Bundesliga – 120minuten https://120minuten.github.io Lange Texte. Über den Fußball. Fri, 12 Jul 2019 14:29:12 +0000 de-DE hourly 1 https://wordpress.org/?v=5.4.2 73012590 Ins Heft geschaut: ballesterer Nr. 143 https://120minuten.github.io/ins-heft-geschaut-ballesterer-nr-143/ https://120minuten.github.io/ins-heft-geschaut-ballesterer-nr-143/#respond Fri, 12 Jul 2019 14:29:12 +0000 https://120minuten.github.io/?p=6345 Weiterlesen]]> “Die Bundesliga in Europa” – ballesterer, Ausgabe 143

Super Europa Champions League. Die Pläne der Fußballobrigkeiten für eine neue Super League ploppen in der Öffentlichkeit immer wieder auf. Ausgabe 143 skizziert im Themenschwerpunkt, was das für Österreichs Vereine bedeuten würde und klärt darüber hinaus über Ronaldos Präsidentschaft, Chinas Technologie und den Napoleon von Mainz auf.

Die Sommerpause im Vereinsfußball neigt sich langsam, aber sich dem Ende entgegen. Die Klubs haben die Vorbereitung auf die Saison 2019/2020 bereits aufgenommen. Doch bevor es in den nationalen Ligen wieder um Titel geht, stehen schon jetzt Qualifikationsrunden zu Champions League und Europa League auf dem Programm. RB Salzburg ist die Teilnahme an der höchsten europäischen Spielklasse dieses Mal nicht mehr zu nehmen, auch der WAC und LASK sind sicher international vertreten – eine komfortable Situation für die österreichischen Vertreter dank der guten Platzierung in der 5-Jahres-Wertung.

Noch komfortabler wäre eine höhere Planungssicherheit. Der ballesterer beschäftigt sich deshalb in seiner neuesten Ausgabe, Nummer 143, mit der Zukunft der österreichischen Klubs, wenn die von der ECA forcierte Super League kommen sollte. Interessant dabei: Etliche Vereine sehen die Reform nicht unbedingt negativ, versprechen sie sich doch von der Neuerung in der Europa League, um die es auch ginge, positive Effekte.

Daneben wartet das Fachmagazin wie gewohnt auch mit lesenswerten Beiträgen abseits des großen Themas mit weltweitem Blick auf. Da wäre beispielsweise das Porträt über den ehemaligen Weltfußballer Ronaldo Luís Nazário de Lima, der mittlerweile als Präsident bei Real Valladolid gelandet ist. Oder das beeindruckende Interview mit Transgender Roy Ohana, dem das Fußballspielen vom israelischen Verband verwehrt wird. Oder ein Gespräch mit Ilker Gündogan über die datenbasierte Fußball-Förderung der chinesischen Staatsregierung, die viel in künstliche Intelligenz und Big Data investiert, was im bevölkerungsreichsten Land von großem Nutzen bei der Talentförderung sein könnte.

Last but not least gibt 120minuten-Redaktionsmitglied Mara Pfeiffer einen interessanten Einblick in das Innenleben des mittlerweile verstorbenen Wolfgang Frank. Der oftmals als Förderer von Jürgen Klopp gefeierte Trainer wurde aufgrund seiner Art auch Napoleon von Mainz genannt. Bei dem Porträt kommt auch sein Sohn Sebastian zu Wort.

Wo ist das Ding? Da ist das Ding!

Den ballesterer Nr. 143 bekommt ihr seit dem 11.07.2019 in Österreich im gut sortierten Zeitschriftenladen und einige Tage später in Deutschland im Bahnhofsbuchhandel. Alternativ könnt ihr das Heft auch bestellen, falls euch der Fußweg zu weit ist. Oder gleich abonnieren.

I werd narrisch!

Den ballesterer gibt es nicht nur zu lesen, sondern auch auf die Ohren. In Kooperation mit 120minuten erscheint monatlich eine Podcast-Folge – der “ballesterer in 120minuten”. Dort vertiefen Autor*innen des Magazins, Expert*innen und Gäste das Titelthema der jeweiligen Ausgabe. Die bisher erschienenen Folgen könnt ihr hier nachhören.

(Transparenzhinweis: Der aktuelle „ballesterer“ wurde uns von der Chefredaktion unentgeltlich und vorab zur Besprechung zur Verfügung gestellt.)

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It’s A Different World: Frauen im Fußball https://120minuten.github.io/its-a-different-world-frauen-im-fussball/ https://120minuten.github.io/its-a-different-world-frauen-im-fussball/#comments Thu, 02 May 2019 08:00:18 +0000 https://120minuten.github.io/?p=5915 Weiterlesen]]> Eigentlich sollte es längst selbstverständlich sein, dass Fußball nicht nur ein Männer-, sondern auch ein Frauensport ist. Sei es in Sachen Spieler*innen, Fans oder Funktionäre. Die Realität sieht oft leider anders aus. Wie also können Frauen im Fußball sichtbarer werden? Der Frage geht dieser Text aus dem „Zeitspiel“-Magazin nach.

„Das soll unser Fußball sein?“ „Nein! Setzt euch gegen Sexismus ein.“ Tolle Choreo in Freiburg. (Foto: Nordtribuene.org)

von Mara Pfeiffer, 120minuten.github.io | April 2019

Frauen im Fußball sind Spielerinnen, Fans, Journalistinnen, Trainerinnen, Verantwortliche und Funktionärinnen. Frauen im Fußball sind aktiv, begeistert, hetero, lesbisch, schwarz, weiß, divers. Frauen im Fußball interessieren sich für kickende Männer und Frauen. Frauen im Fußball sind Ultras und VIPs, stehen in den Kurven und auf dem Rasen. Frauen im Fußball fahren auswärts, trinken Bier und Apfelschorle. Frauen im Fußball lieben ihren Sport.

Wir haben dieselben Themen, wie Männer im Fußball. Doch viel zu oft werden wir auf einen Aspekt reduziert: Unser Frau-Sein. Darauf regen sich zwei Seelen, zumindest in meiner Brust. Auf der einen Seite habe ich keine Lust, mein Geschlecht zu thematisieren, weder, wenn ich als Fan in der Kurve stehe, noch, wenn ich als Journalistin über Fußball schreibe.

Da sich aus der Rolle als Frau in diesem von Männern dominierten Business aber nach wie vor auch ganz eigene Problemfelder ergeben – Stichworte Sexismus, sexualisierte Gewalt, Job-Diskriminierung – ist es notwendig, das Gespräch hierzu weiter zu führen. Mit dem Ziel, beim Fußball als Frau wie als Mann irgendwann nur über das zu reden, was auf dem Rasen passiert, statt darüber, welches Geschlecht Spieler*innen oder Protagonist*innen haben.

Netzwerk ist Trumpf

Eine, die das Thema „Frauen im Fußball“ seit Jahrzehnten umtreibt, ist Antje Hagel. Die 57-Jährige arbeitet im Offenbacher Fanprojekt und hat 1994 das Fanzine „Erwin“ mitgegründet. „Ich hatte immer den Wunsch, Frauen sichtbar zu machen“, erklärt Hagel. Das gelingt da am besten, wo diese Banden bilden und so gründeten Besucherinnen der Tagung „Abseitsfalle – Fußballfans, weiblich“ der Koordinationsstelle Fan-Projekte (KOS) 2004 direkt ein Netzwerk, um sich gegenseitig zu unterstützen, verzahnen und sichtbar zu machen: F_in – Netzwerk Frauen im Fußball. „Ich saß mit Nicole (Selmer stellv. Chefredakteurin ballesterer) auf dem Podium anlässlich der Ausstellung ‚Tatort Stadion‘ und dachte danach nur: Ich möchte die noch mal treffen, das war alles viel zu kurz“, erinnert Hagel sich lachend an die Anfänge. In der Mailingliste für den informellen Austausch lesen aktuell etwa 200 Frauen, einmal im Jahr treffen die F_ins sich zum persönlichen Austausch.

„Die Treffen sind auch deshalb toll, weil immer neue Frauen dazu kommen.“ Darunter viele Ultras, aber auch Journalistinnen oder Wissenschaftlerinnen. Um die Berührungsängste mit Veranstaltungsorten gering zu halten, gehen die Frauen gern an solche, die keine klassischen Fußballzentren sind – in diesem Sommer findet das Treffen in Jena statt. Männer sind dabei nicht willkommen. „Darüber haben wir viel gesprochen und es geht definitiv nicht um eine Ausgrenzung, sondern den Schutzraum für die Teilnehmerinnen.“

Allen Frauen gemein sind „Erfahrungen in von Männern dominierten Feldern. Wir sind alle besonders, in einem ganz positiven Sinne“, beschreibt Hagel die geteilte Rolle. Über diese persönlichen Erlebnisse wird gesprochen, andere Erfahrungen werden gemeinsam gemacht, sei es durch neue Erkenntnisse bei Vorträgen oder in Workshops, „bei denen einige Frauen zum Beispiel das erste Mal eine Sprühdose in die Hand nehmen.“ Auch eine Wattwanderung haben die F_ins schon hinter sich, was zunächst ungewöhnlich klingen mag, aber „sehr nah, besonders und persönlich war.“ Erlaubt ist ohnehin alles, gewünscht, was verbindet und die Frauen im Miteinander stärkt, bevor sie in ihre jeweiligen Strukturen zurückkehren.

Module gegen Sexismus

Zur Stärkung der Frauen auch in der Kurve gehört es, Probleme, die sie dort erleben, sichtbar zu machen. Mit der Fanorganisation Unsere Kurve und der Bundesarbeitsgemeinschaft der Fanprojekte hat F_in im letzten Sommer eine Online-Umfrage „Zum Umgang mit Sexismus, sexualisierter Belästigung und Gewalt im Kontext Fußball“ unter dessen Akteuren initiiert, deren erste Ergebnisse jetzt vorliegen. Zu den Anforderungen, die sich daraus ergeben, gehören klare Ansprechpartner*innen und Vernetzung auf lokaler Ebene ebenso wie ein positives Engagement der Verbände und Möglichkeiten der Weiterbildung. Eine selbst formulierte Aufgabe der ehrenamtlich in F_in organisierten Frauen ist deshalb derzeit, Module gegen Sexismus und sexualisierte Gewalt im Stadion zu entwickeln, die dann beispielsweise bei Workshops in den Verein an deren Mitarbeiter*innen weitergegeben werden können.

Frauen sprechen Fußball

Banden zu bilden ist nicht nur da wichtig, wo es auf den ersten Blick offensichtlich scheint, also rund um den Fußball der Männer. Im Bereich Frauenfußball spielen Sichtbarmachung und Vernetzung ebenfalls eine wichtige Rolle, nicht nur, aber auch für Frauen aus Ländern, in denen Gleichberechtigung generell ein noch schwierigeres Thema ist als in Deutschland. „Fußball als Empowerment-Strategie“, unter diesem Motto steht Discover Football. Das Projekt will Fußball für Begegnungen zwischen Frauen nutzen, die sich sonst nie getroffen hätten. Alle zwei Jahre veranstalten die Macher*innen ein Festival.

„Wir laden um die 100 Frauen ein, die teilweise noch nie gereist sind, kein Englisch können“, erzählt Sonja Klümper. Seit 2010 ist die Diplompädagogin mit einem Bachelor in Sozial- und Politikwissenschaften bei Discover Football, seit 2011 Projektkoordinatorin. Eine besondere Herausforderung ist die Finanzierung über Projektmittel, die Planungssicherheit selten über ein halbes Jahr gewährleistet. „Es ist schon irgendwo prekär, das so zu machen, andererseits sind wir sehr stolz darauf, was wir auf diese Art bisher schon geschafft haben.“

Plattform zur Begegnung

Mit dem diesjährigen Fußballturnier, das wie immer von einem breiten Kulturprogramm flankiert wird, feiern Projekt und Festival zehnjähriges Bestehen, Ende des Jahres soll aus diesem Anlass auch eine Ausstellung über die Entwicklung im Frauenfußball eröffnen. „In unserer Arbeit erleben wir, es sind strukturelle Probleme, die Frauen mit Diskriminierung beim Fußball und in der Gesellschaft haben.“ Im Netzwerk vereint spüren die Spielerinnen, sie sind nicht alleine mit ihren Problemen. „Wir wollen nicht irgendwo hingehen und dort klassische Entwicklungsarbeit machen, das ist gar nicht unser Thema“ betont Klümper.

Anliegen der Projektmitarbeiter*innen ist es, eine Plattform zur Begegnung zu bilden und die Frauen bei ihren Besuchen in ihren Themen zu stärken. „Wer in bestimmen Ländern in den Fußball geht, ist schon stark und entscheidungswillig, die Einladung zum Festival verändert aber oft positiv, wie die Frauen anschließend zuhause wahrgenommen werden.“ Geht es um Sichtbarmachung, ist ein Anliegen von Discover Football, Stereotype in der Darstellung von Frauen aufzubrechen. „Wir wollen Geschichten über sie erzählen, die auf den ersten Blick so nicht zu erwarten sind und die ohne diesen Austausch untergehen würden.“

Neuer Podcast: FRÜF – Frauen reden über Fußball

„In FRÜF steckt, was der Name verspricht: Frauen reden über Fußball. Hinter FRÜF steckt ein stetig wachsendes Podcast-Kollektiv von Frauen, für die Fußball mehr ist als nur eine Sportart. Wir sind Fans, Journalistinnen, Spielerinnen – und manche von uns sogar alles davon. Wir sind diskussionsfreudig, aber solidarisch. Uns interessieren fußballerische Trends, der Diskurs über 50+1 oder die gesellschaftliche Relevanz von Antirassismus-Kampagnen des DFB genauso wie die Unterschiede im Umgang mit Frauen- und Männerfußball, die weibliche Fußballsozialisation oder der Umgang mit Sexismus im Stadion. Über solche Fragen sprechen wir in wechselnder Besetzung in unserer monatlichen Sendung.

FRÜF ist keine Sportschau in rosa und keine Analyse von Spielerfrauen-Instagram-Profilen – bei FRÜF geht es um Fußball. Punkt. Wir geben dabei weiblichen Perspektiven und Stimmen eine Plattform, die in anderen Sendungen einfach viel zu selten auftauchen – weil wir es können. Denn wir sind viele.“ Kristell Gnahm & Rebecca Görmann

Weibliche Fans als Inspiration

Die Geschichte(n) weiblicher Fankultur erzählt die Ausstellung Fan.Tastic Females – Football Her.Story, die erstmals im September 2018 in Hamburg gezeigt wurde und seit Oktober auf Tour ist. Unter der Federführung von Football Supporters Europe (FSE), die auch Träger der Ausstellung sind, haben rund 70 Ehrenamtliche aus Europa und der Türkei (Frei-)Zeit, Arbeit und Herzblut investiert, um weibliche Fankultur jenseits der gängigen Stereotype zu zeigen. Die Ausstellung vereint 80 Videos von Frauen aus 21 Ländern, für die Teams von Freiwilligen monatelang durch Europa reisten, um Interviews zu führen. Dabei haben die Macher*innen auf die Bedürfnisse der Fans behutsam Rücksicht genommen, wenn diese beispielsweise ihr Gesicht nicht zeigen oder auch anonym bleiben wollten, was in manchen Ländern schon aus Selbstschutz notwendig ist, oder aber dem Schutz der Fangruppe dienen kann.

„Ohne eine stabile Vertrauensbasis, die über Jahre erarbeitet wurde, wäre das Projekt nicht möglich gewesen“, erklärt Sue Rudolph aus dem Orga-Team. So gelingt es, die ganze Vielfalt weiblicher Fans zu zeigen: Kutten bis Ultras, Frauen in Führungspositionen oder nationalen Netzwerken. Damit kann das Anliegen der Macher*innen gelingen, „Vorbilder zu schaffen, die vielleicht sogar andere Frauen inspirieren, sich ihren Platz auf der Tribüne zu erobern.“

Höhepunkte hinterm Bus

Wie aber geht Frau selbst mit der ihr zugewiesenen Rolle in der Männerdomäne Fußball um beziehungsweise wie bricht sie diese idealerweise auf? Für mich ist dabei immer wichtig, zu betonen: Die meisten Erfahrungen, die ich als weiblicher Fan im Stadion und als Journalistin im Fußball gemacht habe, sind positiv. Ersteres ist auch deswegen bedeutsam, weil Fans in einigen Medien als unzivilisierte, pöbelnde Rowdys verunglimpft werden, die eine Schneise der Verwüstung hinter sich herziehen. Allerdings werden negative Erfahrungen zum einen nicht weniger prägend, wenn sie vereinzelt auftreten. Zum anderen spüre ich durchaus, im beruflichen Umfeld nehmen diese zu, je intensiver ich mich dem Fußball widme.

Mein erster Heimbereich war der Q-Block des FSV Mainz 05 und dort habe ich in zig Jahren im Gewimmel niemals auch nur eine negative Erfahrung gemacht. Dumme und übergriffige Sprüche gab es nur von Gästefans oder eben auswärts. Aus Gesprächen weiß ich, dass viele Frauen diese Erfahrung machen. Offenbar hält die gemeinsame Leidenschaft für ein Team Männer eher davon ab, die Frauen im eigenen Block zu belästigen, wobei ich das nicht mit Zahlen belegen kann, sondern nur qua Erfahrungsaustausch. So erklärte mir einmal ein FCK-Fan nach dem Sieg seiner Mannschaft in Mainz mit Alkoholfahne, er werde jetzt hinter dem Bus seiner Reisetruppe dafür sorgen, dass mein Tag nicht ohne Höhepunkt ende.

Brüste für Einsfuffzig

Anfang der 2010er Jahre gab es in Mainz noch das wunderbare Fanzine „TORToUR“, das an Spieltagen auch verkaufend unter die Menschen gebracht werden musste. In einer Ausgabe habe ich von meinen Erfahrungen als Verkäuferin berichtet, das liest sich unter anderem so:

„Erfreut nahm ich zur Kenntnis, dass eine Gruppe junger Männer mich an ihren Tisch winkte. Die Drei bestellten ein Heft, ich händigte es ihnen aus, kramte nach Wechselgeld und wollte mich verabschieden, als einer von ihnen um eine weitere TORToUR bat. Gerne händigte ich ihm sein zweites Heft aus, da erreichte bereits die Bitte um eine weitere Ausgabe mein Ohr. Bei aller Begeisterung musste ich doch stutzen: ‚Ihr interessiert euch wohl sehr für die Heimfans?‘ Worauf der eifrige Käufer erklärte: „Nee, gar nicht. Aber das Heft kostet ja nur Einsfuffzig, und wenn du dich vorbeugst, um es uns zu geben, kann ich dir in den Ausschnitt gucken.‘“

Inzwischen habe ich die derbsten Sprüche eindeutig als Journalistin zu hören bekommen. Los geht das mit Situationen, die ich in der Summe fast als Kleinigkeiten abtue, wie den Kollegen, der mir bei meinem Besuch im TV-Studio erklärte, es sei toll, „Mal etwas Blondes, Weibliches auf dem Sofa“ zu haben. Er tat dies erst, nachdem alle anderen den Raum verlassen hatten, wohl, weil er es eigentlich besser weiß, sich den Spruch aber nicht verkneifen wollte. So wie der Kollege, der befand, im Anschluss an ein gemeinsames Projekt hätten sich für mich mehr neue Kontakte ergeben als für ihn. Er erklärte, das liege daran, dass ich „Brüste habe und die auch zeige“ – seine charmante Art kann natürlich unmöglich der Grund gewesen sein.

Gekommen, um zu bleiben

Als Journalistin war ich von Anfang an transparent mit meiner 05-Vereinsliebe und schreibe einige Formate auch bewusst mit dem Kurven-Ansatz. Das nutzen vereinzelte Kollegen, um eine künstliche Angriffsfläche zu schaffen. „Fangirl mit Kugelschreiber“ ist da eine versuchte Beleidigung, über die ich angesichts der zahlreichen Sportjournalist*innen, die sich „ihrem“ Verein klar zuordnen lassen, ohne das offen zu thematisieren, nur lachen kann.

Gar nicht lustig sind Angriffe von Lesern, die sich statt mit den Inhalten meiner Artikel nur mit meinem Geschlecht befassen. Wenn Texte mit der Mutmaßung kommentiert werden, mir sei „beim Schreiben die Milch eingeschossen“ oder mir mitgeteilt wird, ich kritisiere den Trainer bloß deswegen nicht, weil ich ihn „ganz offensichtlich ficke“, kann ich daran nichts Witziges finden und es beschäftigt mich auch nach vielen Jahren in diesem Job.

Fest steht aber auch, Rückzug ist keine Option. Ich liebe das, was ich tue, so wie viele meiner Kolleginnen, so wie die weiblichen Fans, Wissenschaftlerinnen, Fanprojekt-Mitarbeiterinnen, die Aktiven und Funktionärinnen. Wir sind, wie die Band „Wir sind Helden“ das vor Jahren so wunderbar textete und sang, „Gekommen um zu bleiben“ und lassen uns aus dem Fußball, der längst auch unsere Domäne ist, nicht vertreiben. Wir breiten uns aus, bilden Banden und schlagen Wurzeln. Wir mischen mit, suchen uns Räumen und erheben unsere Stimme. Wir sind „Frauen im Fußball“ und wir gehören genau hierher. Mit uns ist jeder Zeit zu rechnen.

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Dieser Text erschien zuerst in Ausgabe 14 des Zeitspiel-Magazins, das Heft mit dem Schwerpunkt “Die andere Hälfte – Frauen und Fußball” kann hier bezogen werden.

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Autorinneninfo: Mara Pfeiffer ist freiberufliche Journalistin und Autorin. Sie beschäftigt sich seit vielen Jahren mit dem 1. FSV Mainz 05, aktuell unter anderem als Kolumnistin für die Allgemeine Zeitung Mainz, im SWR Flutlicht oder als Expertin bei Amazon. Auch in Büchern hat die „Wortpiratin“ sich dem Verein schon gewidmet, zuletzt erschien ihr 05-Krimi „Im Schatten der Arena“.

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Ein Bier und ein Kurzer: Neue Rubrik bei 120minuten https://120minuten.github.io/ein-bier-und-ein-kurzer-neue-rubrik-bei-120minuten/ https://120minuten.github.io/ein-bier-und-ein-kurzer-neue-rubrik-bei-120minuten/#respond Sat, 20 Apr 2019 07:46:55 +0000 https://120minuten.github.io/?p=5883 Weiterlesen]]> Raum für kürzere Texte: Das ist das Ziel der neuen Rubrik “Ahlenfelder” bei 120minuten. Die Namensgebung, die auf den Schiedsrichter Wolf-Dieter Ahlenfelder zurückgeht, erinnert zudem an eine denkwürdige Kurzgeschichte der Bundesliga.

“Darf es ein bisschen weniger sein?” – Diese Formulierung hört man im Alltagsleben eher selten. Im Gegenteil. Auch bei 120minuten haben wir bisher sehr viel Wert auf “mehr” gelegt. 1.500 Wörter sind unsere Untergrenze für lange Texte über den Fußball. Daran wird sich auch in Zukunft nichts ändern.

Manchmal braucht es aber nicht ganz so viele Wörter, um spannende Geschichten zu erzählen. Dem wollen wir Rechnung tragen und führen deshalb eine neue Rubrik ein – den “Ahlenfelder”. Dort finden all jene Texte ihren Platz, die nicht als Longread durchgehen, die es aber unserer Meinung nach trotzdem verdient haben, gelesen zu werden.

Ein Bier, ein Schnaps, ein früher Pfiff

Der Name der Rubrik geht zurück auf Wolf-Dieter Ahlenfelder, den früheren Bundesliga-Schiedsrichter. Berühmt wurde er, als er 1975 bei einem Bundesligaspiel in Bremen die erste Halbzeit schon nach 32 Minuten beendete. Grund dafür war wohl der vorherige Wirtshausbesuch, bei dem der Schiri sich auch ein Bier und einen Malteser genehmigte. Nach einem Hinweis seines Assistenten setzte Ahlenfelder die Partie fort. Noch heute, so geht die Legende, erhält man rund um das Weserstadion ein Bier und einen Kurzen, wenn man nach einem Ahlenfelder fragt.

Kurzgeschichten und Kooperationen

Unsere neue Rubrik dreht sich natürlich nicht um alkoholhaltige Kurze, sondern um interessante kürzere Texte. Den Auftakt macht ein Artikel über die feministische Fußballbewegung in Brasilien. In Zukunft werden wir hier eigene Stücke genauso veröffentlichen, wie die Texte von Gastautoren. Vorschläge dazu sind jederzeit willkommen. Außerdem erscheinen im Ahlenfelder Beiträge unseres Kooperationspartners ballesterer und aus dem “Zeitspiel”-Magazin.

Bildinformation: Urheber des Fotos ist Oliver Trempler. Das Foto wurde über die Seite pixabay lizenzfrei bezogen.

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Frank Noack: “Erwarte keine Dankbarkeit vom Fußball” https://120minuten.github.io/frank-noack-erwarte-keine-dankbarkeit-vom-fussball/ https://120minuten.github.io/frank-noack-erwarte-keine-dankbarkeit-vom-fussball/#respond Thu, 07 Mar 2019 23:31:55 +0000 https://120minuten.github.io/?p=5774 Weiterlesen]]> Seit 20 Jahren berichtet Frank Noack für die Lausitzer Rundschau über Energie Cottbus. Der Journalist hat den Verein in glamouröse Bundesligastadien begleitet, war aber auch auf besseren Bezirkssportanlagen in der Regionalliga und im Landespokal dabei. Einen festen Sitzplatz mit Stromanschluss weiß er deshalb sehr zu schätzen. Im Interview spricht er über Autorisierungen, veränderte Arbeitsaufgaben und neue Recherchemöglichkeiten.

Sportreporter Frank Noack berichtet über Energie Cottbus – auf Amateursportplätzen zum Teil auch unter widrigen Bedingungen.

120minuten.github.io | März 2019

Welche Rolle spielt Journalismus im Fußball?

Unsere Aufgabe hat sich gewandelt, weil viele Vereine durch eigene Kanäle einen Teil der Berichterstattung übernehmen. Doch gerade was die Bewertung und Einschätzung von Sachverhalten angeht, ist der Journalismus nach wie vor ganz wichtig, um nicht das Ungefilterte aus den Vereinen zu übernehmen.

Spieler und Vereine präsentieren sich zunehmend selbst auf Social-Media-Plattformen. Erleichtert oder erschwert das deine Arbeit?

Sowohl als auch. Das kann man nicht richtig mit ja oder nein beantworten. Natürlich geht ein Stück weit Exklusivität verloren, wenn zum Beispiel eine Pressekonferenz live im Internet übertragen wird oder die Vereine eigene Interviews mit Neuzugängen machen. Mit so etwas konnte man früher als Journalist punkten. Das ist heute deutlich schwerer.

Der Vorteil ist aus meiner Sicht, dass das Informationsangebot aber viel größer geworden ist. Weil die Vereine die Informationen verteilen, hat man viel mehr Quellen. Dazu kommt, dass auch die Spieler viel in den Netzwerken unterwegs sind. Für die Recherche hat man viel mehr Möglichkeiten.

Den Rhythmus der Zeitung gibt es nicht mehr. Wichtig ist, dass wir das Online-Angebot schnell bestücken. Es geht um Aktualität und darum, Informationen schnell rauszubringen. Da hat das Internet mittlerweile eine große Funktion.

Welches Verhältnis habt ihr bei der Lausitzer Rundschau zu den Pressesprechern von Energie, aber auch zu Pressesprechern allgemein?

Da kann ich in all den Jahren nur Positives berichten, egal ob erste, zweite oder dritte Liga. Klar, der Verein ist in der 3. Liga mehr auf unsere Berichte angewiesen, als er es zu Bundesligazeiten war. Weil der Fokus da ein anderer, deutschlandweiter war. Das ist jetzt nicht mehr so der Fall. Das Verhältnis zu den Pressesprechern war aber in all den Jahren immer gut. Selbst zu Erstligazeiten hatten wir keine Probleme, einen Zugang zur Mannschaft zu finden oder Interviews zu bekommen. Diese Hürde kenne ich in Cottbus nicht. Das ist sehr angenehm.

Das zeigt sich auch, wenn man den Vergleich sieht, als Cottbus und Dynamo Dresden auf Augenhöhe waren. Wenn man dann gesehen hat, wie die Begleitung der Mannschaften in den Trainingslagern abgelaufen ist. Da hatten wir es deutlich leichter als die Kollegen von der Sächsischen Zeitung. Das weiß ich sehr zu schätzen.

Habt ihr Probleme mit Autorisierungen – insbesondere wenn ihr über frühere Energieprofis bei größeren Vereinen berichtet?

Von den Pressestellen wird sehr selten eingegriffen. Das beschränkt sich auf kleinere Korrekturen. Größere Dissonanzen gab es wirklich nur ganz selten – auch bei der Interview-Autorisierung. Letztlich ist es wichtig, das gesprochene Wort sauber und korrekt aufzuschreiben. Dann lohnt es sich auch, bei der Autorisierung dafür zu kämpfen

In anderen Sportarten sind die Akteure deutlich zugänglicher. Würdest du dir wünschen, dass es im Fußball auch wieder so ist?

Ich erwarte in dem Sinne keine Dankbarkeit vom Fußball. Am Ende ist es ein Geben und Nehmen. Wenn der Fokus größer ist als in anderen Sportarten, dann sind die Stückchen vom Kuchen für alle ein bisschen kleiner. Das ist normal.

Die Fragen stellte Oliver Leiste. Das Interview war Teil der Recherche für den Longread “Mehr Einordnung wagen: Warum Lokaljournalismus im Fußball weiter wichtig ist“.

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Vom Kaiserreich zur Kommerzialisierung: Deutschland und der moderne Fußball https://120minuten.github.io/vom-kaiserreich-zur-kommerzialisierung-deutschland-und-der-moderne-fussball/ Thu, 23 Aug 2018 06:58:44 +0000 https://120minuten.github.io/?p=5228 Weiterlesen]]> „Moderner Fußball“ ist ein Schlagwort. Ein Schlagwort, das in Zeiten von wankendem 50+1, zunehmender Kommerzialisierung, zerstückelter Spieltage etc. vorwiegend negativ konnotiert ist. Aber war der Fußball vorher alt? Antik? Natürlich mitnichten. Etymologisch betrachtet, bedeutet modern nichts anderes als „modisch/nach heutiger Mode“. So gesehen geht es bei der Frage nach modernem Fußball um die Phase, in der Fußball bei der Masse der Bevölkerung und nicht nur ein paar Nerds beliebt und in der die ursprüngliche Form weiterentwickelt wurde.
Es soll hier nur um den Beginn des modernen Fußballs in England und Deutschland (genauer gesagt: im deutschen Kaiserreich) gehen und um die Frage, was oder wer verursachte, dass er modernisiert wurde. Der Beitrag ist ein in Fließtext gebrachtes Brainstorming, das ausdrücklich zum Kommentieren anregen soll. Hauptsächlich werden die Anfänge des Fußballs – 1820-1900 in England und 1870-1930 in Deutschland – untersucht

Der erste von zwei Teilen befasste sich mit dem Beginn des modernen Fußballs in England. Im nun folgenden zweiten Teil geht es um die Entwicklung des modernen Fußballs in Deutschland.

Von Petra Tabarelli (nachspielzeiten.de)

Fußball wird in Deutschland bekannt

Ein Spiel des Dresdner Fußball Clubs aus den Anfangstagen des Sports in Deutschland.

Im Mittelalter und der Frühen Neuzeit gab es in England football, in Frankreich soule, in Italien calcio. In Deutschland, genauer gesagt dem damaligen deutschen Kaiserreich, gab es vor dem 19. Jahrhundert kein Fußballspiel. Es konnte also nicht auf schon bekannte Formen zurückgreifen, die in der Folgezeit reguliert wurden. Fußball war unbekannt. Und daher musste er erstmal Fuß fassen, um modernisiert werden zu können. Denn das Wort modern setzt ja voraus, dass es schon eine Vorform, eine antike Form zuvor gab.

Im letzten Viertel des 19. Jahrhunderts kamen die in England beliebten Sportarten wie Cricket, Baseball und beide Fußballvarianten, Rugby und (Assoziations-)Fußball, nach Deutschland. Denn die in Deutschland lebenden Engländer und englische Langzeittouristen wollten nicht auf die liebgewonnenen Sportarten verzichten, die auch die Kontaktaufnahme zu anderen Engländern der Umgebung sehr erleichterte. In diesen Jahrzehnten entwickelte sich das reglementierte Fußballspiel vom Schüler- und Studentensport zu einem in der englischen Gesellschaft verankerten Freizeit- und Bewegungsvergnügen.

Deutsche, die in Kontakt zu Engländern standen – beispielsweise Ärzte, Sprachlehrer, Uniprofessoren oder Journalisten – beobachteten den Sport der Engländer, fanden mitunter Gefallen an Fußball und imitierten ihn. Das passiert vor allem in den so genannten Engländerkolonien in Deutschland. Diese befanden sich vor allem in Residenzstädten wie Hannover, Braunschweig, oder Dresden, oder in Universitätsstädten wie Heidelberg oder Göttingen. Auch in im 19. Jahrhundert beliebten Kurorten – Wiesbaden, Baden-Baden oder Cannstatt sind hier Beispiele – und in Handelsstädten wie Frankfurt, Berlin, Hamburg oder Leipzig waren häufig Engländer anzutreffen.

Soziale Herkunft der Fußball-Liebhaber
In der Forschung wird noch über die soziale Basis der Fußball-Liebhaber diskutiert – waren es Angestellte oder doch Arbeiter, die in Deutschland das Fußballfieber entfachten? Oder waren es Arbeiter, die als verdeckte Bezahlung einen Bürojob erhielten und sind diese dann als Arbeiter oder Angestellte zu zählen? Eggers merkt an, dass die Quellenlage über die Mitgliederstruktur des DFB vor dem ersten Weltkrieg sehr dürftig ist und viele Fußballspieler noch in den 1920er Jahren als Pseudobezahlung eine scheinbare Angestelltenstellung erhielten, aber aus dem Arbeitermilieu stammten. Als Belege nennt er Clubs im Ruhrgebiet und die Mannschaft von Bayern München 1925, deren Spieler vor allem aus dem Arbeitermilieu stammten und die mit Schein-Arbeitsplätzen und der dazu entsprechenden Bezahlung geködert wurden.

Engländer in Deutschland und Konrad Koch

Es waren aber nicht nur die in Deutschland lebenden Engländer, die den Fußball in Deutschland bekannt machten, sondern auch Konrad Koch, der Thomas Arnolds Ideologie und Leben profund während seines Studiums erforscht hatte. Koch muss von Arnold begeistert gewesen sein, denn er kopierte ihn und führte als Lehrer das Fußballspiel 1874 am Martino-Katharineum in Braunschweig ein, um die Jugendlichen fit zu machen und um die Basis für eine athletische Elite zu legen. Wie in England wurde Fußball als Winterspiel in den kalten Monaten des Jahres gespielt, während im Sommer Leichtathletik im Vordergrund stand. Übrigens hat Konrad Koch nicht Assoziationsfußball spielen lassen, sondern Rugby – wie Thomas Arnold als Schulleiter der Privatschule in Rugby. Da jedoch Assoziationsfußball in Deutschland wesentlich mehr und schneller Verbreitung fand als Rugby, unterstützte er diesen ab den 1890er Jahren. Koch versuchte, in Deutschland eine Fußballbegeisterung zu entfachen, wie es in England damals gerade passierte. Aber der Funke sprang in Deutschland nicht über. Als die erste Assoziationsfußballmannschaft in Deutschland gilt der Lüneburg College Football Club, bei dem den Namen der Spieler nach auch aus Deutschland stammende Schüler spielten. 

Vgl. Hock, Hans-Peter: Der Dresden Football Club und die Anfänge des Fußballs in Europa. Hildesheim 2016. S. 18-20. Wer mehr zu Konrad Koch wissen möchte, sei Malte Oberschelps 2015 erschienene Biografie über Koch sehr empfohlen.

Denn in Deutschland war das Turnen die Körperertüchtigung Nummer Eins. Anfang des 19. Jahrhunderts beliebt geworden, war das Turnen eng mit studentischen Verbindungen und dem Einheits- und Nationalgedanken verbunden. Die aus England kommenden Sportarten wie Rugby oder Assoziationsfußball, Tennis oder Cricket wurden argwöhnisch beobachtet, weil sie eben aus England stammten und nicht deutschen Ursprungs, also nicht Teil der deutschen Kultur waren. Dazu kamen die Übersetzungsschwierigkeiten des englischen Begriffs sports, der letztendlich einfach in den deutschen Sprachgebrauch übernommen wurde. Auch Fachbegriffe wie offside, hand, to center oder goal wurden zunächst übernommen.

Die Spielbewegung und der Zentralausschuss zur Förderung von Jugend- und Volksspielen

Im November 1882 erließ der preußische Kultusminister, Gustav von Goßler, den nach ihm benannten Spielerlass. Er ermunterte darin die preußischen Kommunen, Spielplätze zu bauen und Turnen (später auch Bewegungsspiele/Sport) als regelmäßigen Teil des Unterrichts zu integrieren. Gleichzeitig sollten schulfreie Spielenachmittage etabliert werden.

Gustav von Gossler

Neun Jahre später, am 21. Mai 1891, gründeten von Goßler und der preußische Abgeordnete Emil Freiherr von Schenckendorff den Zentralausschuss zur Förderung von Jugend- und Volksspielen (ab 1897 Zentralausschuss zur Förderung von Volks- und Jugendspielen), kurz ZA. Der ZA war dabei kein Zusammenschluss von Fußball-Liebhabern verschiedener sozialer Herkunft, sondern bestand vor allem aus Mitgliedern der Nationalliberalen Partei und dessen Alldeutschen Verbandes (gemeinsame Ziele: Stärkung des deutschen Nationalbewusstsein, Pro-Imperialismus), somit vor allem Politikern, Beamten und Armee-Angehörigen. Ihr vorrangiges Ziel war aber nicht, den Sport politisch zu vereinnahmen, sondern vielmehr eine philanthropische, erzieherische, militärische und sozialdarwinistische Mischung, eine „gesunde“ Elite an sportlichen Deutschen und damit potentiellen Soldaten heranzuziehen. Daher versuchten die engagierten Persönlichkeiten, die Gräben zwischen Turnern und Sportlern aufzufüllen und zwischen ihnen zu vermitteln. Turnen und Sport (zeitgenössisch auch Bewegungsspiele genannt) sollten parallel existieren und sich ergänzen. Um diese Absicht zu erreichen, versuchte der ZA, die einzeln wirkenden Kräfte in Deutschland zu bündeln, um so das gemeinsame Ziel schnell zu erreichen. Dazu gehörte der Zentralverein für Körperpflege in Volk und Schule, der Deutsche Bund für Sport, Spiel und Turnen, das Komitee für die Teilnahme Deutschlands an den Olympischen Spielen zu Athen 1896 und später der 1911 gegründete Jungdeutschlandbund, in dessen Bundesleitung auch viele Mitglieder des ZA vertreten waren und der sich wie der ZA in der vormilitärische Ausbildung engagierte.

Wie versuchte man, die Ziele zu erreichen? Nun, durch einen intensiven Lobbyismus in Militärbehörden und Schul- und Stadtverwaltungen, Englandreisen, regelmäßige und verschiedene Zielgruppen ansprechende Veröffentlichungen und eine enorm große Werbetätigkeit. Die Geldmittel kamen aus dem preußischen Kultusministerium und anderen deutschen Landesregierungen.

Der ZA erreichte letztendlich seine Ziele der Verbreitung der Sportarten und die nationale Ausrichtung dieser.

Der Deutsche Fußballbund

Logo des Deutschen Fußballbundes von 1900

In den 1890er Jahren entstanden eine Reihe von neuen Vereinen und auch erste regionale Fußballverbände, zum Beispiel in Berlin (Bund Deutscher Fußballspieler 1890, Deutscher Fußball- und Cricketbund 1891). Doch während Vereine in England gewachsene Gemeinschaften waren, gab es in Deutschland eine hohe Fluktuation in den Vereinen und daher auch einen geringen Zusammenhalt der Spieler. Die Identifikation mit einem Club war also nicht gewachsen – das kam dem ZA ungelegen. Seine Versuche, einen gesamtdeutschen Verband zu gründen, scheiterten zunächst an Unstimmigkeiten zwischen den Verbänden. Nach einigen Jahren der Vermittlung gab es Ende Januar 1900 in Leipzig einen neuen Versuch, einen deutschen Verband zu gründen. Nun stimmten 60 der 86 Vereine für die Gründung des Deutschen Fußballbundes. Die Gründungsmitglieder waren sowohl regionale Verbände (Verband südwestdeutscher Fußballvereine, beide Berliner Verbände und der Hamburg-Altonaer Fußball-Bund) als auch einzelne Vereine aus Prag, Magdeburg, Dresden, Hannover, Leipzig, Braunschweig, München, Naumburg, Breslau, Chemnitz und Mittweida – also aus dem ganzen damaligen Deutschland. Der Spielausschuss des DFB erstellte in den kommenden Jahren einheitliche Statuten und Spielregeln nach englischem Vorbild (1906 herausgegeben) und es gab einen regelmäßigen Spielbetrieb um die Deutsche Meisterschaft (ab der Saison 1902/1903) und den Kronprinzenpokal (ab der Saison 1908/1909).

Im DFB entschied man sich für die nationale und gegen die kosmopolitische Ausrichtung. Denn so erhielten sie vor den Turnern den Vorzug, um die Exerzierplätze als Spielfeld benutzen zu dürfen. Als Wehrsport wurde der Stereotyp eines Fußballers mit soldatischen Idealen aufgeladen: Kampf und Opfermut bis zur letzten Minute, Pflichttreue und Treue zur eigenen Mannschaft sowie Charakterstärke und Idealismus. An diesem Ideal hat sich bis heute wenig geändert und es ist auch der Grund, weshalb in Deutschland die Legalisierung von entlohntem Fußball noch vehementer abgelehnt und stigmatisiert wurde als in England. Vieles ist in Deutschland wie in England verlaufen, nur etwa 50 Jahre später, aber nicht in diesem Punkt: Während Fußball in England modern wurde, als er legaler Profifußball wurde und viele Menschen direkt oder indirekt durch das Fußballspiel Erwerbsmöglichkeiten fanden, wurde Fußball in Deutschland durch das Militär und das soldatische Ideal, also durch das deutsche Amateurideal, modern. Das änderte sich auch nicht, als der Profifußball etwa 50 Jahre nach der Legalisierung in England auch in Deutschland legalisiert wurde. Das ist vielleicht ein Grund, weshalb in Deutschland das Begriffspaar moderner Fußball mittlerweile stark negativ konnotiert ist und die 50+1-Regelung nicht schon längst über den Haufen geworfen wurde. Es ist aber vielleicht auch der Grund dafür, dass häufig und des Geldes wegen wechselnde Spieler als Söldner(!) beschimpft werden, weil sie nicht bis zu ihrem letzten Atemzug ihrer Mannschaft treu blieben – bewusst sehr pathetisch formuliert.

Währenddessen stieg die Mitgliederzahl des DFB rapide an und versiebzehnfachte sich zwischen 1904 und 1913.

Wie schon gesagt, Goßlers Idee ging also auf, Fußball wurde Wehrsport. Schon vor 1910 spielte die Marine ihre eigene Fußballmeisterschaft aus, ab 1911 auch das Landesheer. Der DFB wurde wie der ZA Mitglied in staatlichen, militärisch geprägten Jugendorganisationen wie dem 1911 gegründeten Jungdeutschland.

Als Wehrsport musste sich Fußball nun aber endgültig von dem Vorwurf des undeutschen Sportes lösen und Sprachbarrieren  beseitigen. Daher gab es ab den 1890er Jahren immer wieder Artikel in Zeitungen, Pamphlete und auch Bücher, die die englischen Begriffe eindeutschten.

Moderner Fußball: Die Fußballbegeisterung wird Teil der deutschen Gesellschaft

Viele deutsche Soldaten lernten das Fußballspiel erst als Wehrsport während des ersten Weltkrieges kennen; liebten und lebten ihn. Die Spiele dienten hier, in dem reinen Stellungskrieg, vor allem zur psychischen Stabilisierung von Truppeneinheiten und zur Hebung deren Stimmung, fand aber auch durch seinen klassennivellierenden Charakter allgemeine Beliebtheit bei den nichtadeligen Milieus. Diese Begeisterung endete nicht mit dem Kriegsende – im Gegenteil. Manche spielten Fußball fortan in Vereinen und viele weitere wurden begeisterte Zuschauer. 1920 hatte der DFB die 500.000er Marke seiner Mitglieder geknackt. Jetzt begann der Fußball, auch in Deutschland ein Massenphänomen zu werden.

In dieser Zeit, in der Weimarer Republik, nahm Fußball eine Mittlerrolle zwischen der deutschen Bevölkerung und der Reichswehr ein. Dabei war die Grenze zwischen zivilem und Militärsport fließend. Das Wort Kampf wurde in den 1920er Jahren zu einem Schlüsselbegriff: Kampfspiele, Kampfbahn, Kampfgemeinschaft, usw. Der Fußball diente als vormilitärisches Feld, um trotz dem Verbot einer Armee, die kommende Generation an die Tugenden der Soldaten heranzuführen. Außerdem tarnten sich viele paramilitärische Vereinigungen als Sportclubs wie die Box- und Sportabteilung der NSDAP. Diese wurde aber schon verhältnismäßig früh, nämlich im November 1921, von Hitler in Sturmabteilung, SA, umbenannt.

Waren Sportarten wie Fußball nach Ende des ersten Weltkrieges ein gutes Ventil, um die psychische Belastung der Kriegsjahre zu kompensieren, bargen sie damit aber in der Zwischenkriegszeit ein deutliches Gewaltpotenzial. Viele, die das Fußballspiel während des Krieges kennengelernt hatten, spielten einen derart unfairen Fußball oder benahmen sich als Zuschauer mit Platzstürmen und Gewaltandrohungen gegen Schiedsrichter und Gegner so rüde, dass Fußball zu Beginn der 1920er Jahre nicht nur breite Beliebtheit erfuhr, sondern gleichzeitig einen sehr schlechten Ruf erlangte. Der sehr angesehene Schiedsrichter Peter Joseph „Peco“ Bauwens legte 1925 wegen des Verhaltens der Spieler und Zuschauer in der Halbzeit des Spieles 1. FC Nürnberg gegen MTK Budapest schlicht sein Amt nieder.

Zu der Problematik von Fußball in der Weimarer Republik und Bauwens vgl. Eisenberg, Christiane: „English Sports“ und deutsche Bürger. Eine Gesellschaftsgeschichte 1800-1939. Paderborn 1999. S. 306-339.

 

Dabei entwickelte sich der Fußball durch die zahlreichen Zuschauer zu einem veritablen Wirtschaftsgut. Diesen verlorenen Respekt versuchte der DFB abermals durch die Verknüpfung mit dem soldatischen Ehrbegriff wiederherzustellen – erfolgreich.

Die ersten Radioübertragungen

Unterstützung erfuhr der Fußball in Deutschland wie in England durch Journalismus, Getränke- und Bauindustrie, Wettbüros, Fotografie und Sportartikelhersteller. Auch Zigarren- und Zigarettenfabriken sowie Schnapsbrennereien profitierten von dem Sport, denn es war auf den Zuschauerrängen üblich, sich zwischendurch mit einem Schluck aus dem Flachmann oder einer Zigarre zu stärken. Neu und in diesem Fall ganz elementar war für Sportinteressierte das moderne Medium Radio, dessen Verkaufszahlen sich zwischen 1923 und 1926 rapide anstiegen. Es war für Sport und Medium eine Win-Win-Situation: Das Radio beflügelte das Interesse, Sport zu verfolgen und die an Sport Interessierten kauften sich Radios. Wann das erste Spiel in Deutschland übertragen wurde, ist umstritten: War es das Spiel Preußen Münster gegen Arminia Bielefeld am 1. November 1925 oder das vom Rundfunkpionier Bernhard Ernst kommentierte DFB-Endspiel zwischen der SpVgg Fürth und Hertha BSC (Ende 1925)? Wie dem auch sei, der DFB unterstützte zunächst die Rundfunkübertragungen von Fußballspielen, um 1928 stark zurückzurudern: Um nicht die Zuschauerzahlen und damit Einnahmen der Vereine zu gefährden, wurden die Übertragungsrechte nur für das DFB-Endspiel sowie drei Länderspiele vergeben. Diese deutlichen Einschränkungen führten zu heftigem Protest der Zuschauer und tatsächlich wurden ab 1932 wieder mehr Fußballspiele via Radio übertragen; vor allem solche Spiele, bei denen eine Reduzierung der Zuschauerzahl nicht zu befürchten war.

Der DFB war kein Einzelfall. U.a. auch England und Schweden ließen die Übertragungen teils verbieten (Schweden) oder diskutierten über ein generelles Verbot (England).

Moderner Fußball: Profifußball wird (zum ersten Mal) legal

Mitte der 1920er Jahre kam es in Deutschland zu den ersten ernsten Anläufen, dass Fußballspieler ein bezahlter Beruf wird. Denn durch den Dawes-Plan (1925) und seine Unterstützungen begannen viele Städte, neue Stadien zu errichten, um mit Hilfe der Fußballbegeisterung die städtischen Kassen zu füllen. Um die Hypotheken schneller zurückzuzahlen und das Stadion auszulasten, musste man attraktive Spiele bieten und daher Fußballergrößen in die Vereine der Stadt locken. Außerdem war ab 1925 die Teilnahme Deutschlands an den Olympischen Spielen wieder möglich. Der Ehrgeiz , eine besonders schlagkräftige Mannschaft nominieren zu können, war deshalb groß. Unter der Hand gezahlte Zuwendungen waren längst die Regel.

Der DFB blieb bei seinem soldatischen Ideal des Fußballers, den der ehrenvolle Verdienst leitete, nicht der finanzielle . Bei Zuwiderhandlung drohte die Disqualifikation aus Meisterschaft und Pokalwettbewerb. Dabei war der Wunsch vieler Vereine, wettbewerbsfähig zu anderen Ländern zu sein. Bereits 1925 hatte der DFB eine Satzungsänderung verabschiedet, die es deutschen Vereinen stark erschwerte, gegen ausländische Profimannschaften zu spielen. (Der Boykott wurde erst 1930 auf Druck der FIFA aufgehoben.)

Durch die finanziellen Verluste der Weltwirtschaftskrise, die insbesondere die untere Mittelschicht (Angestellte, Facharbeiter) traf, gab es ab 1929 erneut deutliche Bemühungen, den Berufsfußball einzuführen. Bezahlungen der Fußballer unter der Hand waren mittlerweile die Regel, aber der DFB blieb weiterhin bei seinen Prinzipien. Mehr noch, im August 1930 sperrte er 14 Schalker Spieler und zudem mehrere Schalker Funktionäre und verhängte eine empfindlich hohe Geldstrafe von 1000 Reichsmark gegen den Verein. Der Grund: Schalker Spitzenspieler waren Arbeiter in der Schachtanlage Consolidation, wurden aber nur mit leichteren Aufgaben betraut und mussten also nicht unter Tage arbeiten, erhielten dafür aber deutlich mehr Lohn als ihre Kollegen. Die Bestrafung als abschreckendes Exempel für alle anderen Vereine ging für den DFB komplett nach hinten los: Viele weitere erfolgreiche Vereine bedrängten den Verband, die Strafen zurückzuziehen und drohten andernfalls mit dem Austritt. Der Westdeutsche Fußballverband forderte die Trennung in Amateurfußball und Berufsfußball. Noch lehnte der DFB ab, aber als es noch 1930 zur Gründung des Deutschen Professionalverbandes innerhalb des Westdeutschen Fußballverbandes und zu einer Reichsliga (gegründet von Sportjournalisten) kam, lenkte er ein. Schalke wurden die drakonischen Strafen erlassen. Aber der Profifußball wurde noch nicht legalisiert. Das Drängen der Vereine blieb und zwei Jahre später fürchtete der DFB die Spaltung des Fußballs wohl so sehr, dass er wie ca. 50 Jahre zuvor Alcock in England den Fußballsport legalisiert, um ihn dann besser kontrollieren zu können. Doch zu der für 1933 geplanten Reichsliga kam es nicht. Daran hatten nicht direkt die Nationalsozialisten Schuld; ihnen wären professionelle Sportler vielleicht sogar entgegengekommen. Nein, Felix Linnemann, seit 1925 Vorsitzender des DFB wurde 1933 mit der Leitung des Fachamts Fußball im Deutschen Reichsbund für Leibesübungen betraut und machte direkt die in seinen Augen erzwungene Legalisierung des Profifußballs rückgängig.

Moderner Fußball: Profifußball wird (wieder) legal

1950, noch vor der Neugründung des DFB, beschloss die Delegiertenversammlung der Landesverbände, ein Vertragsspielerstatut zur Legalisierung des bezahlten Fußballs. Ein Spieler, der noch einem weiteren Beruf nachging, durfte dennoch nicht mehr als 320 DM monatlich erhalten, d.h. nicht mehr als den Lohn eines Facharbeiters. Aus dem Jahresgehalt errechnete sich die Ablösesumme. Zur der gehörte auch immer ein Gastspiel des neuen Vereines.

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Am Ziel der Träume? Fußball und der Nationalsozialismus

Der Fußball in Deutschland hat es in seinen Anfangsjahren nicht leicht. Gesellschaftliche Vorbehalte, Konkurrenz durch die traditionsreiche Turnerschaft, das unsägliche Geschacher um das Amateurgebot. Unter der Regie des machtbewussten DFB hat sich der Fußball dennoch zum Spiel der Massen entwickelt, wie ich in meinem ersten geschichtlichen Überblick für 120minuten aufgezeigt habe. Ideale Voraussetzungen für die Nationalsozialisten, das Spiel für seine Zwecke zu ge- und missbrauchen? Welche Rolle spielte der DFB dabei? Wie hat der deutsche Fußball auf die verordnete „Gleichschaltung“ reagiert? Und wie ging es in Sachen Profitum weiter?

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1954 wurde Deutschland überraschend Weltmeister. In den Folgejahren nahm die Bedeutung der Nationalmannschaft wegen fehlender Erfolge jedoch spürbar ab. Viele Spieler wechselten zu Vereinen ins Ausland, wo der Profifußball längst etabliert war und sie höhere Gehälter erhielten. Beispielsweise nach Italien, wo Helmut Haller (1962-1968 FC Bologna, 1968-1973 Juventus Turin), Karl-Heinz Schnellinger (1963-1964 AC Mantua, 1964-1965 AS Rom, 1965-1976 AC Mailand) oder auch Horst Szymaniak (1961-1963 CC Catania, 1963-1964 Inter Mailand, 1964-1965 FC Varese) spielten. Um dem Trend entgegenzuwirken, beschloss der DFB auf seinem Bundestag 1962 die Einführung einer Berufsspielerliga, der Bundesliga. Neben Amateurspielern und Vertragsspielern gab es nun auch Lizenzspieler, die ein dreimal so hohes Gehalt wie Vertragsspieler erhalten und einen Teil der Transfersumme kassieren konnte. Aber die Bestimmungen waren in den 1960er Jahren noch recht restriktiv, weshalb in der ersten Bundesligasaison nur 34 Spieler Fußball als Vollzeitberuf ausgeübt haben sollen. Sie brauchten einen guten Leumund, durften aber ihren Namen nicht für Werbezwecke zur Verfügung stellen und so weiteren Lohn erhalten und die Gesamtbezüge aus Lohn, Handgeld, Prämien und Ablösesummen durften nicht 1200 DM monatlich übersteigen.

Für den DFB lohnte sich die Einführung der Bundesliga: Die Nationalmannschaft hatte wieder Erfolg und da in den 1960er Jahren schon viele Haushalte über einen Fernseher verfügten, konnte sich der DFB durch Fernsehübertragungsgebühren, Werbeeinnahmen und Sponsorengelder finanzieren.

Für die Vertrags- und auch Lizenzspieler war das Fußballspiel innerhalb der vom DFB gesetzten Grenzen nicht rentabel und so verwundert es nicht, dass es in der Saison 1970/71 zu einem so großen Bestechungsskandal kam und der DFB abermals zum Umdenken gezwungen wurde. 1972 wurde der Markt geöffnet – seitdem steigen die Einkommen der Fußballprofis kontinuierlich. Die Liberalisierung der elektronischen Medien und das Bosmanurteil vom Dezember 1995 haben diesen Effekt noch einmal deutlich verstärkt.

Fazit: Moderner Fußball durch Eventisierung und Taktik

Doch wann hielt der moderne Fußball nun tatsächlich Einzug in Deutschland? Je nach Betrachtungsweise gibt es dafür drei Möglichkeiten:

  1. Macht man den modernen Fußball an der allgemeinen, nationalen Begeisterung fest, so war es der erste Weltkrieg.
  2. Verbindet man den modernen Fußball mit Profifußball und seinen Folgen, so waren es die 1960er und 1970er Jahren, da die erste Legalisierung 1932 nur wenige Monate Bestand hatte.
  3. Nimmt man den Begriff “moderner Fußball” dagegen als Ausgangspunkt, liegt der Beginn in den 1980er Jahren. Bis 1976 existierte dieser Begriff in der deutschsprachigen Literatur noch gar nicht. Seitdem gab es ein kurzes kleineres Maximum von 1987 bis 1988, das ab 2002 wieder erreicht wurde und mindestens bis 2008 übertroffen wurde.

Lag die erste Häufung des Begriffs Ende der 1980er Jahre an dem Wechsel von Trainer Arrigo Sacchi zum AC Milan und seiner dort etablierten Spielidee? Wurde dieses Ereignis in der deutschsprachigen Literatur tatsächlich so gewürdigt? Oder hat es eine andere Ursache? Darauf habe ich leider keine Antwort.

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