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Buchbesprechung und Verlosung: Imran Ayata – Ruhm und Ruin. Ein Roman in 11 Kapiteln.

Wir verlosen den Roman “Ruhm und Ruin” von Imran Ayata!

Der Verbrecherverlag hat uns freundlicherweise ein Exemplar des Romans zur Verlosung bereitgestellt. Wie Ihr gewinnen könnt? Indem Ihr bis 28. Januar, 12 Uhr, über die unten eingebundene Box teilnehmt. Dann heißt es Daumen drücken. Zur Teilnahme genügt bereits ein Kommentar, Ihr könnt aber auch zusätzliche Lose verdienen. Was Ihr dafür tun müsst, erfahrt Ihr unten. Allen Teilnehmern wünschen wir viel Glück.

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Unsere Rezension zu “Ruhm und Ruin”

Das Thema ist derzeit in aller Munde: Migration und Flüchtlinge. Imran Ayatas Buch “Ruhm und Ruin”, welches im Verbrecher-Verlag erschienen ist, vereint zwei Themen, die Deutschland derzeit in Atem halten. Da ist zum Einen der Fußball, bei dem es zusehends klar wird, dass die WM 2006 nicht mit rechten Dingen nach Deutschland kam. Das Interview von Franz Beckenbauer in der Süddeutschen Zeitung im November ist ein guter Beleg für den Morast, in dem der DFB steckt. Und auch sonst liegt im Fußball einiges im Argen. Das Andere ist das Thema Migration. Jahrzehntelang wurde es totgeschwiegen beziehungsweise wurde so getan als ob das Thema nicht existierte, denn Migranten aus Jugoslawien, der Türkei, Griechenland, Makedonien waren keine Migranten, sondern Gastarbeiter. Die Problematik wurde linguistisch weggeschlossen, ehe sie in den 90ern und frühen Nullerjahren brachial zurückkam. Dabei war die alte Bundesrepublik sehr wohl ein Einwanderungsland, nur wollte es keiner wahr haben.

 

Dieses kleine Bändchen enthält 11 Kapitel, besitzt also Mannschaftsstärke, dreht sich dabei aber nur periphär um Fußball, sondern vielmehr um die Einbettung eines Fußballvereins in seine unmittelbare Umgebung. In jedem dieser 11 Abschnitte spricht eine andere Person über Fußball bzw. über die Beziehung zum eben jenem Kiezverein. Im Mittelpunkt steht dabei ein deutsch-türkischer Fußballer, Arda Toprak, der es schafft, vom Kiezclub zu einem Bundesligaverein zu wechseln und sogar in die Nähe der Nationalmannschaft rückt. Dann werfen ihn zwei Verletzungen zurück und die Laufbahn ist beendet. Dass seine Begabung ihn in seinem Kiez herausstellte, ist ihm bewusst:

“In unserer Hood träumten alle davon, entdeckt zu werden. Jeder wollte raus aus Elend und Mittelmaß … Mich traf es besser. Ich hatte das Ticket zum Glück gelöst.” (S.13)

In elf Kapiteln reden elf verschiedene Menschen über die Rolle des Vereins und ihre Sicht der Dinge auf den Club, das Schicksal Topraks, von dem vieles abhing, was ihm wiederum zu viel war und wie alles irgendwie zusammenhängt: Leben, Liebe, Fußball. Was passiert, wenn alles auf eine Karte, in diesem Fall auf die Karrierehoffnung des Sohnemanns, gesetzt wird, zeigt sich am Schicksal des Vaters, der sich als Manager in die totale Abhängigkeit seines Sohnes begibt und das größte Opfer bringt: er erleidet einen Zusammenbruch und muss ins Krankenhaus; aus Fikret Toprak wird Deli Fikret: der verrückte Fikret. In seinem Gespräch, eigentlich sind Selbstgespräche im Krankenhaus verboten, sagt er:

“Es sollte unseren Kindern anders ergehen. So haben Esra und ich uns das ausgemalt. Bei Allah, was ist daran falsch? Wir waren bereit, alles dafür zu tun, damit sie Erfolg haben. Aber das Leben ist kein Wunschkonzert.” (S.29)

Da ist die Schwester, Yasemin, die gern die traditionellen Schubladen schließen möchte und ein eigenes Modelabel gründen möchte. Aber:

“Eine Frau, die Yasemin Toprak heißt, ist für andere Schubladen vorgesehen.”

Sie redet über Mode und Sex. Sie macht keinen Hehl aus ihrer Enttäuschung über die gescheiterten Modepläne. Sie hat die Nase voll und wer könnte es ihr verwehren? Hoffnung kommt auf für sie, als sie ein Angebot eines Praktikums in Paris erhält.

Das Schicksal der Familie ist aber nur eine Facette dieses gut geschriebenen Buches. Viel aufschlussreicher sind dagegen die Kapitel, in denen Vereinsmitglieder zu Wort kommen, also Vereinspräsidenten und solche, die es werden wollen, die Social-Media-Beauftragten, Trainer und anderen Leute, die alle irgendwie mit dem Verein zusammenhängen. Dabei kommt zutage, wie vielschichtig der Verein ist; längst sind nicht mehr nur türkischstämmige Spieler dabei und sogar ein Afrikaner mischt mit, genannt Türk Richard. Dieser mag keinen türkischen Tee, weil er so süß ist. Das Buch entlarvt den typischen deutschen Rassismus und so wird Kabul schon mal in die Türkei gelegt und ein Jugendtrainer des Kiezclubs wird Kollege Kebab genannt. Die Kurdenfrage ist problematisch und wird so gut es geht vermieden. Wenn aber jemand diese Frage in den Raum wirft auf einer Vereinssitzung – und das geschieht mit Regelmäßigkeit – ist schnell alles andere nebensächlich und Fußball sowieso. Wie für Türken ist es auch für afrikanisch-stämmige Deutsche schwierig oder gar unmöglich, als solche wahr genommen zu werden. So ergeht es Türk Richard, einem Lokalpolitiker, der im Vereinsvorstand sitzt, obwohl Fußball ihn “nicht sonderlich interessiert”. Er habe so viele Rollen bekleidet und alles dreht sich bei seinen Mitmenschen um die eine Frage:

“Warum tun sich die meisten damit schwer, dass ich Deutscher bin? Natürlich kenne ich die Antwort”. (S. 98)

Was dann folgt, ist eine Watsche an die Politik, die sich nur zu Wahlkampfzeiten blicken lässt, denn die meisten Mitglieder haben einen deutschen Pass und Pass = Wählerstimme.

Was ist ein Fußballverein? Eine Institution zur Identitätsbildung? Oder ein aus Ich-AGs bestehendes Gebilde? Genau diese Diskussion ist eines der zentralen Themen, die Komünist Yusuf, Türk Richard oder andere Vereinsmitglieder diskutieren. Hintergrund ist die Idee eines türkischen Geschäftsmannes, Şefik Aslan, den Verein als Präsident zu leiten und zu professionalisieren. Letzterer scheitert und die Tradition obsiegt. Verharrt der Fußball zu sehr im Überkommenen und wehrt sich gegen die Veränderung? Für Aslan ist es so und es kränkt ihn, dass er seine Ideen im Verein nicht wird umsetzen können. In wohl keinem anderen Bereich frönt man der Tradition so sehr in Deutschland wie im Fußball und dabei ist doch klar, dass Tradition erfunden ist.
Wie sehr der Volkssport Nr. 1 bereits wirtschaftlichen Zwängen unterworfen ist, tritt deutlich zutage in der Aussage des Schiedsrichters Herr Licht. Videobeweis? Da wurden die TV-Anstalten eher befragt als die Unparteiischen. Rassismus auf dem Platz? Nicht in Deutschland und die Polizei hat den Hitlergruß auch nicht gesehen, also keine Aufregung erzeugen. Bestechung? Suizidversuche eines Schiedsrichters? Morddrohungen? All das ist der wöchentliche Wahnsinn auf Deutschlands Plätzen, nur kümmert es keinen, wie es scheint. Irgendein großer Trainer postulierte einst, dass die Wahrheit auf dem Platze liege; nach Lektüre dieses Buches bleibt festzuhalten, dass dem nicht so ist.
Es bleibt “Türk Richard” überlassen, es auf den Punkt zu bringen, was den Verein ausmacht, für ihn und andere. Der Verein “ist eine hochpolitische Veranstaltung” sowie ein “Labor für Machtspiele”. Denn, “es geht um Fußball, es geht um unseren Alltag. Es geht um unser Leben”. Bill Shankly hätte seine Freude. Dieser Satz soll als Schlusspunkt dienen, denn er fasst es treffend zusammen, was dieses Buch und diesen Sport ausmacht.

NB: Der Roman basiert auf dem Theaterstück “Liga der Verdammten” welches 2013 im Berliner Ballhaus Naunynstraße aufgeführt wurde. Das Buch ist im Verbrecher-Verlag erschienen und kostet €19.-

Doping im Fußball – Teil des Systems

Doping im Fußball ist ein Thema, welches zu selten angesprochen wird. Es ist Zeit, das zu ändern, sagt Daniel Drepper.

Autor: Daniel Drepper, Fussballdoping unter Zuarbeit von Christoph Wagner

Infos zu Doping im Fußball gibt es in einem Wald in Österreich. In Laakirchen, 80 Kilometer östlich von Salzburg, im Heimatdorf des Dopingdealers Stefan Matschiner. „Fußball ist ein Einzelsport, da kämpft jeder für sich“, sagt Matschiner. „Ist doch klar, dass da gedopt wird.“ Stefan Matschiner kann das sagen, er hat selbst mehrere Fußballer mit Dopingmitteln versorgt. „Es ist einfacher, einen geständigen Mafioso zu finden, als einen geständigen Fußballer.“ Das sagt Raffaele Guariniello, der Staatsanwalt, der Doping bei Juventus Turin aufgedeckt hat. Doping im Fußball gibt es von der Kreisliga bis zur Champions League. Wie verbreitet ist der Betrug?  Weiterlesen

Fußballtexte in Langform

Autor: Christoph Wagner, anoldinternational.co.uk

Der Keim einer Idee

Patricia Highsmith schreibt, dass so ziemlich jede noch so kleine und unscheinbare Begebenheit, jedes Missgeschick oder Zufall den Keim einer Idee für eine Geschichte liefern könnte. In ihrem Falle als Krimiautorin bietet sie mehrere Beispiele für ihre Bücher an. Für mich entstand der Keim einer Idee etwa im Dezember des vergangenen Jahres als ich an einer Diskussionsrunde des Football Scholars Forum teilnahm. Gast war Jonathan Wilson, Autor solch großartiger Werke wie Inverting the Pyramide oder The Anatomy of England sowie Herausgeber des hervorragenden Magazins The Blizzard. Wilson sprach über die Einengung durch traditionelle Medien wie Zeitungen oder Magazinen, die sehr strikte Rahmenrichtlinien vorgeben für Texte. Natürlich haben diese Beschränkungen ihre Berechtigung, muss man doch neben den Standardkolumnen und Seiten, genügend Platz geben für Reporte und Recherchen. Werbung braucht natürlich auch ihren Platz. Online ist natürlich mehr möglich. Wilson sprach jedoch von seinem Wunsch, sich ebenfalls zu eher selten angesprochenen Themen äußern zu können, ohne dabei auf Wort- oder Zeilenzahl achten zu müssen. Das tut er auch im Blizzard sehr regelmäßig. Seine Texte drehen sich nahezu ausschließlich um Afrika oder den Fußball auf dem Balkan und sind lang. Seitdem dreht sich bei mir im Kopf die Frage: Funktioniert das auch in Deutschland? Würde so ein ähnliches Magazin oder auch nur ein Blog mit langen Fußballtexten, geschrieben auf deutsch, funktionieren? Wie sollte so etwas aussehen?  Das Beispiel OstDerby schreckt doch etwas ab. Braucht es so etwas in der deutschen Bloggosphäre? Sind Linksammlungen wie der Newsletter von Fokus Fußball ausreichend? Ist die Presseschau des Indirekten Freistoßes ergiebig? Für tagesaktuelle Informationen mag das sicher zutreffen. Wo aber gibt es einen Raum, sich mal zu einem Thema ausgiebigst auszulassen? Und sei es nur ein Essay zu einem Verein, einem Spieler, den vorher niemand entdeckt hat und über den wahrscheinlich danach auch so schnell nicht wieder berichtet werden wird. Dazu kamen ganz schnell weitere Fragen. Könnte man das allein stemmen? Vollzeit? Oder weiterer unbezahlter Nebenjob?  Weiterlesen