Trainer Baade – Mein Fußball-Medien-Menu IX

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Trainer Baade bloggt über Fußball: regelmäßig, vereinsneutral und hoch unterhaltsam. Was als ein Projekt im Rahmen der WM 2006 begann, wurde zu einer Institution in der deutschsprachigen Fußball-Blogosphäre.

Trainer Baade (@trainerbaade) schreibt: aus seiner Feder stammen 111 Fußballorte im Ruhrgebiet, die man gesehen haben muss und er hat mitgearbeitet an Auf Asche – Unwiderstehliche Bolzplatzerinnerungen.

Trainer Baade, alias Frank Baade bei einer seiner Lesungen in München, Foto: Ben Neudek

Trainer Baade bei einer seiner Lesungen in München, Foto: Ben Neudek

Welche Fußballmagazine/Zeitschriften liest Du regelmäßig?

Als Printausgabe lese ich nur 11Freunde regelmäßig, wobei mich da die Sonderausgaben mehr reizen als die regulären. Ab und an schaue ich nach anderen Sachen, ballesterer oder Zwölf, zu meiner Schande lese ich den “Tödlichen Pass” viel zu selten. Aber sehr gerne. Fällt mir gerade auf, dass ich den doch mal abonnieren sollte. Dazu kommt das neue “Staantribune” aus Holland. Das werde ich mir auch wieder zulegen. Dann gibt es hier im Westen noch ein Amateurmagazin namens “Wir Helden”, wo ich auch ab und zu reinschaue. Und die Reviersport kaufe ich mir immer dann, wenn ich mal alleine zu Tisch gehe und dann doch lieber Papiernes lese, einfach weil ich mein Handy nicht mit so viel Hähnchenfett volltropfen will.

Was ich online im Bereich Fußball lese, hab ich hier mal so als typischen Startbildschirm eines neuen Tabs als Screenshot mitgebracht. Wobei es da keine konkrete Reihenfolge gibt. Mein Blog ist zwei Mal dabei, weil es ein Mal die klassische Seite und einmal das Dashboard ist. RP online und Der Westen lese ich eigentlich eher als Lokalteil für Duisburg, heißt sowohl für die Stadt als auch für den MSV Duisburg. Wobei mich im Lokalteil jetzt nicht interessiert, ob oder wo ein Motorradfahrer seinen Geist ausgehaucht hat, sondern, wo sich was kulturell tut oder verändert. Bei allen anderen Seiten starte ich halt immer auf der Sport- bzw. wenn vorhanden Fußballseite, aber lese insbesondere bei SZ und FAZ auch die übrigen “Bücher” (natürlich nicht komplett). Es fehlt der Guardian, den ich als einziges englischsprachiges Medium zum Fußball konsumiere. Aber auch immer seltener, weil mein Fokus eben auf deutschem Fußball liegt, zumindest im tagesaktuellen Bereich. Das wiederum nicht, weil mich der Fußball in Belgien, Norwegen oder der Schweiz nicht interessiert, sondern weil der Tag nur 24 Stunden hat.

Screenshot: Trainer Baades meist besuchte Seiten

Screenshot: Trainer Baades meist besuchte Seiten

Am Wochenende gönne ich mir öfter mal eine SZ als Printausgabe, durchaus in erster Linie bei guten Sporttexten oder -interviews, die ZEIT auch immer mal wieder. Meist zum Lesen im Biergarten oder am See. Je nach gusto darf es da auch die Wochenend-Ausgabe der FAZ sein. Zuletzt habe ich zu den FIFA-Themen auch den SPIEGEL als Printausgabe gekauft. Mache ich ansonsten nicht mehr, ist für mich zu viel an Themen dabei, die mich nicht interessieren bzw. siehe oben, Tag, 24 Stunden und so weiter.

Achso, und an Blogs lese ich alles, was in meiner Blogroll zu finden ist, wobei ich da auch nicht immer alles schaffe, also zwar Stammleser bin, aber mit der einen oder anderen zeitlichen Lücke.

Für welchen Text, den Du in den vergangenen Wochen gelesen hast, kannst Du eine uneingeschränkte Leseempfehlung aussprechen?

Für “Dominance in football: An application of Sutton’s theory of endogenous sunk costs“. Den sollte man sich unbedingt reinziehen, bevor man mal wieder davon schwadroniert, was bestimmte Manager persönlich für Bewundernswertes erreicht haben. Die Tatsache, dass es dem Wesen dieser Art von Ligen immanent ist, dass ein bis zwei Große oben stehen und sich das in Spanien genauso wie auf den Färöer oder in Luxemburg zeigt, bewirkt gleich Mehreres. Die Erkenntnis, dass die gefestigte Langeweile nun mal Teil dieses Prinzips ist und man das Prinzip ändern muss, wenn man davon weg möchte. Dazu die Erkenntnis, dass es weniger die handelnden Personen als die diesem System eigenen Wirkungen sind, die es stabilisieren. Und letztlich auch die Erkenntnis, dass man seinen Frust oder seine Antipathien über die sich selbst stabilisierende Langeweile weniger auf deren Nutznießer – auch wenn deren Baden in vermeintlicher Überlegenheit schwer erträglich ist – als auf das System selbst richten sollte.

Natürlich spielen bei der Unveränderlichkeit dieser Lage mehr Faktoren als die im Text genannten rein, Veränderung von Reichweiten durch die informationelle Globalisierung oder auch politische Wechsel. Doch dieses System mal so sehr konkret aufgedröselt zu sehen, ist einerseits extrem erhellend und gleichzeitig ernüchternd, was das (bzw. mein) allgemeine Interesse an Ligenfußball oder inzwischen auch an der Champions League angeht, wo ja genau dasselbe Prinzip auftritt.

Was eher literarische Fußballtexte angeht, kann ich meine Liebe zu eigentlich fast allen Texten von heinzkamke nicht verschweigen. Ich mochte aber ebenso janus, den Fortuna-Düsseldorf- und allgemeinen-Fußballschreiber, außerdem meist, was und wie Jens Kirschneck schrieb. Leider schreiben zwei von den dreien ja kaum noch. Oder falls doch, weiß ich nicht, wo.

Wo und wie stößt Du auf lesenswerte Texte?

Puh, häufig natürlich bei Twitter, wo ich neben Simon Kuper und Jürgen Kalwa auch Craig Robinson empfehlen würde, wobei Letzterer weniger Texte, denn Grafiken und Kunst zum Fußball produziert.

Die Standardtwitterer zum Fußball umfassen für mich Peter_Ahrens, OliFritsch, artus69, guek62, honigstein, dagobert95 und giannicosta.

Dann finde ich immer wieder schöne Texte bei Fokus Fussball, eine wirklich sehr tolle, immer noch kostenlose (!) Einrichtung mit immer wieder guten Funden aus mir unbekannten Regionen. Und ansonsten oft auch durch Bruder Zufall, wenn ich halt bei irgendwelchen Magazinen gelandet bin, die ich gar nicht kannte. Dann durchsuche ich diese schon mal nach Texten mit Fußballbezug, insbesondere bei nichtdeutschen Angeboten. Allerdings mache ich mich dafür nicht extra auf den Weg.

Wie liest Du – am Tablet/Smartphone, am großen Bildschirm oder bist Du ein Internetausdrucker und Printliebhaber?

Ich glaube, zum reinen Lesen, auch nicht zum Korrigieren, habe ich noch nie in meinem Leben einen Text ausgedruckt. Ich lese schon seit den ersten PCs ausschließlich am Rechner oder jetzt eben auf dem Smartphone. Wo genau, hängt von den sonstigen Umständen ab. Ich hab auch keine Probleme, lange Texte auf meinem eher kleinen Smartphone-Bildschirm zu lesen, bzw. bevorzuge das inzwischen völlig. Wobei ich da nicht die geringen Ausmaße bevorzuge, sondern die physische Unabhängigkeit mit all ihren Vorzügen. Ich würde auch sofort Google Glasses einsetzen, wenn das zum Lesen sinnvoll nutzbar und erschwinglich wäre. Dann hätte man physische Unabhängigkeit und die Hände frei. Am besten müsste man gar nicht mehr selbst scrollen, hach, ein Traum. Bis man irgendwann auch nicht mehr selbst – via Tastatur – schreiben muss, ich bin einfach zu früh geboren. Andererseits hätte ich dann nicht die 1980er der Bundesliga erlebt – wäre auch schade. Ich denke, das Lesen wird allgemein noch bequemer werden, als es jetzt schon ist. Da freu ich mich drauf. Deshalb kommt mir “Ausdrucken” jetzt schon unfassbar anachronistisch vor.

Welches Fußballbuch kannst Du besonders empfehlen?

Hm, Bücher. Irgendwie lese ich, seit ich blogge und viele Blogs konsumiere, kaum noch Bücher über Fußball. Ziemlich genossen habe ich “Das Wunder von Castel di Sangro”. Es geht um einen italienischen Dritt- oder Viertligisten aus einem Dorf, der in die 2. Liga aufsteigt und somit abseits des großen Profifußballs handelt. Zudem ist es von einem Amerikaner, also aus etwas anderem Blickwinkel und noch dazu gut geschrieben (bzw. übersetzt), sodass es alles etwas fernab der einem sonst ständig begegnenden immergleichen Soße aus Bayern, Real und Barça stattfindet. Natürlich mochte ich auch “Fever Pitch”, aber das ist jetzt auch schon fast 20 Jahre her. Ob ich es heute noch mögen würde, kann ich gar nicht sagen, die anderen Sachen von Nick Hornby finde ich jedenfalls eher durchschnittlich.

Ansonsten gibt es natürlich wahnsinnig viele Sachbücher über Fußball, die sich lohnen, aber ich beschränke mich jetzt mal auf Literarisches. Da gibt es leider nicht so viel Gutes, das ich kenne. Würde mich da über Tipps oder Hinweise selber freuen.

Gerade lese ich “Der Ball ist rund” von Eduardo Galeano. Ob ich es empfehlen kann, werde ich später noch sehen.

Welche Fußball-Podcasts verfolgst du regelmäßig?

Ich bin ja erst mit dem Beginn von Collinas Erben so richtig auf den Geschmack von Podcasts gekommen. Die Erben höre ich natürlich gerne, aber ich hinke da doch ordentlich hinterher, zumal mich tagesaktuelle Entscheidungen eher weniger interessieren, aus dem einfachen Grund, dass ich sie meist nicht mitbekommen habe. Stammprogramm ist bei mir immer der Montag sowie der Fußballteil der donnerstäglichen “Big Show” von Sportradio360, aber auch das erst seit irgendwann vor der WM 2014. Dazu unregelmäßig den Rasenfunk, den Eintracht-Podcast, den Glückauf-Pils-Podcast, den leider viel zu seltenen Grün-Weiß-Podcast von Werder, Vollraute zu BMG, den Neverkusenpodcast und dann habe ich auch die beiden Sachen von Axel Goldmann schätzen gelernt: Bockcast und das ganz neue Doppelfass (ebenfalls dort), auch wenn das noch in den Kinderschuhen steckt und eher Klamauk ist, aber eben Klamauk à la LLCurly. Muss man mögen, ich tu’s.

Extrem bedauerlich ist das Ende des Futiklubs, das traf in jeglicher Hinsicht meinen Geschmack. Und für dessen Fortführung hätte ich auch wirklich viel Geld bezahlt. Ist aber vorbei, äußerst schade. Problem vieler Podcasts ist halt die mangelnde Regelmäßigkeit – entweder auf Seiten der Produzenten oder auch bei mir beim Hören. Außerdem muss ich zugeben, dass ich beruflich nicht viel pendel, sodass ich viele Podcasts zum Einschlafen höre und dann nicht immer bis zum Ende dabei bin. Also physisch schon, geistig dann nicht unbedingt so. Aber man soll ja auch im Traum Informationen aufnehmen.

Jedenfalls habe ich meine frühere generelle Ablehnung von Podcasts aufgrund der zeitraubenden und quälenden Langsamkeit der Informationsweitergabe weitgehend abgelegt. Dafür erhält man dabei eben lebendige, stimmungsvolle Gespräche und nicht zuletzt die direktere Interaktion der Beteiligten. Was nun mal auch Vorteile hat. Sofern die Qualität da ist.

Ansonsten höre ich noch sehr oft die Audio-Beiträge zum Fußball vom Deutschlandfunk, wobei das ja eher klassische, journalistische Radio-Beiträge sind. Aber eben oft mit nennenswerten Interviewpartnern.

Schaust du noch die Sportschau, um dich über den Spieltag zu informieren?

Ich hatte mich letztens schon in einem Blogbeitrag von ihr verabschiedet: ‘schüss Sportschau. Ich schaue sie nicht mehr. Ich finde sie keineswegs inhaltlich überlebt, aber bis sie stattfindet, hab ich eben meist schon alles Wichtige gesehen. Zudem versuche ich, meine Mediennutzung so zu gestalten, dass ich klassischer TV-Werbung aus dem Weg gehe. Nicht dogmatisch, sondern im Gegenteil aus Faul- und Genervtheit. Deshalb bevorzuge ich mittlerweile andere Formate und das klassische Plus des selbst gewählten Zeitpunkts. Ich kenne aber auch niemanden mehr, der sich regelmäßig um 18:30 Uhr für die Sportschau vors TV setzt. Obwohl es ja immer noch Millionen sein sollen – komisch, dass es ausgerechnet bei mir im Umfeld niemanden mehr davon gibt.

Das Sportstudio schaue ich übrigens auch nicht mehr, wobei ich um die Uhrzeit eigentlich nie zu Hause bin. Schaue es aber auch nicht in der Mediathek nach. Da ist mir einfach zu wenig Sport in der Stunde und zu viel Show, auch wenn ich gar nichts gegen ein wenig auflockernde Unterhaltung habe. Aber letztere ist dabei immer so schrecklich bemüht mit gewolltem Vorgarten-Humor und unangenehm langweilig, obwohl man wohl glaubt, mit diesem Käse “ganz weit vorn zu sein”. Wobei “Humor” da schon fast zu viel gesagt ist – Stichwort Bruchweg Boys. Und sportlich kommen halt meist keine Erkenntnisse dazu. Eine Sportsendung, die ihre Gäste nur hofiert, statt mal was rauszukitzeln – einfach erbärmlich angesichts dessen, was man eigentlich daraus machen könnte.

Ansonsten kann ich flashscore empfehlen, dort schlagen schon während die Spiele noch laufen Videos von den wichtigsten Szenen auf (in den Pop-Ups der einzeln ansteuerbaren Spiele) und kurz nach Abpfiff die Highlightvideos. Spätestens um 17:30 Uhr hab ich dann alles gesehen, was ich an einem Spieltag brauche. Wobei ich nicht wirklich jedes Tor eines gurkigen 1:1 in einem graumäusigen Duell gesehen haben muss. Und andererseits der Spieltag ja normalerweise nicht mehr um 17:30 Uhr endet, sondern quasi nie. Auf gewisse Weise holt man sich zumindest in Teilen diese woanders geklaute Zeit auf diesem Weg wieder. Und andererseits überwiegen die Samstagnachmittage, an denen ich die Bundesliga in einer Kneipe schaue gegenüber jenen zu Hause ohnehin immer noch.

Welche Website, welchen Podcast, welches Magazin kannst du abseits des Fußballs empfehlen?

Abseits des Fußballs empfehle ich den New Yorker als breit gefächertes Magazin, natürlich den faszinierend guten Glumm mit seinen biografischen Blog-Geschichten, immer noch Herrn Salami (wunderbares Trikot von Bayer Uerdingen auf seiner Seite!) und eigentlich würde ich auch gerne mal wieder mehr von Fred Valin im alten Bloggerstil lesen. Is aber zur Zeit nicht so. Außerdem genieße ich gerade den Raumzeit-Podcast von Anfang an, sonst aber keine weiteren Podcasts.

Weil es am Ende aber doch um Fußball gehen soll, muss ich noch Kafka erwähnen, den ich nicht zuletzt durch den jüngst erschienenen dritten Teil seiner Biografie von Rainer Stach wieder mit anderen Augen lese – und Kafka war schließlich auch Fußballfan. Den les ich dann aber tatsächlich offline.


In der Kategorie “Mein Fußball-Medien-Menü” fragen wir Fußballer und Fußballbegeisterte, Sportjournalisten und -autoren nach ihren persönlichen Lese-, Seh- und Hörgewohnheiten zum Thema Fußball. Die Idee dazu entstand unübersehbar in Anlehnung an Christoph Kochs Medien-Menü, das inzwischen bei den Krautreportern zu finden ist.


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Teaserbild: B O O K by RkRao via flickr – CC BY 2.0

Kategorie Blog

Endreas Müller heißt in Wirklichkeit ganz anders und beschäftigt sich schon länger mit Fußball im Allgemeinen und dem Bloggen im Besonderen. Vor einiger Zeit stellte er sich gemeinsam mit Christoph Wagner die Frage, warum es eigentlich in der deutschen Blogosphäre noch keine Plattform für lange Fußballtexte gibt – die Idee von ‚120minuten’ war geboren.

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