Der VfB Stuttgart zwischen 2009 und 2019: Vom Fast-Meister zur Fahrstuhlmannschaft?

Zehn Jahre VfB-Geschichte: Keine gerade Linie

Gemeinhin geht die Geschichte vom Niedergang des VfB Stuttgart so: 2007 wurde der Verein für Bewegungsspiele zum fünften Mal in seiner Geschichte Meister – danach ging es bergab, bis hinab in die zweite Liga. Aber Geschichte ist nun mal keine gerade Linie und Fußballgeschichte schon gar nicht. Im Gegenteil: Am 23. Mai 2009 hatte der VfB im Auswärtsspiel beim FC Bayern München zum letzten Mal eine reelle Chance auf den Meistertitel. Alles, was es dafür gebraucht hätte, war ein Auswärtssieg in München und eine Niederlage des VfL Wolfsburg im Heimspiel gegen Werder Bremen. Es kam anders: Wolfsburg gewann sein Heimspiel mit 5:1 und die Bayern holten sich durch ein Eigentor von Boulahrouz und einen Treffer von van Bommel die Vizemeisterschaft. Am 23. Mai 2019 steht der VfB zum wiederholten Male mit einem Bein in der Zweitklassigkeit, denn er muss in der Relegation gegen Union Berlin antreten. Wie wurde aus einem Verein, der in den 2000ern ein Dauergast im Europapokal war, 2007 Deutscher Meister wurde und 2009 die Schale zumindest in Sichtweite hatte, in den letzten zehn Jahren ein Verein, der Saison für Saison tiefer im Chaos zu versinken scheint, und dies mit mit der schlechtesten Spielzeit seiner Bundesliga-Geschichte in der Saison 2018/2019 krönt?

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von Lennart Sauerwald, rundumdenbrustring.de | Mai 2019

Erklärungsversuche hat es in den letzten Jahren zur Genüge gegeben, sie reichen von Mutmaßungen über ein VfB-Gen, das den Misserfolg von Spielergeneration zu Spielergeneration weiterträgt, über die offensichtlich fehlende Kontinuität auf fast allen wichtigen Positionen in der Vereinsführung hin zur angeblich grundsätzlich überhöhten Anspruchshaltung des vielzitierten “schwierigen Umfelds”. Ich kann nicht erklären, warum genau aus dem mittelmäßigen Verein mit Ausreißern nach oben der ersten zwölf Jahre meiner Fankarriere in den letzten zehn Jahren ein Verein wurde, von dem die halbe Liga der Meinung ist, ein Abstieg würde ihm ganz gut tun. Dennoch möchte ich versuchen nachzuzeichnen, wie sich der Verein, die Menschen, die ihn prägen und das Umfeld in der Zeit seit 2009 verändert haben. Doch keine Sorge: Ich werde nicht 306 Bundesliga-, 34 Zweitliga-, 30 Pokal- und x Europapokalspiele durchackern, sondern mir die Entwicklung im Verein, im Kader, in der Bundesliga-Tabelle, aber auch im Umfeld und dessen Erwartungshaltung anschauen.

Wie schon gesagt: Fußballgeschichte ist keine gerade Linie. Um die Entwicklung besser nachvollziehen zu können, ist es sinnvoll, die Entwicklung der letzten zehn Jahre noch einmal aufzuteilen: In die Zeit zwischen jenem 23. Mai 2009 und dem 1. Juni 2013, als der VfB in Berlin im Finale des DFB-Pokals stand, in die Zeit zwischen diesem verlorenen Pokalfinale und der großen Zäsur, dem Abstieg 2016, und schließlich die Zeit danach bis zum heutigen Tag. Die Unterteilung lässt sich recht einfach begründen: Während der VfB vor 2013 einem Jojo ähnlich zwischen dem Tabellenmittelfeld und dem unteren Tabellendrittel hin und her sprang, ging es nach 2013 langsam, aber kontinuierlich bergab, bis schließlich nach 40 Jahren Erstklassigkeit der Abstieg feststand. Durch den Abstieg wurde beim VfB vieles anders – aber Stand Mai 2019 nicht unbedingt besser. Warum das so ist, dazu später mehr. Widmen wir uns zunächst einmal den vier Jahren zwischen 2009 und 2013.

Das Jahr 2009

Als der VfB in jenem Mai 2009 in München antrat, blickten wir auf ein Jahrzehnt zurück, in dem der Verein einmal Meister geworden war und sich zweimal in der Champions League mit den Größten gemessen hatte. Gegen Messis Barcelona hatten wir zwar geführt, aber letztendlich den Kürzeren gezogen, Ronaldos Manchester United in jenem legendären Spiel 2003 geschlagen. Auch abseits dieser europäischen Highlights waren die Brustringträger fast in jeder Spielzeit international vertreten. Prägend für die 2000er Jahre waren auch die “Jungen Wilden”: Zu Beginn des Jahrzehnts waren das Andreas Hinkel, Christian Tiffert oder Kevin Kuranyi, gegen Ende der Dekade dann Mario Gomez, Serdar Tasci oder Sami Khedira. Auch wenn die Saison nach der Meisterschaft traditionell eher unter den Erwartungen abgeschlossen wurde und Horst Heldt am Transfermarkt ein weniger glückliches Händchen hatte, konnte man zu diesem Zeitpunkt festhalten: Der VfB Stuttgart befand sich im Aufwind.

Jetzt ist es natürlich ein wenig weit hergeholt, die Änderungen, die der deutsche Fußball in diesem Sommer 2009 durchmachte, mit dem Niedergang des VfB in Verbindung zu bringen, aber es ist dennoch bemerkenswert, dass der VfB bis dato der letzte eingetragene Verein ist, der die Meisterschaft gewann. 2009 holte sich mit Wolfsburg erstmals ein Club die Schale, dessen Profiabteilung nicht nur ausgegliedert wurde, sondern sich auch noch zu 100 Prozent im Eigentum eines Unternehmens befand. Die TSG Hoffenheim gab in jener Spielzeit ihr Debüt in der obersten Spielklasse und vor den Toren Leipzigs übernahm ein österreichischer Brausekonzern den SSV Markranstädt und führte ihn zehn Jahre später ins Pokalfinale. Auch wenn der VfB natürlich an seinem Niedergang selber schuld ist: Die Machtverhältnisse verschoben sich damals im deutschen Fußball. Schließlich war ja Wolfsburg auch der letzte deutsche Meister, der nicht aus Dortmund oder München kam.

Wo waren die Gomez-Millionen?

Und beim VfB? Da verabschiedete sich Mario Gomez, Meister-Held und Identifikationsfigur, wie schon so viele vor ihm über die A8 gen München. Der VfB kassierte dafür die damalige Rekordsumme von 30 Millionen Euro, hatte also mal wieder ein Eigengewächs teuer verkauft. Leider wusste dadurch jeder Verein in Europa, wie viel Geld Horst Heldt zum Shoppen zur Verfügung hatte. Nachdem man sich wochenlang von Klaas-Jan Huntelaar auf der Nase herumtanzen ließ und kurz vor Saisonbeginn bekannt gab, man fühle sich auch mit Cacau, Julian Schieber, Ciprian Marica und Nachwuchsstürmer Alessandro Riedle für die anstehende Bundesliga- und Champions League-Saison gerüstet, wurde in letzter Minute doch noch Pavel Pogrebnyak für knapp 5 Millionen Euro verpflichtet. Jahrelang fragten wir uns: Was genau ist eigentlich mit den restlichen Gomez-Millionen passiert? Nun, investiert wurde das Geld damals durchaus. Zunächst einmal in Zdravko Kuzmanovic, aber auch in Stefano Celozzi vom Karlsruher SC und in eine Leihgebühr für die Rückholaktion von Aliaksandr Hleb. Im Nachhinein eine durchaus gemischte Transferbilanz. Kuzmanovic konnte beim VfB durchaus überzeugen und war für lange Zeit der letzte VfB-Spieler, der einen Freistoß direkt verwandelt hatte. Celozzi hingegen machte sich in Stuttgart nicht nur wegen seiner Karlsruher Vergangenheit unbeliebt, sondern auch wegen eher mittelmäßiger Leistungen als Rechtsverteidiger. Die Rückkehr der “Zaubermaus aus Weißrussland” war zwar emotional eine schöne Sache, sportlich aber eher ein Reinfall und finanziell auch kein Schnäppchen. Aber hey, wer zweimal in drei Jahren Champions League spielt, hat ja das Geld – das war schon damals so.

2009 bis 2013: Auf und Ab

Am 5. Dezember 2009, dem 15. Spieltag der Saison 2009/2010, rutschte der in der Bundesliga seit September sieglose VfB nach einem 1:1 gegen den VfL Bochum auf den vorletzten Tabellenplatz. Ein Spiel, das im Lauf der Zeit unbedeutend erscheinen mag. An diesem Abend manifestierte sich eine Geisteshaltung, die beispielhaft war für jene Jahre. Nach dem Spiel nämlich passierte etwas, was man in Stuttgart in den Jahren zuvor nie gesehen hatte. Eine größere Gruppe VfB-Fans, darunter ich, postierte sich vor dem Eingang der Haupttribüne und beschwerte sich lautstark über die seit Wochen anhaltende Erfolglosigkeit. Im Anschluss skandierten viele, ich nicht: “Wenn ihr absteigt, schlagen wir Euch tot!”. Mal ganz abgesehen davon, dass diese Art der Drohung jeglichen Toleranzrahmen sprengt, war die Heftigkeit der Reaktion, verglichen mit der Situation im Jahr 2019, schon absurd. Natürlich hast du die Hinrunde ziemlich in den Sand gesetzt, wenn du nach 15 Spielen Vorletzter bist. Auf der anderen Seite waren nicht mal 15 Spiele vergangen, seit wir fast Deutscher Meister geworden wären. Nur vier Tage nach diesem denkwürdigen Spiel feierte der VfB einen 3:1-Heimsieg gegen Unirea Urziceni und zog ins Achtelfinale der Champions League ein. Wenn Journalisten oder Fans anderer Vereine heute in Krisenzeiten vom sogenannten “schwierigen Umfeld” in Stuttgart sprechen: Zur damaligen Zeit stimmte diese Zuschreibung.

Zudem kristallisierte sich ein Muster heraus, welches den VfB noch über Jahre verfolgen sollte. Das 1:1 gegen Bochum war auch das letzte Spiel von Markus Babbel als Cheftrainer des VfB. Sein Vorgänger Armin Veh hatte zweieinhalb Jahre in Stuttgart gewirkt und wurde nach einem enttäuschenden Start in jene Saison 2008/2009, die der VfB als Fast-Meister beendete, entlassen. Babbel war offensichtlich keine so lange Amtszeit beschert und jedem seiner Nachfolger – mit Ausnahme von Bruno Labbadia – erging es genauso. Auch Christian Gross, der den VfB erst auf Platz 6 führte und im Oktober 2010 als Tabellenletzter und nach einem Disput mit Aufsichtsratschef Hundt über die finanziellen Möglichkeiten wieder entlassen wurde. Der Gegensatz der Jahreszeiten – “Stuttgarter Herbstdepression” und “Kommt Frühling, kommt VfB” – trat seitdem besonders stark zu Tage, wenn auch mit zunehmend weniger Erfolg.

Barcelona oder nix!

Ein kurzer Blick zurück aufs Thema Erwartungshaltung des Umfelds. Die Diskrepanz zwischen Erwartungshaltung und Unterstützung wird besonders deutlich, wenn man sich die Zuschauerzahlen jener Zeit anschaut. Das eben angesprochene letzte Gruppenspiel der Königsklasse gegen den rumänischen Meister Urziceni sahen gerade einmal 25.000 Zuschauer im Neckarstadion. In der Folgesaison lockte keiner der drei Gruppengegner im UEFA-Pokal mehr als 18.000 Zuschauer an. Als der VfB im Rückspiel gegen Benfica Lissabon in der Zwischenrunde aus dem Wettbewerb ausschied, bequemten sich immerhin 25.000 Menschen ins Stadion. Sicherlich mögen auch die kruden Anstoßzeiten, die widerlichen Temperaturen – in jenem Winter spielte der VfB gegen Hoffenheim das kälteste Spiel, an das ich mich erinnern kann, in Bern mussten wir uns Anfang Dezember durch meterhohen Schnee kämpfen – und die Eintrittspreise eine Rolle. Aber vor allem waren wir nach einem Jahrzehnt voller Europapokalteilnahmen übersättigt und einzig Gegner vom Schlage eines FC Barcelona konnten den geneigten Schwaben hinter dem Ofen hervorlocken.

Zurück zum Sportlichen und in die Saison 2009/2010: Gross führte die Mannschaft, wie gesagt, auf den sechsten Platz und in die Qualifikation zur Europa League. Nachdem man im Vorjahr endlich den Umbau des Neckarstadions in ein reines Fußballstadion in die Wege geleitet hatte, schien es so, als wäre der VfB dem nach dem Bochum-Spiel befürchteten Abstieg von der Schippe gesprungen und könnte nicht nur infrastrukturell, sondern auch sportlich die Weichen stellen, um an die erfolgreichen letzten Jahre anzuknüpfen. Nachdem bereits im Winter der eine Meister-Torschütze Thomas Hitzlsperger den Verein verlassen hatte, folgte ihm im Sommer 2010 der andere: Sami Khedira wechselte zu Real Madrid. Erneut hatte der VfB viel Geld zur Verfügung und wurde am Transfermarkt tätig. Anders als in den Jahren zuvor sank jedoch die Trefferquote gewaltig. An Johan Audel erinnert sich heute in Stuttgart kaum noch jemand, an Mauro Camoranesi, den damals gerade seines Amtes enthobenen Weltmeister von 2006, schon eher. Hinzu kam Cristian Molinaro, den der VfB nach einer erfolgreichen Leihperiode in der Rückrunde für knapp 4 Millionen aus Turin verpflichtete. Gemeinsam mit Audel, Camoranesi und dem jungen Georg Niedermeier von Bayern München waren die 14 Millionen Euro, die man für Khedira aus Madrid überwiesen bekommen hatte, schon fast wieder weg. Dabei taten sich sportlich eher andere hervor: Die ablösefrei aus Wolfsburg respektive Japan verpflichteten Christian Gentner und Shinji Okazaki und der für kleines Geld aus Bremen geholte Martin Harnik. Sie sollten zwar in Stuttgart nicht zu absoluten Topspielern werden, hatten aber im Nachhinein immer noch das beste Preis-Leistungs-Verhältnis der Transfers jener Tage.

Aufregung auf und neben dem Spielfeld

Das Problem: Die Saison 2010/2011 verlief sportlich erschreckend schwach. Der VfB verbrachte einen Großteil der Spielzeit auf einem Abstiegsplatz, erst Jens Keller und schließlich Bruno Labbadia führten den Verein am Ende auf Platz 12. Bereits im Juli und damit mitten in der Saisonvorbereitung hatte sich Horst Heldt, der Bauherr der Meisterschaft 2007, in Richtung Gelsenkirchen verabschiedet und nicht nur ich wunderte mich damals, welche Transfers er vielleicht mit Rücksicht auf seinen zukünftigen Arbeitgeber nicht einfädelte. Sein Nachfolger wurde Fredi Bobic und der hatte in der Folge gleich mit zweierlei Problemen zu kämpfen: Einem Kader voller Spieler, die einerseits gehaltstechnisch in der Champions League spielten, die es andererseits in der Realität aber höchstens in die wesentlich weniger lukrative Europa League brachten. Oder wie eben in der Saison 2011/2012 nicht einmal das. Immerhin gelangen Bobic damals noch ein paar Treffer am Transfermarkt. Vedad Ibisevic aus Hoffenheim beispielsweise, der in den folgenden Jahren die einzige Konstante im VfB-Sturm sein sollte. Auch William Kvist war noch einer der besseren defensiven Mittelfeldspieler der letzten zehn Jahre. Außerdem konnte man Ibrahima Traoré mit einem Jahr Verzögerung endlich aus Augsburg loseisen. Auf der anderen Seite war dies die Transferperiode, in der man sich endgültig für Sven Ulreich und gegen Bernd Leno entschied, der nie ein Bundesliga-Spiel für den VfB machen sollte und dessen weiterer Karriereweg bekannt ist. Auch Ermin Bikakcic hätte der VfB-Abwehr in den folgenden Jahren nicht schlecht zu Gesicht gestanden. Nichtsdestotrotz qualifizierte man sich 2012 über Platz 6 erneut für den Europapokal, zum dritten Mal in den letzten vier Jahren. Es war vielleicht das beste Jahr unter Bruno Labbadia, besonders in der Rückrunde drehte der VfB auf, schlug Berlin 5:0, schoss bei den Siegen über Freiburg, Hamburg, Mainz und Bremen jeweils vier Tore und lieferte sich beim mittlerweile legendären 4:4 im Westfalenstadion einen wilden Schlagabtausch mit dem späteren Deutschen Meister.

Gleichzeitig lief es abseits des Platzes alles andere als prächtig. Nach dem Ende der Amtszeit des mittlerweile zum Ehrenpräsidenten ernannten Erwin Staudt machte Dieter Hundt von seinem Vorschlagsrecht für das Amt des Präsidenten Gebrauch und hievte Gerd Mäuser ins oberste Amt des Vereins für Bewegungsspiele. Es sollte in einer am Ende elfjährigen Amtszeit der letzte und entscheidende Fehler Hundts sein. Mäuser war dem Vernehmen nach nicht nur menschlich mit der Führung des Vereins überfordert, sondern auch inhaltlich. In seine gerade mal zweijährige Amtszeit fallen Schnapsideen wie die Zusammenarbeit mit dem umstrittenen Ticketverwerter Viagogo oder die peinliche, wochenlange Suche nach einem Stadionsong. Gleichzeitig wurde der Sparkurs von Finanzchef Ulrich Ruf, der sich Gerüchten zufolge auch damals noch der modernen Datenverarbeitung mit PC verweigerte, immer rigoroser. Das und das fehlende Talent von Bobic, aus den geringen vorhandenen Mitteln etwas Vernünftiges zu gestalten führte dazu, dass der Verein zu Beginn der Saison 2012/2013 gezwungen war, Khalid Boulahrouz zu verkaufen. Auch Zdravko Kuzmanovic so wie der in die Jahre gekommene Meisterspieler Mathieu Delpierre verließen den Verein. Es war vor allem dieser Sommer 2012, der Bobics Ruf als Sportvorstand in Stuttgart nachhaltig beschädigte. Den jungen Alexandru Maxim, der in der Winterpause kam, kann man noch als Lichtblick durchgehen lassen. Felipe, Macheda, Torun und Hoogland hingegen sind Namen, die heute noch jeden VfB-Fan erschaudern lassen.

Hinzu kam, dass der Fußball, den Bruno Labbadia in dieser Saison mit dieser Mannschaft spielen ließ, erbärmlich anzuschauen war. Es war die Saison, in der der Trainer des zu diesem Zeitpunkt Tabellenfünfzehnten die Journalisten nach einem 2:2 gegen Leverkusen wissen ließ, dass seine Kollegen und er keine Mülleimer seien und sich überlegen müssten, ob sie einen schweren Weg mitgingen oder sagten “Am Arsch geleckt”. Gleichzeitig nahmen die Proteste gegen Präsident Mäuser und Aufsichtsratschef Hundt – auch, aber nicht nur wegen der sportlichen Misere – so sehr zu, dass sich erst der eine und dann der andere zum Rücktritt gezwungen sah. Inmitten all dieser Turbulenzen erreichte eine wie erwähnt erbärmlich spielende Mannschaft am Ende der Saison Platz 12 – und das Pokalfinale gegen Bayern München. Nach sechs Jahren endlich wieder in Berlin. Wieder ein wichtiges Spiel, wieder gegen München, wieder die zumindest theoretische Chance auf einen Titel. Und angesichts der sich auf Triple-Kurs befindlichen Bayern die sehr praktische Chance auf eine erneute Europapokal-Teilnahme. Es wurde eine der großen Selbsttäuschungen in der jüngeren Geschichte des Vereins.

Das Jahr 2013

Denn dem VfB gelang das Kunststück, sich mit drei Heimsiegen gegen die damaligen Zweitligisten St. Pauli, Köln und Bochum ins Pokalhalbfinale zu spielen – übrigens bei keinem der drei Spiele vor mehr als 27.000 Zuschauern in einem nach dem Ausbau mittlerweile über 50.000 Menschen fassenden Neckarstadion – wo er auf den SC Freiburg traf und sich mit einem 2:1 die Qualifikation zum UEFA-Pokal erspielte. Es war das letztlich mit 2:3 verlorene Pokalfinale, welches Bruno Labbadia das Traineramt rettete und den Verein in der falschen Sicherheit wog, dass, wer sich zum zweiten Mal in Folge für Europa qualifiziert, schon auf dem richtigen Weg sei. Dass das nicht stimmt, wurde schon allein an Bobics Kardinalfehler deutlich, Joshua Kimmich keine Perspektive für den Profibereich aufzuzeigen und ihn stattdessen an den damaligen Drittligisten aus Leipzig zu verkaufen.

Was kennzeichnet also die Zeit zwischen 2009 und 2013 beim VfB? Grundsätzlich richtige und wichtige Weichenstellungen wie der Umbau des Neckarstadions oder die sportlich bedeutungslose, aber für die Fans und Mitglieder wichtige Einführung des zwischen 1949 und 1994 genutzten “alten” Vereinswappens. Gleichzeitig aber der Beginn einer ungesunden Trainerfluktuation und ein langsamer wirtschaftlicher und sportlicher Abstieg, Entwicklungen, die sich irgendwann auch gegenseitig bedingte. Nicht zuletzt aber sehr wechselhafte Saisonverläufe, die immer wieder den Blick auf die strukturellen Probleme des Vereins verstellten.

Gerade den sich langsam abzeichnenden sportlichen Abstieg verdeutlicht ein Vergleich der Kader, die der VfB in die beiden Spiele gegen München am 23. Mai 2009 und am 1. Juni 2013 ins Rennen schickte:

34. Spieltag 2009
Lehmann, Magnin, Boulahrouz, Niedermeier, Träsch, Khedira, Hitzlsperger, Gebhart, Hilbert, Gomez, Cacau – Stolz, Boka, Delpierre, Elson, Lanig, Marica, Schieber – Ulreich, Tasci,

Pokalfinale 2013
Ulreich, Molinaro, Niedermeier, Tasci, Rüdiger, Gentner, Boka, Traoré, Maxim, Harnik, Ibisevic – Ziegler, Röckert, Sakai, Holzhauser, Kvist, Cacau, Okazaki

Aus heutiger Sicht hatte die 2013er Mannschaft durchaus noch ihre Qualitäten, dem Vergleich mit der 2009er Mannschaft, in der noch der ein oder andere Meisterspieler stand, hält sie jedoch nicht stand.

2013 bis 2016: Von unten nach ganz unten

Und sie sollte noch weiter an Substanz verlieren. Nachdem man sich in der ersten Qualifikationsrunde zur Europa League gegen Plovdiv noch irgendwie durchgerumpelt hatte, verlor man das bis dato letzte Auswärtsspiel im Europapokal im altehrwürdigen Kantrida zu Rijeka und schied nach dem Unentschieden im Rückspiel aus. Es folgte der große Schock: Kapitän Serdar Tasci verließ noch vor Ende der Transferperiode das sinkende Schiff Richtung Moskau – so dachte ich zumindest damals. Gerüchten zufolge war der Verein aber aufgrund der verpassen Europapokaleinnahmen langsam so klamm, dass er ihn verkaufen musste. Ansonsten wurde Fredi Bobics vorletzte Transferperiode bekannt als der Sommer, in dem wir Hannover 96 leerkauften. Gleich drei Spieler – Mohammed Abdellaoue, Koka Rausch und Karim Haggui – wechselten von der Leine an den Neckar, dazu so Koryphäen wie Moritz Leitner, Sercan Sararer und Daniel Schwaab und ach ja, der Kiwi-Messi Marco Rojas. Wem langweilig ist, der darf gerne mal googlen, was die Herren heute machen und sollte sich dabei nicht von Schwaabs Europapokal-Abenteuern mit Eindhoven täuschen lassen. Vor allem die Abwehr des VfB entwickelte sich in der Folge zum klassischen Schweizer Käse und nach drei Niederlagen aus den ersten drei Saisonspielen sowie dem Aus im Europapokal war dann auch – viel zu spät – Schluss für Bruno Labbadia, dessen Vertrag in der Sommerpause noch verlängert worden war.

Sehnsuchtsort Kantrida: 2013 bestritt der VfB das letzte Auswärtsspiel im Europapokal ( (c) vfb-bilder.de)

Seinem Nachfolger Thomas Schneider gelangen zwar zwei fulminante Siege gegen Hoffenheim und Braunschweig, nach einer 1:6-Klatsche in Dortmund Anfang September setzte es in den darauf folgenden zwölf Spielen jedoch insgesamt zehn Niederlagen, davon unglaubliche acht Pleiten hintereinander. Und so hatte der VfB am 25. Spieltag mit der ersten Verpflichtung von Huub Stevens nach 2010/11 schon wieder eine Drei-Trainer-Saison. Es reichte am Ende für Platz 15, aber auch nur, weil sich mit Braunschweig, Nürnberg und dem HSV am Ende drei Mannschaften fanden, die sich noch unfähiger anstellten als der VfB. Wer sich 2019 wunderte, dass Huub Stevens in Gelsenkirchen keine Wunder vollbrachte, dem sei gesagt, dass ihm das auch in Stuttgart nur leidlich gelang. Gegen seinen Status als Wunderheiler spricht beispielsweise eine völlig harmlose 0:2-Niederlage beim direkten Konkurrenten und späteren Absteiger Nürnberg, genauso wie ein 0:0 gegen die nur eine Position über dem VfB rangierenden Hannoveraner. Am 33. Spieltag stand der Klassenerhalt dann dennoch fest. Stevens hatte seine Mission erfüllt.

Die Rückkehr des Meistertrainers

Und wurde in der neuen Saison von Armin Veh ersetzt. Erneut offenbarte der Verein seine Fähigkeit zur Selbsttäuschung. Der Meistertrainer von 2007 wurde sieben Jahre später auf der Mitgliederversammlung im Sommer wahlweise wie der leibhaftige Messias gefeiert oder wie der verlorene Sohn empfangen – und trat bereits im November 2014 nach einer Niederlage in Augsburg wieder zurück. Auch Fredi Bobic war zu diesem Zeitpunkt schon nicht mehr im Amt. Abgesehen von der desaströsen sportlichen Entwicklung war weiterhin die immer weniger bundesligataugliche Abwehr das Problem, die zwar in dieser Saison auch vom jungen Timo Baumgartl, aber eben auch von Adam Hlousek verstärkt wurde. Der kam von Absteiger Nürnberg und brachte auch genau die Qualität auf den Platz, die man vom Abwehrspieler eine Absteigers erwartete. Hinzu kam Florian Klein, dessen bester Auftritt im Brustring wesentlich später der entscheidende Treffer zum 3:2 in Nürnberg in der zweiten Liga sein sollte. Die Namen Daniel Ginczek und Filip Kostic, die ebenfalls zu dieser Saison verpflichtet wurden, klingen von 2019 aus gesehen gar nicht so schlecht. Der eine war jedoch in den folgenden Jahren mehr verletzt als gesund, während der andere sich mit wenigen Ausnahmen an das allgemeine Niveau der Mannschaft anpasste. Diese Mannschaft übernahm erneut Huub Stevens, führte sie durch eine mittelmäßige Rest-Hinrunde und eine genauso mittelmäßige Rückrunde, was angesichts der Ausgangslage vor dem Trainerwechsel den 18. Tabellenplatz nach 31 Spielen bedeutete. Als Florian Klein in jenem 31. Ligaspiel den Ball zum 3:2 für den FC Schalke in sein eigenes Tor beförderte, waren wir uns eigentlich schon sicher, dass es uns dieses Mal erwischen würde. Drei Wochen später traf Daniel Ginczek in der 72. Minute des letzten Saisonspiels ins Tor des SC Paderborn und der VfB war ein weiteres Mal gerettet.

War das das Happy End? Hatte der VfB endlich aus seinen Fehlern gelernt? Natürlich nicht. Im Januar war Robin Dutt als neuer Sportvorstand bestellt worden und der rechnete nach dem Klassenerhalt erstmal medienwirksam mit seinem Vorgänger Bobic ab. Gleichzeitig hatte Aufsichtsratsmitglied und Vereinslegende Hansi Müller bereits vor Saisonende, also mitten im Abstiegskampf, ausgeplaudert, dass der Trainer in der kommenden Saison 2015/2016 Alexander Zorniger heißen würde. Das Resultat seiner Indiskretion: Der Rücktritt aus dem Aufsichtsrat. Überhaupt ging es beim VfB nicht nur auf dem Platz, sondern auch abseits dessen drunter und drüber. Die einzige Konstante war eigentlich Bernd Wahler, der Nachfolger von Gerd Mäuser im Präsidentenamt. Er machte sich daran, das Thema Ausgliederung, welches schon eine Weile wie das vielzitierte Damoklesschwert über den Vereinsmitgliedern hing, endlich zur Umsetzung zu bringen. Chef des Aufsichtsrates wurde nach dem Ausscheiden von Dieter Hundt Daimler-Mann Joachim Schmid. Der trat aber wiederum nach der Mitgliederversammlung 2015, auf der dem ganzen Gremium die Entlastung versagt wurde, genauso zurück wie sein Kollege Dr. Garcia und kurz zuvor Hansi Müller, so dass der Aufsichtsrat schließlich nur noch aus Martin Schäfer (Würth), Hartmut Jenner (Kärcher) und Wilfried Porth (Daimler) bestand.

Katastrophe Abstieg

Robin Dutt begann damit, den Kader für die Zukunft aufzustellen. Er verlieh Vedad Ibisevic, der bei den Fans nach seiner roten Karte im Abstiegskampf 2014 sowieso unten durch war, nach Berlin. Antonio Rüdiger wechselte etwas überraschend zur AS Rom für Geld, das der weiterhin klamme VfB gerne annahm. Nicht, dass er in der VfB-Defensive Bäume ausgerissen hatte. Im Nachhinein war es jedoch kein Wunder, dass die Mannschaft ohne ihn mit 75 die zweitmeisten Gegentore ihrer Bundesliga-Geschichte kassieren sollte. Sven Ulreich, der sich schon seit Jahren sportlich nicht mehr weiterentwickelt hatte, wechselte nach München, außerdem entledigte sich Dutt in einem Rutsch der sportlichen Missverständnisse namens Haggui, Abdellaoue, Rausch und Sararer. Timo Werner sollte in seine dritte und letzte Saison beim VfB gehen – was wir zwar befürchteten, aber natürlich damals noch nicht wussten. Trainiert wurde die Mannschaft wie von Hansi Müller angekündigt von Alexander Zorniger – allerdings erneut nur bis zu einer Niederlage gegen den FC Augsburg. Im Nachhinein muss man leider sagen, dass Zorniger vor allem seine Sturheit bezüglich seines Spielsystems den Stuhl kostete. Abgesehen davon, dass die Hintermannschaft inklusive Torwart Tyton ein Desaster war, gelang es ihm nicht, seine Spieler mitzunehmen. Kein Wunder, wenn man sein Team zu Saisonbeginn bei 40 Grad im Schatten einfach weiter anrennen und den sicher geglaubten Vorsprung noch verspielen lässt. Bei seinem Nachfolger, Nachwuchstrainer Jürgen Kramny, war man da nach einem überraschenden 3:1 gegen Wolfsburg optimistischer und machte ihn für den Rest der Saison zum Cheftrainer. Es endete in der Katastrophe Abstieg. Wobei dafür natürlich nicht nur der Trainer, sein Vorgänger oder der Sportdirektor schuld waren, sondern vor allem jene Führungsspieler, die dem Abstieg in den letzten Jahren schon mehrfach entronnen waren und die nach einer beeindruckenden Kurzserie im Februar dachten, zehn Punkte Vorsprung auf einen Abstiegsplatz würden schon ausreichen für den erneuten Klassenerhalt. Nicht, dass sich die VfB-Mannschaften der Vorjahre im jeweiligen Saisonverlauf mit Ruhm bekleckert hätten, schon gar nicht in Sachen Mentalität. Aber in dieser Saison kam alles zusammen: Überheblichkeit, Egoismus, sieben Eigentore und eine sportlich erschreckend schwache Qualität.

Wolfsburg, 14. Mai 2016: Der VfB steigt nach 40 Jahren aus der Bundesliga ab. ( (c) vfb-bilder.de)

Das Jahr 2016

Mai 2016 – der zweite Abstieg in der Bundesliga-Geschichte des VfB Stuttgart, der erste seit 41 Jahren. Die logische Konsequenz und gleichzeitig der absolute Tiefpunkt einer Abwärtsspirale, die schon Jahre vorher begonnen hatte. Und gleichzeitig so unnötig. Denn anders als 2015 war der VfB im Februar 2016 eigentlich in einer recht komfortablen Situation und auch die Mannschaft war rein auf dem Papier keine absolute Trümmertruppe, wie der Vergleich zwischen dem Kader beim Pokalfinale 2013 und dem beim letzten Spiel 2016 in Wolfsburg zeigt.

Pokalfinale 2013
Ulreich, Molinaro, Niedermeier, Tasci, Rüdiger, Gentner, Boka, Traoré, Maxim, Harnik, Ibisevic, Ziegler, Röckert, Sakai, Holzhauser, Kvist, Cacau, Okazaki

Wolfsburg 2016
Langerak, Insua, Baumgartl, Schwaab, Zimmermann, Rupp, Gentner, Kostic, Didavi, Werner, Kravets, Tyton, Heise, Klein, Niedermeier, Maxim, Harnik, Tashchy

Sicherlich konnte Przemyslaw Tyton, der über große Teile der Saison durch die Verletzung von Mitch Langerak zum Stammtorwart wurde, Sven Ulreich nicht ersetzen und auch Stürmer Artem Kravets und Verteidiger Philip Heise schlugen eher nicht so ein. Auf der anderen Seite stehen aber Spieler wie Kostic, Didavi, Werner, Maxim und Harnik, denen es eigentlich hätte gelingen müssen, den VfB vor dem Abstieg zu bewahren. Das Problem: Diese Akteure hatten vielleicht das Talent im Fuß, aber nicht die richtige Mentalität dazu. Nicht nur die Abwehr des VfB war aus finanziellen Gründen entkernt geworden, sondern die ganze Mannschaft. Wohin man schaute, nirgends war jemand zu erkennen, den man als Führungsspieler identifizieren konnte oder als “aggressive leader”, um ein anderes Schlagwort zu benutzen. Kevin Großkreutz war vielleicht Sympathieträger, aber in den letzten Spielen verletzt und konnte selbst, als er fit war, sportlich nur in überschaubarem Rahmen etwas beitragen.

Geduldiges Umfeld

Die Zeit zwischen dem irreführenden Pokalfinale und dem Absturz in die zweite Liga war aber auch die Zeit, in der die VfB-Fans das Image des “schwierigen Umfelds” abstreiften und Demut lernten. Man stelle sich einmal vor, dass Dein Verein drei Jahre hintereinander versucht, sich im Sommer neu aufzustellen und im Herbst all das wieder einreißt. Dass eine Mannschaft mit wechselnden Spielern den Verein drei Spielzeiten in Folge in den tiefsten Abstiegskampf reitet und erst in letzter Minute in der Lage ist, sich am eigenen Schopf aus dem Sumpf zu ziehen – oder zuletzt eben gar nicht. Dass jedes Jahr große Versprechungen gemacht werden, wie alles wieder besser wird und dass man aus den Fehlern der Vergangenheit gelernt habe. Und nach diesen drei Jahren ist alles umsonst. Die Rettung 2014, die Extase nach dem Abpfiff in Paderborn 2015, alles. HSV-Fans wissen mittlerweile, wovon ich rede. Und in dieser ganzen Zeit eskalierte es im Umfeld genau ein einziges Mal: Als die Mannschaft im letzten Heimspiel 2016 eine Führung gegen Mainz verspielte und vor dem Wolfsburg-Spiel sowieso nur noch theoretische Chancen auf Platz 15 hatte, brach sich der ganze Frust, die Enttäuschung, in einem Platzsturm Bahn. Nicht mit dem Ziel, Spieler oder Verantwortliche körperlich für das Versagen zu bestrafen, sondern auf der Suche nach Antworten. Im Gegensatz dazu stand die Niederlage gegen Dortmund im Februar 2015, als ein 18-jähriger Timo Baumgartl, nachdem er sich spielentscheidend von Marco Reus den Ball hatte abluchsen lassen, nach dem Spiel von der Kurve getröstet wurde.

Im Mai 2016 waren es dann die Fans, die den Trost brauchten, den ihnen niemand geben konnte. Stattdessen löste sich der Verein für ein paar Wochen in seine Einzelteile auf. Der erfolglose Trainer Kramny suchte ebenso das Weite wie der mit großen Versprechungen angetretene Sportvorstand Robin Dutt und Präsident Bernd Wahler. Der Rumpf der Vereinsführung, bestehend aus Finanzchef Stefan Heim und Marketingvorstand Jochen Röttgermann sowie den bereits erwähnten Aufsichtsräten Schäfer, Jenner und Porth suchte und fand zuerst in Jos Luhukay einen Trainer und dann zwei Monate später in Jan Schindelmeiser einen neuen Sportvorstand. Eine Reihe Spieler verließ natürlich auch den Verein. Timo Werner wurde, so muss man mittlerweile festhalten, unter Wert nach Leipzig verkauft, Kostic zum HSV und Didavi nach Wolfsburg. Gleichzeitig verließen vor allem jene Spieler, von denen man sich die meisten mentalen Impulse im Abstiegskampf erwartet, hatte den Verein: Martin Harnik ging zum Mitabsteiger Hannover, Georg Niedermeier nach Freiburg und Daniel Schwaab zur PSV Eindhoven. Die perfekten Voraussetzungen also für einen Neuanfang.

2016 bis 2019: Alles anders – ach, doch nicht

Zunächst wirkte auch alles wie ein Neuanfang – nicht nur, weil es für viele von uns die erste Saison in der Zweitklassigkeit war. Schindelmeiser verpflichtete Spieler wie Benjamin Pavard, Carlos Mané und Takuma Asano. Zuvor hatte der Verein bereits Zweitliga-Torschützenkönig Simon Terodde geholt. Dass man den Trainer vor dem Sportdirektor angestellt hatte, sollte sich schnell rächen, als Luhukay nach einem etwas holprigen Saisonstart durch Hannes Wolf ersetzt wurde. Noch so jemand wie Pavard, Mané oder Asano, von dem vorher noch niemand etwas gehört hatte. War das der neue VfB, mit jungen Spielern, einem jungen Trainer und einem Sportvorstand, dessen beide Neuzugänge in ihrem ersten Spiel gegen Fürth eines der traumhaftesten Tore der jüngeren VfB-Geschichte schossen?

Nunja, ein Präsident fehlte ja noch und der wurde vom dreiköpfigen Aufsichtsrat kurz nach Saisonbeginn präsentiert, selbstredend ohne Gegenkandidaten: Wolfgang Dietrich, ehemaliger Sprecher von Stuttgart 21 und allein deshalb schon nicht mit dem besten Leumund in Stuttgart. Dessen Ziel, abgesehen von der Besetzung des Präsidentenamtes, schien in dieser Zweitliga-Saison vor allem eines zu sein: Die Mitglieder endgültig von der Notwendigkeit einer Ausgliederung der Profiabteilung in eine AG zu überzeugen. Mit der Kritik an der Art und Weise seiner Amtsführung und der unter dem nur ganz leicht überheblichen Titel “Ja zum Erfolg” firmierenden Kampagne zur Ausgliederung wurden in den letzten Jahren schon zahlreiche Blogseiten und Podcast-Folgen gefüllt. Wie man auch immer zum Thema Ausgliederung stand, es legte sich schon wieder ein leichter Schatten über den VfB. Die Mannschaft stieg am Ende der Saison durchaus verdient als Zweitliga-Meister auf, leistete sich aber zwischendurch die eine oder andere Schwächephase.

Der Knall

Der ganz große Knall kam dann im Juli 2017, als wenige Monate nach der erfolgten Ausgliederung und mitten in der Saisonvorbereitung Jan Schindelmeiser entlassen und durch Michael Reschke ersetzt wurde. Auch hier begeben wir uns wieder in das Reich der Spekulation, aber es hatte wohl nicht allein sportliche Gründe, dass der VfB innerhalb von nicht einmal eineinhalb Jahren drei verschiedene Sportdirektoren beschäftigte. Reschke, beim FC Bayern als Kaderplaner eher im Hintergrund am Werkeln, war mit der Rolle im Rampenlicht zunächst offensichtlich überfordert, kanzelte Kritiker an der Verpflichtung der Routiniers Andreas Beck, Holger Badstuber und Dennis Aogo als “ahnungslose Vollidioten” ab und spielte öffentlich mit dem Gedanken, die “Zweite”, also die Zweitvertretung, die zeitgleich mit den Profis in die Regionalliga abgestiegen war, vom Spielbetrieb abzumelden. Im Winter 2018 erinnerte dann nichts mehr an selige Zweitliga-Zeiten, als auch Hannes Wolf den Verein verlassen musste und durch Tayfun Korkut ersetzt wurde, der durch eine schier absurde Serie von knappen Siegen ohne Gegentor den VfB fast noch in den Europapokal geführt hätte. Wenn da nicht Eintracht Frankfurt gewesen wäre.

Also alles wieder beim Alten? Nicht ganz. Denn wenn der Abstieg in die zweite Liga für eines gut war – und eigentlich sind Abstiege für nichts gut – dann für die Euphorie rund um den Verein. Obwohl eine Zweitliga-Meisterschaft für einen Verein mit der Historie des VfB ja nun wirklich kein Highlight darstellt, ging Merchandise mit dem Aufdruck “Erstklassig” weg wie warme Semmeln, als wäre der Verein gerade zum ersten Mal aufgestiegen oder nach langer Abstinenz zurückgekehrt. Der Zuschauerschnitt war auch in den dürren Jahren 2013 bis 2016 nie niedriger als 50.000, nach dem Aufstieg sprang er auf 56.000 und selbst in der sportlich schlechtesten Saison der Bundesliga-Geschichte, 2018/2019, lag er bei 54.000. Von den zahlreich auswärts mitfahrenden Fans ganz zu schweigen. Es gab zwar seit dem Wiederaufstieg weder Pokal-Heimspiele, noch Europapokal-Spiele, es ist aber angesichts der Zahlen in der Liga nicht ganz abwegig, zu glauben, dass das Neckarstadion auch bei europäischen Begegnungen voll gewesen wäre, wenn Eintracht Frankfurt es zugelassen und nicht den DFB-Pokal gewonnen hätte.

Der schlechteste VfB aller Zeiten

Eine Saison mit einem Trainerwechsel auf Platz 7 beendet, die Bayern in deren Stadion 4:1 geschlagen und zum ersten Mal seit Labbadias Zeiten wieder Planungssicherheit vor dem 34. Spieltag. Das konnte doch eigentlich nur gut gehen, oder? Ging es nicht. 2018/2019 ist mit 28 Punkten die schlechteste Saison der Bundesliga-Geschichte, die 70 Gegentore sind fast so viele wie in den Abstiegsjahren 2016 und 1975, 32 geschossene Tore, eine Tordifferenz von -38, 20 Niederlagen und nur 7 Siege ein historischer Negativwert. Dass der VfB im Jahr 2019 überhaupt die Relegation erreichte, grenzt an ein Wunder und ist nur damit zu erklären, dass die beiden direkten Absteiger Nürnberg und Hannover noch viel erbärmlicher waren. Im Rückblick scheint sich nichts geändert zu haben: Im Verein ließ man sich von der absurden und teilweise auch glücklichen Rückrunde 2018 blenden und verlängerte den Vertrag mit Tayfun Korkut. Die Spieler, die Michael Reschke verpflichtet hatte, kosteten teilweise so viel wie kein VfB-Spieler vor ihnen, passten aber ganz offensichtlich nicht zur Spielidee des Trainers, welche auch immer das gewesen sein mag. Eine defensive Aufstellung gegen den bis dahin punktlosen Tabellenletzten aus Hannover und eine daraus resultierende Niederlage führte dazu, dass der VfB 2018 erneut im Herbst seinen Übungsleiter entließ.

Im Laufe der weiteren Saison reihte sich ein Deja-vu an das andere: Aufsichtsratsmitglied Guido Buchwald schmiss nach einer Auseinandersetzung mit seinem Kollegen und Vertreter des liebevoll “Ankerinvestor” genannten Anteilseigners Daimler hin und nach einer desaströsen und an Selbstaufgabe grenzenden 0:6-Klatsche gegen – mal wieder – Augsburg war auch Korkuts Nachfolger Markus Weinzierl Geschichte. Der Sportvorstand? Hieß mittlerweile Thomas Hitzlsperger, nachdem Michael Reschke nach einer blamablen Leistung gegen Düsseldorf im Februar seines Amtes enthoben wurde – dem Vernehmen nach auch, weil er Weinzierl schon zu diesem Zeitpunkt entlassen wollte, Präsident und Aufsichtsratschef Wolfgang Dietrich aber nicht. Und Dietrich selber, der seit Rückrundenbeginn 2019 regelmäßig aus der Kurve zum Rücktritt aufgefordert wird, musste sich der Vorwürfe erwehren, sich nicht komplett von der Firma Quattrex und ihren Tochtergesellschaften getrennt zu haben. Jene Firma, die im Überlebenskampf des 1. FC Kaiserslautern eine gewichtige Rolle spielt und mit deren Unterstützung Union Berlin ans Tor zur Bundesliga klopft. Ein wenig Hoffnung gibt es natürlich: Sportvorstand Thomas Hitzlsperger holte sich Sven Mislintat als Sportdirektor hinzu, der 18-jährige Ozan Kabak scheint ein veritables Talent zum Verteidigen von Strafräumen zu haben und auch die jungen, von Reschke verpflichteten Spieler haben ein gewisses Potenzial, mit Ausnahme von Pablo Maffeo.

VfB 2019: Gefangen im Zeit-Looping

Überraschende Erkenntnis: Der VfB war nie der FC Bayern und nie Borussia Dortmund und wird es auch nie sein. Der VfB war aber auch nie der SC Freiburg, Mainz 05 oder der FC Augsburg. Vereine, für die eine Meisterschaft unerreichbar ist und eine Europapokalteilnahme eine Erfahrung, von der man noch nachfolgenden Generationen erzählen kann. Aber der VfB war zumindest immer gut genug, um sich im Windschatten der ganz Großen, Reichen und Erfolgreichen aufzuhalten und diese ab und an mal aus diesem Windschatten heraus zu überholen.

Natürlich hat sich der Fußball seit 2009 verändert. Die Ablösesummen sind absurder geworden und mittlerweile spielen nicht nur zwei oder vier Vereine in der Bundesliga, bei denen Geld und ein ausgeglichenes Budget keine Rolle spielen, sondern sechs – ebenso viele, wie es Europapokalplätze gibt. Gleichzeitig gelingt es aber Vereinen mit vergleichbaren oder durch die Ausgliederung der VfB AG sogar geringeren Mitteln, in diese Phalanx der Reichen einzubrechen, zum Beispiel Eintracht Frankfurt, Borussia Mönchengladbach oder Werder Bremen. Der VfB wird es nicht mehr so leicht haben wie zwischen 1979 und 2009, als man in jedem Jahrzehnt einmal Meister wurde, insgesamt zweimal im Europapokalfinale stand und dreimal im Pokalfinale. Aber er läuft Gefahr, den Anschluss an den Bereich der Bundesliga zu verlieren, in dem sich eben Vereine wie die Eintracht, die Borussia und Werder tummeln. Das schlimmste daran: Es ist selbstverschuldet und hat nur wenig mit der strukturellen finanziellen Ungleichheit in der Bundesliga zu tun. Ein Zahlenbeispiel: Zwischen 1966 und 1999 war der VfB nicht ein einziges Mal Tabellenletzter der Bundesliga. Zwischen 1999 und 2009 sechs Mal, seit 2009: 28 Mal.

All das hätte ich mir im Mai 2009 nicht vorzustellen vermocht. Mittlerweile ist man so abgestumpft, dass einen selbst ein weiterer Abstieg nicht mehr schocken kann. Oder ein weiterer Trainerwechsel im Herbst, oder eine noch schlechtere Saison, was kaum noch möglich ist. Der VfB hat die Erwartungshaltung seines Umfelds, das immer leicht zu begeistern war, innerhalb von zehn Jahren auf unter Null herunter gefahren und das Vertrauen, dass wir zwar nie dauerhaft ganz oben stehen, aber auch nie dauerhaft ganz unten, auf absehbare Zeit zerstört.

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Autoren-Information: Lennart Sauerwald ist seit 1997 Fan des VfB Stuttgart, Anfang der 2010er Jahre begann seine Zeit als Heim- und Auswärtsdauerkarteninhaber. 2015 gründete er Rund um den Brustring und bloggt und podcastet seitdem gemeinsam mit anderen Fans über den Verein seines Herzens. Zu Beginn der Saison 2018/2019 wurde er zum VfB-Experten beim Bundesliga-Radio von Amazon Music.

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21 Kommentare

  1. FaulerZauber

    Sehr schöner Beitrag, v.a. in der Zusammenstellung, vielen Dank. Ein Patentrezept, wie es aufwärts geht, hat vermutlich keiner. Aber man sieht doch an Hand der Zusammenstellung die Entwicklung sehr gut.

    Dass neue finanzkräftige Konkurrenten hinzukommen, macht den Wettbewerb schwieriger, das war aber zu jeden Zeiten so. Der VfB müsste mit seinem wirtschaftskräftigen Umfeld, in dem es als ernstzunehmendem Sport nur Fußball gibt, eigentlich mehr auf die Beine stellen können. Dass das klamme Bremen keinen Global Player aus regionalen Mitteln versorgen kann, ist normal. Dass Leipzig (das übrigens den SSV Markranstädt nicht übernommen hat, den gibt es unverändert, sondern nur das Spielrecht für die Oberliga Nordost) einen Investor von außen braucht, ebenso. Der VfB hat hingegen ein beneidenswertes Wirtschaftspotenzial im Umland.

    Meines Erachtens fehlt es an der klaren Linie. Ich war vor knapp 2 Jahren auf einer Veranstaltung in Nürtingen. Angekündigt war ein Sportmanagementvortrag in der Hochschule, tatsächlich war es eine Werbeveranstaltung für die Ausgliederung. Dort wurde geschwärmt vom Konzept (“Exzellenz im Nachwuchs”, die neuen “Jungen Wilden”, etc.), Wolf und Schindelmeiser waren Heilige, ikonengleich. Sportlich ging die Linie durchaus auf. Es näherte sich nur schon damals der Verdacht, dass dieses Konzept nur dazu da ist, um das Ziel Ausgliederung mehrheitsfähig zu machen, denn kaum waren die Daimler-Millionen da, wurden sie mit vollen Händen rausgeworfen. Und dem Außenstehenden drängt sich der Verdacht auf, dass Schindelmeiser deswegen gehen musste, weil er an dem Konzept festhalten wollte und es der Fraktion “Neureich” mit dem Wachstum nicht schnell genug gehen konnte.

    Mit Reschke kam ein Paradigmenwechsel, der m.E. nicht zum Besseren war. Ja, Kabak ist ein Megatransfer, aber die Gesamtbilanz ist eben nicht positiv. Wenn es kontinuierlich besser laufen soll, muss der VfB intern klären, welche Handschrift der Verein künftig tragen soll und danach einen sportlichen Leiter auswählen. Hitzlsperger muss der richtige Mann sein, weil er das Vereinskonzept verkörpert und nicht, weil er halt grad verfügbar war. Dazu muss ein Trainer geholt werden, der die Linie des sportlichen Leiters praktisch umsetzt. Und dann müssen gezielt dazu Spieler geholt werden. Den Eindruck gewinnt man aber nicht, da die Transferstrategie danach aussieht: “Wir holen den bestmöglichen Mann (oder vielleicht besser gesagt: Namen), der verfügbar ist”, ohne zu fragen, wo Bedarf ist und wie er ins Konzept passt. Dass kann Bayern machen, um die Konkurrenz zu schwächen, aber nicht ein Verein mit begrenzten Mitteln wie der VfB.

    Zusammenfassend sieht die Situation in einem Bild so aus, dass Dietrich mit Schulterzucken vor einem geschrotteten Daimler am Unfallort steht und sagt: “So isch’s halt g’worde”.

    • Bei deinem ersten Absatz kommen wir glaube ich nicht zusammen. Ansonsten hast Du vollkommen recht. Ich hoffe auch, dass Hitzlsperger eine Spielidee installiert, und danach das sportliche Personal aussucht. Der Abstieg und der Druck, sofort wieder aufzusteigen, machen das leider nicht einfacher. Was der VfB braucht, ist Zeit und Kontinuität. Knappe Güter heutzutage.

  2. guter und soweit ich es beurteilen kann auch richtiger text
    einzigst glaube ich dass kimmich nicht nach Leipzig verkauft sondern verliehen wurde oder verkauft mit Rückkauf Option

    und die Erwartungshaltung sind echt gesunken
    würde mal sagen, dass die fans erstmal nur eine engagierte und kämpfende Mannschaft sehen will, die alles im spiel gibt

    • Ganz genau, mehr wollen wir eigentlich nicht. Ja, Kimmich wurde mit Rückkaufoption an Leipzig verkauft. Hab ich dann aber rausgelassen, um den Satz kürzer zu machen, weil es jetzt keine essentielle Info war.

  3. Der VfB litt oft daran, daß es dort keine wirksamen Leute mit Visionen gab.
    Das einzig stabile war die Tendenz nach unten.
    Allein schon der Umbau vom schönsten Sportstadion der Welt (verschiedene internationalle Urteile) zum Bolzplatz für Millionäre, wühlte die Emotionen der Stuttgarter Bevölkerung auf, deren Wunsch nach einem massiven Denkzettel in 2016 seine Erfüllung fand, als drei Stuttgarter Fußballclubs abstiegen.
    VfB-Profis, VfB-Amateuere und dann noch die Stuttgarter Kickers.

    • Ach, daran lag das? Ich nehme an, der VfB ist auch für Stuttgart21 und den Feinstaub verantwortlich? 😉 Ich bin froh, dass die nutzlose Laufbahn weg ist.

  4. Sehr bewegender, mit viel Herzblut geschriebener Text, dem ich mich auch rational weitgehend anschließen kann (mit ein paar Ausnamhen, zB sehe ich Labbadia nicht so negativ, Schindelmeiser dagegen kritischer). Entscheidend war halt immer die Kaderplanung und die dafür verantwortlichen Leute: Von Heldt, der einst Marco Streller durch Ciprian Marica ersetzte, über Bobic und Dutt zu Schindelmeiser, der am liebsten mit lauter Jugendspielern angetreten wäre — und schließlich Reschke, der im Gegensatz dazu die eigene Jugendarbeit am liebsten eingestellt und nur noch junge Spieler aus dem Ausland eingekauft hätte.

    Das Problem der fehlenden Führungsspieler wurde angesprochen, mE ist das in den letzten Jahren noch schlimmer geworden: Anderswo “gescheiterte” Spieler wie Aogo, Beck, Didavi kommen zum VfB (bzw kehren zurück) in eine Art “Wohlfühloase”, wo sie es dann eher locker angehen lassen — da muß ich Schindelmeiser im nachhinein sogar irgendwie zustimmen, denn erfahrene Spieler ohne Führungsqualitäten sind wirklich nicht zu gebrauchen, dann lieber konsequent auf junge Spieler setzen.

    Wie auch immer, passend zu dieser verkorksten Saison hat man sich auch die Ausgangslage für das Union-Rückspiel wieder vermasselt — aber die Hoffnung stirbt ja bekanntlich zuletzt…

    • FCB Deutschermeister
      Ich finde ob wohl ich Bayern Fan bin Stuttgart gar nicht mal so schlecht

    • Levon Donikian

      Union war sicherlich besser als viele geglaubt hatten, jedoch glaube ich gesehen zu haben, daß der Gegner im defensiven Bereich, gerade in ihrer Innenverteidigung, zu knacken ist. Allerdings aus dem Spiel heraus und nicht über Standards. Wie müssen hinten dicht halten und mehr Dominanz im Mittelfeld zeigen indem wir schneller spielen. Zudem sollten wir unsere Zweikämpfe mal wieder im Zentrum des Platzes annehmen und für uns entscheiden. Dann bin ich überzeugt davon, daß wir das Spiel gewinnen werden.

      • Ja, es waren in dieser Saison vor allem die Führungsspieler, die ihre Leistung nicht abgerufen haben, die uns ziemlich reingeritten haben. Vor allem passte aber der Kader, der auf dem Papier nicht schlecht aussah, überhaupt nicht zu Korkut.

  5. Herbert Blum

    Die Geschichte kommt mir auf unheimliche Weise bekannt vor. Nur habe ich sie mehr als 20 Jahre früher mit meinem 1. FC Köln erlebt. Letzte Erfolge Ende der 80iger. Zweimal Vize-Meister unter Daum, für kurze Zeit einziger ernst zu nehmender Bayern-Jäger. Dann Querelen, “verschwundene” Transfer-Millionen (Thomas Hässler), langsames Abgleiten vom Mittelmaß nach unten. Der erste Abstieg 1998 und seitdem Fahrstuhl. Kurzes Aufbäumen und scheinbar gelungener Neuaufbau unter Schmadtke/Stöger und schließlich 2018 der Totalabsturz. Mittlerweile halte ich den FC für einen unregierbaren, gescheiterten Verein, wie Somalia unter den Staaten. Ein Verein mit über 100000 Mitgliedern, fast 50000 Zuschauerschnitt in der zweiten Liga, und einem unterstützenden lokalen Wirtschaftsumffeld (Ford, Rewe). Natürlich sind die Geschäfte schon lange in eine Kapitalgesellschaft ausgegliedert aber nichts hilft. Ich fürchte, mein lieber VfB-Freund, es wird nicht mehr besser nur noch schlimmer. Vielleicht sollten wir mit den HSVern die Trostliga der gescheiterten Traditionsklubs gründen. Schalke kommt bestimmt auch mal dazu!

    • Ja, die Geschichten scheinen sich zu wiederholen. So langsam kann man den HSV und uns kaum noch auseinanderhalten. Euer Absturz war schon echt krass. Ich hoffe, wir spielen in absehbarer Zeit wieder gemeinsam in der Bundesliga, Köln ist immer eine schöne Auswärtsfahrt. 🙂

  6. Hi Lennart, ich habe jetzt endlich Dein „Brett“ gelesen. Schönes Ding, Respekt! Hat es bei Dir beim Schreiben ähnlich geschmerzt wie bei mir beim Lesen? Womöglich war es auch der frische Eindruck aus dem Relegationshinspiel, aber nachdem Du mir noch einmal die letzten zehn Jahre vor Augen geführt hast, weiss ich: Es spricht wenig bis gar nichts dafür, dass der VfB in Berlin das zweite Spiel gewinnt.

    • Ja, leider hast Du recht behalten. Es hat geschmerzt und ich hab mich geärgert. An so vielen Wegkreuzungen haben wir die falsche Abzweigung genommen und keiner im Verein hat es gemerkt. Selbsttäuschung können wir…

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    • Ja, und jetzt haben wir es endlich geschafft uns in der zweiten Liga zu treffen…hätte sich vor zehn Jahren auch keiner von uns beiden vorzustellen vermocht.

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