Die 60 wichtigsten Episoden der deutschen Fußballgeschichte, Teil 5

Fußball wird seit etwa 150 Jahren in Deutschland gespielt, das heißt, in den Grenzen des damaligen Kaiserreiches. Zunächst waren es vor allem englische Händler, Studierende undTouristen, die das ihnen vertraute Spiel aus der Heimat auch hier gemeinsam spielten. Dort war die reglementierte Fassung des Spiels seit einem halben Jahrhundert bekannt. Diese Serie beschreibt die 60 wichtigsten Momente des Fußballspiels in Deutschland. Im fünften Teil geht es um die Jahre 1990 bis 2005. (Die Teile 1, 2, 3 und 4 sind hier, hier, hier und hier zu finden.)

von Petra Tabarelli (nachspielzeiten.de)

unter Mitarbeit der 120minuten-Redaktion | Dezember 2019

1990
Die Nationalmannschaft der Herren wird Weltmeister

Die WM 1990 fand in der Hochzeit des Defensiv-Fußballs statt. So wundert es nicht, dass auch das Finale am 8. Juli 1990 zwischen Argentinien und der Bundesrepublik Deutschland in Rom durch einen Elfmeter gewonnen wurde. Andy Brehme konnte ihn in der 85. Minute verwandeln. Es war das erste WM-Finale, das durch einen Elfmeter in der regulären Spielzeit entschieden worden ist. Franz Beckenbauer wurde der zweite Nationaltrainer nach Mario Zagallo aus Brasilien, der sowohl als Spieler als auch als Trainer Weltmeister wurde – wobei Zagallo den Titel als Spieler sogar zweimal holte (1958 und 1962).

1990
Eingliederung des DDR-Fußballs in die BRD

Die Organisation der Wiedervereinigung beider deutscher Staaten ging schneller voran, als man im DFV gedacht hatte. Das letzte Spiel der DDR-Nationalmannschaft der Männer fand am 12. September 1990 in Brüssel statt, Kapitän Matthias Sammer schoss beide Tore. Eigentlich sollte es Spiel ein Qualifikationsspiel für die EM 1992 sein, doch der DFV hatte das DDR-Team bereits abgemeldet. Um Schadenersatzforderungen zu umgehen, spielte man das Match als Freundschaftsspiel aus. Ohne Wiedervereinigung hätte die DDR-Mannschaft nach Belgien gegen die Nationalmannschaft der BRD gespielt (für den 21. November 1990 terminiert). So löste sich einen Tag vorher, am 20. November 1990, der DFV auf. Die DDR-Nationalelf der Männer kam auf 293 Länderspiele mit 501 Toren und 345 Gegentoren (ohne die bei Elfmeterschießen erzielten Tore) – 138 Siege, 69 Unentschieden und 86 Niederlagen. Das abgesagte EM-Qualifikationsspiel zwischen der nun ehemaligen DDR und der BRD wurde zunächst nicht als Freundschaftsspiel wiederholt, aus Sorge vor Ausschreitungen. Erst zwanzig Jahre später kam es zu einem Freundschaftsspiel zwischen DDR-Nationalspielern der 1990er Jahre und der BRD-Nationalelf, die an der WM 1990 teilgenommen hatte. Wie bereits 1902 spielte die gesamtdeutsche Mannschaft ihr erstes Spiel, ein Freundschaftsspiel gegen die Schweiz.

1990
Gründung der Frauenbundesliga

Seit Mitte der 1980er Jahre wurde über die Einführung einer überregionalen Spielklasse im Frauenfußball diskutiert, um die Leistungsunterschiede zwischen regionalen Spitzenmannschaften und den Niedrigerplatzierten auszugleichen. In West- und Norddeutschland wurden bereits 1985 beziehungsweise 1986 verbandsübergreifende Spielklassen gegründet und auf dem DFB-Bundestag 1986 wurde die Organisation einer deutschen Spielklasse fast einstimmig beschlossen. Es dauerte aber noch über die Frauen-EM 1989 in Deutschland hinaus, bis der DFB seine Idee in die Tat umsetzte. Für die Saison 1990/91 wurde die Frauen-Bundesliga eingeführt. Zunächst gab es zwei Ligen (Nord/Süd) mit je zehn Mannschaften – die der Landesverbände nach Abschluss der Saison 1989/90. Das waren in der Nordliga Fortuna Sachsenross Hannover, SC Poppenbüttel, Schmalfelder SV, SV Wilhelmshaven, VfR Eintracht Wolfsburg (alle zuvor Oberliga Nord), SSG Bergisch Gladbach, KBC Duisburg, VfB Rheine, TSV Siegen (Regionalliga West) und der 1. FC Neukölln (Oberliga Berlin). In der Südliga waren die SG Praunheim (später 1. FFC Frankfurt, künftig Eintracht Frankfurt) und der FSV Frankfurt (Oberliga Hessen), SC 07 Bad Neuenahr (Verbandsliga Rheinland), VfR 09 Saarbrücken (Verbandsliga Saarland), TuS Niederkirchen (Verbandsliga Südwest), SC Klinge Seckach (Verbandsliga Baden), TuS Binzen (Verbandsliga Südbaden), VfL Sindelfingen und VfL Ulm/Neu-Ulm (Verbandsliga Württemberg) und Bayern München (Bayernliga) die Gründungsmitglieder.

Seit 1997 gibt es eine Liga mit zwölf Teams für Gesamtdeutschland. Gründungsmitglieder waren zum Teil dieselben wie 1990: FSV Frankfurt, SG Praunheim, FCR Duisburg, Grün-Weiß Braunweiler, Sportfreunde Siegen, SSV Turbine Potsdam, FC Eintracht Rheine, 1. FC Saarbrücken, TuS Niederkirchen, SC 07 Bad Neuenahr, SC Klinge Seckach und der Hamburger SV. Das waren die vier besten der beiden vorherigen Ligen und die Siegerteams aus einem Wettbewerb, an dem alle anderen 16 Teams teilnahmen. Zur Saison 2004/05 wurde dann eine zweite Liga eingeführt, die bis zur Saison 2017/18 zweigleisig (Nord/Süd) geführt wurde. Mittlerweile gibt es eine zweite Liga für das gesamte Deutschland.

1995
Marc Bosman revolutioniert den Transfermarkt

Sportlich gesehen ist die Profi-Karriere des Belgiers Marc Bosman unbedeutend. Seine Verdienste um den Fußball hat Bosman durch eine arbeitsrechtliche Auseinandersetzung erworben. Anfang der 1990er wollte er den Verein wechseln, doch sein Arbeitgeber wollte ihn nicht ziehen lassen, ohne eine überhöhte Ablöse zu erhalten. Vor dem so genannten Bosman-Urteil war es Gang und Gäbe, dass der aktuelle Klub einem Vereinswechsel zustimmen musste und eine Ablöse verlangen konnte, selbst wenn der Vertrag des Spielers ausgelaufen war. Auch gab es in den Ligen weitreichende Bestimmungen, die die Anzahl ausländischer Profis in den Kadern limitierten. Bosman fand, dass ihn das in der Wahl seines Arbeitsplatzes einschränkte, klagte dagegen und bekam schlussendlich vor dem Europäischen Gerichtshof Recht. Das Urteil schuf einen Präzedenzfall. Es brachte den Profis mehr Selbstbestimmung, internationalisierte den Transfermarkt und befeuerte die Transferaktivitäten der Klubs, die sich nun einfacher mit Neuverpflichtungen einig werden konnten. Insofern ist dieses Urteil einer der Faktoren, die die Entwicklung hin zu den heutigen globalen Transfermärkten und -summen möglich machten. Der Spieler selbst hat von der Regelung nicht mehr profitiert – bei der Urteilsverkündung war Bosmans Karriere so gut wie beendet.

1996
Europameister dank Golden Goal

„Andersrum!“ Das soll Marco Bode in der 95. Minute des EM-Finals 1996 Oliver Bierhoff zugerufen haben. Bierhoff legte sich den Ball nicht auf Rechts sondern auf Links, zog ab – und Torhüter Kouba rutschte die Kugel über die Hände. Das erste Golden Goal der Fußballgeschichte machte Deutschland zum Europameister. Beim 2:1 Sieg erzielte der eingewechselte Bierhoff beide Tore. Der Legionär, der sein Geld in Italien verdiente, debütierte erst im Februar 1996 in der Nationalmannschaft und wird durch seine Tore wohl immer mit diesem Titelgewinn verbunden werden.
Es waren aber andere Spieler im deutschen Kader, die dem Turnier ihren Stempel aufdrückten – auch wenn Bundestrainer Berti Vogts im Turnierverlauf nicht müde wurde zu betonen, der Star sei die Mannschaft. Im Tor war Andreas Köpke sicherer Rückhalt, obwohl er gerade mit Eintracht Frankfurt aus der Bundesliga abgestiegen war. In der Abwehr organisierte Matthias Sammer das Spiel und im defensiven Mittelfeld lernten die Deutschen, Dieter Eilts zu lieben. Alle drei wurden in die Elf des Turniers, Sammer gar zum Spieler des Turniers gewählt. Der Kader bestand aus erfahrenen Spielern und wurde von Berti Vogts aufgrund des beinahe unheimlichen Verletzungspechs voll ausgeschöpft. Wer das Turnier verfolgt hat, erinnert sich sicher an die Nachnomminierung von Jens Todt, die der DFB-Auswahl zugestanden wurde. In die Vorrunde startete die Auswahl mit zwei Siegen, bevor ihr im letzten Gruppenspiel gegen Italien die Grenzen aufgezeigt wurden: Der 0:0-Endstand war mehr als schmeichelhaft. Im Viertelfinale konnte Kroatien überwunden werden, im Halbfinale gelang gegen England eine Revanche für das WM-Finale 1966. In Wembley zog die DFB-Auswahl gegen Gastgeber England nach Elfmeterschießen ins Finale ein, nachdem vor allem die englische Yellow Press in den Tagen zuvor nicht mit offensiven bis geschmacklosen Schlagzeilen gegeizt hatte.
Die EM 1996 markierte den zweiten großen Titel innerhalb von sechs Jahren. Es war das Turnier des Matthias Sammer und die mannschaftliche Geschlossenheit täuschte darüber hinweg, dass im deutschen Fußball bereits einiges im Argen lag. Im Kader fand sich nur eine Handvoll Spieler unter 25 Jahren und die folgenden Turniere sollten zeigen, dass es dem DFB an talentiertem Nachwuchs und guten Ideen mangelte.

1997
Schalke und Dortmund gewinnen die UEFA-Klubwettbewerbe

Für einen kurzen Augenblick im Mai 1997 war das Ruhrgebiet der Nabel des europäischen Fußballs. Schalke 04 errang mit Trainer Huub Stevens den UEFA-Pokal, Borussia Dortmund besiegte wenige Tage später in München Juventus Turin im Finale der Champions League. In der Saison 96/97 trat Schalke zum ersten Mal seit den 1970ern in einem kontinentalen Wettbewerb an. Im Laufe der Saison übernahm Huub Stevens den Trainerposten, der zuvor mit Roda Kerkrade in der ersten Runde gegen die Schalker ausgeschieden war. Mit kampfbetontem Fußball kam die Mannschaft Runde um Runde weiter. Gegen den FC Brügge wurde erst in letzter Minute das Weiterkommen ins Viertelfinale gesichert. Die Schalker Außenseiter, die kaum über internationale Erfahrung verfügten, traten im Finale gegen das mit Stars gespickte Inter Mailand an. Das Hinspiel in Gelsenkirchen gewann man knapp, das Rückspiel im Guiseppe Meazza ging ins Elfmeterschießen – Marc Wilmots versenkte den entscheidenden Elfmeter.
Borussia Dortmund verfügte über einen erfahreneren Kader und fokussierte sich im Frühjahr 1997 auf die Champions League, nachdem der BVB in der Bundesliga den Anschluss an die Tabellenspitze verloren hatte. Unvergessen bleibt das vorentscheidende 3:1 im Finale durch Lars Ricken nur wenige Sekunden nach seiner Einwechslung. Der Titelgewinn unter dem scheidenden Meistertrainer Ottmar Hitzfeld konnte aber nur kurzzeitig übertünchen, dass es erhebliche Spannungen im Mannschaftsgefüge gab. Das Team, das Hitzfeld aufgebaut hatte, war bereits über seinen Zenit hinaus.

1999
Bayern München, Manchester United und die Nachspielzeit

Die Dramaturgie des Finales der Champions League 1999 zwischen Bayern München und Manchester United war eine ganz besondere. Schon nach wenigen Minuten ging der FC Bayern durch einen Freistoß von Mario Basler in Führung. Fortan sah es fast 90 Minuten lang so aus, als würden die Münchner als Sieger vom Platz gehen. Sie erspielten sich einige
Chancen und verwalteten den knappen Vorsprung. Der Spielverlauf sprach eine deutliche Sprache – das Endergebnis war ein anderes. In der 81. Minute wurde der inzwischen 38-jährige Lothar Matthäus ausgewechselt, bei Manchester United brachte Manager Alex Ferguson zeitgleich Stürmer Ole Gunnar Solskjær. Zuvor hatte er schon Teddy Sheringham eingewechselt. Die Joker stachen. In der ersten Minute der Nachspielzeit glich Sheringham nach einem Eckball aus. Die Münchner wirkten paralysiert und kassierten in der 3. Minute der regulären Nachspielzeit das 1:2 – wieder nach einem Eckball, diesmal traf Solskjær. Der Sieg sicherte Manchester United zum zweiten Mal nach 1968 (damals unter dem legendären Trainer Matt Busby) den wichtigsten kontinentalen Titel und hinterließ Spieler, Fans und Verantwortliche des FC Bayern fassungslos.

2002
Die Kirch-Pleite

Für eine Weile war der Medienunternehmer Leo Kirch der heimliche Herrscher der Bundesliga. Über eine Milliarde Euro ließ er sich die Übertragungsrechte der höchsten deutschen Spielklasse für vier Jahre kosten. Das war um die Jahrtausendwende gleichzusetzen mit einem Geldregen für die Klubs: Borussia Dortmund investierte innerhalb von drei Spielzeiten etwa 100 Millionen Euro in Neuzugänge und die Spielergehälter stiegen ligaweit deutlich. Kirch und sein Pay-TV-Sender Premiere diktierten die Anstoßzeiten und die Regeln für die Berichterstattung im Free-TV. Doch seine Rechnung ging nicht auf: die Anzahl der Abonnenten stieg nicht wie gewünscht und so verbrannte der Sender jeden Monat Millionen. Hinzu kamen weitere kostspielige Investitionen für Sportrechte, die sich ebenso wenig rentierten. Im April 2002 hatte KirchMedia mehrere Milliarden Euro Verbindlichkeiten angehäuft und ging in Insolvenz. Die Vereine, von denen einige Investitionen in neue Stadien getätigt hatten, saßen auf dem Trockenen. Ein Fond der DFL für Krisenzeiten sollte Abhilfe schaffen, doch schlussendlich entgingen der Liga durch die Pleite etwa 200 Millionen Euro, die fest eingeplant gewesen waren. Vor der Saison 2003/04 verkleinerte fast die halbe Bundesliga ihre Etats und die Transferausgaben sanken um zwei Drittel. Die Kirch-Pleite verpasste der Liga einen spürbaren finanziellen Dämpfer.

2003
Die Nationalmannschaft der Frauen wird Weltmeister

Die Fußballweltmeisterschaft 2003 sollte ursprünglich in China stattfinden, wurde aber wegen der Pandemie der Infektionskrankheit SARS kurzfristig in die USA verlegt. Die deutsche Frauen-Nationalelf dominierte das Turnier, das vom 20. September bis 12. Oktober 2003 ausgetragen wurde. Der auf den ersten Blick eher ungewöhnliche Zeitraum des Turniers begründet sich in der Tatsache, dass die chinesischen Fußballligen im Herbst enden. Sowohl die im Nachhinein als beste Spielerin als auch die als beste Torhüterin des Turniers ausgezeichneten Spielerinnen gehörten zum deutschen Team: Birgit Prinz (1. FFC Frankfurt) und Silke Rottenberg (FCR 2001 Duisburg). Ebenso waren unter den vier besten Torschützinnen vier Deutsche, nämlich neben der alleinigen Torschützenkönigin noch die Stürmerinnen Maren Meinert (Boston Breakers) und Kerstin Garefrekes (FFC Heike Rheine). Der Erfolg des deutschen Teams beruhte aber nicht nur auf den Torschützinnen und der Torfrau, sondern war auch eine herausragende Teamleistung. Durch sie konnte das deutsche Team im Halbfinale das amtierende Weltmeisterteam und Favorit USA mit 3:0 eindrucksvoll besiegen.
Eine überzeugende Leistung zeigte das deutsche Team auch im Finale gegen Schweden, hatte zudem aber Glück, denn auf beiden Seiten gab es einige Chancen. So ging das Spiel mit 1:1 in die Verlängerung. Keine zehn Minuten später standen die deutschen Frauen als neue Weltmeisterinnen fest, denn die Innenverteidigerin Nia Künzer (1. FFC Frankfurt) erzielte das 2:1 – das letzte Golden Goal vor der Abschaffung im Sommer 2003. Nia Künzers Tor wurde zum Tor des Jahres in Deutschland gewählt. Es war der erste WM-Titel der deutschen Frauennationalmannschaft. Trainerin Tina Theune (damals Theune-Mayer), die aktiv für Grün-Weiß Brauweiler spielte, erwarb nach ihrer aktiven Laufbahn als erste Frau in Deutschland eine Fußballlehrerlizenz und übernahm im gleichen Jahr den Trainerinnenjob des deutschen Teams. 2003 gehörte auch die ehemalige Bundesligaspielerin Silvia Neid zu ihren Assistentinnen. Neid übernahm 2005 das Amt der Bundestrainerin von Theune und wurde 2007 erneut Weltmeisterin.

WM-Finale 2003, Quelle: Curt Gibbs, CC BY 2.0 via flickr.

2005
Schiedsrichter-Wettskandal

Hoyzer. Vor 15 Jahren ein junger, ambitionierter und hochgelobter DFB-Schiedsrichter mit Vornamen Robert, heute ein Schimpfwort. Den meisten ist das Männer-DFB-Pokalspiel des Hamburger Sportvereins gegen den SC Paderborn ein Begriff. Es war die erste Runde des DFB-Pokals der neuen Saison, der HSV verlor mit 4:2 nach eigener 2:0-Führung. Hoyzer hatte auf zwei haltlose Strafstöße für Paderborn entschieden, ein weiteres Tor des SCP hätte er wegen eines vorangegangenen Foulspiels nicht geben dürfen. Es verging ein halbes Jahr, bis die Schiedsrichter Lutz Michael Fröhlich, Manuel Gräfe, Olaf Blumenstein und Felix Zwayer den DFB am 19. Januar 2005 über die Spielmanipulationen informierten. Robert Hoyzer bestritt für ein paar Tage die Vorwürfe, um dann aber ein umfangreiches Geständnis abzulegen. Er nannte dabei auch Dominik Marks, der ebenfalls 2005 Spiele der 2. Männer-Bundesliga und des Männer-DFB-Pokal schiedste. Auch er hatte Spiele durch seine Entscheidungen manipuliert. Der DFB sperrte Hoyzer und Marks lebenslang und der Bundesgerichtshof verurteilte Hoyzer zu zwei Jahren und fünf Monaten Haft (ohne Bewährung) und Marks zu einem Jahr und sechs Monaten (auf Bewährung). Ein Revisionsgesuch wurde abgelehnt. Obwohl die Haftdauer ohne Bewährung festgesetzt worden war, wurde Hoyzer bereits nach 14 Monaten, am 18. Juli 2008, wegen guter Führung aus der Haft entlassen.Vor dem Haftantritt hatte der DFB gegen Robert Hoyzer Schadenersatzansprüche von 1,8 Millionen Euro gestellt, nach der Haftstrafe einigten sich beide Parteien auf einen Vergleich: 450.000 Euro in 15 Jahren, wobei ihm der DFB später gut zwei Drittel der Summe erstattete. Dafür muss Hoyzer Auflagen erfüllen, darf zum Beispiel keinen Profit aus dem Fall ziehen, indem er ein Buch darüber schreibt oder sein Leben um den Skandal verfilmen lässt. Der Schiedsrichterskandal rund um Robert Hoyzer hat heute vor allem zwei Konsequenzen: „Hoyzer“ oder „hoyzern“ ist ein Schimpfwort gegenüber Schiedsrichter*innen und führt zum Platzverweis, wenn Spieler*innen oder Verantwortliche es nutzen. „Hoyzern“ wurde zudem das Kunstwort des Jahres 2005. Zum anderen rotieren die meist festen Schiedsrichter*innen-Gespanne in zufälliger Reihenfolge. Das bedeutet, dass am Spieltag die vorher festgelegte Zusammensetzung aus Schiedsrichter*in und Assistent*innen getauscht wird. So sollen Absprachen unterbunden und weiteres „Verschiedsen“ möglichst unmöglich gemacht werden.

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Anmerkung:

Die Texte zum Bosman-Urteil, dem EM-Titel 1996, dem Gewinn der Klub-Wettbewerbe 1997, des Champions-League-Finales 1999 sowie der Kirchpleite (2002) stammen aus der Feder von 120minuten-Redaktionsmitglied Endreas Müller.

Beitragsbild: gemeinfrei

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