anlehnung an Christoph Kochs Medien-Menü, das inzwischen bei den Krautreportern zu finden ist.


Weiterlesen – unsere aktuellen Longreads:

Es war uns nicht einerlei

Liebe Leser*innen, im Dezember haben wir Euch an dieser Stelle darüber informiert, dass wir mit unserem Projekt sprichwörtlich in Klausur gehen. Am Wochenende haben wir uns in Wiesbaden zur Tagung… Weiterlesen

13 comments

Württembergische Revolution

Im Jahr 1984 warfen die Amateure des SC Geislingen den großen Hamburger SV aus dem DFB-Pokal. 35 Jahre später gewann Deutschland das WM-Halbfinale gegen Brasilien mit 7:1. Was hat das… Weiterlesen

0 Kommentare

Die 60 wichtigsten Episoden der deutschen Fußballgeschichte, Teil 6

Fußball wird seit etwa 150 Jahren in Deutschland gespielt, das heißt, in den Grenzen des damaligen Kaiserreiches. Zunächst waren es vor allem englische Händler, Studierende und Touristen, die das ihnen… Weiterlesen

0 Kommentare

Teaserbild: B O O K by RkRao via flickr – CC BY 2.0

Buchbesprechung: Jens Berger – Der Kick des Geldes

Den meisten dürfte Jens Berger als Spiegelfechter, einem der wichtigsten Politblogs in Deutschland sowie als Redakteur der Nackdenkseiten bekannt sein. Was kann man von einem Politblogger zum Thema Fußball erwarten? Schwülstige Phrasendrescherei? Oder eine nüchterne Analyse? Sein Buch ‘Der Kick des Geldes’ ist eher ein sachlicher Blick von außen auf den Fußball von jemandem, der selber Fußballfan ist. Dass Jens Berger nicht zu den ‘traditionellen’ Fußballautoren gehört, wird deutlich. Zuallererst ist da mal die Sprache. Denn nur allzu oft bedienen sich Fußballautoren abgedroschenen Phrasen und Sprachbildern, was nicht unbedingt von Aufgeschlossenheit zeugt. Eben jener Blick von außen auf den Fußball äußert sich in der Herangehensweise, mit der ein Politblogger sich einem solchen Thema nähert. Man kann es so sagen: Jens Berger hat den Fußball im Blick, beschäftigt sich aber ausschließlich mit Dingen, die außerhalb den Fußball beeinflussen: TV-Gelder, Merchandising und die Degradierung des gemeinen Fans zum Kunden und Konsumenten. Alles bekannte Themen. Jedoch beim Thema Geld hört bekanntlich die Freundschaft auf. Ob dem so ist, bleibt fraglich, zu groß ist schlicht und ergreifend die Anziehungskraft dieses schönen Spiels, um nicht einfach links liegengelassen zu werden. Der Fußball wird mit volkswirtschaftlichen Methoden betrachtet und Entwicklungen kommentiert. Dadurch wird deutlich, wie sehr Fußball, die Mega Money Machine, inzwischen zu Lasten der Allgemeinheit geht.

Im Zeichen der 11

Jedes der neun Kapitel steht im Zeichen der 11: Berger beginnt mit der Frage ‘11 Freunde sollt Ihr sein?’ und titelt Kapitel 9 mit eben jenem Satz gefolgt von einem Ausrufezeichen. Dazwischen wird die gesamte Bandbreite an Themen bearbeitet, die der Fußball im 20. und 21. Jahrhundert hergibt: Big Business Fußball, die explodierenden Gehälter, der Wahn um Ausrüsterverträge, TV-Gelder, es wird auch gefragt, wem die Bundesliga gehört, wie der Fußball vom Otto-Normalverbraucher profitiert und Korruption. In Kapitel neun leitet er uns an, wie ‘wir uns den Fußball zurückholen’. Auf knapp 250 Seiten wird somit alles abgedeckt, was den Fußball in unserem Zeitalter bestimmt, bewegt und bedrückt. Und das sind in erster Linie eine ganze Menge Geld und ein paar sehr einflussreiche Leute, wie wir alle wissen. Berger geht es weniger um das Spiel an sich, als um das Schindluder, welches um den und mit dem Fußball getrieben wird.

Vor einigen Jahren schrieb der zu früh verstorbene Frank Schirrmacher von der Lüge der Systemrelevanz der Banken. Berger argumentiert ähnlich. Fußballvolk ist auch Wahlvolk und Politiker brauchen Rückhalt und da fallen einige 10000 Stimmen aus dem Stadion schon mal ins Gewicht. Genau deshalb öffnen Stadtkämmerer schon mal schneller die Schatulle, um Stadien zu finanzieren oder Bürgschaften für eben jene Projekte auszugeben. Wäre das nicht der Fall, die Bundesliga würde größtenteils in maroden Stadien stattfinden. Fußballclubs sind zu groß und zu wichtig, um Pleite zu gehen. Denn würde sich der gemeine Fan nicht am Spiel berauschen, er hätte wenig Freude im Leben? Ein Präzedenzfall könnte der Streit um die Kosten des Polizeieinsatzes zwischen der Stadt Bremen und der DFL werden. Bremen hat die Rechnung an die DFL geschickt, da diese als Veranstalter der Bundesliga auch die Kosten für sogenannten Risikospiele tragen sollte. Die Replik der DFL war eine Einbehaltung der TV-Gelder für den SV Werder: ein Druckmittel, um die Stadtoberen an den Pranger der Fans stellen sollte. Beide Seiten weichen nicht zurück und sind bis vor das Bundesverfassungsgericht gegangen.

Beim Kauf des nächsten Paars Fußballschuhe mahnt uns Berger, der Näherinnen zu gedenken, die mit weniger als 1 Euro am wenigsten am Schuh verdienen, dafür aber am meisten arbeiten, oft unter fragwürdigen Bedingungen. Der Wutbürger ist schnell zu mobilisieren für mitunter lächerliche Anliegen. Ein Aufschrei oder Boykott sind hier nicht in Sicht.

Der Deutsche spielt gern Oberlehrer und weiß alles besser. Bestes Beispiel: die Fußballclubs. Gern wird sie Mär kolportiert, dass es nur in England und anderswo reiche Clubbesitzer gibt, für die ein Club ein Spielzeug ist. Dem ist in der Bundesliga nicht so. Hier ist alles fest in einer Hand. Der Autohersteller VW hat seine Finger bei einigen Clubs im Spiel: Bayern, Wolfsburg, Ingolstadt. Das stellt einen gehörigen Interessenskonflikt dar. Daneben ist die BL eine VW-Liga: 16 Erst- und Zweitligisten werden von VW oder Tochter- und/oder Zulieferunternehmen gesponsert. Somit haben wir eine VEB Bundesliga, denn wem gehört VW? Dem Land Niedersachsen. Nur, vor der eigenen Haustüre zu kehren, ist schwieriger als mit dem Finger auf andere zu zeigen. Das gilt genauso für die sogenannten spanischen Verhältnisse, vor denen immer wieder gewarnt wird. Dass die Bundesliga längst von den Bayern dominiert wird, wird dabei gern übersehen.

Im letzten Kapitel wagt Jens Berger einen Ausblick und beginnt ausgerechnet in England, wo doch alles schlecht ist, angeblich, im Fußball. Denn dort hat sich ungeachtet der großen Medienhäuser in den letzten Jahren eine sehr selbstbewusste Fankultur entwickelt, die sich in die Geschicke ihrer Clubs einmischt. Das sind eher kleinere Vereine, aber es geht um die Mitbestimmung, etwas, was hier in Deutschland mehr und mehr an den Rand gedrängt wird. Das beste Beispiel ist wohl der FC United of Manchester, der vor 10 Jahren von Fans von Manchester United gegründet und seitdem für Furore sorgt. Um die Gentrifizierung des Spiels aufzuhalten, sollten Vereine preiswerte Stehplatzkarten anbieten, die es jedem ermöglichen ins Stadion zu gehen. Nur so kann der Fußball seine einzigartige Kultur bewahren und bleibt als Kulturgut auch erhalten. Dazu gehören auch die Medien, die dafür sorgen, dass die Marketingmaschine Fußball reibungslos läuft, die aber dabei ihre journalistische Pflicht gern mal vergessen. Es bleibt also viel zu tun, damit der Fußball nicht vollends zu einer beliebig feil gebotenen Ware verkommt.

Bleibt Bergers Fazit: Bundesliga, Champions League ist ja alles schön und gut aber der “echte” Fußball wird ohnehin auf den Bolz- und Dorfplätzen der Republik gespielt und gelebt.

Kleinere Kritikpunkte gibt es auch: es heisst NICHT Chelsea London oder Arsenal London, sondern schlicht Chelsea und Arsenal. Chelsea spielt im Stadion Stamford Bridge, nicht an der Stamford Bridge, denn die gibt es nicht. Auch mit den Daten haut es nicht so hin, denn Berger meint doch glatt, dass der BVB 1994 den UEFA-Pokal gewonnen hat. Dem ist nicht so, denn die Schwarzgelben waren ein Jahr davor im Finale, hatten aber gegen Juventus keine Chance und gingen 6-1 geschlagen vom Platz. Auch war der FC Barcelona nicht im Finale der Champions League 2010, das waren der FC Bayern und Inter. Das sind sicher kleinere Punkte, die nur denjenigen ins Auge fallen, die Fußball wohl detaillierter kennen. Obschon die Themen, an denen sich Berger abarbeitet, jeden Einzelnen von uns Fußballfans aber auch alle anderen anspricht.

Autor: Christoph Wagner

Jens Berger: Der Kick des Geldes oder Wie unser Fussball verkauft wird. Frankfurt/Main: Westend Verlag, 2015

Jens Berger ist Herausgeber des Blogs Der Spiegelfechter und zudem Redakteur bei den Nachdenkseiten.

Weiterlesen – unsere aktuellen Longreads:

Es war uns nicht einerlei

Liebe Leser*innen, im Dezember haben wir Euch an dieser Stelle darüber informiert, dass wir mit unserem Projekt sprichwörtlich in Klausur gehen. Am Wochenende haben wir uns in Wiesbaden zur Tagung… Weiterlesen

13 comments

Württembergische Revolution

Im Jahr 1984 warfen die Amateure des SC Geislingen den großen Hamburger SV aus dem DFB-Pokal. 35 Jahre später gewann Deutschland das WM-Halbfinale gegen Brasilien mit 7:1. Was hat das… Weiterlesen

0 Kommentare

Die 60 wichtigsten Episoden der deutschen Fußballgeschichte, Teil 6

Fußball wird seit etwa 150 Jahren in Deutschland gespielt, das heißt, in den Grenzen des damaligen Kaiserreiches. Zunächst waren es vor allem englische Händler, Studierende und Touristen, die das ihnen… Weiterlesen

0 Kommentare

Tobias Escher – Mein Fußball-Medien-Menu VI

medienmenü_Tobias_Escher

Wer sich für Fußball und Taktik interessiert, dazu noch auf Twitter aktiv ist und möglicherweise gerade die Saisonvorschau-Folge des hervorragenden Rasenfunk-Podcasts gehört hat, der kennt auch Tobias Escher. Als einer der Köpfe hinter Spielverlagerung.de analysiert er aus taktischer Sicht vor allem die Bundesliga und die Auftritte der Nationalmannschaft; darüber hinaus versorgt er als freier Journalist unter anderem auch die 11Freunde mit seinen Analysen. Seitdem ein Teil des 120minuten-Redaktionsteams seinem Vortrag über “Taktik für Einsteiger” auf dem Hamburger #Fubacamp beiwohnte, besteht auch für  uns die Welt immer häufiger aus Dreiecken.

Tobias Escher

TOBIAS ESCHER

Welche Fußballmagazine/Zeitschriften liest Du regelmäßig?

Meine Tante, die auch als Journalistin arbeitet, fragte mich vor einiger Zeit, welche Print-Magazine ich lese. Sie selbst hat zig Zeitungen und Zeitschriften im Abonnement. Dementsprechend schockiert war sie, als ich gestand: Ich lese praktisch kein Print mehr. Den kicker habe ich noch immer abonniert. Wirklich lesen tue ich aber nur die Donnerstagsausgabe, um mich fit zu machen für das Bundesliga-Wochenende – Aufstellungen, Verletzungen, Konfliktlinien, so ein Zeug. Ansonsten kaufe ich mir die 11Freunde am Kiosk. Das war’s aber auch schon.

Neunzehntel meiner Leseaktivitäten habe ich an den PC verlagert. Als digitales Magazin lese ich regelmäßig den Blizzard. Statistiken klaube ich mir bei WhoScored zusammen. Fußballblogs, die ich nahezu täglich abarbeite, sind Spielverlagerung (man muss ja wissen, was die Kollegen schreiben), Miasanrot, Zonal Marking und Bundesliga Fanatic. Das sind die einzigen fußballbezogenen Webadressen, die ich tatsächlich in die Adresszeile meines Browsers eingebe. Texte in „klassischen Medien“ entdecke ich fast ausschließlich, indem ich auf Links klicke, sei es auf Twitter, Facebook oder bei Fokus Fussball.

Für welchen Text, den Du in den vergangenen Wochen gelesen hast, kannst Du eine uneingeschränkte Leseempfehlung aussprechen?

Meine Frau behauptet, „Aber“ sei mein Lieblingswort. Aber das stimmt natürlich gar nicht. Ernsthaft: Ich tue mich mit dem Wort „uneingeschränkt“ schwer. Es gibt praktisch keine Texte, an denen ich nichts zu mäkeln habe – und sei es nur, dass mir aus Sicht eines Korrekturlesers Grammatikfehler auffallen. Dem Ideal nahe kam zuletzt ein Interview mit Roger Schmidt, das Christoph Biermann für die 11Freunde geführt hat. Das war einer jener Artikel, bei dem ich mir selbst gedacht habe: „Den hätte ich selber gerne gemacht.“

Wo und wie stößt Du auf lesenswerte Texte?

News greife ich praktisch nur noch über Twitter auf. Ich käme nie auf die Idee, kicker.de oder Sport1.de für Nachrichten anzusurfen. Auch längere Texte entdecke ich oft bei Twitter. Manchmal werden mir auch Leseempfehlungen zugeschickt, bspw. von meinen Spielverlagerung-Kollegen. Ansonsten ist die Link11 von Fokus Fussball eine sehr gute Anlaufstelle – und das sage ich nicht nur, weil ich selber dort arbeite.

Wie liest Du – am Tablet/Smartphone, am großen Bildschirm oder bist Du ein Internetausdrucker und Printliebhaber?

Fürs Drucken bin ich ein Jahrzehnt zu jung. Ich lese hauptsächlich am Laptop, unterwegs auch mal auf dem Tablet.

Welches Fußballbuch kannst Du besonders empfehlen?

Das beste Fußballbuch ist und bleibt die Enke-Biographie von Ronald Reng. Ich kann nicht in Worte fassen, wie sehr mich dieses Buch berührt hat. Für mich als Taktiknerd war jedoch kein Buch so wichtig wie Jonathan Wilsons ‘Revolutionen auf dem Rasen’. Das Buch hat meine Leidenschaft für Fußballtaktik erst so richtig entfacht.

Welche Fußball-Podcasts verfolgst Du regelmäßig?

Ich bin kein Radiomensch. So überhaupt nicht. Es gelingt mir einfach nicht, mich 90 Minuten hinzusetzen und konzentriert einer Stimme zu lauschen; nicht einmal, wenn ich Zug fahre oder Laufen gehe. Das Medium Podcast ist daher fast vollständig an mir vorbeigerauscht. Bei Collinas Erben und dem Rasenfunk höre ich regelmäßig rein, aber immer nur in homöopathischen Dosen. Das hat nichts mit der Qualität der Podcasts zu tun, die ist herausragend. Ich bin einfach der falsche Ansprechpartner. Daher nehmen die Jungs von Spielverlagerung auch nicht gerne mit mir Podcasts auf. Ich dränge immer darauf, dass sie sich kurz fassen sollen, weil ich mir einfach nicht vorstellen kann, dass sich irgendjemand mehr als zehn Minuten Taktikgelaber am Stück anhören mag.

Schaust Du noch die Sportschau, um Dich über den Spieltag zu informieren?

Mit einem Freund hatte ich früher ein Ritual: Einmal im Jahr sind wir ins Stadion gefahren und haben den Besuch mit viel Bier begossen, um dann abends vor der Sportschau zu versacken. Da wir mittlerweile beide am Wochenende berufstätig sind, hat sich dieses Ritual leider erledigt. Bleibt festzuhalten: In den vergangenen acht Jahren habe ich fünfmal die Sportschau gesehen, und jedes Mal war ich voll. Anders wäre das für mich auch nicht auszuhalten. Fußball dauert 90 Minuten. Da kenne ich keine Kompromisse.

Welche Website, welchen Podcast, welches Magazin kannst Du abseits des Fußballs empfehlen?

Meine klassische Morgenrunde beginnt bei Zeit Online und führt mich über The Escapist und Gamepro hin zu Filmstarts und abschließend zu Allesaussersport. Erst dann werden die Fußballblogs und Twitter abgearbeitet.

Nicht täglich, aber regelmäßig besuche ich zudem Sportsscientists.com (Sportwissenschaften), Chess24.de (Schach), das Altpapier (Medienkolumne) und Rezensionen für Millionen (Brettspiele). Neu dazugekommen ist vor einigen Wochen der Twitter-Account „The Greek Analyst“, der sich mit der Griechenlandkrise beschäftigt. Das ist der einzige Twitter-Account, den ich direkt ansurfe. Der einzige Podcast, den ich zumindest ab und an in voller Länge höre, ist Stay Forever, ein Podcast über alte Videospiele. Eine wilde Mischung, aber ich denke, man kann die Themen herausfiltern, die mir wichtig sind: Viel Sport, viel Nerdkram, ein bisschen Film und ein bisschen Politik.


In der Kategorie “Mein Fußball-Medien-Menü” fragen wir Fußballer und Fußballbegeisterte, Sportjournalisten und -autoren nach ihren persönlichen Lese-, Seh- und Hörgewohnheiten zum Thema Fußball. Die Idee dazu entstand unübersehbar in Anlehnung an Christoph Kochs Medien-Menü, das inzwischen bei den Krautreportern zu finden ist.


Weiterlesen – unsere aktuellen Longreads:

Es war uns nicht einerlei

Liebe Leser*innen, im Dezember haben wir Euch an dieser Stelle darüber informiert, dass wir mit unserem Projekt sprichwörtlich in Klausur gehen. Am Wochenende haben wir uns in Wiesbaden zur Tagung… Weiterlesen

13 comments

Württembergische Revolution

Im Jahr 1984 warfen die Amateure des SC Geislingen den großen Hamburger SV aus dem DFB-Pokal. 35 Jahre später gewann Deutschland das WM-Halbfinale gegen Brasilien mit 7:1. Was hat das… Weiterlesen

0 Kommentare

Die 60 wichtigsten Episoden der deutschen Fußballgeschichte, Teil 6

Fußball wird seit etwa 150 Jahren in Deutschland gespielt, das heißt, in den Grenzen des damaligen Kaiserreiches. Zunächst waren es vor allem englische Händler, Studierende und Touristen, die das ihnen… Weiterlesen

0 Kommentare

Teaserbild: B O O K by RkRao via flickr – CC BY 2.0

Buchbesprechung: Dominic Bliss – Erbstein

The Triumph and Tragedy of Football’s Forgotten Pioneer

Die Fußballgeschichte der Zwischenkriegszeit hat ein neues Kapitel. Ernö Erbstein war seiner Zeit weit voraus und Dominic Bliss hat dieses neue Kapitel verfasst. Dabei konnte er auf viele Zeitzeugen zurückgreifen, so zum Beispiel hatte er Zugang zum Archiv der Familie sowie den Töchtern Erbsteins, Susanna und Marta. Hinzu kommen eine Reihe von Sportjournalisten, um das Bild abzurunden.

Ernö Erbstein war ein begabter, kein herausragender Verteidiger im Ungarn des frühen 20. Jahrhunderts. Seinen Namen machte er sich durch seine kompromisslose Spielweise. Das führte sogar so weit, dass nach einer Tätlichkeit Erbsteins einmal die Polizei anrücken musste. Er erreichte ebenso viele Spaltenmillimeter in den Sportteilen der Zeitungen wie die ungarischen Nationalspieler, schreibt Bliss. Erbsteins Geschichte ist ein Abbild der europäischen Geschichte. Als Jude war er ständigen Anfeindungen ausgesetzt, was ihn nach Italien führte. Dort erhielt er als ausländischer Spieler 1928 Berufsverbot, was ihn zwangsweise Trainer werden ließ. Eine glückliche Fügung, wie sich später herausstellen sollte. Weitere 10 Jahre später erhielt Erbstein aufgrund seines jüdischen Glaubens auch als Trainer Berufsverbot.

Ganz Italien wurde 1938 anti-semitisch? Nein! Eine große Stadt im Norden verweigerte den Faschisten Gehorsam und Ernö Erbstein fand Arbeit bei AC Torino. Ein Jahr später war er dann dennoch gezwungen, Italien zu verlassen. Ein Austausch der Trainer zwischen Roda Kerkrade und Torino, eingefädelt von Torinos Präsident Novo. Leider kam es nicht dazu, denn Erbsteins Zug wurde in Deutschland gestoppt und die ganze Familie in ein Lager in Kleve gebracht. Mit Glück und Bestechung konnte Erbstein seinen Clubpräsidenten per Telefon über seine Lage informieren. Ohne zu zögern beschwerte sich dieser in diplomatischen Kreisen. Ungarn und Italien waren Verbündete des Deutschen Reiches und somit standen die Aussichten auf Erfolg günstig. Die Erbsteinfamilie konnte zurückkehren nach Budapest, wo die Situation sich seit den 20er Jahren, als Erbstein seine Heimat verließ um in Italien als Profi zu spielen bzw. dem alltäglichen Antisemitismus zu entgehen, dramatisch verschlechtert hatte.

Zurück in Budapest war an Fußball nicht zudenken; das Überleben einer vierköpfigen Familie musste organisiert werden. Er arbeitete mit seinem Bruder bis 1944 in dessen Textilunternehmen, als die deutsche Besatzung die Familie in höchste Gefahr brachte. Bliss erzählt diese Periode sehr spannend und in der Tat entwickelt sich die Geschichte wie ein Krimi, bei dem viel vom Timing abhängt. Das ist einer der starken Punkte dieser Biografie. Bliss erwähnt viele Details, verliert sich aber nicht darin und hält den Leser bei der Stange. Es kommt keine Langeweile auf.

Nach dem Krieg geht Erbstein zurück nach Turin und beginnt erneut seine Arbeit bei Torino. Er fand vieles nach seinem Gutdünken vor, denn er und sein Präsident Novo schafften es bis auf wenige Ausnahmen, von 1939 bis 1945 in Kontakt zu bleiben. So arbeite Erbstein zunächst als technischer Direktor eher im Hintergrund, bevor er 1946 auf der Trainerbank Platz nahm. Zu dieser Zeit hatte Torino bereits zwei konsekutive Scudetti gewonnen, die letzte Meisterschaft während des Krieges und die erste Nachkriegsscudetto; bis 1949 sollten noch drei weitere folgen und aus Torino “Il Grande Torino” werden.

Allein diese Geschichte ist es wert aufzuschreiben. Nimmt man das Fußballerische hinzu, bleibt festzuhalten, dass Erbstein ein Pionier und seiner Zeit voraus war. Er legte Wert auf ein gepflegtes Kurzpassspiel mit dem Mittelfeld seiner Mannschaften als Herz und Motor auf dem Platz: tiki-taka wurde also schon im Italien der 30er und 40er Jahre gespielt! Wiederholt verpflichtete er Spieler, deren Karrieren einen Knackpunkt erlitten hatten oder die politisch in Ungnade gefallen waren.

Symptomatisch hierfür waren Aldo Olivieri und Bruno Scher. Ersterem wurde nach einer Kopfverletzung davon abgeraten, jemals wieder zwischen die Pfosten zurückzukehren. Erbstein ignorierte den medizinischen Rat und kontaktierte Olivieri. Dieser hatte nur auf ein solches Angebot gewartet! Um seine Agilität zurückzugewinnen wurde “die magische Katze” zum Tanzunterricht geschickt. Als Tanzpartnerin hatte er Erbsteins Tochter Susanna. Es zahlte sich aus. Olivieri wurde 1938 Weltmeister und wird mit  Dino Zoff und Gigi Buffon in einem Atemzug genannt. Ebenso wenig scherte Erbstein sich um politische Ansichten. Bruno Scher, ein Defensivspieler, den Erbstein sehr schätzte, wurde aufgrund seiner kommunistischen Einstellung zur persona non grata. Das hinderte den Trainer nicht daran, Scher zu verpflichten. Ein anderer Bruno, Neri, kämpfte auf Seiten der Partisanen und wurde im Juni 1944 von deutschen Soldaten getötet. Das Stadion seiner Heimatstadt Faenza trägt seit 1946 seinen Namen.

Im Mai 1949 flog Torino nach Lissabon, um dort gegen Benfica zu spielen. Anlass war das Abschiedsspiel von Benficas Francisco Ferreira. Das Spiel endete 4-3 für Benfica und es war das letzte Spiel für Torino. Auf dem Rückflug zerschellte das Flugzeug an den Stützmauern der Basilika von Superga in den Bergen über Turin.

Dominic Bliss hat mit Hilfe von Zeitzeugen, Zeitungsberichten sowie den Archiven der Töchter Erbsteins, Susanna und Marta ein wichtiges Kapitel der Fußballgeschichte geschrieben. Einzige Kritikpunkte sind die doch hohe Zahl an Tippfehlern sowie die Tatsache, dass die Seitenzahlen im Index mit denen im Buch nicht übereinstimmen. Aber das sollte den geneigten Leser nicht von der Lektüre abhalten.

Autor: Christoph Wagner

Dominic Bliss: Erbstein: The triumph and tragedy of football’s forgotten pioneer. Sunderland: Blizzard Media Ltd. Das Buch ist als eBook bei Amazon erhältlich und kann sowohl in Print als auch digital direkt über The Blizzard bezogen werden.

Dominic Bliss ist Journalist und Redakteur und schreibt u.a. für The Blizzard und The Inside Left.

Weiterlesen – unsere aktuellen Longreads:

Es war uns nicht einerlei

Liebe Leser*innen, im Dezember haben wir Euch an dieser Stelle darüber informiert, dass wir mit unserem Projekt sprichwörtlich in Klausur gehen. Am Wochenende haben wir uns in Wiesbaden zur Tagung… Weiterlesen

13 comments

Württembergische Revolution

Im Jahr 1984 warfen die Amateure des SC Geislingen den großen Hamburger SV aus dem DFB-Pokal. 35 Jahre später gewann Deutschland das WM-Halbfinale gegen Brasilien mit 7:1. Was hat das… Weiterlesen

0 Kommentare

Die 60 wichtigsten Episoden der deutschen Fußballgeschichte, Teil 6

Fußball wird seit etwa 150 Jahren in Deutschland gespielt, das heißt, in den Grenzen des damaligen Kaiserreiches. Zunächst waren es vor allem englische Händler, Studierende und Touristen, die das ihnen… Weiterlesen

0 Kommentare

Hardy Grüne – Mein Fußball-Medien-Menu V

medienmenue-hardygruene

Befasst man sich mit der Geschichte des Fußballs so kommt man an Hardy Grüne nicht vorbei. Er hat an über 120 Fußballbüchern mitgearbeitet, eine Enzyklopädie des Weltfußballs und ein Standardwerk zum Fußball in Deutschland darunter. Neben der historischen Dimension des Fußballsports sind Fankultur und der Amateurbereich zwei weitere Themenfelder, denen sich Grüne immer wieder widmet.

Vor kurzem ist das von ihm herausgegebene Zeitspiel-Magazin an den Start gegangen, das sich insbesondere mit Fußball-Zeitgeschichte befasst und dabei den Amateurbereich nicht außer Acht lässt. Die Erstausgabe ist seit Juni erhältlich.

Hardy Grüne mit

Hardy Grüne (rechts) mit Frank Willig – die Herausgeber des neuen Zeitspiel-Magazins

Welche Fußballmagazine/Zeitschriften liest du regelmäßig?

Vor allem Monatsblätter wie „World Soccer“, „When Saturday Comes“, „Ballesterer“, „Zwölf“ oder das französische „So Foot“. Ich mag tiefgehende Reportagen, die in die Geschichten reingehen und sie von mehreren Seiten beleuchten. Das machen diese Magazine ausgezeichnet. Und durch sie bekomme ich auch mit, was in den Randbereichen des Fußballs weltweit passiert.

Als Tageszeitung beziehe ich die „Süddeutsche“, deren Sportteil ich zwar jeden Morgen noch immer als erstes lese, die mich aber in anderen Bereichen mehr überzeugt. Früher habe ich natürlich auch den „Kicker“ gelesen, mein Abo aber schon vor Jahren gekündigt. Mich ärgerte, dass zunehmend über den ganz großen Fußball berichtet wurde und die Amateurligen immer mehr hinten runterfielen. Als man anfing, für Spanien, Italien und England jeweils Doppelseiten über den letzten Spieltag zu bringen und gleichzeitig selbst die Ergebnisse und Tabellen der Oberligen verschwanden, habe ich mein Abo gekündigt. Als Fußball-Wochenzeitung lese ich seitdem den „Reviersport“ aus meiner alten Heimat Ruhrgebiet sowie die wirklich toll gemachten Regionalblätter „Fuwo“ (Berlin) und „Nordsport“ (Schleswig-Holstein).

Für welchen Text, den du in den vergangenen Wochen gelesen hast, kannst du eine uneingeschränkte Leseempfehlung aussprechen?

Ich bin im Februar nach Kiew geflogen und habe mich da vorher im Netz nach Infos umgeschaut. Dabei bin ich auf Futbolgrad gestoßen und habe da einen ganzen Haufen sehr spannender und fundierter Hintergrundberichte zum Fußball in den früheren Sowjetrepubliken gefunden. Das ist ja eine schwierige Region für die eigene Recherche. Die Sprachprobleme, die kulturellen Unterschiede, die vieles für uns aus dem Westen schwer nachvollziehbar macht. Da helfen die Texte von futbolgrad.com, vor allem, weil die Autoren häufig in den Regionen leben und arbeiten. Auch These Football Times macht fantastische Hintergrundreportagen.

Wo und wie stößt du auf lesenswerte Texte?

Häufig über die sozialen Netzwerke – also vor allem Facebook und Twitter. Dort einerseits durch die geposteten Texte, andererseits aber auch durch Empfehlungen. Insgesamt hat sich die Welt durch das Internet ja unglaublich geöffnet. Ich erinnere mich noch, wie in den frühen 1990er Jahren versuchte, an Insiderinformationen aus Albanien heranzukommen. Damals habe ich mühsam über Fax und Briefe Kontakte zu albanischen Journalisten bekommen, die leidlich Englisch sprachen und mich mit Infos versorgten. Das dauerte immer Wochen, bis da was hin und herging. Heute fühle ich mich manchmal überschwemmt von der puren Menge an guten Texten, bin aber gleichzeitig begeistert über die vielen Ansätze, Fußball endlich aus seiner reinen Sportdimension herauszugreifen und in sein gesellschaftliches und historisches Umfeld zu packen.

Wie liest du – am Tablet/Smartphone, am großen Bildschirm oder bist du ein Internetausdrucker und Printliebhaber?

Grundsätzlich bin ich ein Printliebhaber. Meine eigenen Texte muss ich am Ende immer ausdrucken und dann ein letztes Mal mit der Hand korrigieren. Die lesen sich häufig völlig anders, wenn sie ausgedruckt sind. Texte aus dem Internet drucke ich nur sporadisch aus, wenn sie wirklich fundamental sind und ich das Gefühl habe, sie irgendwann einmal brauchen zu können. Ansonsten archiviere ich sie über Lesezeichen. Ich lese sowohl am Tablet als auch am großen Rechner. Smartphone finde ich zu anstrengend, vor allem bei längeren Texten.

Welches Fußballbuch kannst du besonders empfehlen?

Vor einigen Jahren hat ein Fan meines englischen Vereins Bristol Rovers ein Buch über seine Entwicklung als Fußballfan geschrieben. Das besondere war, dass er aus der Generation vor den „Firms“ und den Hooligans stammte. Er kam in den 1960er Jahren von den Mods und hat diesen ganzen Prozess der Vermischung aus Fußballfankultur und Musik sowie politischer Auflehnung gegen das Nachkriegsengland weit vor Thatcher miterlebt. Fußball und Ska, überzogener Nationalismus und dunkelhäutige Freunde mit Wurzeln in der Karibik. Später landete er kurz bei den Faschos der NF, merkte aber bald, dass seine Lebensphilosophien“England rules the wave“ und Ska-Musik gar nicht zusammenpassten. Er stieg dann bei den Faschos aus und bekannte sich zu seinen dunkelhäutigen Musikkumpeln.

Für mich ein Buch, das mir eine Ära der Fankultur beschrieb und verständlich machte, über die man sonst nie etwas liest. Das Buch heißt „Booted and suited“, der Autor Chris Brown. Es ist nur in England erschienen (ISBN 978-1-84454-746-3)

Schaust du noch die Sportschau, um dich über den Spieltag zu informieren?

Ja, aber nur, wenn ich Zeit habe. Die Sportschau ist schon lange kein Pflichttermin mehr. Ich gehe gerne zu meinem lokalen Handballverein. Der spielt Oberliga Niedersachsen und wirft seine Heimspiele Samstags um 18 Uhr an. Wenn ich zurückkomme, kann ich meistens noch den Abspann der Sportschau sehen. Ich vermisse das aber auch nicht, denn die hysterische Berichterstattung geht mir hin und wieder mächtig auf die Nerven. Ich wollte immer mal auszählen, wie häufig wohl das Wort „Wahnsinn“ in einer Sendung vorkommt. Auch die Sportschau macht in meinen Augen bei der völligen Überhöhung der Bundesliga mit. Das ist mir aber zu langweilig.

Klasse finde ich das WDR-Format „Sport inside“. Da darf dann auch mal was Kritisches gesagt werden. Bei der Sportschau geht das ja eigentlich gar nicht mehr.

Welche Website, welchen Podcast, welches Magazin kannst du abseits des Fußballs empfehlen?

Ich bin großer Anhänger von Deutschlandradio und Deutschlandradio Kultur. Die machen gute Sachen, das ist häufig Bildungsradio par excellence. Die einzige wöchentliche Pflichtveranstaltung für mich ist der sonntägliche „Weltspiegel“ auf ARD, den ich nur sehr ungerne verpasse. Der hat über Jahrzehnte mein Weltbild mitgeformt und mir zigfach geholfen, Länder und Gesellschaften besser zu verstehen – gerade auch auf meinen Kontinentdurchquerungen auf dem Fahrrad durch Afrika und Südamerika. Gerade weil der Weltspiegel oft in den profanen Lebensalltag der Menschen hineinblickt, durch den ich damals durchgeradelt bin.

Ansonsten verlasse ich häufig die Ebene der Websites und auch der Magazine und versuche mich in der guten alten Kneipendiskussion an der Meinungsbildung und auch an der Informationsgewinnung. Das macht mehr Spaß, als einsam vor dem Bildschirm zu hocken.


In der Kategorie “Mein Fußball-Medien-Menü” fragen wir Fußballer und Fußballbegeisterte, Sportjournalisten und -autoren nach ihren persönlichen Lese-, Seh- und Hörgewohnheiten zum Thema Fußball. Die Idee dazu entstand unübersehbar in Anlehnung an Christoph Kochs Medien-Menü, das inzwischen bei den Krautreportern zu finden ist.


Weiterlesen – unsere aktuellen Longreads:

Es war uns nicht einerlei

Liebe Leser*innen, im Dezember haben wir Euch an dieser Stelle darüber informiert, dass wir mit unserem Projekt sprichwörtlich in Klausur gehen. Am Wochenende haben wir uns in Wiesbaden zur Tagung… Weiterlesen

13 comments

Württembergische Revolution

Im Jahr 1984 warfen die Amateure des SC Geislingen den großen Hamburger SV aus dem DFB-Pokal. 35 Jahre später gewann Deutschland das WM-Halbfinale gegen Brasilien mit 7:1. Was hat das… Weiterlesen

0 Kommentare

Die 60 wichtigsten Episoden der deutschen Fußballgeschichte, Teil 6

Fußball wird seit etwa 150 Jahren in Deutschland gespielt, das heißt, in den Grenzen des damaligen Kaiserreiches. Zunächst waren es vor allem englische Händler, Studierende und Touristen, die das ihnen… Weiterlesen

0 Kommentare

Teaserbild: B O O K by RkRao via flickr – CC BY 2.0

Autorengeplauder – FC United of Manchester

120minuten-Mitstreiter Christoph widmet sich in unserem aktuellen Longread dem Phänomen FC United of Manchester und steht unter dem Hashtag #120fcum

am Dienstag, den 07. Juli 2015 ab 20 Uhr

im Autorengeplauder auf Twitter zu seinem Text Rede und Antwort. Diskutiert mit und verfolgt die Diskussion gern auch hier im Blog. Wir freuen uns auf eine spannende Unterhaltung!


1 Jahr 120minuten – alle Fußballtexte als kostenloses eBook

Wir dürfen ein kleines Jubiläum feiern. 120minuten existiert jetzt seit etwa einem Jahr. Deshalb haben wir aus allen hier veröffentlichten Texten von, mit und über den Fußball ein eBook gemacht – kostenlos herunterladbar im epub- und mobi-Format – getauft haben wir es “Auf Ballhöhe”. Wir wünschen viel Vergnügen.

Auf-Ballhoehe-Cover

kostenloses eBook herunterladen

Das erwartet die Leser (ein Klick führt zur Onlinefassung des Beitrags):

  1. Der vergessene Triumph
  2. Ich möchte jetzt einen Spieltag töten!
  3. Doping im Fußball – Teil des Systems
  4. Nationalmannschaft trifft Vereinsanhänger oder: Wann ist der Fan ein Fan?
  5. Für mehr modernen Fußball! Eine Stilkritik.
  6. Stehplatzsehnsucht oder: Die Bundesliga als Fan-Utopie
  7. So genannte Feindbilder
  8. Il Fenômeno auf Dreck
  9. Durch die Kreisligen Europas
  10. Mossley AFC, mein Großvater und ich Eine Erinnerung.
  11. 3 Stimmen zum Tag des Amateurfußballs
  12. Im Niemandsland – Abchasien und Südossetien
  13. Ich ruhe mich aus, wenn ich 30 bin
  14. Der Pariser Fußball: Eine Spurensuche
  15. Die Fußballnationalmannschaft aus Bosnien-Herzegowina
  16. Fernab der Champions League
  17. Meanwhile in Österreich
  18. Fußballtexte in Langform

Im Editorial des eBooks haben die Macher kurz ihre Erfahrungen der vergangenen zwölf Monate geschildert:

Grüße aus der Redaktion

Endreas:
Als wir vor ca. einem Jahr mit 120minuten gestartet sind, wusste ich nicht so recht, wo das hinführt. Einige Kommentatoren, unter ihnen Christoph, brachten die Idee auf, nicht nur lange Texte zu verlinken, sondern lange Texte gleich selbst zu schreiben. Ich hatte Lust darauf, nur war unklar, ob es genügend Autoren da draußen gab, die das auch hatten.

Nach relativ kurzer Zeit hatte sich das Dreigestirn bestehend aus Christoph, Alex und mir formiert, das ganz gut harmoniert. Wir liefern zwar nicht im Wochentakt, haben aber in den letzten 12 Monaten eine ganze Reihe von Ideen umsetzen können.

Was mir persönlich am besten an 120minuten gefällt, ist das Gefühl, nicht allein vor einem weißen Blatt Papier sitzen zu müssen. Gemeinsam Ideen für Texte und neue Formate wie das Fußball-Medienmenü zu entwickeln, macht einfach Spaß und motiviert ungemein. Die Zusammenarbeit mit externen Autoren bietet Abwechslung – sowohl hinter den Kulissen als auch bei den Themen, denen wir uns widmen.

Aus der Summe der einzelnen Teile entstehen bessere Texte oder Geschichten, die man allein nicht hätte umsetzen können. Ich denke, wir haben es ganz gut hinbekommen, bei 120minuten Themen zu platzieren, die so ausführlich noch nicht anderswo besprochen wurden – sei es z.B. die Kritik zur Kritik am modernen Fußball oder unser Text zum Tag des Amateurfußballs.

Ich habe ein gutes Gefühl, was die Zukunft unseres “Projekts” angeht und möchte an dieser Stelle nochmal Danke sagen – an alle Autoren, alle Leser und die, die uns weiterempfehlen.

Christoph:
120minuten wird 1 Jahr; Zeit zurückzuschauen.

Schon länger trug ich mich mit der Idee auch deutsche Texte über Fußball zu verfassen, herum. Allein, es fehlte ein guter Name für ein Blog und noch eine Seite würde noch mehr Arbeit bedeuten. Die Idee von Conny, die ich zufällig auf g+ gefunden habe, kam trotzdem zur richtigen Zeit.

Lange Texte, die zeitlos sind, müssen eine Plattform finden. Als Neueinsteiger war es für mich schwer, umzudenken. Es war für mich Neuland, schließlich habe ich bis auf einige Ausnahmen ausschließlich Texte in englischer Sprache verfasst.

Und dabei auch eine ganz andere Leserschaft angesprochen. Nun ein Jahr später kann ich sagen, dass es funktioniert; nicht jeden Tag oder jede Woche aber einmal monatlich bringen wir einen schönen Text. Und ich behaupte mal, wir haben das ein oder andere Glanzlicht dabei.

Unser Team, Alex, Conny und ich ergänzen uns sehr gut. Jeder hat eigene Ideen und Vorstellungen, die wir zwar bisher noch nicht alle umsetzen konnten, aber das kann ja noch werden. Anfangs war ich skeptisch, ob so eine Zusammenarbeit über die Distanz und ohne, dass man sich näher kennt, funktionieren würde. Ich bin selbst nicht der beste Teamarbeiter, offen gesagt. Auch hier kann ich sagen: es funktioniert.

An dieser Stelle möchte ich allen Autoren danken für ihre Mitarbeit aber auch all jenen meinen Dank aussprechen, die unsere Texte gelesen, besprochen und weitergeteilt haben.

Alex:
Wahnsinn, wie schnell die Zeit vergeht. Als Christoph und Endreas mich im Oktober 2014 fragten, ob ich mir nicht vorstellen könne, Teil des Teams zu werden, war 120minuten gerade drei Monate alt. Von der Idee, längeren, deutschsprachigen Texten über den Fußball eine Plattform zu geben, war ich von Anfang an begeistert und zu der Möglichkeit, ein spannendes Projekt beim Wachsen und Gedeihen zu unterstützen, muss man mich ohnehin nie lange überreden. Also sagte ich zu – eine Entscheidung, die ich rückblickend auf nunmehr ein Jahr 120minuten jederzeit wieder so treffen würde.

Die Zusammenarbeit im Redaktionsteam und mit unseren AutorInnen ist für mich vor allem eins: eine kontinuierliche Horizonterweiterung. Ich lernte und lerne nicht nur ständig neue Aspekte und Perspektiven auf unser aller Lieblingssport kennen, sondern finde es auch großartig, den Blick zum Teil weit über den eigenen Tellerrand hinaus schweifen lassen zu können. Und ganz nebenbei entstehen im Austausch mit Christoph und Endreas immer wieder neue Ideen für die nach wie vor zarte Pflanze ‘120minuten’, von denen wir einige bereits umsetzen konnten und andere sich schon in der Planung befinden. Für diese Erfahrungen bin ich sehr dankbar!

Sich immer wieder spannenden Themen widmen zu können, dabei mit großartigen Autorinnen und Autoren in Kontakt zu kommen, die Entstehung von Texten zu begleiten, die man so in der deutschsprachigen Blogosphäre nicht noch einmal findet – das sind Antrieb und Motivation, 120minuten auch im nächsten Jahr kontinuierlich weiter zu entwickeln.

Das alles geht aber letzten Endes nicht ohne all die Mitstreiter, Wegbegleiter und auch Kritiker außerhalb der virtuellen Redaktionsräume – sei es durch eigene Beiträge, Tweets, Likes oder Kommentare. Vielen, vielen Dank dafür!

 

 

Filmbesprechung: “Am Borsigplatz geboren – Franz Jacobi und die Wiege des BVB”

Zugegeben, so richtig wusste ich nicht, was mich wohl erwarten würde, als die silberne Scheibe im Laufwerk des Blu-ray-Players verschwand und die ersten Bilder des Films von Jan-Henrik Gruszecki, Marc Mauricius Quambusch und Gregor Schnittker über die Mattscheibe flimmerten. Ein Film über den BVB, okay, soviel wusste ich. Und irgendwas mit ‚Wurzeln’, ‚Gründungsgeschichte’, ‚Dokumentation’ und ‚Crowdfunding’. Ansonsten aber war ich eher skeptisch, ob mich eine Dokumentation über die Dortmunder Borussia tatsächlich wird fesseln können und was man über die sympathischen Ruhrpottler wohl noch so erzählen kann, was man nicht ohnehin schon wusste. In einer Kneipe gegründet. Rote Erde. Gelbe Wand. Scheiß S04. Und Franz wer?

Es ging also los und ich fing an, mir eifrig Notizen zu machen – nur um etwa 25 Minuten später festzustellen, dass ich meinen Zettel und meinen Stift inzwischen total vergessen hatte und völlig im Film versunken war. Außerdem hatte ich bis dahin schon gelernt, was es mit diesem Herrn Jacobi auf sich hat und dass Borussia Dortmund in zwei Punkten erstaunliche Parallelen zu meinem eigenen Herzensverein aufweist: Der Triumph im Europapokal der Pokalsieger 1966, also in dem Wettbewerb, den auch mein Team acht Jahre später gewinnen sollte, war der erste Europapokalsieg einer westdeutschen Mannschaft überhaupt. Angetreten war man gegen den FC Liverpool als deutlicher Außenseiter – und gewann trotzdem. Solche Geschichten sind also offenbar nicht nur an der Elbe, sondern auch am Borsigplatz der Stoff, aus dem Legenden gestrickt werden.

Originalaufnahmen ebenjenes Spiels in Glasgow dienen den Filmemachern direkt zu Beginn denn auch als Aufhänger, den Protagonisten ihres Werkes einzuführen: Den schon mehrfach angesprochenen Franz Jacobi, der als zentrale Figur bei der Gründung des Ballspielvereins Borussia 09 aus Dortmund gilt und mit dem Europapokalsieg wohl sein Lebenswerk gekrönt sah. Gruszecki, Quambusch und Schnittker aber fragen sich in diesem Zusammenhang: „Wo liegen die Wurzeln des Clubs – unsere Wurzeln?“ und setzen damit gleich einen Grundton, der den ganzen Film bestimmt. „Am Borsigplatz geboren“ ist vor allem die in bewegte Bilder gegossene Antwort auf diese Frage von Fans für Fans, wobei es der Geschichte aber schnell gelingt, auch fußball- und geschichtsinteressierte Nicht-BVBler wie mich in ihren Bann zu ziehen.

Großen Anteil daran haben zum einen die hervorragend ausgewählten Interviewpartner und Zeitzeugen (in dem Sinne, dass sie Franz Jacobi noch kennengelernt haben), denen man ihre Authentizität und ihre Verbundenheit mit dem Verein zu jedem Zeitpunkt absolut abnimmt und zum anderen die abwechslungsreiche Gestaltung des Films: Der Besuch von Original-Schauplätzen, Interviewsequenzen, vor dem Auge des Betrachters entstehende Sandmalereien, die mit Original-Zitaten Jacobis kombiniert werden und nachgespielte Szenen aus den Anfangsjahren der Borussia wechseln sich ab und tragen den Zuschauer in einer Weise durch den Film, die an keiner Stelle Langeweile aufkommen lässt. Was außerdem äußerst positiv auffällt: Den Geschichten, die unbedingt erzählt werden müssen, wird in ihrer jeweiligen Länge ebenso angemessen Raum gegeben wie Nebensträngen, die Zusatzinformationen und Rahmendaten liefern.

Eine dieser zentralen Geschichten ist der große Konflikt zwischen der katholischen Kirche in Person von Kaplan Dewald und den Gründungsvätern des Vereins – ein Aspekt, der mir bis dato ebenso unbekannt war wie die ziemlich großartige Tatsache, dass der Club seinen Namen einer Brauerei zu verdanken hat. Und das auch nur, weil in der hitzigen Diskussion um die Vereinsgründung niemand so recht an einen Namen für das Kind gedacht hatte und nun im „Wildschütz“, dem Gründungslokal, zufällig ein Schild der Borussia-Brauerei an der Wand hing. Auch die Erinnerungsarbeit kommt nicht zu kurz, als es darum geht, wie der Ausbruch des Ersten Weltkrieges natürlich auch den Club und das Vereinsleben massiv beeinflusste. Allerdings findet sich hier, wenn man denn unbedingt meckern muss, vielleicht auch die einzige kleine Schwäche im Film – die Inszenierung der Namen derjenigen, die im Krieg geblieben sind, hatte für mich als Nicht-Borusse dann doch eine Spur zu viel Pathos. Trotzdem hatte ich in der nachgestellten Szene mit einem der Dortmunder Gründungsväter im Schützengraben, der eine von ihm auf die Borussia umgemünzte Liedzeile singt, möglicherweise tatsächlich ein Tränchen im Auge. 

Wem kann man „Am Borsigplatz geboren“ also nun empfehlen? Dass der Film für alle, die es mit den Dortmundern halten, zum absoluten „Musst-Du-gesehen-haben“-Programm gehört, muss man sicher nicht extra erwähnen. Aber auch all denjenigen unter uns, die sich für die Geschichten hinter der Geschichte und für die Historie unseres Lieblingssports im Allgemeinen interessieren, sei der Film ans Herz gelegt. Und denjenigen, die liebevoll gemachte, sensationell gut recherchierte, ehrliche und mit viel Herzblut umgesetzte Fußball-Dokus lieben, denen sowieso.

Autor: Alex Schnarr

Hier geht es zur Homepage des Filmprojekts.

Der Film wurde uns von den Machern auf unsere Anfrage hin freundlicherweise zur Besprechung zur Verfügung gestellt.

Der Fußballer – Ein Gedicht

In Der Zeit vom 12. März fand sich in der Rubrik ‘Zeit der Leser’ eine sehr freie Gedichtsadaptation von Rainer Maria Rilkes Der Panther. Geschrieben hat sie ein gewisser Kurt Wagner aus Bonn.

Die einen (wie Ronaldo und Pele) be-
neidet und verehrt in dieser Fußballwelt,
die andern im Dunkel, als ob es sie nicht gäbe:
Beim Publikum zählt einer nur: der Held.

Gebroch’ne Knochen? Wer wohl nicht d’ran litte,
das bisschen Ruhm von einst ist rasch verweht.
Erinn’rung bleibt an all die Fouls und Tritte,
die Schienbeinwunden, dutzendfach genäht.

Wie schmeckt sie, diese bitter-saure Pille,
nochjung, schon alt und assortiert zu sein?
Was nützen denn die hart verdienten Mille,
bei Kreuzbandriss und einem steifen Bein?