3. Liga – 120minuten https://120minuten.github.io Lange Texte. Über den Fußball. Fri, 30 Aug 2019 12:57:53 +0000 de-DE hourly 1 https://wordpress.org/?v=5.4.2 73012590 Dürfen Vereine sterben? https://120minuten.github.io/duerfen-vereine-sterben/ https://120minuten.github.io/duerfen-vereine-sterben/#respond Fri, 30 Aug 2019 12:56:47 +0000 https://120minuten.github.io/?p=6477 Weiterlesen]]> Widdewiddewitt, Tradition und Größe macht Anspruch, und Geld macht Erfolg!

von Hardy Grüne, dieser Text erschien zuerst in Ausgabe 15 des Zeitspiel-Magazins, das Heft mit dem Schwerpunkt “Überleben im Turbokapitalismus” kann hier bezogen werden.

350.000 Euro via Crowdfunding in Wattenscheid. Deren 120.000 Euro in Wuppertal. Über eine Million bei einer Fananleihe zur Rückzahlung einer Fananleihe in Kaiserslautern. Angeschlagene Fußballklubs lassen sich reihenweise von ihren Fans die, sorry, Ärsche retten. Denn „Tradition darf nicht sterben“.

Dafür bin ich auch. Schon aus persönlichen Erfahrungen. Mein Verein, der 1. SC Göttingen 05, starb 2003, nachdem über lange Zeit alljährlich händeringend Geld akquiriert worden war, um von Halbserie zu Halbserie zu kommen. Auch von Fans, die trotz ehrenamtlicher Arbeit brav Eintritt zahlten, ihr Bier bevorzugt im Klubhaus tranken („dann bleibt das Geld im Verein“) und eine Menge Geld für ein Stück Stoff in den Vereinsfarben ausgaben.

Bei Geld hört die Liebe auf, heißt es. Im Fußball gilt das nicht. Da fängt die Liebe bei Geld erst richtig an. Wattenscheid, Wuppertal und Kaiserslautern stehen für ein Dilemma, das sattsam bekannt ist: Große Ambitionen und hohe Risikobereitschaft treffen auf eine Fangemeinde, die ein „Wir müssen wieder groß werden“-Mantra pflegt und sich mit dem Tunnelblick des Schwerverliebten die Welt schön malt wie dereinst Pippi Langstrumpf: „Tradition und Größe machen Anspruch, widdewiddewitt, und Geld macht Erfolg! Wir machen uns die Welt, widdewidde, wie sie uns gefällt…“

Von der Last der Tradition

Um keinen Zweifel zu lassen: Der Tod eines Fußballklubs mit 100 Jahren Tradition ist eine bittere Sache. Es stirbt ein Stück Stadtgeschichte. Auch in Göttingen trauerte man 2003 und erinnerte sich wehmütig an die goldenen Tage. Dann gingen alle zur Tagesordnung über. Göttingen ist – außerhalb von WM und EM – schon lange keine Fußballstadt mehr, sondern eine Basketballstadt. Da tragen die Gegner Namen wie ratiopharm Ulm oder s.Oliver Würzburg. Lediglich eine Handvoll Fußballfans kehrte die Trümmer des 1. SC 05 zusammen und setzte sie in Verbund mit dem Vorstadtverein RSV Geismar als RSV Göttingen 05 wieder zusammen. Baute mit eigenen Händen eine Stehtribüne, opferte zig Stunden ehrenamtlicher Arbeit und freute sich, als es wieder aufwärts ging. Die Reise führte von der achtklassigen Bezirksklasse zurück in die Oberliga, wo man wieder auf das alte Problem traf, das schon den 1. SC 05 gekillt hatte: zu hohe Kosten, zu geringe Einnahmen. Ohne externe Geldgeber war die Liga nicht zu wuppen. Der ersehnte Geldgeber kam und gab das Motto „one team, one dream“ aus. Ziel: Regionalliga. Tatsächlich aber ging es zurück in die Bezirksliga, hinterließ das Engagement des Geldgebers, der nach einem knappen halben Jahr die Brocken hinwarf, verbrannte Erde und eine gespaltene Tradition. Heute gibt es in Göttingen zweimal 05 – den RSV 05 in der Kreisliga und den 1. SC 05 in der Landesliga. Bei letzterem bauten Fans übrigens kürzlich mit eigenen Händen in ihrer Freizeit eine Bratwurstbude.

In der Liebe wirkt Geld oft toxisch auf die Beziehungschemie. Eine Crux, die auch im Fußball auftritt. Gerade bei den so genannten „Traditionsvereinen“. Ein Begriff, der einst als Qualitätssiegel galt und heute als Kampfschwert zwischen Traditionalisten und Modernisten dient. Ein Traditionsverein blickt auf eine schillernde Vergangenheit zurück, steht oft in einer schwierigen Gegenwart und sieht sich in der heiligen Verpflichtung, zu „alter Größe“ zurückzukehren. In der Regel steht eine mehr oder weniger große Fan- und Zuschauerszene dahinter, die sich wehmütig an „früher“ erinnert und fordert, man müsse dorthin zurückkommen – notfalls eben mit Gewalt. Sprich mit Geld. Als die Meldung vom drohenden Finanzcrash aus Wuppertal kam, schrieb ein Anhänger der Bergischen an den Red-Bull-Konzern und warb um Unterstützung. In Kaiserslautern hoffte man derweil auf den Einstieg des russischen Geldadeligen Michail Ponomarew – was wiederum in Krefeld-Uerdingen Ängste auslöste; denn dort weiß man, dass der KFC 05 nicht halb so sexy ist wie der FCK. Und Ponomarews Liebe zum KFC sollte besser nicht auf eine harte Probe gestellt werden.

Vernunft (und Moral?) scheinen ausgeschaltet, wenn es um den finanziell angeschlagenen eigenen Klub geht.

Dazu passt die Kritik an den Warnern, denen zugeblafft wird, man müsse „jetzt erstmal zusammenstehen und den Klub retten, analysieren können wir später“. Wobei „später“ häufig „nie“ heißt, weil nach der wie auch immer gelungenen Rettung sofort die Forderung auftaucht, dass nun, wo es doch „endlich wieder läuft“, aber auch wirklich „die Rückkehr zu alter Größe“ folgen müsse. Unterdessen ist der Keim für die nächste Krise schon gelegt – beispielsweise weil man externen Geldgebern die Kontrolle über seinen Verein übergab, die damit ihre eigene Interessen verfolgen.

„Alle wollen an die fetten Fleischtöpfe“

Wirtschaftlich angeschlagene Traditionsvereine wecken das Mitgefühl von Fans im ganzen Land. So wurde die SG Wattenscheid 09 als wichtiger Traditionsverein gefeiert, der unbedingt zu retten sei, alleine für seine treuen Fans. Nun will ich Wattenscheid 09 nicht das Label als Traditionsverein absprechen und schon gar nicht den Fans der Schwarz-Weißen zu nahe treten, möchte aber doch daran erinnern, dass der Aufstieg des Klubs in die Bundesliga 1990 vor allem einem Geldgeber zu verdanken war und dass die SG 09 seit Menschengedenken dafür steht, nicht sonderlich viel Publikum anzulocken. In seinen Erfolgsjahren war der Verein die graueste Maus, die man sich nur vorstellen konnte.

Bei Tradition verklärt sich der Blick, wird die Debatte unscharf. Und geht es nicht eigentlich auch vielmehr um eine „Erinnerung“ an Fußball? Als Klubs wie Wattenscheid 09 oder der Wuppertaler SV noch „oben“ mitspielten? Stehen sie nicht stellvertretend für jene „gute alte Zeit“, als das Kapital (angeblich) noch kein Interesse am Fußball hatte und von Fußball spielenden Unternehmen wie Red Bull nichts zu sehen war? Es gibt ein ganzes Bündel von Vereinen, die in diesem Kontext leuchtende Augen auslösen: Rot-Weiss Essen, Alemannia Aachen, Kickers Offenbach, Waldhof Mannheim, SpVgg Bayreuth, Schweinfurt 05, Chemnitzer FC, Rot-Weiß Erfurt, VfB Oldenburg oder VfB Lübeck, um nur eine Handvoll zu nennen. Für jene Klubs ist die Existenz im Schatten des Eventfußballs doppelt schwer. Denn ihre Vergangenheit ist auch Last und sorgt für Handlungsdruck nahe der Unvernunft. Die Zugkraft des traditionsreichen Namens hilft zwar bei der Sponsorensuche, lockt aber zugleich Finanzhasadeure an, die das Blaue vom Himmel versprechen. Und die treue Fanszene garantiert einerseits das Überleben und verleitet andererseits zu waghalsiger Finanzpolitik, weil die Ungeduld zu groß ist. Ein Teufelskreis, aus dem es kein Entrinnen gibt?

Gejammert wird – gerne mit empörtem Verweis auf DFB, DFL oder überhaupt Kommerzfußball – über die Rahmenbedingungen. „Alle wollen an die fetten Fleischtöpfe“, sagte Christopher Fiori, Geschäftsführer von Kickers Offenbach, gegenüber „Sport1“. Während in der Regionalliga kümmerliche 90.000 Euro fließen, sind es in der 3. Liga gegenwärtig 1,1 Millionen und in der 2. Bundesliga gar zehn Millionen Euro. Fiori: „Das lässt den einen oder anderen in die Unvernunft abgleiten.“ Eine fatale Dynamik, denn die Klubpolitik wird einseitig an einer limitierten Zahl von Geldtöpfen ausgerichtet. Das war im Leistungsfußball natürlich schon immer so, doch derart unter Druck wie aktuell standen die Klubs selten. Zumal es kein Entrinnen gibt. Denn wer es durch das Nadelöhr Regionalliga tatsächlich in die 3. Liga schafft, kommt auch dort nicht zur Ruhe. Von 19 Drittligaklubs der Saison 2017/18 waren 15 mit durchschnittlich 662.000 Euro verschuldet. Ihre Hoffnung: der so genannten „Pleiteliga“ entgehen und in die 2. Bundesliga aufrücken, wo die wirklich üppigen TV-Gelder fließen. Dass die 3. Liga unter diesen Umständen zur Insolvenzmaschine wird (zuletzt VfR Aalen, FSV Frankfurt, Chemnitzer FC, Rot-Weiß Erfurt) darf nicht überraschen.

Zuspitzung der Ligapyramide

Nun ist unstrittig, dass die Rahmenbedingungen zwischen 3. Liga und den fünftklassigen Oberligen schwierig sind. Der ökonomische Druck aus dem Kommerzfußball kommt „unten“ an. Die vielen Tausend bestens ausgebildeten Fußballer, die im Profilager keinen Platz gefunden haben, sorgen für eine nie dagewesene spielerische Qualität, kosten aber auch ihren Preis. Die Infrastruktur ist teuer. Die Schnittstelle der Unvernunft liegt übrigens nicht in der 3. Liga, sondern in der Regionalliga, wo die unsägliche „Meister müssen aufsteigen“-Problematik erschwerend hinzukommt und dafür sorgt, dass sich Klubs erst mit hohem Risiko verschulden, um dann trotz Meisterschaft doch nicht aufzusteigen.

Dennoch ist die gebetsmühlenartige Wiederholung von Schlagwörtern wie „Überlebenskampf“, „Verantwortung des DFB“ oder „Wir brauchen mehr TV-Geld“ ermüdend. Denn schlussendlich ist es eine Systemfrage. Leistungsfußball ist ein kapitalistisches System, da macht man entweder mit und unterwirft sich den Regeln oder lässt es bleiben. Leider ist der Lerneffekt vor allem bei Traditionsvereinen (und auch deren Fans!) gering bis nicht existent. Tradition wird häufig als Berechtigungsschein für einen Platz im höherklassigen Fußball betrachtet. Doch höherklassiger Fußball hat sich in den letzten Jahrzehnten rasant verändert. Werfen wir mal einen kurzen Blick auf die Entwicklung der Ligapyramide. 1963 gab es in den beiden deutschen Staaten 100 Erst- und 200 Zweitligisten. 1981 schrumpften die Zahlen auf 32 Erst- und 56 Zweitligisten, seit 1994 sind es jeweils 18 Erst- bzw. Zweitligisten. Auf Drittligaebene sank die Zahl von 250 im Jahr 1981 auf aktuell 20, und selbst in der Viertklassigkeit sind heute nur noch 72 Teams vertreten. Es hat eine ungeheure Verdichtung des Leistungsfußballs in Deutschland gegeben.

Daraus ergibt sich die logische Konsequenz, dass eine Menge Vereine herausgefallen sind und auch nie zurückkehren werden. Die meisten wird man wohl nicht vermissen, oder weiß noch jemand, dass der SC Concordia Hamburg über Jahrzehnte zu den führenden Amateurvereinen in Norddeutschland zählte? Und selbst Traditionsklubs wie Schwarz-Weiß Essen fehlen wohl nur wenigen. Zur drastisch verschlankten Ligapyramide – noch einmal: von etwa 330 Erst- bis Drittligisten der späten 1980er-Jahre sind 2019 ganze 56 geblieben – gesellen sich neue Player wie RB Leipzig und Hoffenheim. Dazu kommen die üblichen Bewegungen innerhalb der Pyramide, drängten Klubs wie Mainz 05 oder FC Augsburg erfolgreich nach oben. Daraus ergibt sich ein Dominoeffekt, rutschten langjährige Bundesligisten wie VfL Bochum, 1. FC Kaiserslautern, MSV Duisburg und die Ostvereine (deren Schicksal freilich Spezialfälle sind) aus der Erstklassigkeit und kämpfen heute bisweilen in der 3. Liga ums Überleben.

Halten wir also fest: Das Geld ist knapp (war es immer), und die Ligapyramide ist schlanker geworden. Kosten für Spielergehälter, Infrastruktur und Umfeld explodierten im Zuge der Turbokapitalisierung des „großen“ Fußballs, dessen Effekte sich in sämtliche Nischen ausgedehnt hat. Ein traditionell am Sonntagnachmittag spielender Viertligist steht heute in Konkurrenz mit dem englischen Premier-League-Klassiker Liverpool gegen Manchester United, der für ein paar Cent im Klubhaus live verfolgt werden kann. Zugleich haben sich die großen Sponsoren vom kleinen Fußball abgewandt und konzentrieren sich auf die ganz großen Namen wie Cristiano Ronaldo oder Manchester City. Hinzu kommt der demografische Wandel. Mit den Ehrenamtlichen, die viele Vereine auch der alten dritten und vierten Ligen über Jahrzehnte zusammengehalten haben, verschwinden auch die typischen Kleinsponsoren aus dem Mittelstand, die mit ihren regelmäßigen Geldbeträgen zum Spielbetrieb beigetragen haben. Sie geben ihre Unternehmen auf oder versterben, und die Erbengeneration hat andere Interessen als den lokalen Fußballklub. Letzteres gilt auch für die Zuschauer, die sich längst nicht mehr mit einem Fingerschnipp aktivieren lassen, nur weil der Ball rollt und der Grill angeworfen wird. Alles in allem ein toxisches Gemisch, das bereits seit den 1980er-Jahren brodelt und immer größere Blasen bildet. Vor allem bei jenen Klubs, die innerhalb eines Systems, in dem quasi ausschließlich „viel Geld“ als Antrieb funktioniert, verzweifelt nach oben wollen.

Information
Dieser Text ist aus Ausgabe 15 des Zeitspiel-Magazins, welcher uns im Rahmen unserer Kooperation mit dem Magazin zur Veröffentlichung zur Verfügung gestellt wurde.

Bildnachweis: 

“Wuppertal – Stadion am Zoo 2008” by Ies is licensed under CC BY-SA 3.0

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Eintracht Braunschweig: Erlöse mich von der Hoffnung https://120minuten.github.io/eintracht-braunschweig-erloese-mich-von-der-hoffnung/ https://120minuten.github.io/eintracht-braunschweig-erloese-mich-von-der-hoffnung/#comments Tue, 18 Dec 2018 09:00:12 +0000 https://120minuten.github.io/?p=5468 Weiterlesen]]> Anna L. ist Fan eines Vereins, der es ihr seit einiger Zeit nicht mehr einfach macht. Nach dem Abstieg von Eintracht Braunschweig in die 3. Liga schwebt sie an Spieltagen regelmäßig zwischen Hoffnung und Frustration. Zu oft wurde sie enttäuscht. Vor jedem neuen Spiel keimt Hoffnung auf: Kann heute endlich alles anders werden? Ein Longread über die Gefühlswelt eines Braunschweig-Fans, deren Verein nach Jahren des Erfolgs im tristen Alltag einer drittklassigen Eintönigkeit angekommen zu sein scheint.

Von Anna L. (Dezember 2018)

Ganz unten? Optimistisch bleiben!

Es ist der erste Spieltag der Saison, an dem ich eine Mütze aufsetzen werde: Es ist inzwischen kühl geworden und bei Abpfiff wird es fast dunkel sein. 14. Spieltag, mehr als die Hälfte der Hinrunde ist schon gespielt, die Braunschweiger Eintracht ziert den letzten Platz der Tabelle. Der Sommer 2018 war so traurig, wie er heiß gewesen ist: Es galt, einen knappen Abstieg aus der 2. Bundesliga zu verarbeiten. Das gelang zumindest so gut, dass ich optimistisch war, dass nach Monaten des punktearmen Frusts endlich wieder Siegesbiere getrunken werden könnten. Ein gutes Vierteljahr später können die Frustgetränke nicht stark genug sein, denn im Tabellenkeller spendet bis auf Hochprozentiges nichts anderes Wärme.

Nichtsdestotrotz: Ich setze meine blau-gelbe Mütze auf, die ich so oft getragen habe, dass die Farben bereits deutlich an Strahlkraft verloren haben. Ein kleiner Button, der über dem linken Auge sitzen soll. Ich schiebe den Stoff ein wenig nach hinten, kneife die Lippen zusammen und nicke meinem Spiegelbild zu: Auf geht’s!

Mehr Licht als Schatten: Entgegen des Eindrucks auf dem Foto dominiert beim BTSV momentan sportliche Düsternis.

Ich brauche lange zum Stadion: Etwas mehr als eine Stunde bin ich unterwegs, die ich dazu nutze, einige Artikel über den heutigen Gegner zu lesen und mir dessen Kader noch einmal genauer anzuschauen, bis schließlich die Aufstellung kommt. Ich tippe auf die Push-Up-Mitteilung der Vereinsapp und jubiliere, als ich sehe, dass der langverletzte Hoffnungsträger endlich wieder im Kader steht. Das treibt Herzschlag und Stimmung enorm nach oben. Ich bin plötzlich überzeugt davon, dass wir das Spiel gewinnen werden. Sechs Pflichtspielsiege stehen bisher in diesem Kalenderjahr zu Buche, zwei davon in der laufenden Saison: Einen in der Liga und einen im Landespokal. Vielleicht lag es einfach daran, dass der Junge mit der Nummer 15 verletzt gewesen ist. Nun, da er wieder fit ist, wird bestimmt alles gut.

Ich steige aus dem Zug in die Straßenbahn um und freue mich über jeden, der sich mit mir in Richtung Stadion bewegt. Ich höre bei Gesprächen mit, die sich um den neuen Trainer drehen und irgendwann bei den Verfehlungen der Vergangenheit angelangen. Ich werde Zeugin von einer Ursachenforschung, bei der nicht eine Sekunde über die Namen von Zu- und Abgängen nachgedacht werden muss. Jedem der gesagten Sätze ist anzuhören, dass er exakt so schon etliche Male ausgesprochen worden ist, inklusive des ratlosen Seufzers, der die geübte Analyse abschließt: Ich weiß es doch auch nicht.

Im Januar fuhr ich die gleiche Strecke, um mir das Heimspiel gegen Heidenheim anzuschauen, das wir 0:2 verloren haben. Damals beschäftigte ich mich mit munteren Rechnungen, die meine Eintracht auf den Weg in die Bundesliga führen würden. Mit 22 Punkten lagen wir im Winter sechs Punkte hinter dem vierten Platz, 11 hinter dem dritten. Freilich eine optimistische Perspektive. Doch die sportlich schwachen Auftritte aller Mannschaften in der Zweitligasaison 2017/2018 gaben ausreichend Grund für verträumte Gedankenspiele, die die Mannschaft endlich wieder Fußball spielen und das Tor treffen sahen. Zwei Wochen danach verloren wir auch das nächste Heimspiel gegen den Tabellenletzten aus Kaiserslautern. An diesem Punkt wurde mir klar, dass das schlimmste, was im Sommer passieren konnte, nicht die verpasste Chance zum Aufstieg sein würde.

Heute stehe ich wieder in der Bahn, mit den anderen Fahrgästen in der nimmermüden Hoffnung verbunden, dass wir endlich mal wieder gewinnen. Woche um Woche der Gedanke an die Möglichkeit, den Rest des Wochenendes zufrieden lächelnd auf der Couch zu liegen, der übrigen Liga zuzugucken und in der Halbzeitpause schon mal zu checken, ob es irgendwo die Zusammenfassung vom eigenen Heimsieg zu sehen gibt. Diese Wochenenden haben sich in letzten Monaten rar gemacht: Angesoffene Pizzapartys vor der Sportschau dienen lediglich als schattenhafte Trugbilder ferner Tage, die die schwindende Erinnerung daran wach halten, dass Fußball ein Hobby ist, das Freude bereiten sollte.

Auf Hoffnung…

Ich bin spät dran und werde deshalb allmählich nervös. Ich beeile mich, aus der Bahn zu kommen, nehme noch einen letzten Schluck Bier und stelle die halbvolle Flasche an den Gehwegrand. Die letzten Meter bis zum Einlass dann im Laufschritt. Das Gute an der späten Ankunft: Der Einlass dauert nicht lange, ich kann einfach durchgehen. Vor den Kontrollen nehme ich meine Mütze ab, wofür ich von der Ordnerin freundlich gelobt werde. Sie streicht mir lustlos über die Klamotten und wünscht mir „Viel Spaß!“

Ich werde nicht müde, mich über diesen Wunsch zu wundern. Hat die gute Frau mal einen Blick auf die Tabelle geworfen? Wir befinden uns wahrlich nicht in der Situation, in der es um Spaß geht: Es geht um drei Punkte. Heimsieg. Bock umstoßen. Was auch immer. Aber es geht mit Sicherheit nicht um Spaß, denn der kehrt erst mit einer Führung ab 4 Toren Differenz oder nach dem Spiel ein. In gleichem Maße irritiert mich der zweite populäre Wunsch: „Gutes Spiel!“. Es ist mir nahezu völlig egal, wie die elf Leute auf dem Platz heute mindestens ein Tor mehr als der Gegner schießen. Sie sollten dabei niemanden schwer verletzen, ich kann aber keinen Hehl daraus machen, dass mich heute ein unberechtigter Elfmeter in der 93. Minuten in keiner Weise stören würde.

Ich gehe zügig den vertrauten Weg zum Block, lehne zwei Werbegeschenke und die Stadionzeitschrift ab, ignoriere einen Bekannten und krame nochmal nach meiner Karte, um sie dem Ordner zu zeigen. Zerknüllte Reste einer kleinen Choreographie liegen auf den grauen Treppenstufen. Ich nehme zwei auf einmal und bleibe auf dem kleinen Vorsprung stehen, unter dem sich der untere Teil meines Blocks, der Zaun, die Tartanbahn und dann das Spielfeld erstrecken. Ich liebe diesen Moment: Endlich da. Mein Blick schweift in choreographierter Abfolge über die Nordkurve, die Anzeigentafel mit dem flirrenden 0:0, dann folgt der Gästeblock, bevor ich die Gegengrade überfliege und beim wankenden Ultrablock angelange, der über Liebe und ewige Treue singt und dabei noch nicht ahnt, wie sehr er in diesen großen Gefühlen im Laufe der nächsten 90 Minuten geprüft werden würde.

16.000 Menschen sind im Stadion, nur gute 5.000 Leute weniger als noch vor einem Jahr, dabei hat sich sowohl die Performance der Mannschaft als auch das tabellarische Umfeld seitdem drastisch verändert. Die gut gefüllte Kurve zeigt sich kämpferisch: Irgendwann wird es wieder besser werden und vielleicht ja schon heute. Ich setze mich viel mit meiner Eintracht auseinander, informiere mich über Transfers und Gerüchte, halte mich auf dem Laufenden, was die Themen der Fanszene anbelangt. Trotzdem brauche ich eine Weile, um auf die richtigen Namen unserer Spieler auf dem Platz zu kommen. Im Sommer fand ein großer Umbruch statt: 22 Neuzugänge, der Kader ist ausgetauscht worden. Nicht mehr Teil des Teams sind Spieler wie Mirko Boland, der nach Australien zu Adelaide United gegangen ist oder Linksverteidiger Ken Reichel, der nun beim FC Union Berlin unter Vertrag steht. Deren sportliche Qualitäten fehlen auf der einen Seite, besonders aber das Gefühl, dass dort auf dem Platz wenigstens ein paar Spieler stehen, die den Löwen tatsächlich im Herzen tragen. Nach dem großen Einschnitt und dem katastrophalen Start sehnen sich die Fans nach einer Identifikationsfigur, der sie glauben können, dass ihr ein weiterer Abstieg nicht egal wäre.

…folgt Ernüchterung

Das Spiel, das nun folgt, enttäuscht jede Hoffnung, die vor Anpfiff zarte Keime trieb: Die ersten zwanzig Minuten sind akzeptabel. Doch da die Ansprüche an spielerische Qualität synchron mit der Tabellenplatzierung gesunken sind, wird das Gestrampel auf dem Rasen als „eigentlich überlegen“ beschrieben. Diese Überlegenheit fußt bei Lichte betrachtet jedoch einzig und allein auf der Unfähigkeit eines schlechten Gegners, in Tornähe zum Abschluss zu kommen. Kaum befähigt unser Team ihn dazu, ändert sich der Spielstand: Wir liegen nach 34 Minuten 0:1 hinten, nach 42 steht es 0:2.

In der Halbzeitpause wieder hilflose Analyseversuche. Mir wird beruhigend auf die Schulter geklopft, nachdem ich nicht anders konnte als ausfällig zu werden, als meine Blocknachbarin behauptete, Schuld seien einzig und allein die nicht getätigten Investitionen von vor fünf Jahren. Einer schräg vor mir raucht seit 50 Minuten durchgehend Zigarillos und langsam ist mir latent schlecht. Die Stimmung ist angespannt, irgendjemand wiederholt seinen Ergebnistipp: „Mein 3:2 ist noch total drin.“ Ein anderer wälzt sich im Konjunktiv: „Wenn wir da das 1:0 gemacht hätten, dann würden wir 3:0 gewinnen.“

2013 ist Eintracht Braunschweig nach 28 Jahren Abwesenheit in die Bundesliga aufgestiegen. Dieser größte Erfolg der jüngeren Vereinsgeschichte hat in einigen Köpfen den Gedanken festgesetzt, der Verein gehöre genau dorthin. Ein Anspruch, der zulasten der Stimmung nach dem Abstieg ging: Dauerhaft würde man sich mit der 2. Bundesliga nicht mehr zufrieden geben. Der prompte Wiederabstieg wurde erfolgreich verarbeitet: Im Mai 2017 traten wir in der Relegation gegen den ungeliebten Nachbarn aus Wolfsburg an. Dann der Zusammenbruch: Nur 12 Monate danach stand der Abstieg in die 3. Liga fest.

Die zweite Halbzeit beginnt mit dem pragmatischen Trost, dass es schlimmer eigentlich nicht werden könne. Ein Gedanke, der sich nach einem kläglich in die Hände des Torwarts gestupsten Elfmeter und einem Platzverweis als putziger Irrtum erweist. Nach 89 Spielminuten liegen wir immer noch 0:2 zurück, in der zweiten Hälfte des Spiels kam keines der beiden Teams zu nennenswerten Torabschlüssen. Die Nummer 15 gibt sich Mühe, wirkt inmitten des Platzes aber eher wie der letzte traurig zuckende Muskel irgendeines toten Körpers. Nicht drei Punkte, nur ein neues Level der desillusionierten Tristesse, wurde freigespielt. „Die Nachspielzeit beträgt drei Minuten.“, hallt es durch die Kurve, in der nicht mehr gesungen wird. Ein rauschendes Grummeln zieht sich durch die Reihen, die Sitztribünen leeren sich schon seit einer Viertelstunde.

Drei Minuten wie quälende Daumenschrauben. Die völlig übertrieben gezückte rote Karte nehme ich dem Schiedsrichter weniger übel: Beende diese Folter doch endlich. Pfeif in deine Pfeife und lass mich bitte bald vergessen, dass irgendetwas in mir bis eben noch dachte, dass wir uns wenigstens einen Punkt ergaunern würden, würden wir nur endlich den Anschlusstreffer schaffen. Erlöse mich von der Hoffnung. Mit dem Schlusspfiff ertönt der fröhliche Jingle des Trikotsponsors. Nie fühlte ich mich weiter davon entfernt, ein Auto kaufen zu wollen. Es folgt die Playlist für Heimpleiten mit nicht zu fröhlichen Popsongs. Ich frage mich, weshalb die Stadionregie nicht endlich einfach darauf verzichtet, diese furchtbare Tabelle auf der Anzeigentafel einzublenden. Als der Stadionsprecher noch einen „Schönen Tag.“ wünscht, schlägt jemand auf das Plexiglas am oberen Ende des Blocks und belegt den Mann mit dem Micro mit völlig angemessenen Flüchen.

Emotionen kochen über, Resignation macht sich breit

Jene, die vorhin noch darüber gesungen haben, dass sie dem Verein bis in den Tod hinein die Treue halten würden, klettern nun über die Balustraden in den Innenraum, wo es gleich darauf zu handfesten Auseinandersetzungen mit einigen Ordern kommt. Daraufhin entsteht ein kleiner Tumult im Block, die Tür zur Tartanbahn geht auf und zahlreiche vermummte Personen laufen auf fliehende Ordnergruppen zu. Die Polizei beendet das Gerangel zügig und baut sich in einer Reihe vor dem unruhigen Bereich der Kurve auf.

Keiner von uns versteht, was im Jahr 2018 mit unserem Verein passiert ist. Die einen suchen die Schuld darin, dass der Kader zu schlecht gewesen sein soll, blenden dabei aber aus, dass das Team, das abgestiegen ist, in großen Teilen aus denselben Spielern bestand, in der vorhergehenden Saison beinah in die Bundesliga aufgestiegen wären. Ein anderer Ansatz möchte Vereinslegende Torsten Lieberknecht als Hauptverantwortlichen für den Abstieg. Nach dieser Erfahrung ist die beinah statische Konstanz der letzten Jahren, die lange als Braunschweiger Besonderheit und Erfolgsfaktor galt, wahrscheinlich ein wesentlicher Faktor des Crashs gewesen: Im Nachhinein scheint offensichtlich, dass die immer gleichen Säulen einer Mannschaft irgendwann alt und morsch werden und einer Renovierung bedürfen.

2018 war eine Katastrophe für den Braunschweiger Turn- und Sportverein: Die Profis stiegen sportlich ab, dadurch stand für die zweite Mannschaft der Zwangsabstieg aus der Regionalliga fest. Die A-Junioren, die 2017 den DFB-Pokal gewannen, und die B-Junioren stiegen beide sportlich ab. Das sterneprämierte, teure Nachwuchsleistungszentrum war ebenso gescheitert wie die Lizenzspielerabteilung.

Nach dem Abstieg hat die Vereinsführung dann Henrik Pedersen mit dem Neuaufbau der Profis beauftragt. Für uns spielen unter anderem Onur Bulut, der für den SC Freiburg bereits zahlreiche Spiele in der Bundesliga absolviert hat. Gustav Valsvik hat als Innenverteidiger für die norwegische A-Nationalmannschaft gespielt. Christoffer Nyman, der lang verletzte Mann mit der Nummer 15, wäre im Sommer mit Schweden zur WM gefahren – wenn er nicht verletzt gewesen wäre. Heißt: An sportlich-individueller Qualität mangelt es nicht. Theoretisch. Denn praktisch funktioniert es einfach nicht.
Inzwischen trainiert André Schubert die 1. Herrenmannschaft. Und die Aufgabe wird von Woche zu Woche schwieriger, denn die Situation, in der die Braunschweiger Eintracht steckt, zeigt einmal mehr, was für eine relevante Rolle die Psyche spielt. Und in den Köpfen unserer Mannschaft geistert ein gefährlicher Cocktail aus Selbstüberschätzung und Angst herum. Eine paradoxe Mischung, in der ich einen entscheidenden Punkt für das immer noch anhaltende Tief sehe. Ein Drittligatank, der die Lust und den Mut hat, sich aus dieser Misere herauszuarbeiten, von dem hoffe ich, dass die Verantwortlichen ihn im Winter finden und nach Braunschweig lotsen.

„Bock hab ich keinen. Aber wenn ich kann, komme ich natürlich her.“

Das Spiel gegen Uerdingen haben wir heute verloren. Da, wo sich nun Polizisten zu einer dunklen Reihe formieren, stand vor Jahren eine verschwitzte Drittligamannschaft, die darauf wartete, dass eine scheppernde Melodie eingespielt würde. Die Kurve forderte: „Wir wollen euch tanzen sehen!“ und feierte das Team für die immer gleiche Abfolge einer kleinen Choreographie Seitschritten und Klatschen, die sie zu eben jenem scheppernden Lied nach jedem Heimsieg zeigte. Diese Erinnerungen an bessere Zeiten sind wie schmerzhafte Flashbacks. Sie beinhalten nicht mehr diese tröstende Nostalgie wie nach einfachen Niederlagen, die es in durchschnittlichen Saison ganz einfach hinzunehmen gilt. Vielmehr wirken sie wie ein zynisches Gegenbild zu diesem traurigen Platz am Amateursportrand. Ein wahnsinniges Spektrum an Gefühlen, das sich über die Betonstufen des Blocks hinweg erstreckt.

Derjenige, der mir in den letzten 20 Spielminuten derart ins Ohr gebrüllt hat, dass ein leiser Fiepton immer noch nachklingt, nimmt einen tiefen Atemzug und ist endlich still. Ich bin traurig und ziehe mir die Mütze vom Kopf, deren blasse Farben mich an bessere Zeiten und das Gefühl von vor drei Stunden erinnern. Enttäuschung: 2. Hoffnung: 0.  „Bock hab ich keinen. Aber wenn ich kann, komme ich natürlich her.“, sagt der Mann dann, ganz leise.


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Hoch-professionelle Fußball-Romantik – revisited https://120minuten.github.io/hoch-professionelle-fussball-romantik-revisited/ https://120minuten.github.io/hoch-professionelle-fussball-romantik-revisited/#comments Fri, 27 May 2016 08:00:24 +0000 https://120minuten.github.io/?p=2134 Weiterlesen]]> Liga 3 – ein Saisonrückblick

Vor dem Beginn der Drittligaspielzeit 2015/2016 gingen wir hier bei 120minuten der These auf den Grund, ob die 3. Liga interessanter und relevanter wäre denn je. Wir beleuchteten die dritthöchste deutsche Spielklasse hinsichtlich ihrer fußballerischen Qualität, schauten auf die wirtschaftliche Situation und ließen natürlich auch die Fan-Perspektive nicht zu kurz kommen. Inzwischen ist die letzte Minute gespielt, das letzte Tor geschossen und die letzte Entscheidung hinsichtlich des Aufstiegs in die 2. Bundesliga gefallen – Zeit also, Bilanz zu ziehen.

In unserer Retrospektive auf die 3. Liga 2015/2016 gibt Sebastian Kahl eine sportliche Einschätzung der Spielklasse ab; Endreas Müller interviewte sowohl Fedor Freytag, der “Drittliga-Urgestein” FC Rot-Weiß Erfurt die Daumen drückt als auch Eric Spannaus, dessen SG Dynamo Dresden die Liga souverän in Richtung 2. Bundesliga verließ. Alex Schnarr sprach mit Frank Rugullis, seines Zeichens Leiter des Online-Bereichs bei MDR Sachsen-Anhalt, über die 3. Liga aus Medien-Perspektive, während Christoph Wagner die Spielzeit und insbesondere das hervorragende Abschneiden des 1. FC Magdeburg aus dem fernen Paris verfolgte und zum Abschluss des Textes seine Eindrücke schildert. Ist die 3. Liga also der Ort hoch-professioneller Fußballromantik?

Autoren: Sebastian Kahl (yyfp.rocks), Endreas Müller (endreasmueller.blogspot.de), Christoph Wagner (anoldinternational.co.uk) und Alex Schnarr (nurderfcm.de)

Die 3. Liga als Zweieinhalbklassengesellschaft

Das Klassement der 3. Liga lässt sich heuer in zweieinhalb Gruppen einteilen: An der Spitze zog Dynamo Dresden einsame Kreise. Am dritten Spieltag übernahm die SGD die Tabellenführung und gab sie nicht mehr ab. Nebenbei brach die Mannschaft von Uwe Neuhaus den vereinsinternen Rekord für den besten Saisonstart, blieb die ersten zwölf Partien ungeschlagen. Dresden stellt zwei der treffsichersten Stürmer, den (auch historisch) besten Vorlagengeber und insgesamt die beste Offensive der Liga. Der Aufstieg schien bereits frühzeitig gebucht. Einzig vor Weihnachten durchlebten die Schwarz-Gelben eine Schwächephase (fünf Unentschieden in Folge), wirkten etwas überspielt. Vier Spieltage vor Schluss war die Rückkehr in die 2. Bundesliga auch rechnerisch durch. 

Hinter Dresden stritten sich sieben, acht Teams um den weiteren Aufstiegsrang, die Teilnahme an der Relegation und den Einzug in den DFB-Pokal. Erzgebirge Aue bastelte nach dem Abstieg aus Liga 2 2015 eine völlig neue Mannschaft, die am Ende die beste Defensive der Liga stellte. Das war auch nötig, denn mit im Schnitt nur knapp einem geschossenem Tor pro Partie waren die Veilchen auf der anderen Seite des Platzes eher harmlos. Interessant auch, dass keine Mannschaft weniger Spieler einsetzte als Aue (19, wie auch Münster). Den Titel als bestes Bollwerk der Liga hätten ihnen fast noch die Würzburger Kickers streitig gemacht. Die Aufsteiger arbeiteten sich dank ihrer soliden Abwehr still und heimlich bis auf den Relegationsplatz vor und konnte die Saison mit dem Aufstieg krönen – ein Durchmarsch von der Regionalliga in die 2. Bundesliga.

Einen ähnlichen Umschwung legte Sonnenhof Großaspach hin, die im Vorjahr noch auf Rang 15 landeten. Beide Teams profitieren vom ruhigem Umfeld. Anders die Situation bei den Westfalen: Sowohl der VfL Osnabrück als auch Preußen Münster hätten sich mit mehr Konsequenz von den Verfolgern absetzen können. Die Lila-Weißen tauschten bereits kurz nach Saisonbeginn den Trainer, die Schwarz-Weiß-Grünen zur Winterpause; lagen da auf Rang sechs. Mit dieser Platzierung wären die Verantwortlichen beim 1. FC Magdeburg bereits mehr als zufrieden gewesen – am Ende wurde es gar der vierte Platz. Für die Aufsteiger ging es eigentlich nur um den Klassenerhalt. In der Hinserie nahmen sie die Euphorie aus der gelungenen Qualifikation für Liga 3 mit, Torjäger Beck schloss nahtlos an (40% der Teamtore, höchste Abhängigkeit). Mit dem Frühlingsanfang und dem Erreichen der 45 Punkte-Marke ging den Magdeburgern etwas die Luft aus, sonst wäre nach oben möglicherweise sogar noch mehr drin gewesen. Fortuna Köln schließt die Gruppe derjenigen Mannschaften ab, die fast bis zum Schluss zu den Aufstiegs- bzw. Pokalaspiranten zählten. Sieben Remis sind Liga-Tiefstwert und Zeugnis der Hopp-oder-Topp-Spielweise. Die Südstädter waren vorne wie hinten immer für Tore gut.

Im Schatten der übermächtigen Dresdner wurde der Kampf um die vorderen Ränge zum Schneckenrennen. Die Teams auf den einstelligen Tabellenplätzen verabschiedeten sich erst spät. Ein Grund: Jedes Team (Ausnahme Großaspach) spielte eine Serie von mindestens fünf sieglosen Partien, selbst Dresden, Aue und Osnabrück. Das klare Saisonziel ‘Aufstieg’ hatten denn auch nur die Dresdner ausgegeben. Vielen Vereinen genügte es schon, nichts mit dem Abstiegskampf zu tun zu haben. Die Auswirkungen eines Absturzes in die Regionalliga wären desaströs. Dennoch plagten das Gros der Mannschaften im Laufe der Spielzeit akute Abstiegssorgen. Nur der VfB Stuttgart II schien bereits einige Wochen vor Saisonende wirklich abgehängt. Der Rest spielte ‘Reise nach Jerusalem’, bis es dann am letzten Spieltag noch dramatisch wurde. Am Ende erwischte es neben dem VfB II mit den Kickers den Rivalen in der eigenen Stadt, dazu musste Energie Cottbus den bitteren Gang in die vierte Liga antreten.

Bei Rot-Weiß Erfurt und dem Chemnitzer FC wirkte ein Trainerwechsel. Unter Krämer respektive Köhler gelang der Tabellenritt von der Abstiegszone in die obere Hälfte. Auch Hansa Rostock stabilisierte sich nach einem Wechsel an der Seitenlinie. Den vollzogen übrigens zehn der 20 Teams, Energie Cottbus und der Hallesche FC gleich doppelt. Die Lausitzer legten zwar die zweitbeste ungeschlagene Serie der Saison hin (13 Partien), kamen aufgrund der vielen Unentschieden aber nicht recht vom Fleck. Halle krankte im Frühjahr daran, dass ein halbes Dutzend Stammspieler im Sommer wechseln würde. Der letzte Biss fehlte. Holstein Kiel hielt wiederum an Karsten Neitzel fest, trotz des zwischenzeitlich letzten Tabellenplatzes. Und wurde für die Konstanz belohnt: die Störche landeten im gesicherten Mittelfeld. Der FSV Mainz II begeisterte in der Hinrunde mit tollem Offensivfußball, zahlte in der Rückrunde Lehrgeld. Wie auch der SV Werder Bremen II, ein Grund: Keine Mannschaft musste mehr Spieler einsetzen, 38! Die Stuttgarter Kickers trumpften zunächst durch ein gutes Winter-Transferfenster noch auf, kletterten in der Jahrestabelle ins oberste Drittel und konnten den Absturz ins Amateurlager dennoch nicht verhindern. Bei Wehen Wiesbaden war die Entwicklung durch die sieglosen Monate Februar und März gewissermaßen gegenläufig, erst am letzten Spieltag gelang der Klassenerhalt. Zweitliga-Absteiger VfR Aalen drohte zwischenzeitlich durch eine schlechte Rückrunde durchgereicht zu werden, landete dann aber einen Punkt über den ominösen Strich auf dem 15. Rang.

Die Zusammenfassung verdeutlicht – eine Saison in Liga 3 verläuft selten geradlinig. Die Mannschaften sind sehr eng beieinander und es kann sehr schnell in der Tabelle nach oben oder unten gehen. Zwischen der besten und schlechtesten Platzierung im Saisonverlauf lagen bei Drittligateams im Schnitt mehr als 12 Tabellenplätze. In 1. und 2. Bundesliga beträgt die Schwankung im Saisonverlauf lediglich etwa 8 Tabellenplätze (wobei natürlich auch die zwei zusätzlichen Startplätze in Liga 3 eine Rolle spielen).


Die 3. Liga in Zahlen

Glückwunsch an den FC Erzgebirge Aue zum Staffelsieg. Staffelsieg? Die Veilchen beendeten die Spielzeit 2015/16 doch acht Punkte hinter der SG Dynamo? Nicht in der Ost-Meisterschaft. Im direkten Vergleich der acht Mannschaften aus der ehemaligen DDR schnitten die Auer am besten ab, holten 27 aus 42 möglichen Punkten. So ein Tabellenfilter ist eine nette Spielerei, die Auer feiern wohl eher den Aufstieg. Es verdeutlicht aber auch eines der begleitenden Themen dieser Saison. Die 3. Liga wurde früh zur Ostalgie-Liga erklärt. Oder verklärt?

Die Städte Aue und Rostock trennen 500 Kilometer. Trotzdem werden die Teams häufig unter der Überschrift ‘Ostfußball’ subsummiert. Nach der Wende krankten viele Vereine an ähnlichen Symptomen, landeten durch anhaltende Misswirtschaft in der Bedeutungslosigkeit oder gar Insolvenz. Der 1. FC Magdeburg brauchte schließlich 25 Jahre, um im Profifußball anzukommen. Die Umstände und Hintergründe sind so zahlreich und vielfältig wie es eben Vereine im Osten gibt. Wichtig ist: Im Sommer 2015 waren acht Klubs aus der früheren DDR-Oberliga in einer gesamtdeutschen Spielklasse vereint, so viele wie nie. Und das sorgte für einen Zuschauerboom.

2.687.807 Fans besuchten die insgesamt 380 Partien, so viele wie nie. Mit Einführung der eingleisigen 3. Liga waren es im Schnitt 2,2 Millionen Stadionbesucher pro Spielzeit. Im Ligavergleich lagen die acht Ost-Vereine allesamt unter den Top-10. Nur Osnabrück (Platz 4) und Münster (8) mischten sich noch dazwischen. Dresden und Magdeburg waren mit ca. 27.500 respektive 18.500 die Zugpferde. Magdeburg würde sich sogar in der 2. Bundesliga noch auf Rang 10 einsortieren. Aber auch Rostock und Chemnitz verzeichneten einen enormen Anstieg. Liegt das nun an der höheren Fußballbegeisterung in der Region? Dresden und Aue profitierten vom Aufstiegsrennen. Magdeburg schwamm durchweg auf einer Welle der Euphorie. In Chemnitz dagegen passte sich der Fanzuspruch eher Mannschaftsleistung und Wetter an. Während der mageren Wintermonate verloren sich kaum 5.000 Himmelblaue auf den Rängen.

Was daran liegen, dass es meist auch möglich war, den Spielen gemütlich vom heimischen Sessel aus beizuwohnen – zumindest für Fans aus dem Sendegebiet des MDR. Während Anhänger des SV Wehen Wiesbaden ihre Elf lediglich zweimal im TV bewundern konnten, sahen die Dresdner ihre SGD bei fast jeder Partie. Das sind natürlich die Extrembeispiele. Allerdings tat sich der MDR im Vergleich mit anderen regionalen Sendeanstalten durchaus hervor, was die Übertragung der 3. Liga anging. Denn die Quote stimmte, was sowohl die Marktanteile als auch die Abrufzahlen bei den Livestreams belegen:

Abrufzahlen Livestreams

Bereits die Relegationsspiele des 1. FC Magdeburg verfolgten zu Spitzenzeiten 740.000 Zuschauer. Das entsprach knapp 23 Prozent Marktanteil. Werte, die Dresden in der laufenden Saison ebenfalls mehrmals erreichte oder noch übertraf. Die beste Quote brachten jeweils Ost-Duelle. Einzig die Ost-Teams profitierten davon nicht. Denn für die TV-Rechte erhalten die 20 Vereine der 3. Liga 12,8 Millionen Euro, insgesamt. Zum Vergleich: In ihrer letzten Saison in der 2. Liga kassierten die Auer rund 6 Millionen Euro, allein.

Dahin verabschieden sich die Erzgebirgler nun auch wieder. Da Dresden ebenfalls aufsteigt und Cottbus den bitteren Gang in die Regionalliga antreten muss, dürfte auch die Ostalgie-Liga Geschichte sein. Die inoffizielle Meisterschaft wird es wohl nicht auf den Auer Briefkopf schaffen.


Genauso wenig, wie vermutlich “Drittliga-Gründungsmitglied” beim FC Rot-Weiß Erfurt in der Kopfzeile stehen wird und das, obwohl die Mannschaft aus der Thüringer Landeshauptstadt nach dem Abstieg der Stuttgarter U23 inzwischen die einzige Mannschaft ist, die seit Bestehen der Liga durchgängig dabei ist. Endreas Müller sprach mit Fedor Freytag über die Saison der Rot-Weißen und die Perspektiven von Liga und Team:

Interview mit Fedor Freytag, Anhänger des FC Rot-Weiß Erfurt und Blogger auf Stellungsfehler.de

EM: Rot-Weiß Erfurt steckte in dieser Saison lange im Abstiegskampf. Inwiefern spiegelt der Tabellenstand in dieser Liga das wirkliche Leistungsvermögen der Mannschaften wider?

FF: Dynamo Dresden war die dominante Mannschaft der Liga. Dies bildet sich auch in der Tabelle ab. Deren Vorrunde war überragend, danach gab es einen Effekt, den die Statistiker Regression zum Mittelwert nennen. Würzburg und Aue stehen – jedenfalls für mich – überraschend da oben. Wobei sich die Kickers auf der Basis eines eingespielten Teams sehr smart verstärkt haben. Und Aue hat den Nachweis erbracht, dass auch eine völlig neu zusammengestellte Mannschaft eine stabile Saison auf hohem Niveau spielen kann. Für mich ist Dotchev ja der Antichrist, aber er hat da zweifellos einen großartigen Job gemacht.
Tja, was den Rest betrifft, empfiehlt sich ein Blick auf die Tabelle um den 30. Spieltag herum. Da existierte kein Mittelfeld mehr. So ab Platz 7 oder 8 drohte der Abstieg. Inzwischen hat sich die Tabelle auch nach unten ausdifferenziert, aber lange Zeit war sie ein Beleg für die These, dass ausgeglichene Etats einen ebensolchen Wettbewerb mit sich bringen.

EM: Rot-Weiß Erfurt ist eine Art Dauergast in Liga 3. Siehst Du einen weiteren dauerhaften Verbleib in der Liga als Erfolg oder muss der Blick nach oben gerichtet werden?

FF: Der Abstieg des VfB II steht fest. Damit sind wir der einzige Verein, der seit der Gründung der Liga durchgängig in ihr spielt. Nach dieser Saison ist das eindeutig ein Erfolg. Allerdings gab es schon Jahre, in denen wir oben mitgespielt haben. Damals war die Bewertung natürlich eine völlig andere. Für einen Verein wie RWE ist ein Aufstieg nicht planbar. Planbar sind nur kontinuierliche Verbesserungen in allen für den sportlichen Erfolg relevanten Bereichen. Die wiederum basieren auf einer Konsolidierung der finanziellen Situation. Ich erwarte keine Wunderdinge, wenn die neue Arena im Juli eröffnet wird. Aber eine schrittweise Verbesserung der Ertragslage muss damit zwingend einhergehen. Dies war ja auch das alles überragende Argument für den Komplettumbau des Stadions.

EM: Wo würdest Du RWE gern in fünf Jahren sehen?

FF: Natürlich würde ich den FC Rot-Weiß Erfurt gerne in der Fußballbundesliga sehen. Man muss Darmstadt nicht mögen, aber eine solche Cinderella-Story lässt jeden Fan eines chronisch absturzgefährdeten Drittligisten träumen. Sehr realistisch ist das selbstredend nicht, eben weil es so selten passiert. Quasi Jackpot. Für den Moment wäre ich schon froh, wenn es gelänge den Vertrag mit Stefan Krämer zu verlängern. Mal einen guten Trainer bei der kontinuierlichen Verbesserung einer Mannschaft zu erleben, das ist im Hinblick auf meinen Verein die exzentrischste Hoffnung, der ich mich hingebe.

Danke für das Gespräch!


Nicht in die Fußballbundesliga, dafür aber ins Unterhaus schaffte es die SG Dynamo Dresden in von Fedor Freytag schon angesprochener, vollkommen souveräner Manier. Klar, dass man als Anhänger der SGD mit der just abgeschlossenen Drittliga-Saison eigentlich nur zufrieden sein kann. Nun geht es in der kommenden Spielzeit unter anderem gegen den FC St. Pauli und die Roten Teufel vom Betzenberg. Über die Perspektiven der Mannschaft aus der sächsischen Landeshauptstadt, die abgelaufene Saison und die 2. Liga gibt Eric Spannaus im 120minuten-Interview Auskunft:

Interview mit Eric Spannaus, Buchautor und Anhänger der SG Dynamo Dresden

EM: Werden Dir die Ostduelle aus Liga 3 in der 2. Bundesliga fehlen und wenn ja, warum bzw. warum nicht?

ES: Prinzipiell fand ich die vielen Ostderbys in diesem Jahr sehr reizvoll und spannender als die in der kommenden Saison anstehenden Duelle gegen den SV Sandhausen oder den 1.FC Heidenheim. Die ostdeutschen Mannschaften und Fankurven stehen unter Strom und geben alles. Nicht umsonst haben wir unsere einzigen Niederlagen dieser Saison gegen Cottbus und Erfurt erlitten. Die nostalgieträchtige Ostmeisterschaft in Liga 3 ging nicht an Dynamo, sondern die für mich Überraschungsmannschaft der Saison, Erzgebirge Aue. 6 Mannschaften, welche Dynamo und Aue nicht in die 2. Bundesliga folgen werden, werden einzig durch Union Berlin aufgefangen. Auf die freue ich mich auch sehr, es verdeutlicht aber um so mehr, wie viel Nostalgie verloren gehen wird.
Doch sieht man mal von den feuchten Augen deswegen ab, haben Ostduelle auch Nebenseiten, auf die ich gern verzichten kann, wie zum Beispiel Rostock im Herbst 2014 und Magdeburg vor wenigen Wochen.

EM: In welche Spielklasse gehört Dynamo Dresden für dich langfristig?

ES: Wir Fans der SGD sind bekannt, schnell überschwänglich zu werden. Die einzig würdige Spielklasse ist zumindest die Champions League, weniger muss es nicht sein.
Doch mal ganz im Ernst, wir haben 2 Anläufe in der 2. Bundesliga genommen und sind zweimal mit Pauken und Trompeten gescheitert. Die langfristige Spielklasse sollte daher nicht ganz oben zu finden sein, sondern etwas realistischer in der 2. Bundesliga. Wichtige Spieler haben und werden vielleicht auch noch den Verein verlassen, ob Ralf Minge jedesmal mit seinen Verpflichtungen ins Schwarze trifft, ist nicht gewiss. Lass uns erstmal ankommen und mithalten können, nach oben dürfen Ziele immer gern verschoben werden.

EM: Was war deiner Meinung nach Dynamos Erfolgsgeheimnis, um sich in der relativ ausgeglichenen 3. Liga so absetzen zu können?

ES: Das ist wohl die einfachste Frage. Welche Schlagzeilen hat Dynamo diese Saison geschrieben? Wie viel außersportlicher Knatsch und innermannschaftliche Scharmützel haben die Gazetten beherrscht?

Danke für das Gespräch!


Glücksfall 3. Liga

Die Drittligasaison 2015/2016 war auch aus Medienperspektive interessant, was nicht zuletzt an der bereits mehrfach zitierten ‘Oberliga 2.0’ bzw. der ‘Ostmeisterschaft’ zwischen Dynamo Dresden, Erzgebirge Aue, dem 1. FC Magdeburg, dem Chemnitzer FC, Energie Cottbus, dem Halleschen FC, dem F.C. Hansa Rostock und dem FC Rot-Weiß Erfurt lag. Einen “besonderen Glücksfall” stellte die 3. Liga demzufolge für den Mitteldeutschen Rundfunk dar, wie Frank Rugullis, Leiter Online bei MDR Sachsen-Anhalt, im Gespräch mit 120minuten erläutert. Jener Glücksfall ergäbe sich dabei nicht nur aus dem Umstand, dass die so genannten ‘Ostclubs’ vom Potenzial her durchaus den Vergleich mit Bundesligisten nicht scheuen müssen, sondern auch aus einer für den MDR günstigen TV-Rechte-Lage in Liga 3. Während die ersten beiden Profiligen vollständig von Sportschau und Co. abgedeckt werden, ergibt sich für die regionalen Sender, je weiter man die Ligenpyramide nach unten schaut, ein größeres Maß an Gestaltungsfreiheit. Und dann hilft es natürlich, wenn man als MDR Sachsen-Anhalt zum Beispiel den 1. FC Magdeburg und den Halleschen FC und damit mindestens zwei spannende Derbys pro Saison direkt vor der Haustür hat.

Allerdings hängt der Medienerfolg der 3. Liga Rugullis zufolge nicht unbedingt ausschließlich an den Ostderbys, weil die Liga insgesamt ein unheimlich spannendes Format ist, wie ja u.a. auch die Ausführungen zu Beginn des Beitrags und die Einschätzung von Fedor Freytag belegen. Die Ausgeglichenheit der Liga sorgt dementsprechend für Spannung und Zuschauerinteresse, was natürlich auch der journalistischen Arbeit dienlich ist: Die 3. Liga halte einfach auch abseits von ‘Elb-Classico’ (Dynamo – FCM), ‘Sachsen-Anhalt-’ (FCM – HFC) und ‘Sachsen-Derby’ (Aue – CFC) jede Menge Geschichten bereit. Dabei ist die Frage, was im Zusammenhang mit der 3. Liga aus Medien-Perspektive eigentlich ‘Erfolg’ bedeutet, nicht mal eben in 2, 3 Sätzen zu beantworten; in Rugullis’ professionellem Kontext beschäftigen sich ganze Arbeitsgruppen mit dieser Thematik. Natürlich spielen ‘harte Faktoren’ wie Klickzahlen und Webseiten-Trackings eine (ziemlich große) Rolle; gleichzeitig schaut man beim MDR aber auch auf qualitative Kriterien wie die Wahrnehmung der eigenen Formate aus der Perspektive von Multiplikatoren und Fans, der Resonanz in den einschlägigen Fan-Foren oder darauf, welche Beiträge des MDR wo verlinkt werden.

Aus der Sicht von MDR Sachsen-Anhalt waren es im Online-Bereich vor allem die analytischen Texte über den 1. FC Magdeburg und den Halleschen FC, die – gemessen an Klickzahlen – die erfolgreichsten waren. Aktuelle Beispiele sind die Saisonbilanzen jener Vertreter aus Sachsen-Anhalt, die ähnlich häufig geklickt wurden wie nicht-sportbezogene Nachrichtenbeiträge, die auch überregional für einige Aufmerksamkeit sorgen. Das blau-weiße Lager wird es dabei sicher freuen, zu hören, dass sich laut Rugullis im Vergleich mit dem HFC doppelt so viele MDR-Sachsen-Anhalt-User für Berichte über den Aufsteiger aus der Landeshauptstadt interessiert hätten. Dazu trug nicht zuletzt selbstverständlich auch die für viele unerwartet gute Saison der Blau-Weißen bei, was insgesamt zu einer positiven Resonanz führte. Aus Medienperspektive ist die Formel also denkbar einfach: Erfolgreiche Vereine sorgen selbstverständlich auch für ein gesteigertes Interesse an entsprechender Berichterstattung – was gerade im Fall des 1. FC Magdeburg, aber auch des Halleschen FC in der Vergangenheit auch schon einmal ganz anders war.

Insofern ist die Bewertung einer Saison aus der Perspektive der über die entsprechenden Mannschaften berichtenden Medien letzten Endes doch abhängig vom Erfolg der Teams im Sendegebiet, zumal das Thema “Sport” für den MDR ein ganz zentrales ist. Anders ausgedrückt: Aus Senderperspektive kommt dem Duell “HFC-FCM” von der Priorität her nur eine geringfügig kleinere Bedeutung zu als der Landtagswahl in Sachsen-Anhalt 2016. Dementsprechend hoch ist auch der Aufwand, der seitens MDR Sachsen-Anhalt in Sachen “Fußballberichterstattung” betrieben wird, wobei Frank Rugullis Wert darauf legt, dass der überwiegende Teil der konzeptionellen Arbeit über die 3. Liga im MDR durch die Leipziger Kolleg*innen von “Sport im Osten” realisiert wird, und das überaus erfolgreich:

Aufgabe von MDR Sachsen-Anhalt ist es in diesem Zusammenhang, gerade bei den Begegnungen mit sachsen-anhaltinischer Beteiligung “genauer hinzuschauen, Inhalte zu liefern und auch mal Sachen auszuprobieren”. Und das erfolgt mit aus Fan-Perspektive schöner Regelmäßigkeit über die punktuelle Einbindung von Bloggern ebenso wie zum Beispiel über das Format “Fan-Ticker”, das zuletzt im Landespokalfinale zwischen dem HFC und dem FCM erfolgreich zum Einsatz kam. Keine Frage, dass die zumindest im MDR-Sendegebiet umfangreiche und durchaus innovative Berichterstattung die Liga für den geneigten Fußballfan noch einmal interessanter machte  – ebenso, wie sich der Erfolg der Liga sicherlich auch für die Berichterstatter*innen selbst nicht unbedingt negativ ausgewirkt haben dürfte.


Hoch-professionelle Fußball-Romantik?

Die 3. Liga als Ort hoch-professioneller Fußball-Romantik also? Für die Anhänger des 1. FC Magdeburg ganz sicher. Als Aufsteiger mit der klaren Maßgabe ‘Klassenerhalt’ in die Saison gestartet, stand am Ende der Spielzeit ein überragender 4. Tabellenplatz und damit die direkte DFB-Pokal-Qualifikation zu Buche. Wo aber soll man aus FCM-Perspektive beginnen bei einem Rückblick auf eine Saison, die man nur aus der Ferne mitbekommen hat? Aus der Ferne und auch nur durch die blau-weiße Brille? Sozusagen als Außenstehender? 120minuten-Autor Christoph Wagner mit einer Einschätzung:

“Neben der FCM-Brille könnte ich ja auch die Ostdeutsche Brille tragen, die mich aber nicht weiterbringt: was interessieren mich Halle oder Chemnitz, außer, dass der Club besagte Vereine doch hoffentlich schlägt? Oder die Stuttgarter Kickers? Preußen Münster? Wegen des ‘Tatort’? Die blau-weiße Brille passt am besten und so soll es sein.

Was war die Freude groß, als im Juni 2015 der FCM den Aufstieg in die 3. Liga perfekt machte nun endlich bei den Großen mitspielen durfte! Noch größer war es, als man schon Ende Juli die Saison im heimischen Heinz-Krügel-Stadion eröffnen durfte. Völlig aus dem Häuschen war man nach dem Auftaktsieg gegen Rot-Weiß Erfurt. Als kurz darauf auch noch Halle geschlagen wurde, glaubte man seinen Augen kaum: Der FCM stand ziemlich weit oben in der Tabelle. Und für 24 Stunden sogar ganz oben, nachdem Chemnitz geschlagen wurde. Dabei war es vollkommen egal, dass Chemnitz den besseren Ball gespielt hat; der FCM hat zweimal getroffen, hatte dabei das Glück auf seiner Seite und bewies auch eine gehörige Portion Cleverness. Sehr oft hatte man den Eindruck, dass der Club sehr darauf erpicht war, schnellstmöglich Punkte zu sammeln, ehe die Luft ausgehen könnte. Das Überraschende oder gar Schöne dabei war, dass eben jene Punktejagd zu Beginn der Saison der Mannschaft nun nicht unbedingt Flügel verlieh, aber doch die nötige Luft verschaffte, um auch bei Durststrecken zu überstehen, ohne in Schnappatmung zu verfallen, die zu unüberlegten Aktionen seitens des Clubs hätten führen können. Als Aufsteiger war klar, dass es hart werden würde.

Wie aber Club, Mannschaft und Fans auch die Löcher überstanden haben, zeigt den Zusammenhalt, der über die letzten vier Jahre gewachsen ist. So richtig wurde diese “Friede, Freude, Eierkuchen”-Stimmung getestet im Vorfeld des Hansa-Spiels, als klar wurde, dass von Clubseite eben nicht korrekt kommuniziert wurde. Dass man sich hinterher aussprach und das auch noch auf Augenhöhe tat, spricht für alle Beteiligten. Als langjähriger Stadiongänger war das für mich eine Herangehensweise, welche in den 90ern hin und wieder mal vonnöten gewesen wäre, um den Club in ruhigeren Wassern zu halten. Lektion gelernt.

Dass die Mannschaft lernfähig ist, zeigte sich in den letzten Wochen. Die Hinrunde war mitunter von unschönem Fußball geprägt. Klar, Magdeburg spielt einen sehr physischen Stil und wird sicher nie den schönsten Ball in irgendeiner Liga spielen. Dennoch kann auch das zumindest gut aussehen. Genau dies geschah in der Rückrunde und ging gleich in Halle los. Die wurden quasi auseinandergenommen und hatten über 90 Minuten keine Chance und obendrein wurden die Zuschauer aus dem eigenen Stadion geworfen. Da es sich um das Derby in Sachsen-Anhalt handelte, ist sicher davon auszugehen, dass eben dieser Faktor die nötigen spielerischen Fünkchen sprühen ließ. Sehr zur Freude meinerseits als Zuschauer des Livestreams in Paris. Der Höhepunkt waren wohl die 65 Minuten gegen Dresden, als Dynamo im HKS wenig bis gar kein Land sah und sich bis auf einige wenige Konter selten vor dem Magdeburger Tor sehen ließ.

Apropos Dynamo Dresden. Schaut man sich die Saison rückblickend an, so war von vornherein klar, dass Dresden aufsteigen würde, ja müsste. Alles andere wäre eine Enttäuschung gewesen. Erst 2014 aus Liga 2 abgestiegen, waren die Elbflorenzer einfach eine Nummer zu groß für diese Liga und stellten von vornherein klar, wer Chef ist. In typischer Bayernmanier muss man sagen, dass dann doch schon 5 Spieltage vor Schluss der Aufstieg perfekt gemacht wurde. Egal, es war verdient. Gleichzeitig ist es schade, dass der FCM nun nicht mehr gegen Dynamo spielen wird in nächster Zukunft. Denn mit Fug und Recht kann man behaupten, dass diese Paarung wohl eine der geschichtsträchtigsten ist und auch von dem gewissen Etwas einer lang gewachsenen Rivalität lebt.

Vor der Saison sprachen viele von einer Neuauflage der DDR-Oberliga, weil mal eben 8 ehemalige Oberligisten mitmischten. Das ist natürlich Unsinn, es bleiben ja immer noch 12 andere Teams in der Liga und niemand käme auf die Idee, diese Liga ‘Westliga’ zu taufen. Auch hier gibt es einige interessante Vereine, bspw. Preußen Münster, Fortuna Köln und die Stuttgarter Kickers. Im Zusammenhang mit diesen Clubs spricht man gern von Traditionsvereinen. Nun ist das mit der Tradition so eine Sache und man kann sich dafür wenig kaufen. Das durfte der 1. FC Magdeburg zwischen 1990 und 2015 am eigenen Leib erfahren. Die Liga als Sammelbecken für, ja für was eigentlich? Für ostdeutsche Vereine, die es nach 25 Jahren Einheit in den Profifußball geschafft haben, bzw. dort ihr Eckchen gefunden haben oder auch nur auf Zwischenstopp sind.

Aufgrund der Dichte der sogenannten Ost-Derbies allerdings waren auch die Mahner auf dem Plan und wurden in den meisten Fällen eines besseren belehrt. Keine Gewaltorgien, keine Weltuntergangsszenarien. Auch hier gilt: Ausnahmen bestätigen die Regel. Dennoch wurde es laut im positiven Sinne. Allein die Stimmung im Magdeburger Stadion war sagenhaft. War es zu Beginn der Saison nahezu ausschließlich der Block U, so sprang der Funke beim Spiel gegen Preußen Münster auf die ganze Bude über und für nahezu 30 Minuten war Fußball nichts weiter als eine Nebensache, weil die Massen sich und ihren Club feierten. Opium für das Volk. Auch auswärts machte Blau-Weiß gut etwas her. Man denke an das Halle-Spiel. Dass die Stimmung in den Stadien also mitunter herausragend war und wohl auch bleiben wird, ist auch als Fingerzeig in Richtung der ewigen Mahner und Nörgler zu verstehen, die Fußballfans allzu gern als permanent gewaltbereite Gruppe brandmarken und am liebsten wegschließen würden. In der Tat kann man den Spieß auch umdrehen und Medien und Polizei als Sündenböcke hinstellen. Egal, wie rum man es dreht, alle Beteiligten dürften sich in dieser Hinsicht einiges an Mitverantwortung ans Revers heften und sollten dies auch eingestehen. Nur so wird in Zukunft der Fußball – nicht nur in Liga 3 – ein positives Erlebnis bleiben, was ja sicher auch im Interesse aller Beteiligten ist.

Als Aufsteiger nicht nur für einige Überraschungen zu sorgen, sondern durchweg oben mitzuspielen, ist schon eine Leistung und zugebenermaßen war ich eben nicht überzeugt, dass genau das passieren würde. Umso schöner ist eben jene Rückschau auf diese Saison mit knappen Spielen, großen Siegen und einer Atmosphäre, die einige Bundesligisten spielend in die Tasche steckt. Gleichzeitig weckt so eine Saison auch gewisse Begehrlichkeiten und es würde mich nicht wundern, wenn plötzlich alle von Liga 2 redeten, als wäre es eine Selbstverständlichkeit. Da aber der Club die Badelatschen nun endlich gegen Fußballschuhe getauscht hat, auch gegen vermeintlich leichte Gegner, kann man davon ausgehen, dass der eingeschlagene Weg beim FCM weiter Schritt für Schritt gegangen wird mit der richtigen Einstellung und, was noch viel wichtiger ist, den richtigen, weil realistischen Zielen vor Augen.”


Verdammt nah dran

Neue Spielstätten mit allen Vorzügen (und Nachteilen) moderner Stadionbauten, alte Arenen, deren Stehplatztraversen auf jedem Zentimeter Fußballgeschichte atmen, ein guter Mix aus kleinen Clubs, wenigen Bundesliga-Zweitvertretungen und etlichen traditionsreichen Vereinen mit großer und reisefreudiger Anhängerschaft, dazu ein Medienumfeld, in dem neben dem Bedienen der Entertainment-Bedürfnisse der Massen noch genug Raum für innovative Berichte, spannende Reportagen und experimentelle Formate bleibt, dazu überwiegend bezahlbare Live-Erlebnisse und eine sportliche Ausgeglichenheit, die die eigene Herzensmannschaft lediglich zwischen den Polen “Aufstiegsrennen” und “Abstiegskampf” oszillieren lässt – Fußballfan-Herz, was willst Du eigentlich mehr?

Aus Fan-Sicht kommt die 3. Liga der Vorstellung von Fußballromantik im Profibereich sicherlich (noch) verdammt nah – wenngleich man gut argumentieren könnte, dass die Vorzüge der Staffel gleichzeitig auch ihr größtes Problem sind: Die kontinuierliche Entwicklung aufstiegsfähiger Kader ist kaum möglich, weil die besten Spieler sich üblicherweise schnell in höhere Sphären verabschieden. Die mediale Abdeckung ist zwar ansprechend, bringt aber nicht genügend Erlöse, um wirklich nachhaltig wirtschaften zu können. Die infrastrukturellen Voraussetzungen sind hoch und stellen insbesondere kleinere Vereine immer wieder vor Herausforderungen. Und trotzdem: Die 3. Liga hat sich während ihres bisher achtjährigen Bestehens als ernst zu nehmendes Profiliga-Format etabliert, was allein schon an der Entwicklung der Zuschauerzahlen deutlich wird: Verfolgten 2008/2009 noch durchschnittlich 5.600 Personen die Saisonspiele live im Stadion, waren es 2015/2016 bereits knapp 7.100 Menschen im Schnitt, die ihren Teams vor Ort die Daumen drückten. Auch die TV-Präsenz nahm exponentiell zu, wie sich am Beispiel des MDR gut ablesen lässt:

Und auch wenn die ‘Ost-Meisterschaft’ erst einmal passé ist, kann man doch davon ausgehen, dass dieser Trend sich fortsetzen wird. Weil abseits von Hochglanzfußball, Millionentransfers und Pay-TV auch im deutschen Profifußball noch Platz für ein gutes Stück Romantik ist.

 

 

Beitragsbild: Wir bedanken uns bei turus.net. Wir durften den weitreichenden Bilderfundus für die Bebilderung dieses Beitrags verwenden.

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Politik und Fußball: Mitspielen um jeden Preis https://120minuten.github.io/politik-und-fussball-mitspielen-um-jeden-preis/ Sun, 01 Nov 2015 19:01:59 +0000 https://120minuten.github.io/?p=1654 Weiterlesen]]> Wenn Fußballvereine in finanzielle Schieflagen geraten, muss oft die öffentliche Hand ran. Millionenlöcher in Etats werden vom Steuerzahler gestopft – und das nicht nur in der 1. und 2. Bundesliga. Michael Ashelm von der FAZ kennt sich aus in diesem Metier und beleuchtet u.a. den aktuellen Fall in Osnabrück. 

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Es gibt ein Leben jenseits von RB Leipzig https://120minuten.github.io/es-gibt-ein-leben-jenseits-von-rb-leipzig/ Sat, 03 Oct 2015 18:01:52 +0000 https://120minuten.github.io/?p=1606 Weiterlesen]]> Ein positives Momentum jenseits von RB Leipzig macht Christian Kamp beim Blick in den Fußballosten aus. Ordentlich wirtschaftende und sportlich erfolgreiche Vereine sieht er – Dynamo Dresden und der 1. FC Magdeburg sind die besten Beispiele für diese Entwicklung.  

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Hoch-professionelle Fußball-Romantik https://120minuten.github.io/hochprofessionelle-fussballromantik/ https://120minuten.github.io/hochprofessionelle-fussballromantik/#comments Wed, 22 Jul 2015 07:00:48 +0000 https://120minuten.github.io/?p=1338 Weiterlesen]]> Die 3. Liga startet mit der Saison 2015/2016 in ihre nunmehr achte Spielzeit und scheint sich inzwischen als dritte deutsche Profiliga weitgehend etabliert zu haben. Erstmals seit ihrem Bestehen weist sie außerdem acht ehemalige DDR-Oberligisten aus, die 25 Jahre nach der Wiedervereinigung zum ersten Mal in einer Profiliga um Punkte kämpfen. Hinzu kommen Traditionsvereine wie der SC Preußen Münster oder der SC Fortuna Köln – man könnte also meinen, dass die 3. Liga 2015/2016 interessanter und relevanter ist denn je. Der Frage, ob dem wirklich so ist, versuchen wir im folgenden Beitrag auf den Grund zu gehen.

Autoren: Alexander Schnarr (nurderfcm.de), Fedor Freytag (stellungsfehler.de), Endreas Müller (endreasmueller.blogspot.de) und Uwe Busch (hansafans.de)

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“Sie [die 3. Liga, A.S.] ist hochprofessionell organisiert, bietet tollen Fußball, der mancherorts noch so ist wie in meiner Jugend. Die 3. Liga ist etwas für Fußballromantiker. Wer mit der Durchkommerzialisierung des Sports seine Probleme hat, wird sich in Drittligastadien sehr wohl fühlen. Die 3. Liga bietet eine sehr schöne Alternative zum Topprodukt Fußball, wie es die beiden höchsten Ligen in Deutschland anbieten.” – Steffen Simon

Liest man Steffen Simons Antworten im Interview zur 3. Liga mit DFB.de, könnte man fast meinen, Deutschlands dritthöchste Profispielklasse ist so etwas wie der DFB-seitige Gegenentwurf zur selbstkreierten Hyper-Kommerzialisierung: Nicht “Die Mannschaft” mit Coca-Cola-Fanclub, sondern guter Fußball und lauter Traditionsvereine machen den Reiz aus. Die Fernsehpräsenz steigt, die Anzahl attraktiver Spiele auch, aber ansonsten ist alles irgendwie ‘wie früher’, als noch der Sport im Mittelpunkt stand und man sich auf ein Bier und ein paar Lieder mit den Jungs und Mädels in der Kurve traf. Die 3. Liga also als gute Alternative zu Bayern, Schalke, Braunschweig und Lautern?

Die Beantwortung dieser und der eingangs gestellten Frage versuchen wir aus verschiedenen Blickwinkeln und mit einiger Drittliga-Expertise. Fedor Freytag begleitet auf seinem Blog stellungsfehler.de mit dem FC Rot-Weiß Erfurt eines der Gründungsmitglieder der Liga. Am 25. Juli 2008 bestritten die Erfurter das Premierenspiel des neuen Formats im heimischen Steigerwaldstadion gegen die SG Dynamo Dresden. Auch die anstehende Spielzeit wird die Mannschaft aus der Landeshauptstadt Thüringens eröffnen, wenn sie in der ersten Partie der neuen Spielzeit in einem von vielen so genannten Traditionsduellen beim Aufsteiger aus Magdeburg gastiert. Im ersten Abschnitt widmet sich Fedor Freytag der fußballerischen Qualität der Liga.

Endreas Müller hat sich für diesen Text vor allem mit der wirtschaftlichen Situation der Drittligavereine beschäftigt und schaut dabei sowohl auf Aussagen des DFB als auch auf die Wahrnehmung der Vereine selbst. In seinem Beitrag lässt er zudem Gunnar Schmid, der zum SV Wehen Wiesbaden bloggt, und Lars Töffling, Pressesprecher des FC Energie Cottbus, zu Wort kommen, die noch einmal einen besonderen Blick auf die Situation der Vereine in der 3. Liga werfen. Die kompletten Interviews sind am Ende des Textes zu finden.

Aus der Fan-Perspektive schaut Uwe Busch auf die dritthöchste deutsche Spielklasse. Er ist Redakteur bei hansafans.de und begleitet den FC Hansa Rostock auch auf seinem eigenen Blog. Die Duelle der ehemaligen Oberligisten machen auch für ihn den besonderen Reiz der neuen Spielzeit aus, wenngleich aus Fan-Sicht natürlich nicht zu verhehlen ist, dass sich der überwiegende Teil der Drittligaklubs dem eigenen Selbstverständnis nach lieber eine bis zwei Etagen weiter oben um Punkte duellieren wollen würde. Dass man es aber auch in Liga 3 einigermaßen aushalten kann, berichtet außerdem Eric Spannaus, Autor des Buches “111 Gründe, Dynamo Dresden zu lieben”, der für diesen Beitrag ebenfalls für ein kurzes Interview zur Verfügung stand.

Der Fußball in der 3. Liga: Form Follows Function

Jede Art von Wettbewerbsfußball ist spannend. Diese Binsenweisheit gilt in exponiertem Maße für die 3. Liga. Es gibt viele knappe, äußerst umkämpfte Spiele, deren Ausgang nicht selten an Kleinigkeiten hängt. Ein Grund dafür ist, dass die Unterschiede in der fußballerischen Leistungsstärke der Teams geringer ausgeprägt sind als in den oberen beiden Ligen. In Ermangelung anderer Quellen zur Untermauerung dieser These soll uns dabei ein Blick auf die aktuellen Zahlen von transfermarkt.de helfen: Selbst wenn man die Krösusse Bayern und Dortmund am oberen bzw. Darmstadt und Ingolstadt am unteren Ende der Marktwertskala weglässt, ergibt sich in der Bundesliga ein Verhältnis von ca. 1 zu 5 zwischen Wolfsburg (228 Millionen) und Köln (44 Millionen). In der 3. Liga liegen die akkumulierten Mannschaftwerte derzeit zwischen 6,5 Millionen (Wiesbaden) und 2,35 Millionen (Magdeburg), also bei einem Quotienten von etwa 2,7. Die durchschnittlichen Marktwerte pro Spieler umfassen mehrheitlich eine Spanne zwischen 150.000 und 230.000 Euro, mithin eine Differenz, die man innerhalb der Fehlertoleranz verorten kann. Angemerkt sei hier, dass natürlich niemand seriös beurteilen kann, ob ein Spieler einen „Marktwert“ von 180.000 oder 200.000 Euro hat. Trotzdem liefert die Schwarmintelligenz von Transfermarkt brauchbare Qualitätskorridore. Pointiert formuliert: Die Attraktivität der 3. Liga speist sich vorwiegend aus ihrer Chancengleichheit, weniger aus ihrer fußballerischen Brillanz.

Hinzu kommt ein weiterer Aspekt, der für die Beurteilung der spielerischen Qualität wichtig ist. Die meisten Mannschaften sind nach so gut wie jeder Saison einer großen Fluktuation unterworfen. Man trennt sich – wie in anderen Ligen – von Spielern, welche die Erwartungen nicht erfüllt haben. Viel gravierender jedoch ist, dass viele Mannschaften regelmäßig ihre Leistungsträger ersetzen müssen. Sie wandern – wer will es gerade jungen Spielern verdenken – zu Vereinen ab, die aussichtsreichere finanzielle und sportliche Angebote unterbreiten.

Das alles hat gravierende Auswirkungen auf den Fußball, der in der 3.Liga gespielt wird. Meiner Einschätzung nach agieren fast alle Mannschaften am Beginn einer Partie aus einer taktisch defensiven Grundhaltung heraus. Die Vermeidung eines Gegentores hat oberste Priorität. Der Ansatz scheint grundvernünftig, wenn auch darunter die Attraktivität vieler Spiele leidet. Das Kalkül ist offensichtlich. Da sich defensive Spielformen einfacher als offensive Spielformen optimieren lassen, und zwar unabhängig von der individuellen Qualität der Spieler, vertrauen viele Trainer den eingeübten Defensivmechanismen (ballorientiertes Verschieben, Pressing) mehr als der Offensivqualität ihres Kaders. Sie gehen davon aus, dass sich ihre Mannschaft schwer tut, gegen eine massierte Abwehr des Gegners einen Rückstand zu egalisieren, weshalb man besser gar nicht erst in diese Situation gerät. Spieler (oder gar ganze Offensiven), die verlässlich über so viel Durchschlagskraft verfügen, dass sie Torchancen in hinreichend großer Zahl kreieren, sind die Ausnahme. Hier wären – eine rein subjektive Auswahl – der Braunschweiger Angriff der Saison 2010/2011 mit Kumbela, Kruppke und Bellarabi zu nennen, ebenso ein überragender Fabian Klos in der vergangenen Saison, und natürlich ein Ausnahmetalent wie Hakan Çalhanoğlu aus der Karlsruher Aufstiegsmannschaft von 2013. Ob dieser defensiv grundierte Spielplan wirklich sinnvoll ist, darüber kann man sicher angeregt diskutieren. Gerade neuere statistische Erkenntnisse (und ihre sehr zielführende Umsetzung, etwa beim FC Midtjylland) setzen eher die alte Weisheit „Angriff ist die beste Verteidigung“ ins Recht.

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Die Spielsysteme der 3. Liga sind hochkonventionell. Es werden die Klassiker der Fußballmoderne 4-2-3-1 und 4-4-2 (mit Doppelsechs) bevorzugt. Allein die von Horst Steffen trainierten Stuttgarter Kickers spielten in der zurückliegenden Spielzeit durchgängig ein offensiv ausgerichtetes 4-3-3. Aber, wie gesagt, es dominieren die taktischen Standardformationen. Man täte den Trainern der 3.Liga unrecht, würde man ihnen diese taktische Langeweile anlasten. Die hohe Volatilität der Kader lässt für nerd-affine taktische Experimente wenig Spielraum. Die meisten Übungsleiter müssen eine auf mehreren Schlüsselpositionen veränderte Mannschaft innerhalb von vier Vorbereitungswochen wettbewerbstauglich formieren. Das gelingt erstaunlich häufig. Zum einen, weil fast alle Spieler (also auch die neuen) mit den genannten Standardspielsystemen vertraut sind. Zum anderen, weil die Trainer erstklassig ausgebildet sind (Fußballlehrer als Voraussetzung) und professionell agieren (können). Ein weiterer Grund für die Wahl konventioneller Grundformationen liegt in der Qualität der Spieler begründet. Ein System mit z.B. nur einem zentralen Mittelfeldspieler verlangt eine außerordentlich hohe Qualität auf dieser Position. Wenn ich keinen Akteur mit adäquaten Fähigkeiten im Kader habe, sollte ich von dieser Formation besser die Finger lassen.

Vermutlich wird nie ein Trainer aus der 3. Liga in einem Standardwerk zur Fußballtaktik von Jonathan Wilson auftauchen. Dafür fehlen einfach die Rahmenbedingungen. Kurze Vorbereitungszeiten, eine chronisch hohe Spielerfluktuation, die mangelnde individuelle Klasse des Kaders (verglichen mit der Bundesliga) und ein enormer, fast schon existenzieller Erfolgsdruck bieten wenig Anreiz für innovative taktische Feldversuche. Bei Misslingen droht der Absturz in das Prekariat der Regionalliga. Gefragt und erfolgreich sind Trainerpragmatiker jeden Typs und Alters. Die Kenntnis modernster Trainingsmethoden sind ebenso notwendig wie die Fähigkeit, begriffene Fußballtheorie mit den speziellen Bedingungen der 3. Liga in Einklang zu bringen. Trainer in der 3. Liga zu sein ist kein Traumjob. Zu den ligabedingten Problemen gesellt sich oft genug ein Umfeld, das – aus welchen Gründen auch immer und häufig ohne jede Substanz – riesige Erwartungen hat und diese offensiv einfordert. Das führt nicht selten zu personellen Diskontinuitäten, vulgo: Rausschmissen, und erschwert zusätzlich die sukzessive Verbesserung einer Mannschaft. Vereine, die ihren Trainern und Managern ein langfristiges, kontinuierliches Arbeiten ermöglichen, haben signifikante Wettbewerbsvorteile.

Wirtschaften in der 3. Liga: Ein Oxymoron?

Denkt man an die wirtschaftliche Situation der 3. Liga, erheben sich im Kopf zwei imaginäre Stimmen. Einerseits die des DFB, der seine 3. Liga als Erfolgsstory ankündigte und verkauft und weiterhin vom Premiumprodukt 3. Liga träumt. Andererseits der Kanon der Vereinsvertreter, die mal einzeln, mal konzertiert die prekäre wirtschaftliche Situation in der untersten Profiliga thematisieren – von einer “Geldverbrennungsliga” war bereits die Rede in der man “auf Dauer keine Überlebenschance” habe. Kurzum: “die dritte Liga wird ausgebeutet”. Die Wahrheit liegt wohl irgendwo dazwischen.

Auf der einen Seite steht der DFB, der in erster Linie Markenpflege für “seine” Liga betreibt, die Vereine in die Pflicht nimmt bei der Etatplanung und lieber die sportlichen Aspekte in den Vordergrund stellt, als die Einnahmen/Ausgaben-Situation der Klubs öffentlich zu diskutieren. Auf der anderen Seite dann eben die Vereine, die auf die um ein Vielfaches höheren TV-Vermarktungseinnahmen der Bundesligen schielen und indirekt um eine Alimentierung von oben bitten.

Bleibt man bei den Fakten, haben beide Seiten Recht, aber auch wieder nicht. Die Einnahmen eines Zweitligisten sind im Schnitt dreimal so hoch wie die eines Drittligisten. Sich nach einem Aufstieg in Liga 2 zu etablieren, ist also mit einem erheblichen finanziellen Risiko verbunden. Andererseits war diese Lücke vor dem Start der eingleisigen 3. Liga größer und wirft man einen Blick nach oben, geht die Schere noch weiter auseinander – zwischen 1. und 2. Bundesliga unterscheiden sich die durchschnittlichen Einnahmen um den Faktor 5, zwischen 2. Bundesliga und Liga 3 beträgt der Faktor 3. Die Meinung des DFB dazu liest sich so:

“Der Abstand zwischen 3. Liga und 2. Bundesliga stellt sich somit in erster Linie nicht als ein Ertragsproblem der 3. Liga dar, sondern als ein Aufwandsproblem der 2. Bundesliga bzw. der Absteiger aus der 2. Bundesliga, welche häufig nicht in der Lage sind, fixe Kostenstrukturen (Betriebskosten Stadion, Mitarbeiter, Darlehen) an die reduzierten Erträge anzupassen und vorher für nicht ausreichend bzw. keinerlei Rücklagen gesorgt haben.” – Liga-Report 2013/2014, DFB (PDF)

Ein deutliches Statement in Richtung der Vereine. Seit Gründung von Liga 3 kamen Mannschaften immer wieder in finanzielle Schwierigkeiten und das nicht nur aufgrund eines vorangegangenen Abstiegs aus der 2. Bundesliga. Kickers Emden beantragten trotz Klassenerhalt keine Drittliga-Lizenz für die Saison 09/10 – der Verein konnte die finanzielle Belastung des Stadionumbaus nicht stemmen. Die Stuttgarter Kickers kassierten 08/09 einen Punktabzug wegen Liquiditätsproblemen. 2010/11 beantragt TuS Koblenz keine Lizenz für die folgende Spielzeit. Rot-Weiss Ahlen musste in der gleichen Saison Insolvenz anmelden. Ebenfalls insolvent wird Alemannia Aachen 2012/2013. In der gleichen Saison erhalten die Offenbacher Kickers keine Lizenz, vermutlich aufgrund eines Formfehlers (Darmstadt darf daraufhin in Liga 3 bleiben, der Rest ist bekannt).

Ungezählt sind die vielen Auflagen, die der DFB den Klubs aufgrund von Nachlässigkeiten bei der Lizenzierung aufbrummt. In manch einem Verein ist es gar die Ausnahme, wenn man die Lizenz ohne Auflagen erhält. Die strengen Lizenzsierungsregeln, mit denen der DFB die Vereine genau durchleuchtet, bereiteten z.B. schon dem VfL Osnabrück oder Hansa Rostock Bauchschmerzen. In beiden Fällen verlangte der DFB eine Liquiditätsreserve von den klammen Klubs: die Rostocker mussten 2014 1,2 Mio. € organisieren, der VfL Osnabrück für die Lizenz 2015/16 900.000 €. Die strukturellen Zugangsvoraussetzungen für Liga 3 sind auch nicht ohne. Von jedem Drittligisten wird ein Stadion mit mindestens 10.000 Plätzen inkl. 2.000 Sitzplätzen gefordert. Keine Selbstverständlichkeit für einen potentiellen Aufsteiger aus der Regionalliga. Die Anforderungen der Lizenzierung sind hoch, aber die Probleme, die im Rahmen des Verfahrens in den Vereinen aufgedeckt werden, sind nicht selten hausgemacht: schlecht ausgehandelte Stadionnutzungsverträge oder überteuerte Kader können die Ausgaben auf Vereinsseite in die Höhe treiben.

“Das Lizenzierungsverfahren ist hilfreich, steckt Grenzen ab und begrenzt Risiken. Die Vorgaben sorgen für vernünftiges Wirtschaften.” – Lars Töffling, Pressesprecher FC Energie Cottbus

Die gesamtwirtschaftliche Entwicklung spricht für den DFB und seine Liga. Die durchschnittlichen Einnahmen der Vereine konnten zwischen 2008/2009 und 2013/2014 um 65 % erhöht werden.
Dynamo Dresden ist ein Beispiel für einen Verein, der nach dem Abstieg aus der 2. Bundesliga dennoch solide in der 3. Liga weiterwirtschaften konnte – einem internen Sparkurs und der ungebrochenen Unterstützung des Anhangs sei Dank. Andernorts sind Vereine auf das Engagement von Einzelpersonen oder größeren Sponsoren angewiesen:

“Ich weiß nicht, wie es bei anderen Vereinen funktioniert, aber beim SV Wehen Wiesbaden geht das nur, weil die Familie Hankammer mit ihrer Firma Brita das ermöglicht, das muss man klar sagen.” – Gunnar Schmid, stehblog.de

Auch bei den Zuschauern hat die 3. Liga seit ihrer Gründung deutlich zugelegt. In der abgelaufenen Saison waren es je Spiel im Schnitt mehr als 6.700 Zuschauer:
Europaweit verbucht nur die englische dritthöchste Spielklasse mehr Zuschauer als die 3. Liga. Danach kommt europaweit lange nichts. So positiv die Entwicklung ist – Umsatzzahlen und Zuschauerinteresse hängen in der 3. Liga, stärker als in 1. und 2. Bundesliga, von ihrer Zusammensetzung ab. Je mehr namhafte Vereine in Liga 3 antreten, umso besser – bei der Bewertung der Entwicklung sollte man diesen Faktor mit einbeziehen. Nur noch wenige Zweitvertretungen nehmen am Spielbetrieb teil, die Ingolstadts, Sandhausens und Heidenheims haben die 3. Liga hinter sich gelassen. Dennoch meint Lars Töffling, Pressesprecher von Energie Cottbus:

“Die 2. Liga hat nicht an Bedeutung verloren, sie ist attraktiv und stark, vermutlich die beste zweite Liga Europas. Aber die 3. Liga hat zugelegt in den vergangenen Jahren, die Aufmerksamkeit steigt. Durch die Ansammlung von professionell geführten Vereinen mit entsprechenden Stadien steigt die Anerkennung und die mediale Präsenz.” – Lars Töffling, Pressesprecher FC Energie Cottbus

Zusammenfassend und nüchtern betrachtet lehnt man sich nicht zu weit aus dem Fenster, wenn man die 3. Liga aus wirtschaftlicher Sicht als Erfolg betrachtet, auch wenn der DFB noch immer keinen Namenssponsor gefunden hat und die Einnahmen, vor allem im Bereich der TV-Vermarktung, weit von denen in den DFL-Ligen entfernt sind. Das erfolgreiche Wirtschaften ist und bleibt für die Vereine ein Spagat. Seit der Gründung von Liga 3 lässt sich eine deutliche Verbesserung feststellen. Ein Blick nach unten in die Regional- und Oberligen zeigt, wie viel schwerer dort der Überlebenskampf ist. Der Blick nach links und rechts auf andere Sportarten in Deutschland macht deutlich, wie positiv die Entwicklung in Liga 3 ist: In Sachen Einnahmen ist die 3. Liga die drittstärkste in Deutschland – zwar deutlich hinter 1. und 2. Bundesliga, aber auch weit vor allen anderen professionellen Mannschaftssportligen.

Die 3. Liga aus der Fan-Perspektive: Ein Hauch der guten, alten Zeit

Wie man als Fan zur 3. Liga steht, hängt in weiten Teilen davon ab, aus welcher Richtung man sie betritt. So wird sich die (Vor)freude in Aue nach dem Abstieg naturgemäß eher in Grenzen halten, während jüngst in Magdeburg mit dem Aufstieg ein jahrelang gehegter Traum endlich Wirklichkeit wurde und grenzenlose Euphorie ausgelöst haben dürfte.

In Rostock wiederum sieht man die Situation mit gemischten Gefühlen. Da ist zunächst vor allem Erleichterung, in der letzten Saison noch einmal mit einem blauen Auge davongekommen und haarscharf am Absturz in die Regionalliga oder womöglich noch tiefer vorbeigeschrammt zu sein. Andererseits gehört der Verein nach eigenem Anspruch und nicht zuletzt auch mit der vorhandenen Infrastruktur perspektivisch und langfristig zumindest in die 2. Liga, insofern kann die aktuelle Ligazugehörigkeit natürlich nicht zufriedenstellen und ist wirtschaftlich in gewisser Weise existenzbedrohend.

Und doch geht von der bevorstehenden Saison eine besondere Faszination aus, die schlicht und einfach aus der gemeinsamen Vergangenheit mehr als eines Drittels der Vereine dieser Liga resultiert. Immer wieder werden Stimmen laut, die in dieser 3. Liga die attraktivste seit Einführung dieser Spielklasse sehen. Diese Sichtweise basiert in erster Linie auf Erwartungen, die weniger das sportliche Geschehen auf dem Rasen betreffen, sondern vor allem den besonderen Reiz reflektieren, den die zahlreichen Aufeinandertreffen großer, jahrelang gewachsener ostdeutscher Fanszenen mit sich bringen.

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Tatsächlich geht Freunden authentischer Fankultur der „alten Schule“ beim Gedanken an das Wiedersehen mit „Freunden“, teilweise nach mehr als 25 Jahren das Herz auf, allein schon um der „guten alten Zeiten“ willen. Acht Vereine kreuzten mehr oder weniger regelmäßig in der DDR-Oberliga die Klingen, zwar unter anderen sportlichen Voraussetzungen auf dem Platz, aber auch damals schon mit heißen Duellen auf den Rängen und nicht nur da. Es ist die Erinnerung an eine Zeit, als der Besuch eines Fußballspiels noch weit vom heutigen familientauglichen Entertainmentevent mit Rundumversorgung und Animation war, eine Zeit, in der Stadionstimmung nicht anhand eines mit Klatschpappen erzeugten und Schallpegelmesser bestimmten Dezibelwertes definiert wurde.

So sind es – unabhängig von den Vereinsfarben – besonders Fans, die die Oberligazeiten noch selbst erlebt haben, die bei Ansetzungen wie Dynamo gegen Magdeburg oder Chemnitz gegen Aue glasige Augen bekommen. Aber auch jüngere Fangenerationen, die in der heutigen Zeit den Ton und das Bild der Kurve dominieren, sind inzwischen „heiß“ auf die Duelle mit den früheren Kontrahenten. Oft wird schon Wochen vor dem Spieltermin „mobil gemacht“, werden Nettigkeiten virtuell ausgetauscht, optische Visitenkarten im „Feindesland“ hinterlassen. Zu den Spielen werden besonders aufwändige Choreografien präsentiert, bei denen der Heimverein mitunter sogar die eine oder andere Rauchfahne großzügig übersieht und die auf dem Fuß folgende Strafzahlung stillschweigend akzeptiert.

Und so üben die Begegnungen ehemaliger DDR-Oberligisten meist eine starke Anziehungskraft aus, sorgen für gut gefüllte Stadiontribünen und volle Kassen. Ungeachtet der jeweiligen sportlichen Situation im Verein, jenseits von Tabellenständen, Aufstiegschancen oder Abstiegsgefahr sind das Spiele, deren Ergebnisse den Fans niemals egal sind. Natürlich wünscht sich ein Fußballfan in jedem Spiel einen Sieg seiner Mannschaft. Es gibt aber diese Spiele, da bedeutet der Sieg der eigenen Mannschaft noch ein bisschen mehr und hat über den sportlichen, rein statistischen (3 Punkte) auch noch den rational nicht greifbaren Wert des Triumphes über einen (im weitesten Sinne) Nachbarn.

Einen ganz pragmatischen Vorteil hat die zunehmende Veröstlichung der 3. Liga übrigens auch: Die Entfernungen bei den Auswärtsfahrten werden geringer. Das ist zum einen natürlich ein Kostenfaktor, aber auch die Zeitersparnis ist nicht von der Hand zu weisen, wenn anstelle halber Weltreisen aus Mecklenburg-Vorpommern nach Südbayern oder ins Saarland entspannte Kurzausflüge nach Magdeburg oder Halle auf dem Plan stehen. Freuen wir uns also auf zahlreiche Fankarawanen quer durch den Nordosten.

Wenn es darum geht, Fußball gewinnbringend zu vermarkten, schrecken DFL-Manager und Medien vor keinem Superlativ zurück, sei er auch noch so peinlich. Wer erinnert sich nicht an die „stärkste Liga aller Zeiten“, „beste zweite Liga der Welt“ oder „Liga der Weltmeister“? Nun sind viele Blicke auf die „attraktivste 3. Liga der Geschichte“ gerichtet, darunter durchaus mit etwas Wehmut auch aus höheren Spielklassen, wie mir kürzlich bei einem Fanturnier des 1. FC Union hinter vorgehaltener Hand bestätigt wurde: „Vielleicht sollten wir auch lieber absteigen.“

Ausblick: Die beste 3. Liga aller Zeiten?

Zurück auf Anfang. Die Frage, ob die 3. Liga relevanter bzw. interessanter ist denn je, lässt sich pauschal und in einem Satz ganz sicher nicht beantworten. Überhaupt sind solche Wertungen wohl ohnehin eher etwas für Marketing-Experten. Man kann aber in jedem Fall festhalten, dass die Zusammensetzung der Liga in der Saison 2015/2016 der Popularität der Spielklasse noch einmal einen gehörigen Schub verleihen wird. Und das nicht nur, weil rein statistisch die Wahrscheinlichkeit steigt, dass mindestens eine Mannschaft aus den neuen Bundesländern in näherer Zukunft einen Aufsteiger in Liga 2 stellen könnte, wie auch Julius Lukas in einem Artikel für die ZEIT feststellt. Dass der Blick auf Liga 3 dennoch ein ambivalenter bleibt, ist nicht zuletzt ihrer Struktur und den bestehenden Rahmenbedingungen geschuldet: Zu deutlich ist das Spannungsfeld zwischen verbandsseitigen Anforderungen an Infrastruktur und Wirtschaftlichkeit, den Möglichkeiten der Vereine sowie Perspektiven und Ambitionen der in der Liga aktiven Spieler.

Aus der Sicht des DFB war und ist die 3. Liga sicher eine gute Idee, was nicht zuletzt auch ein Blick auf die Zuschauerzahlen und die Entwicklung der Umsätze zeigt. Eine so gute Idee übrigens, dass inzwischen sogar ein Verkauf der Übertragungsrechte an den Pay-TV-Sender Sky nach 2018 ins Gespräch gebracht wurde – von Vereinsvertretern allerdings, die eher den immer noch schwierigen wirtschaftlichen Balanceakt im Blick haben dürften. Wie es dann allerdings mit der von Steffen Simon eingangs beschworenen Fußballromantik bestellt ist, steht noch einmal auf einem ganz anderen Blatt.

Trotzdem: Derzeit ist der große Reiz der 3. Liga mit ihren traditionsreichen Namen und jeder Menge lebendiger Fußballgeschichte nicht von der Hand zu weisen. Hochprofessionelle Fußballromantik eben.

“Es gibt viele spannende Spiele, neben denen gegen die ostdeutschen Mannschaften unter anderem auch die gegen Osnabrück, Münster oder die Stuttgarter Kickers. Dynamo gegen Kickers gab es mal in der 1. Bundesliga, für mich nicht mehr vorstellbar. Das Schwelgen in Erinnerungen ist gut möglich, also warum nicht Liga 3?” – Eric Spannaus, ballsalat.de

Interviews – Vereins- und Fanstimmen aus Liga 3

Interview mit Lars Töffling, Pressesprecher FC Energie Cottbus
120minuten: Lässt es sich in Liga 3 nachhaltig wirtschaften? Kann ein Verein langfristig planen oder ist ein Aufstieg früher oder später Pflicht?

Lars Töffling: Angesichts der Ausgeglichenheit der Liga – finanziell und sportlich – lässt sich ein Aufstieg nur für sehr finanzstarke Vereine „planen“. Man lebt von der Hand in den Mund, nachhaltiges Wirtschaften ist schwierig. Schon allein wegen der Diskrepanz bei den TV-Geldern zwischen 2. und 3. Liga wollen viele Traditionsvereine so schnell wie möglich hoch in Liga 2.

120minuten: Hat die 2. Bundesliga in den letzten Jahren an Bedeutung verloren – in Anbetracht der Zusammensetzung und dem mit einem Aufstieg verbundenen finanziellen Kraftakt?

Lars Töffling: Die 2. Liga hat nicht an Bedeutung verloren, sie ist attraktiv und stark, vermutlich die beste zweite Liga Europas. Aber die 3. Liga hat zugelegt in den vergangenen Jahren, die Aufmerksamkeit steigt. Durch die Ansammlung von professionell geführten Vereinen mit entsprechenden Stadien steigt die Anerkennung und die mediale Präsenz. Auch der Zuschauerschnitt ist im weltweiten Vergleich dritter Ligen top.

120minuten: Ist das Lizenzsierungsverfahren für Drittligisten Segen oder Fluch? Behindern die Vorgaben des DFB bei der Planung oder zwingen sie zum umsichtigen Wirtschaften?

Lars Töffling: Das Lizenzierungsverfahren ist hilfreich, steckt Grenzen ab und begrenzt Risiken. Die Vorgaben sorgen für vernünftiges Wirtschaften.

120minuten: Welchen Einfluss hat die Zusammensetzung der Liga auf ihre Relevanz? Ist die Konstellation für Energie Cottbus in der kommenden Saison besonders interessant?

Lars Töffling: Die Zusammensetzung der Liga spielt natürlich eine Rolle. Zweite Mannschaften von Bundesligisten bringen selten Fans mit und locken weniger eigene Anhänger ins Stadion als Traditionsclubs. Natürlich steigt die Spannung in der neuen Saison dadurch, dass acht Mannschaften aus dem Osten in der 3. Liga spielen.

Herr Töffling, vielen Dank für diese interessanten Einblicke!

Drei Fragen an Eric Spannaus (ballsalat.de | Dynamo Dresden)
120minuten: Kannst du dir vorstellen, dass Dynamo langfristig in Liga 3 spielt? Oder ist der Verein eigentlich eine Nummer zu groß dafür?

Eric Spannaus: Als Verein sollte man immer danach streben, so hochklassig wie möglich zu spielen. Ob Dynamo zu groß für Liga 3 ist, beantworten unsere Jahre in der 2.Bundesliga. Das wir dafür dauerhaft noch zu klein sind, haben wir inzwischen bereits zweimal bewiesen. Das lange Verweilen auf Abstiegsplätzen mag spannend für andere sein, für uns unruhige Fans in Dresden ist es Gift. Unser Verein stellt Pläne auf, die Jahr für Jahr neu ausgerichtet werden. Oft verheddern wir uns dabei. Vereine wir Braunschweig oder Freiburg, die ihren Trainer arbeiten lassen, auch wenn es Tiefschläge gibt, haben uns da definitiv etwas voraus. Von da her sind wir aktuell noch nicht zu groß für Liga 3.

120minuten: Lieber gegen Rostock und Magdeburg in Liga 3 oder gegen Sandhausen und den FSV Frankfurt in Liga 2?

Eric Spannaus: Da unser Stadion fast immer voll ist, ist es eigentlich egal, welcher Verein zu Gast ist. Schöner wäre es natürlich, wenn die Spiele gegen andere Ostmannschaften in der 2.Bundesliga stattfinden würden. Wird aber wohl leider nicht so schnell werden.

120minuten: Hat für dich die 3. Liga in den letzten Jahren an Attraktivität gewonnen im Vergleich zur Aufstiegssaison 10/11?

Eric Spannaus: Ich sehe sie im Gegensatz zu 2010/11 nicht mehr als “Durchgangsstation” auf unserem nicht zu verhinderndem Weg nach ganz oben. Von daher ist sie schon attraktiver. Man kann es hier aushalten und bekommt als Fan auf legalem Weg Bilder der Partien wenn man mal nicht im Stadion war und kein Sky besitzt. Unser Verein hat sogar einen Gewinn erwirtschaften können. Es gibt viele spannende Spiele, neben denen gegen die ostdeutschen Mannschaften unter anderem auch die gegen Osnabrück, Münster oder die Stuttgarter Kickers. Dynamo gegen Kickers gab es mal in der 1.Bundesliga, für mich nicht mehr vorstellbar. Das Schwelgen in Erinnerungen ist gut möglich, also warum nicht Liga 3?

Vielen Dank, Eric! Hier geht es zu seinem Blog.

Drei Fragen an Gunnar Schmid (stehblog.de | SV Wehen Wiesbaden)
120minuten: Jubeln nur Anhänger der ostdeutschen Vereine über die Zusammensetzung der 3. Liga oder empfindest auch du die in Liga 3 versammelten Teams interessanter denn je?

Gunnar Schmid: Magdeburg und Würzburg sind auf alle Fälle interessante Aufsteiger, aber ansonsten ist die Zusammensetzung nicht unbedingt mein Traumszenario. Aus Wehener Sicht wären mehr Vereine aus der Nähe natürlich schön, beispielsweise Darmstadt, Offenbach, FSV Frankfurt oder meinetwegen Sandhausen, und auch generell war die Liga letztes Jahr mit Bielefeld und Duisburg meinem Empfinden nach etwas attraktiver. Durch die vielen ostdeutschen Vereine befürchte ich, dass die ohnehin ja eher dürftige TV-Berichterstattung über die 3. Liga sich jede Woche auf die jeweiligen “Derbys” konzentrieren wird. Andererseits wirkt das Teilnehmerfeld noch ausgeglichener als sonst, was vermutlich für große Spannung an beiden Enden der Tabelle sorgen wird.

120minuten: In einem Blogbeitrag hast du den Bundesligafaktor des SVWW errechnet. Das Ergebnis: Wiesbaden gehört als Fußballstandort in Liga 2. Teilst du diese Meinung?

Gunnar Schmid: Der Bundesligafaktor war ja ursprünglich ein eher satirischer Beitrag des SC-Paderborn-Blogs “Schwarz und Blau” zur Diskussion um Traditionsvereine versus vermeintlich traditionslose Klubs. Da ein wesentlicher Teil der “Formel” die Einwohnerzahl ist, war es eine nette Gelegenheit darauf hinzuweisen, dass Wiesbaden trotz seiner Größe noch nie in der 1. Liga vertreten war. Um die eigentliche Frage zu beantworten: Für keinen Verein gibt es, weder aufgrund von Einwohnerzahl, Historie oder anderen Faktoren, einen natürlichen Anspruch auf eine bestimmte Ligenzugehörigkeit. Klar, “gefühlt” gehört meinetwegen der 1. FC Kaiserslautern in die 1. Liga oder Alemannia Aachen in die 2., aber das einzige was letztlich zählt, ist der sportliche Wettbewerb (das Thema Lizenzierung mal außen vor gelassen). Ich persönlich kann mit dem SVWW auch in der 3. Liga gut leben, aber gegen einen Aufstieg würde ich mich nicht wehren.

120minuten: Der SVWW ist seit 2009/10 durchgängig in Liga 3 vertreten. Seit ihr damit das beste Beispiel, dass man in Liga 3 auf Dauer überleben kann, anders als euer ehemaliger Geschäftsführer Wolfgang Gräf 2012 prophezeihte?

Gunnar Schmid: Nein. Ich weiß nicht, wie es bei anderen Vereinen funktioniert, aber beim SVWW geht das nur, weil die Familie Hankammer mit ihrer Firma Brita das ermöglicht, das muss man klar sagen. Möglicherweise gibt es in ein paar Jahren mehr TV-Geld, falls tatsächlich Sky die Übertragungsrechte erwerben sollte (wie gerade gerüchtet wird), aber mindestens bis dahin werden die meisten Drittligisten auf einen Aufstieg hoffen müssen, um dauerhaft ihren Spielbetrieb finanzieren zu können.

Vielen Dank, Gunnar! Hier geht es zu seinem Blog.

Beitragsbilder: Wir bedanken uns bei den Kollegen von turus.net für die Fotos zu diesem Beitrag und empfehlen gern auch die großartigen Hintergrundberichte und Bilder (auch, aber bei weitem nicht nur) zur 3. Liga im dortigen “Fußball & Fankultur Magazin”!

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