Helmut Schöns Flucht nach vorn

Das Skandalspiel von Dresden und von einem der auszog, das Saarland zu trainieren

Helmut Schön war ein begnadeter Fußballer und einer der erfolgreichsten Nationaltrainer Deutschlands. Zwischen dem Ende seiner Spielerkarriere und dem Engagement beim DFB, war er Spielertrainer, floh nach Westdeutschland und trainierte Ende der 40er- und Anfang der 50er-Jahre mehrere Auswahlmannschaften anstatt als Vereinstrainer Fuß zu fassen. Ein interessantes und prägendes Kapitel im Werdegang des Helmut Schön.

Autor: Sebastian Kahl, Mitarbeit: Endreas Müller (120minuten.github.io)

Es ist der 16. April 1950, ca. 16.20 Uhr: Die SG Dresden-Friedrichstadt liegt im letzten Ligaspiel zur Pause zurück. Horch Zwickau – vor dem Spieltag punktgleich mit Tabellenführer Dresden – ist zu Gast und hat das Glück; vermeintlich auch den Schiedsrichter auf seiner Seite. Es geht um nichts geringeres als den ersten DDR-Meistertitel. 60.000 Dresdner auf den Rängen, 40.000 außerhalb des Stadions. Auf dem Schwarzmarkt wechselten die Karten angeblich für je 100 Mark den Besitzer. Und nun das: Rückstand zur Pause, drei Tore des Gegners! Die Halbzeitansprache des Dresdner Trainers ist nicht überliefert. Vielleicht erinnerte Helmut Schön seine Mannschaft an ein früheres Spiel an gleicher Stätte…

Mit Ballgefühl und Spielwitz, aber zu weich für Herberger

Im September 1930 liegt die Deutsche Nationalmannschaft in einem Freundschaftsspiel gegen Ungarn zur Halbzeit mit 0:3 zurück. Mit dabei: der fünfzehnjährige Helmut Schön. Als Balljunge hinter dem Ungarischen Tor hat er in Minute 59 den besten Platz im Stadion. Lokalmatador Richard Hofmann leitet die Wende ein, Deutschland gewinnt 5:3. Neben Matthias Sindelar war Richard Hofmann eines der fußballerischen Idole des jungen Schön. In einer Reminiszenz zu Hofmanns 75. Geburtstag erinnert sich Schön an einen beidfüßigen, abschlusssicheren Stürmer.

„Er war ein legendärer Spieler. Er war nicht nur technisch gut, er war ein unermüdlicher Ballschlepper und schoss bei Dribblings so schnell mit dem linken oder mit dem rechten Fuß, dass der Torwart den Ball erst sah, wenn er schon im Tor war. Er schoss so genau, dass er selbst eine Tomate auf der Torlatte traf.“

Helmut Schön über Richard Hofmann

Schön, geboren am 15. September 1915, lernte das Fußballspielen auf den Straßen Dresdens, verdiente sich bei kleineren Vereinen die ersten Sporen, bis er beim großen Dresdner SC landete. Sein frühester Förderer – Jimmy Hogan – gilt als einer der Fußball-Pioniere auf dem Kontinent. Der Engländer trainierte Mannschaften in Deutschland, Österreich, Ungarn und der Schweiz. In Dresden stand er ab 1928 an der Seitenlinie. Helmut Schön rückte er an die erste Mannschaft heran, prägte mit einem modernen, auf Passspiel ausgelegten Stil seine Ausbildung. Hofmann und Hogan; frühe Einflüsse, die Schöns gesamte fußballerische Laufbahn prägen würden.

„Wo immer er sich gerade aufhielt, propagierte Hogan einen technisch versierten Fußball und trug so dazu bei, dass der englische Fußball vom europäischen Festland bald überholt wurde.“

Jonathan Wilson über Jimmy Hogan

Im Alter von 17 debütiert Schön für den DSC in der Liga. Ballgefühl und Spielwitz zeichnen den Stürmer Schön aus; galant, trotz seinen fast 1,90m. Von Hofmann schaut er sich die Beidfüßigkeit ab. Schnell spielt er sich in einem Dresdner Team fest, das über ein Jahrzehnt den Fußball in Sachsen dominieren sollte.

In 12 Spielzeiten der Gauliga Sachsen holte der DSC sechs regionale Meisterschaften. In Kriegszeiten gab Dresden auch länderübergreifend den Ton an: 39/40 und 40/41 gewann man den Tschammerpokal, 42/43 und 43/44 die Deutsche Meisterschaft. Im Finale 1944 gegen den Luftwaffen-Sportverein Hamburg steuerte Schön einen Treffer bei. Der DSC war eines der Aushängeschilder des deutschen Fußballs, vom Frontdienst wurden seine Spieler weitestgehend verschont.

„Der General Mehnert, der war hier im Oberkommando in Dresden der führende Mann, und der hat das so gemanagt, dass wir immer schön zurückgehalten wurden, wenn es abging an die Front.“

DSC-Spieler Herbert Pohl in ‚Stürmen für Deutschland‘

Eine Mitgliedschaft in der NSDAP wurde den Spielern mehrfach angetragen, von Seiten Schöns aber stets ausgeschlagen. Aus seinen Aussagen, trotz des Kriegs eine „herrliche Fußballzeit erlebt“ zu haben, wurde viel gemacht. Fischer und Lindner ordnen das in „Stürmen für Hitler“ objektiver ein, die Bedingungen seien für Fußballer eben durchaus besser gewesen. An der lapidaren Formulierung spiegelt sich eine gewisse unpolitische Art Schöns wider. In der Nachkriegszeit stieß das auch den Verantwortlichen des DDR-Sportausschusses mehrfach sauer auf.

Nichtsdestotrotz kam Schön für die Deutsche Nationalmannschaft insgesamt 16-mal zum Einsatz, erzielte dabei 17 Tore. Nach einem 2:4 in Stockholm gegen Schweden 1941 war für ihn im Schwarz-weißen Dress Schluss. Als Sündenbock der Formschwankungen ausgemacht, streicht ihn Trainer Herberger aus der Mannschaft. Ironie des Schicksals, dass sich ihre Wege im Fußballgeschäft noch auf Jahrzehnte kreuzen sollten.

„Die Stürmer sind zu weich! Keine Kämpfer!! Gegen Schweden gewinnt man nur durch Kraft und Kampf, Schnelligkeit und Härte!! Schön ist gegen Mannschaften aus Skandinavien hinfort nicht mehr tragbar.“

Sepp Herberger in seinem Tagebuch nach dem 2:4 in Schweden

Helmut Schön als Spieler der SG Dresden-Friedrichstadt, 1946

Mit Kriegsende werden in der sowjetischen Besatzungszone alle bürgerlichen Vereine zerschlagen. An ihre Stelle rücken auf die Region begrenzte Sportgemeinschaften. Mannschaft und Mitglieder des DSC versammeln sich von 1945 an unter dem Banner „SG Dresden-Friedrichstadt“. Nicht nur im Geist ist man Nachfolger des letzten Kriegsmeisters, auch Emblem Farben und Uniform bleiben die gleichen. Kommt der Fußball im Osten zunächst nur schwer auf die Beine, die „bürgerlichen“ Friedrichstädter sind Publikumsmagnet. Und den Oberen damit ein Dorn im Auge.

„Die Dresdner galten in der SED als Mannschaft der bürgerlichen Bonzen.“

Wolfgang Hempel, Sportreporter des DDR-Hörfunks

Helmut Schön avanciert derweil zum wichtigsten Mann im Ostfußball. Der neu formierte Sportausschuss macht ihn zum Trainer der ersten Ostzonenauswahl, dem Vorläufer der DDR-Nationalmannschaft. (Erst im Juli 1952 wird der DFV vollwertiges FIFA-Mitglied.) In einer ersten Amtshandlung streicht er den politischen Lehrgang für seine Spieler. Zu voll der Terminkalender. Schön ist nun zeitgleich Spielertrainer in Dresden, Trainer einer Sachsen- und der Zonen-Auswahl.

Mit Dresden knüpft er an die vorherigen Erfolge an. Der Titel Landesmeister Sachsen 48/49 berechtigt zur Teilnahme an der 2. Ostzonenmeisterschaft ’49. Gegen die ZSG Union Halle fliegt Friedrichstadt allerdings in der ersten Runde raus. Kurios: Während alle anderen Spiele auf neutralem Boden stattfinden, darf Halle im heimischen Stadion antreten. In der Folge setzten sich die Hallenser auch gegen Stendal und Erfurt durch, werden Ostzonenmeister.

Eklat beim Meisterschaftsfinale

Mit Gründung der DDR fällt 1949 auch der Startschuss in die erste Oberliga-Saison. Die SG Dresden-Friedrichstadt stellt sogleich Rekorde auf, die für Jahrzehnte Bestand haben sollten. Bereits am ersten Spieltag gewinnt man in Babelsberg mit 12:2, das torreichste Spiel der DDR-Oberliga-Geschichte. Anker Wismar bezwingt man am fünften Spieltag mit 11:0, der höchste Sieg aller Zeiten.

So steht Dresden-Friedrichstadt einen Spieltag vor Schluss auf Tabellenplatz eins. Allerdings kommt der punktgleiche Zweite Horch Zwickau zum Gastspiel ins Dresdner Ostragehege. 60.000 Zuschauer sehen ein wahres Endspiel um die Meisterschaft. Unter ihnen hatte sich auch die Politprominenz samt Walter Ulbricht versammelt. Was sich in den folgenden 90 Minuten abspielt, dürfte dann auch höchstens die Ehrenloge gefreut haben. Zwar geht Dresden nach drei Minuten in Führung. Zwickau hat zur Pause aber bereits auf 1:3 gestellt, gewinnt am Ende gar 1:5.

Berichten zufolge sei Zwickau Dresden sportlich wirklich überlegen gewesen. Und tatsächliche Spielmanipulation ließ sich in der Folge nie klar bestätigen. Dennoch sprechen alle Anzeichen dafür, dass Zwickau per Diktat von oben Meister wird. Zunächst gilt die Zentrale Sportgemeinschaft Horch Zwickau als Prototyp der kommenden Betriebssportgemeinschaften. Trägerbetrieb sind die Zwickauer Autowerke. Damit sind sie der Gegenentwurf zum „bürgerlichen“ SG Dresden-Friedrichstadt.

„Besonders aber begrüßen wir, dass die Sportler der großen Betriebssportgemeinschaft eines volkseigenen Betriebes diesen Sieg errungen haben.“

Manfred Ewald, Leiter Abteilung Sport im Deutschen Sportausschuss

Unzählige Fouls an Dresdner Spielern ließ Schiedsrichter Schmidt ungeahndet. Als gesichert darf ein Verletzter gelten: Hans Kreische muss vom Feld. Auswechslungen gibt es damals noch nicht, Dresden muss in Unterzahl weitermachen.

„Eine sehr schlechte Leistung des Schönebeckers Schiedsrichters Schmidt, der seinem Amt in keiner Weise gewachsen war.“

Spielbericht in ‚Neues Deutschland‘

Nach Abpfiff verlassen die Dresdner ohne den üblichen Sportlergruß den Platz, ein Affront gegenüber der Obrigkeit. Fans stürmen das Spielfeld, bedrängen die Zwickauer Spieler. Das Schiedsrichtergespann wird unter Polizeischutz aus dem Stadion eskortiert. Beim anschließenden Galadinner stehlen sich die Dresdner Spieler davon, um im Stadion mit den Fans zu feiern.

„Ulbricht hat uns Dresdnern damals überhaupt nicht gratuliert. Er sprach bei der Meisterfeier in Loschwitz nur zu den Zwickauern, als ob es uns überhaupt nicht geben würde. Wir saßen da wie die dummen Jungs, wurden überhaupt nicht beachtet. Da haben wir uns leise abgesprochen, sind aufgestanden und rausgegangen. Was sollten wir dort? Wir sind als Mannschaft ins Stadion gefahren und haben mit unseren Fans im Ostragehege gefeiert. Bis früh haben wir Bier getrunken. Es waren unglaubliche Stunden.“

Hans Kreische

Das Nachspiel ist vielfältig. Schön wird nach Berlin vor den Sportausschuss zitiert. Zwar will man noch über das Urteil beraten, die Abberufung und Sperre des Auswahl-Trainers ist nur noch Formsache.

„Ich stand wie vor einem Tribunal. Der Sportausschuss hatte mich wegen der Skandalszenen vorgeladen. ‚Sie haben die Ausschreitungen in Dresden provoziert! Wir brauchen in unserem sozialistischen Sport keine Spieler, die noch an den alten Traditionen hängen. Nach Pfingsten werden wir über Sie disponieren, Schön!“

Helmut Schön in seiner Biografie (1978)

Die SG Dresden-Friedrichstadt wird noch im Mai 1950 aufgelöst und formal an den unterklassigen VVB Tabak Dresden angegliedert. Den Startplatz in der Oberliga erhält die SG Volkspolizei Dresden, die im April ’53 in die neugegründete Sportvereinigung Dynamo eingegliedert wird.

Das Berliner Missverständnis

Für Helmut Schön steht fest – in der DDR kann er nicht bleiben. Auch wenn die Zeit knapp ist, seine Flucht in die Bundesrepublik geschieht nicht überhastet. Schön plant seine Flucht sorgfältig  und weiht Sepp Herberger ein. Bei einem Trainerlehrgang Anfang 1950 in Köln kamen beide erstmals in der Nachkriegszeit wieder in Kontakt und fortan tauschen sie sich regelmäßig aus. Schön bezieht Herberger auch in seine Karriereplanung ein und fragt den Bundestrainer um Rat.

In Berlin ist die Hertha seine Anlaufstelle. Zu Hertha BSC pflegt Schön bereits Kontakte. Die Spieler aus Dresden und Berlin kennen sich seit Jahren, u.a. von Freundschaftsspielen in der Provinz in der Nachkriegszeit – eine willkommene Gelegenheit, sich als Fußballspieler etwas dazu zu verdienen.

Als er am 26. Mai 1950 Dresden verlässt, steht bereits fest, dass er als Spielertrainer bei Hertha BSC anheuern wird. Die Flucht in den Westen gestaltet sich für Schön dann etwas komplizierter als erwartet. Das Weltjugendtreffen in Berlin verschafft ihm eine Durchfahrtgenehmigung über das Gebiet Westberlins, die er nutzen will, um sich abzusetzen. Doch auf der Transitstrecke gen Westen wird er angehalten und aufgefordert einen Umweg um Berlin herum über DDR-Gebiet zu nehmen.

In diesem Moment greift Schön zu einer List. Zum DDR-Grenzer, mit dem er es zu tun hat, scheint noch nicht durchgedrungen zu sein, dass Schön nicht mehr Auswahltrainer der DDR ist. Schön verweist darauf, dass er keine Zeit hätte und zu seiner Mannschaft müsse, die sich im nahen Babelsberg auf ein Länderspiel vorbereitet. Da könne er keinen Umweg in Kauf nehmen. Der Grenzer lenkt ein, Schön passiert und setzt sich ab.

Ein Großteil der Friedrichstädter folgt Schön nach Berlin: u.a. Birkner, Jungnickel, Max und Hans Kreische, Hövermann, Kunstmann, Drognitz, Küchenmeister und Seifert. Unter dem Schutz des Weltjugendtreffens treten auch sie über.

„Unsere Mannschaft ist geschlossen nach West-Berlin gekommen, weil wir es im Interesse unserer sportlichen Entwicklung für nötig erachteten. Wir wollen hier frei und ungehemmt unserem Lieblingssport huldigen und freuen uns, wenn wir recht bald wieder mit Erfolgen aufwarten können.“

Helmut Schön im West-TV kurz nach Übertritt (1950)

Hertha BSC bestreitet Anfang Juni ein Benefizspiel gegen die Friedrichstädter und kurz darauf gibt man bekannt, dass aus den beiden Mannschaften eine werden soll – mit Helmut Schön als Spieler-Trainer. Mit diesem Team will Hertha in der Berliner Stadtliga antreten. Auf dem Papier eine beachtliche Mannschaft: der Beinahe-Meister aus der DDR, die Spieler der Hertha, angeführt von Helmut Schön. Zusätzlich hält in Berlin das Vertragsspieler-Statut Einzug und die Spieler können dem Fußball ganz offiziell als Beruf nachgehen. Gute Voraussetzungen für Trainer Schön und seine Mannschaft.

„Hertha BSC und der Dresdner SC schrieben, jeder für sich und zu verschiedenen Zeiten, ein Stück deutscher Fußballgeschichte. Die besondere Konstellation im zerrissenen Nachkriegsdeutschland hat sie zusammengeführt, und so ist es als ein Akt der gegenseitigen Achtung zu bezeichnen, daß auch auf den Jerseys der Spieler jetzt beide Vereinswappen prangen.“

Fußballwoche

Doch die Zusammenarbeit ist wenig erfolgreich. In einem Testspiel führen die Dresdner ihre neuen Berliner Mitspieler vor und Trainer Schön stellt lieber seine alten Kumpane auf. Es wird schnell klar, dass die Sachsen die Mannschaft dominieren und die Chemie zwischen den Spielern nicht stimmt. Die Saison 1950/51 beendet Hertha in der Stadtliga mit 14 Teams auf dem dritten Platz. Tennis Borussia Berlin sichert sich mit großem Abstand die Stadtmeisterschaft. Der Trainer Schön hat Probleme aus einer Spielergruppe mit großem Potential eine funktionierende Mannschaft zu formen. Der Spieler schön plagt sich mit Verletzungen herum, bestreitet nur drei Spiele und hängt die Fußballschuhe endgültig an den Nagel. Das Engagement bei der Hertha ist eine Enttäuschung.

Über Wiesbaden ins Saarland

Das Angebot des SV Wiesbaden kommt ihm da gerade recht. Sportlich gesehen ist der Trainerposten, den er in Hessen übernimmt, ein Rückschritt. Hertha trat in der höchsten Spielklasse an, der SV Wiesbaden in der zweitklassigen 2. Oberliga Süd. Aus dieser Zeit ist wenig über das Wirken Schöns bekannt. Wiesbaden beendet die Saison 1951/52 im Mittelfeld der Tabelle. Persönlich entpuppt sich der Wechsel für Schön aber als Glücksgriff. In Wiesbaden wird er sesshaft und lebt dort bis zu seinem Lebensende.

1952 hat Schön zwei Angebote vorliegen zwischen denen er sich entscheiden muss. Der 1. FC Köln will ihn als Trainer verpflichten. Spielertrainer Hennes Weisweiler verließ die Kölner und man suchte Ersatz. Der FC hatte sich Anfang der 50er-Jahre in der Oberliga West etabliert, spielte oben mit und sollte sich 1954 die Westdeutsche Meisterschaft sichern. Das zweite Angebot war das des saarländischen Fußballverbands (SFB). Das Saarland war zu diesem Zeitpunkt nicht Bestandteil der Bundesrepublik und hatte sich um eine Aufnahme in die FIFA bemüht, die dem SFB noch vor dem DFB gelang. Der SFB war damit berechtigt, an der Qualifikation zur WM 1954 teilzunehmen – die wichtigste Aufgabe, die auf Helmut Schön zukommen würde.

Schön muss sich entscheiden – zwischen der WM-Quali mit einem Underdog und dem Trainerposten bei einem ambitionierten Oberligisten. Schön unterschreibt beim SFB, was wohl auch damit zusammenhängt, dass ihm die Rolle als Trainer einer Auswahlmannschaft deutlich lieber war als ein Trainerposten im Ligabetrieb. Das erste Länderspiel unter seiner Leitung findet im November 1952 statt. Bis zum Beginn der Qualifikationsspiele setzt Schön eine Reihe von Testspielen gegen B-Mannschaften an. Seine Spieler rekrutiert er zum überwiegenden Teil vom relativ erfolgreich spielenden 1. FC Saarbrücken. Die in der Oberliga Südwest mitspielenden Saarbrücker schafften 1952 gar den Sprung ins Finale um die deutsche Meisterschaft. Trotz einer eingespielten Truppe und umfassender Vorbereitung – das Saarland geht als krasser Außenseiter in die Quali-Spiele – dort muss sich Schöns Auswahl just mit der BRD und Norwegen messen.

Seiner Mannschaft gelingt ein Achtungserfolg: in Norwegen siegt das Saarland überraschend nach 0:2 Rückstand und die Spiele gegen die BRD können verhältnismäßig ausgeglichen gestaltet werden, was der Saar-Auswahl viele Respektsbekundungen in der deutschen Presse einbringt. Die Stimmung zwischen DFB- und SFB-Auswahl ist gut. Der DFB lädt die Saarländer zur WM 1954 ein und so gehören Spieler und Trainer des SFB zu den ersten Gratulanten nach dem errungenen WM-Titel.

„Lieber Herr Herberger, da das Saarland nun keine Möglichkeit mehr hat, in der Schweiz Weltmeister zu werden, schaffen sie es doch bitte mit der deutschen Nationalmannschaft!“

Helmut Schön auf dem Bankett nach dem Quali-Rückspiel zwischen DFB und SFB

Das enge Verhältnis zwischen Sepp Herberger und Helmut Schön sollte natürlich auch eine Rolle bei seinem nächsten Posten spielen – 1956 sucht Sepp Herberger einen Assistenztrainer – und lotst Helmut Schön zum DFB.

 


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Bildnachweis:

  • Helmut Schön 1946 Reichenberg Friedrichstadt, By Harry Gorbe, Radebeul (Fotografie) [CC BY 3.0 (http://creativecommons.org/licenses/by/3.0)], via Wikimedia Commons
  • Muller, Beckenbauer en trainer Schon 1974, By Verhoeff, Bert / Anefo [CC BY-SA 3.0 nl (http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/nl/deed.en)], via Wikimedia Commons

 

Kategorie q 120minuten

Endreas Müller heißt in Wirklichkeit ganz anders und beschäftigt sich schon länger mit Fußball im Allgemeinen und dem Bloggen im Besonderen. Vor einiger Zeit stellte er sich gemeinsam mit Christoph Wagner die Frage, warum es eigentlich in der deutschen Blogosphäre noch keine Plattform für lange Fußballtexte gibt – die Idee von ‚120minuten’ war geboren.

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