WM 2019 – 24 Spielerinnen, die die Welt verändern – Gruppe D

Die Favoritenrollen in Gruppe D sind klar verteilt: Japan, WM-Zweiter 2015 und England, damals Dritter werden den Gruppensieg unter sich ausspielen. Alles andere wäre eine Überraschung. Interessant wird es zu sehen, wie Argentinien sich schlagen wird, die derzeit mehr Probleme mit dem Verband als mit Gegnern haben. Und dann ist da noch Schottland, die zum ersten Mal dabei sind.

Steph Houghton – Fußball ist nicht alles

Der moderne Fußball kommt aus England, weshalb dort sehr oft davon gesprochen wird, Fußball käme nach Hause, wenn ein Turnier ansteht; entweder in Form der Trophäe. Oder das Mutterland richtet das Turnier selber aus, wie zuletzt 1996. Dieser Spruch “Football’s coming Home” bezieht sich dabei ausschließlich auf die männliche Version. Bisher war das halbwegs nachvollziehbar, waren doch die Frauen unter ferner liefen zu suchen bei den großen Turnieren. Während vor allem die USA und Deutschland, aber auch Frankreich und Japan zu den Top-Mannschaften gehören, ist die englische Nationalmannschaft erst in den letzten Jahren auf dem großen Parkett präsent. Wie die Herren hat auch der Frauenfußball in England spät den internationalen Fußball entdeckt.

Dabei fing es schon sehr früh an. Um die Jahrhundertwende zum 20. Jahrhundert gab es erste lose Frauenmannschaften. Nach dem 1. Weltkrieg sorgten dann Dick, Kerr Ladies F.C. aus Preston für Furore, bzw. für das spätere Verbot des Frauenfußballs in England. So war es jenes Team, welches eine französische Auswahl vor 25000 Zuschauern mit 2-0 besiegte. Es war das erste internationale Spiel von Frauenmannschaften. Doch der Zauber war bald vorbei, denn 1921 hat die FA es den Frauen verboten, auf ihren Plätzen zu spielen; dieses Verbot sollte erst 1971 aufgehoben werden. Die Dick, Kerr Ladies existierten bis 1965 und spielten dabei 828 Partien, von denen sie 758 gewannen. Nur 24 gingen verloren.

Steph Houghton, England vs Australia, Craven Cottage am 09.10.2018. Foto: EL Loko via WikiCommons, (CC BY 4.0)

Der Fußball der Frauen wird in England zunehmend populärer; nicht erst seit dem überraschenden dritten Platz bei der WM 2015 in Kanada, als man im Spiel gegen Deutschland, den vermeintlichen Favoriten nicht einfach nur eiskalt überraschte, sondern keine Chance ließ. Die Women’s Super League erfreut sich wachsender Begeisterung und seit September 2018 besitzen alle Clubs und Teams den Vollprofi-Status.

Eine, die schon bei der WM 2015 dabei war und in diesem Jahr die Löwinnen als Favorit auf das Spielfeld führen könnte, ist Steph Houghton von Manchester City. Ursprünglich aus Durham streift sie seit 2014 das himmelblaue Trikot über und hat es für England bereits in den Club der Hunderter geschafft, was nicht vielen vorbehalten ist.

Etwas macht Houghton aber außergewöhnlich und das hat mit ihrem Ehemann, Stephen Darby, zu tun. Dieser erklärte im September 2018 sein Karriereende. Aus gutem Grund.

Er leidet an der Motoneuron-Krankheit für die es bisher keine Heilungsmöglichkeiten gibt. Was hat das nun mit Steph Houghton und der WM zu tun? Ganz einfach, für sie ist es selbstverständlich, dass sie eben NICHT in Frankreich dabei sein kann, sollte es ihrem Ehemann nicht gut gehen. Dabei hat sie die volle Unterstützung des Nationaltrainers, Phil Neville, der ihr Zeit einräumte, sich auf die Situation einzustellen:

“Fußball ist nicht so wichtig, wie die Situation, die Steph gerade durchmacht.”

Es ist aber ihr Mann, Stephen, der ihr sagt weiterzumachen, auch um mal rauszukommen. Mit so einer Situation umzugehen, dazu gehört Stärke. Die hat Houghton und sie ist dadurch noch besser geworden, konstatiert Neville: “Sie ist derzeit so stark wie nie.” In der Liga ist City Tabellenzweiter mit einem Spiel weniger und dem Tabellenführer Arsenal auf den Fersen.

Ist es vorstellbar, dass ein Thomas Müller oder Timo Werner wegen ihrer Frauen auf ein Turnier verzichten würden?

Für Houghton könnte es eine sehr erfolgreiche Saison werden; am 4. Mai steht das Pokalfinale gegen West Ham an, die Liga wird eine Woche später entschieden. Es wird zum direkten Showdown zwischen Arsenal und Man City kommen. Danach geht es zur WM und um einen möglichen dritten Titel für die Spielführerin von England.

Englands Löwinnen von 2019 sind ohne Zweifel unter den Favoriten für die WM im Juni. Erst im März hat das Team den SheBelieves Cup gewonnen, dabei Brasilien und Japan geschlagen und gegen den amtierenden Weltmeister USA ein 2-2 geholt. Der Titelgewinn würde eine erneute Welle der Euphorie für Fussball auslösen, da sind sich alle Beobachter einig. Steph Houghton wäre neben Bobby Moore ein weiterer Fixstern in Englands Fußball Olymp.



Zur Person: Christoph Wagner ist Teil der 120minuten-Redaktion und beschäftigt sich dort mit historischen Themen.

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Erin Cuthbert – schottisches Vorbild

“Sie ist gewieft, sie ist selbstbewusst, sie ist entschlossen – eine echte Kämpferin mit großem Siegeswillen. Das sind genau die schottischen Eigenschaften, die wir sehen wollen.”

Das sagt Schottlands Nationaltrainerin Shelley Kerr über Erin Cuthbert, die mit gerade 20 Jahren bereits als Aushängeschild im schottischen Frauenfußball gilt. Ihr Debüt in der A-Nationalmannschaft gab die Spielerin der Chelsea FC Women am 7. Juni 2016 in einem EM-Qualifikationsspiel gegen Weißrussland. Cuthbert war es auch, die bei der anschließenden Endrunde im zweiten Turnierspiel gegen Portugal das allererste Europameisterschaftstor der Schottinnen erzielte, als sie nach 68 Minuten zum zwischenzeitlichen Ausgleich netzen konnte. Verloren ging die Partie dennoch mit 1:2, auch das 1:0 im abschließenden Gruppenspiel (Cuthberts erstem über 90 Minuten im Dress der Nationalmannschaft) gegen Spanien reichte nicht zum Weiterkommen.

Erin Cuthbert Foto: Pandagrenade via WikiCommons, (CC BY-SA 4.0)

Dementsprechend sind die Erinnerungen an die Europameisterschaft der Frauen 2017 für Erin Cuthbert auch mit gemischten Gefühlen verbunden. Klar, sie hatte ein historisches Tor erzielt, dennoch lief für das Team insgesamt nicht alles nach Plan. Bei der Weltmeisterschaft in Frankreich soll sich das nun ändern:

“Die EURO ging nun gar nicht nach unserem Geschmack los. Aber es waren damals auch zahlreiche Umstände gegen uns. Einige wichtige Spielerinnen fehlten verletzt und es gab noch weitere Probleme”, so Cuthbert.

“Seitdem haben wir uns als Team aber enorm weiter entwickelt. Wir wissen, dass es schwer wird, aber ich bin zuversichtlich, dass wir eine gute Visitenkarte abgeben werden.” (FIFA.com).

Diese Zuversicht ist alles andere als unbegründet, löste die erstmalige Qualifikation der Schottinnen für eine Weltmeisterschaft doch eine gute Portion Euphorie in Glasgow, Edinburgh, Dundee und umzu aus:

“Ich kann mich nicht erinnern, dass in Schottland jemals so viel über Frauenfussball gesprochen wurde. Dabei schwingen aufrichtiger Respekt und jede Menge Freude mit. Den Menschen wird klar, dass wir alle sehr stolz auf diese Frauen sein dürfen. Die Leute zählen schon jetzt die Tage bis zum ersten Spiel, das ist einfach grandios.”(Singer-Songwriterin Amy Macdonald im Interview mit FIFA.com)

Der schottische Nationalstolz, der inzwischen auch durch die Fußballfrauen transportiert wird und den Erin Cuthbert so eindrucksvoll vorlebt, ist für Trainerin Shelley Kerr einer von vier Faktoren für den derzeitigen Erfolg. Darüber hinaus musste das Team auf dem Weg nach Frankreich immer wieder Rückschläge wegstecken, an denen die Mannschaft wachsen und ihren Charakter unter Beweis stellen konnte. Vier der sieben Siege in der Qualifikation konnte das Team nach einem Rückstand einfahren; mentale Stärke und Belastbarkeit sind also ein weiterer Faktor, der für die Schottinnen spricht. Darüber hinaus profitiert der Frauenfußball im Land von dem Umstand, dass der weit überwiegende Teil der nominierten Spielerinnen inzwischen unter professionellen Bedingungen trainiert und spielt. Ein großer Teil des Kaders steht bei englischen Teams unter Vertrag, Kapitänin Rachel Corsie schnürt gar für den Utah Royals FC aus der amerikanischen National Women’s Soccer League die Fußballschuhe. Schließlich gilt auch die offensive Spielweise, die Shelley Kerr ihrer Mannschaft verpasst hat, als einer der Schlüssel zum schottischen Fußballerfolg.

Ob diese vier Faktoren ausreichen werden, um den großen Rivalen aus England im Auftaktspiel der Gruppe D am 9. Juni zu bezwingen und damit möglicherweise den Grundstein für ein erfolgreiches Turnier zu legen, wird sich allerdings noch zeigen müssen. Die Bilanz spricht hier eindeutig für die englischen Kolleginnen: 25 Mal gab es die Paarung Schottland – England im Frauenfußball bisher, zweimal konnten die Schottinnen gewinnen, einmal ein Unentschieden erkämpfen, 22 Mal ging die Mannschaft als Verlierer vom Platz.

Fakt ist auf jeden Fall, dass die schottische Nationalmannschaft die Reise nach Frankreich nicht als touristischen Ausflug versteht, sondern durchaus Ambitionen hat, dort eine gute Rolle zu spielen.

“Es gibt nichts Größeres als eine Weltmeisterschaft. Wir sind sehr stolz und hoffen, dass wir nicht nur Mädchen verstärkt für den Fussball begeistern können. Wir wollen das Land hinter uns bringen. Es soll Spaß machen, diese Mannschaft zu unterstützen.”(Mittelfeldspielerin Caroline Weir bei FIFA.com)

Und auch Erin Cuthbert kündigt an, dass die Mannschaft in Frankreich nicht nur das Teilnehmerinnenfeld komplettiert:

“Wir werden kämpfen. Keine Mannschaft wird es gegen uns leicht haben.”

Zur Person: Alex Schnarr ist Teil der 120minuten-Redaktion und beschäftigt sich dort mit den gesellschaftlichen Zusammenhängen in und um den Fußball.

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Argentinien – Macarena Sánchez siegt abseits des Platzes

Unabhängig, wie die Spiele der argentinischen Nationalmannschaft bei der Weltmeisterschaft 2019 in Frankreich verlaufen werden: Die Fußballerinnen aus Südamerika haben bereits gewonnen – außerhalb des Platzes. Für diesen Erfolg ist eine Frau verantwortlich, die beim Turnier in Frankreich gar nicht Teil des Nationalteams ist: Macarena Sánchez.

Die 27-jährige Fußballerin Macarena Sánchez hat ein bewegtes Halbjahr hinter sich. Anfang 2019 wurde sie von ihrem damaligen Verein Deportivo UAI Urquiza aus der Hauptstadt Buenos Aires suspendiert – aus sportlichen Gründen so die offizielle Verlautbarung. In der argentinischen Liga, in der die meisten Frauen kein Gehalt erhalten und ihre Reisekosten zu Auswärtsspielen teilweise selbst tragen müssen, kein gänzlich ungewöhnlicher Vorgang.
Allerdings scheint es so, als ob ein anderer Grund den Ausschlag für die Trennung gab. Denn Sánchez ist gewillt, die Zustände im argentinischen Frauenfußball zu ändern: Weg vom amateurhaften Sport, hin zum professionellen, zum gleichberechtigen Fußball. In einem Land, in dem der Fußball so stark mit dem gesellschaftlichen Leben verwoben ist, dass sich durch den Sport dieselben patriarchischen Strukturen ziehen, wie im politischen und gesellschaftlichen Leben.

Macarena Sanchez Foto: TitiNicola via Wiki Commons, (CC BY-SA 4.0)

Anzeichen für die These des Rauswurfs aufgrund nichtsportlicher Gründe ist die Tatsache, dass Sánchez in der Öffentlichkeit über die Missstände als fußballspielende Frau anprangerte und eine Klage gegen ihren ehemaligen Klub Deportivo UAI Urquiza ankündigte. Ein Verein, der zu diesem Zeitpunkt den in der dritten Liga spielenden Männern feste Gehälter bezahlte, während den in der Copa Liberatores spielenden Frauen gerade mal die Reisekosten bezuschusst wurden – bei Sánchez mit 400 Pesos monatlich, umgerechnet knapp 10 Euro. Wie dies mit den FIFA Regularien einher gehen soll, in denen die Gleichberechtigung der Geschlechter verankert sind, fragte sich nicht nur Sánchez und richtete sich in ihrem Statement auch gegen den argentinischen Verband.

Professionalität ist gleichbedeutend mit Gleichberechtigung

Sánchez wollte ihren Auftritt nicht missverstanden wissen als Forderung nach Heroisierung und dem Verdienst von Millionen, wie bei den Männern üblich. Vielmehr wollte sie den Weg zum professionellen Fußball für Frauen in Argentinien ebnen. Ihre beinahe trivial klingenden Forderungen: Bereitstellung von Trainingsplätzen zu humanen Zeiten, Übernahme der Kosten für die Ausrüstung, der Versicherung im Krankheitsfall und auch der Reisekosten zu Auswärtsspielen. Bei Männern eine unausgesprochene Selbstverständlichkeit. 2017 streikten sogar die besten Spielerinnen des Landes, die Nationalspielerinnen, da sie auf ihr Stipendium in Höhe von umgerechnet 7 Euro warten mussten.

Natürlich sollte professioneller Sport auch professionell bezahlt werden. Daraus macht Sánchez kein Geheimnis. Durch mehr Bezahlung könnten die Frauen ihren Lebensunterhalt verdienen, sich voll und ganz auf den Sport konzentrieren und so wiederum ausreichend trainieren um sich zu verbessern und wiederum mehr Erfolge zu feiern. Freilich eine diskutable Argumentationskette, aktuell vor allem aber nur Wunschdenken.

3 kleine Schritte zum großen Ziel

Unterstützung bekam Sánchez in den Monaten nach ihrem öffentlichen Auftritt von Anwältinnen und Frauenrechtsbewegungen wie „La Nuestra“, die sie in ihrem Handeln bestärkten und auch für das entsprechende Echo im Land sorgten. Der Umstand, dass Sánchez – mitten in der Saison entlassen – nicht mehr innerhalb der Liga wechseln durfte, half ihr sicherlich den Schritt in die Öffentlichkeit zu wagen. Denn sie, die Frieda Kahlo auf ihrem Arm tätowiert hat, musste auf keine Interessen mehr achten. Dieser Schritt war von Erfolg gekrönt.

Nun, einige Monate später hat sich einiges verändert. Im März 2019 kündigte der Verband an, dass zur kommenden Liga-Spielzeit ab Juni jedes Team mindestens acht Spielerinnen mit professionellen Verträgen ausgestattet haben muss. Welche Punkte dieser Vertrag beinhalten muss, bleibt allerdings offen. Der Verband in Person von Präsident Claudio Tapia sicherte zu, dass (zunächst) in Buenos Aires ein Trainingszentrum gebaut wird. So sollen Spielerinnen und Vereine, die keine eigene Trainingsstätte besitzen, die Voraussetzungen für ein professionelles Training bekommen. Zudem durfte am 9. März 2019 erstmals die Frauenmannschaft der Boca Juniors in La Bombonera spielen – im Vorfeld eines Ligaspiels der Männer gegen San Lorenzo. Die Partie, live im nationalen Fernsehen übertragen, gegen Lanus gewannen sie überlegen mit 5:0.

Zur richtigen Zeit am richtigen Ort?

Selbstredend reicht ein Livespiel im Fernsehen oder der Bau eines Trainingskomplexes in der Hauptstadt nicht, um den Frauenfußball in Argentinien zu professionalisieren. Auch die Mindestzahl von acht Profiverträgen scheint im ersten Moment wie ein Schlag ins Gesicht. Wer es vergessen haben mag: Auch eine Frauenfußballmannschaft besteht aus mindestens elf Spielerinnen. Und noch vor einem Jahr, 2018, gab der Verband ein Russland-Handbuch für die argentinischen Fans im Vorfeld der Weltmeisterschaft heraus, indem sich explizite Flirttipps zu russischen Frauen befanden.

Doch in diesem patriarchisch strukturierten Land, in dem bislang nur der Männerfußball zählte, hat der Frauenfußball seinen Weg in die Öffentlichkeit gefunden. Sei es durch ein Livespiel im Fernsehen, sei es durch die rebellierende Macarena Sánchez, die mittlerweile bei San Lorenzo unter Vertrag steht. Offensichtlich kam Sánchez mit ihren Überzeugungen und ihrem Willen zur Veränderung zur rechten Zeit. Ein Beleg? Sánchez‘ neuer Boss Matias Lammens, der Präsident von San Lorenzo, einst nicht unbedingt als Verfechter des Frauenfußballs in Erscheinung getreten, zieht mit einer fortschrittlichen Frauenrechtsagenda in den Bürgermeisterwahlkampf von Buenos Aires (die Wahl ist im Oktober). Da scheint die Einstellung der Frauenfußballrechtlerin Sánchez im eigenen Verein sicherlich keine falsche Entscheidung, um die Wählerschicht für sich zu gewinnen.

Auch wenn teilweise politische Motive für die Einstellung Sánchez‘ nicht unwahrscheinlich erscheinen, so lässt sich davon unabhängig konstatieren: Frauenfußball und die die Frage der Gleichberechtigung ist ein Faktor im öffentlichen Diskurs Argentiniens geworden. Und davon kann der argentinische Frauenfußball profitieren. Denn erst so lassen sich die drängenden Fragen nachhaltig thematisieren.

Gewonnen haben die Spielerinnen (teilweise) schon

Unbestritten ist dies aber nur der erste Schritt in die richtige Richtung. Die März-Ankündigungen muss der Verband nun umsetzen und zeigen, dass es ihm mit dem Aufbau einer professionellen Frauenfußballliga ernst ist. Die Qualifikation zur Weltmeisterschaft, der ersten nach zwölf Jahren, zeigt, dass die Weltspitze für die argentinischen Fußballerinnen nicht allzu weit entfernt ist. In einer Gruppe mit dem Vizeweltmeister Japan und dem WM-Dritten von 2015, England sowie Schottland wird der Einzug in die KO-Runde zwar nicht einfach.
Doch unabhängig vom Resultat haben die argentinischen Fußballerinnen schon vor dem Turnier gewonnen – und zwar an Anerkennung, auch dank Macarena Sánchez. Sicherlich hätte sie auch nichts gegen ein Weiterkommen ihrer Kolleginnen, genauso wie der Großteil der knapp 45 Millionen anderen fußballverrückten Argentinier und Argentinierinnen. Dann dürfte auch der Prozess der Professionalisierung des argentinischen Frauenfußballs zügiger vorangehen.



Zur Person: Jerome Grad ist Teil der 120minuten-Redaktion.

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Ein Mix aus Routine und Neulingen soll Dauerteilnehmer Japan Erfolg bringen

Der Tag, an dem der Kader für ein anstehendes Turnier bekanntgegeben wird, birgt für einige Spieler*innen Bestätigung oder positive Überraschungen – für andere wiederum grenzenlose Enttäuschung. Das war auch am 10. Mai bei der Veröffentlichung des japanischen Kaders für die WM in Frankreich nicht anders. Eine, die sich bis zuletzt Hoffnungen darauf gemacht hatte, diesmal beim Turnier für ihr Land auflaufen zu dürfen, ist Hikaru Naomoto, die in der zu Ende gegangenen Saison in der Allianz Frauen-Bundesliga für den SC Freiburg aufgelaufen ist.

Zwar schaffte es die Mittelfeldspielerin auch 2015 nicht in den Kader des einzigen asiatischen Landes, das bisher an allen Weltmeisterschaften teilgenommen hat, sie war aber bei den Asienmeisterschaft 2014 und 2018 ebenso im Team wie beim Tournament of Nations 2017. Bei diesem Turnier landete „Nadeshiko Japan“ allerdings auf dem letzten Platz – bei der WM 2015 hatte es die Mannschaft noch ins Finale geschafft.

Im abschließenden Freundschaftsspiel der Vorbereitung für die WM in Frankreich, das Japan am 9. April gegen Deutschland bestritt (2:2), wurde Naomoto in der 83. Minute eingewechselt. Für die Weltmeisterschaft nun verzichtet Trainerin Asako Takakura auf die 25-jährige Spielerin, die mit uns im Interview über ihre Karriere ebenso wie den Stellenwert von Frauenfußball in ihrer Heimat spricht.

Hikaru Naomoto beim Spiel gegen SGS Essen am 27. April 2019. (Foto: SC Freiburg)

Ihre erste Saison in Freiburg ist gerade zu Ende. Was war in der Bundesliga so, wie Sie es sich vorgestellt haben? Wovon wurden Sie vielleicht auch überrascht?
Wie ich erwartet habe, wird in Deutschland mit mehr Geschwindigkeit und mehr Kraft gespielt. Und ich war sehr erstaunt, dass auch in der AFBL sehr viele Spielerinnen mit einer guten Technik spielen und jede Mannschaft auch im Passspiel sehr sicher ist.

Wie wird die AFBL in Japan wahrgenommen? Welche anderen Ligen stehen im Fokus?
Die AFBL hat im Allgemeinen mehr Tempo und es wird mit mehr Power gespielt. Das wird sowohl von den Fans, als auch von anderen Spielern so gesehen. Außerdem werden unter anderem die amerikanische Liga und spanische Liga verfolgt, da dort auch Japanerinnen spielen.

Sie kamen in 19 Ligaspielen und drei DFB-Pokal-Begegnungen zum Einsatz. Wie wohl fühlen Sie sich im Team?
Im Team fühle ich mich sehr wohl. Das Level ist sehr hoch und es ist nicht einfach, in die Startformation zu kommen. Aber auch der Kampf um die Stammplätze macht sehr viel Spaß!

Was sind, bezogen auf Ihr eigenes Spiel bzw. Ihre Rolle im Team, Unterschiede zwischen der Liga-Mannschaft und der Nationalmannschaft?
Ich denke, meine Aufgabe ist es, gute Pässe zu spielen, schnelle und richtige Entscheidungen zu treffen und in bestimmten Situationen Ruhe ins Spiel zu bringen. In der Nationalmannschaft kann ich es nicht genau sagen …

Sie haben bei der U-17-Weltmeisterschaft 2010 in Trinidad und Tobago das Finale erreicht. Wie sehr hat dieses Turnier Sie als junge Spielerin beeindruckt?
Dass wir es bis in das Finale schaffen würden, hätten wir nie gedacht. Und ich bin sehr daran gewachsen. Anfangs waren wir zwar zufrieden, eine Medaille gewonnen zu haben, aber direkt nach dem Spiel haben wir gedacht, dass es nur etwas zählt, wenn wir die Goldmedaille holen.

In der abgelaufenen Saison kam Naomoto auf 19 Einsätze, 13 davon in der Startelf. (Foto: SC Freiburg)

Bei der U-20-Weltmeisterschaft 2012 in Japan wurden Sie mit Ihrem Team Dritter. Wie groß war die Begeisterung für das Turnier im eigenen Land?
Alle waren sehr begeistert und mit einem Mal waren wir für eine zeitlang berühmt. Die Zahl der Fans hat ungemein zugenommen und ich hatte sogar manchmal Angst, alleine auf die Straße zu gehen …

Welchen Stellenwert genießt der Frauenfußball aktuell in Japan, auch verglichen mit dem in Deutschland? Wo könnten die beiden Länder voneinander lernen?
Ich denke, dass der Frauenfußball unter den Frauen-Sportarten sehr beliebt ist. Die Deutschen können von den Japanern vielleicht die Schnelligkeit dabei abschauen, Entscheidungen zu treffen. Und die Japaner können noch lernen, wie man Zweikämpfe führt – und natürlich den Zug zum Tor!

Ärgert es Sie persönlich, dass der Stellenwert des Frauenfußballs oftmals immer noch hinter dem des Männerfußballs zurücksteht?
Ich finde es schon sehr ärgerlich, dass – vor allem in Japan, wo die Frauen seit Jahren gute Ergebnisse erzielen – der Unterschied beim Stellenwert so groß ist. Schließlich sind wir 2011 auch Weltmeister geworden!

Wer ist aus Ihrer Sicht Favorit auf den Titel?
Frankreich und Deutschland.

Vielen Dank für das Gespräch.



Zur Person: Mara Pfeiffer schreibt unter anderem für die Allgemeine Zeitung, den Freitag und den ballesterer. Sie gehört zur Redaktion von 120minuten und dem FRÜF-Kollektiv.

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